HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 251
Bearbeiter: Christoph Henckel
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 120/20, Urteil v. 13.01.2021, HRRS 2021 Nr. 251
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 30. Juli 2019 werden verworfen.
2. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die der Angeklagten K. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last. Die Angeklagten haben die Kosten ihrer jeweiligen Rechtsmittel zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten H. - nach Einstellung des Verfahrens wegen weiterer vergleichbarer Tatvorwürfe gemäß § 154 Abs. 2 StPO - wegen Steuerhinterziehung in 28 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt und hiervon vier Monate wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt erklärt. Die Angeklagten K. und B. hat es jeweils wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren (Angeklagte K.) beziehungsweise einem Jahr und drei Monaten (Angeklagte B.) verurteilt; die Vollstreckung dieser Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat das Landgericht hinsichtlich dieser beiden Angeklagten festgestellt, dass eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung eingetreten ist. Gegen die Angeklagte K. hat das Landgericht die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe der von ihr für die festgestellten Unterstützungsleistungen vereinnahmten Honorare mit einem Betrag von 116.610,07 € angeordnet.
Die auf die Rüge einer Verletzung materiellen Rechts gestützte, auf den Strafausspruch und die unterbliebene Verhängung eines Berufsverbots beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft betreffend die Angeklagte K. ist unbegründet. Auch die Revisionen der Angeklagten, die gegen ihre jeweilige Verurteilung gerichtet und auf die Rüge einer Verletzung materiellen Rechts - die der Angeklagten K. darüber hinaus auch auf eine Verletzung von Verfahrensrecht - gestützt sind, haben keinen Erfolg.
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg; einen durchgreifenden Rechtsfehler des landgerichtlichen Urteils zu Gunsten der Angeklagten K. vermag der Senat weder mit Blick auf den Strafausspruch noch hinsichtlich der Nichtanordnung eines Berufsverbots - ein solches hatte die Staatsanwaltschaft selbst nicht beantragt - zu erkennen.
2. Die Revision des Angeklagten H. ist unbegründet.
Soweit die Revision mit der Sachrüge geltend macht, dass dem Angeklagten die Abgabe von Steuererklärungen aus der Haft heraus nicht möglich gewesen sei, steht dies im Widerspruch zu den landgerichtlichen Feststellungen; danach habe der Angeklagte die Fortführung der auf Hinterziehung von Umsatzsteuer gerichteten Geschäfte unter Einschaltung der Mitangeklagten K. und B. aus der Justizvollzugsanstalt heraus gesteuert und er sei stets über alle Einzelheiten der während seiner Haft getätigten Geschäfte informiert gewesen. Dass das Landgericht unter diesen Umständen davon ausgegangen ist, dass dem Angeklagten die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen aus der Haft heraus möglich gewesen sei, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
Auch im Übrigen weist das landgerichtliche Urteil keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten H. auf. Insbesondere ist der für den Angeklagten mit der eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung verbundene Nachteil auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens durch die vom Landgericht getroffene Anordnung, dass vier Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt gelten, hinreichend ausgeglichen.
3. Die Revision der Angeklagten K. bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
a) Die Verfahrensrüge ist bereits unzulässig, weil sie nicht in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden Weise begründet ist.
Der Revisionsbegründung sind nicht sämtliche Schriftstücke, die für eine Beurteilung der Begründetheit der Rüge erforderlich sind, beigefügt; diese sind auch nicht ihrem Inhalt nach vollständig mitgeteilt. So werden neben weiteren auch bereits vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift genannten Dokumenten beispielsweise auch die in den Durchsuchungsbeschlüssen vom 1. und 2. Juli 2019 in Bezug genommenen Schreiben und E-Mails der Angeklagten K. weder vorgelegt noch zumindest inhaltlich wiedergegeben. Gleiches gilt für die im Beschluss vom 2. Juli 2019 über die Entpflichtung von Rechtsanwalt D. als Pflichtverteidiger in Bezug genommenen Schreiben des Angeklagten H., in denen sich „Ausführungen zu dem Briefverkehr über ‘Rechtsanwältin K. ‘“ befinden sollen (RB S. 25), sowie für die Schriftstücke aus den Strafvollstreckungsakten des S. (Beiheft), die nach den Durchsuchungsbeschlüssen vom 1. und 2. Juli 2019 Anlass für die Durchsuchungsmaßnahmen waren und die ebenfalls nur auszugsweise in der Revisionsbegründung wiedergegeben wurden. Soweit mitgeteilt wird, dass sich aus dem „gesamten Beiheft“ keine weiteren Bezüge zur Angeklagten K. ergäben (RB S. 21), ist dies für den Senat anhand der Revisionsbegründung und der mit ihr vorgelegten Unterlagen nicht überprüfbar.
b) Die auf die Sachrüge veranlasste sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils hat keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten K. ergeben.
4. Die Revision der Angeklagten B. ist ebenfalls unbegründet; durchgreifende Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten liegen nicht vor.
HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 251
Bearbeiter: Christoph Henckel