HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1326
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 265/20, Beschluss v. 14.10.2020, HRRS 2020 Nr. 1326
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 17. Januar 2020, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die im Fall C.IV.17 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe und im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in drei Fällen und Beihilfe zur versuchten Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Beanstandung der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verfahrensbeanstandungen haben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg.
2. Der Schuldspruch sowie der Strafausspruch in den Fällen C.III.7 bis 9 und C.IV.16 der Urteilsgründe weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Der Strafausspruch im Fall C.IV.17 der Urteilsgründe hat hingegen keinen Bestand.
a) Das Landgericht hat die in diesem Fall verhängte Einsatzstrafe von einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe aus dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO entnommen, ohne die weitere in § 28 Abs. 1 StGB vorgesehene Strafrahmenverschiebung in Betracht zu ziehen. Der Senat hat jedoch durch Urteil vom 23. Oktober 2018 im Verfahren 1 StR 454/17 seine bisherige Rechtsprechung geändert und entschieden, dass es sich bei der vom Straftatbestand der Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) vorausgesetzten Erklärungspflicht um ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB handelt, das eine Strafrahmenverschiebung eröffnet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheidet eine weitere Strafrahmenverschiebung gemäß § 28 Abs. 1 StGB lediglich dann aus, wenn die Tat allein wegen des Fehlens des strafbegründenden persönlichen Merkmals als Beihilfe statt als Täterschaft zu werten ist.
b) Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Zwar kann Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (vgl. BGH, Urteile vom 23. Oktober 2018 - 1 StR 454/17 Rn. 19, BGHSt 63, 282 und vom 9. April 2013 - 1 StR 586/12 Rn. 52, BGHSt 58, 218), was bei dem Angeklagten nicht der Fall ist. Das Landgericht hat den Tatbeitrag des Angeklagten jedoch unabhängig davon rechtsfehlerfrei als bloße Unterstützungshandlung für den erklärungspflichtigen Mitangeklagten H. bewertet. Die Voraussetzungen einer weiteren Strafrahmenverschiebung gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben der des § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB lagen daher hinsichtlich des Angeklagten vor.
3. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der im Fall C.IV.17 der Urteilsgründe verhängten Einsatzstrafe und zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, weil diese von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1326
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede