HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 172
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 519/18, Beschluss v. 04.12.2018, HRRS 2019 Nr. 172
1. Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 22. Februar 2018, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten H. und die des Angeklagten A. werden als unbegründet verworfen.
4. Der Angeklagte A. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Gegen den Angeklagten H. hat es eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Den Angeklagten A. hat die Jugendkammer zu einer Jugendstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Hiergegen richten sich die jeweils auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten.
1. Die Revision des Angeklagten A. ist aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2. Das gilt gleichermaßen hinsichtlich des Schuldspruchs gegen den Angeklagten H. Jedoch hält der Strafausspruch gegen diesen Angeklagten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat eine mögliche Strafmilderung nach § 46b StGB nicht erörtert, obwohl nach den Urteilsfeststellungen dazu Anlass bestand.
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte H. in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 23. Januar 2017 - nach anfänglichem Abstreiten der Tat - sich umfänglich zur Tatplanung und seiner Tatbeteiligung eingelassen und hierbei den zu diesem Zeitpunkt der Tat noch nicht verdächtigten Mitangeklagten A. „als Haupttäter belastet“ (UA S. 46).
b) Die Aufklärungshilfe des Angeklagten H. hat das Landgericht lediglich als allgemeinen Strafzumessungsumstand bei der Prüfung der Frage, ob die besondere Schwere der Schuld vorliege, dahin berücksichtigt, dass er zu einem frühen Zeitpunkt des Ermittlungsverfahrens seine Tatbeteiligung als solche eingeräumt und damit nicht unerheblich zu einer schnelleren Aufklärung der Straftat beigetragen „(Benennung des A. als weiteren Tatbeteiligten, Preisgabe des Beseitigungsortes relevanter Beweismittel wie etwa der Tatmesser)“ habe (UA S. 205).
c) Das Landgericht hätte jedoch aufgrund seiner Feststellungen bereits bei der Bestimmung des Strafrahmens erörtern müssen, ob die Aufklärungshilfe des Angeklagten H. eine im Ermessen des Tatgerichts stehende Strafrahmenverschiebung nach § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB i.V.m. § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. h und k StPO als vertyptem Strafmilderungsgrund ermöglicht.
3. Dieser Erörterungsmangel nötigt zur Aufhebung des Strafausspruchs (lebenslange Freiheitsstrafe und Feststellung der besonderen Schwere der Schuld). Der Senat kann aufgrund der allein dem Tatrichter obliegenden Ermessensprüfung nach § 46b StGB trotz der zahlreichen straferschwerenden Tatumstände nicht ausschließen, dass das Landgericht - wenn es den vertypten Strafmilderungsgrund erörtert hätte - eine Strafrahmenverschiebung (§ 46b Abs. 1 Satz 1 StGB aE) vorgenommen hätte.
Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen. Sie bleiben daher aufrecht erhalten (§ 353 Abs. 2 StPO). Der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit diese nicht mit den bisherigen in Widerspruch stehen.
4. Nachdem das Verfahren sich nur noch gegen einen erwachsenen Angeklagten richtet, verweist der Senat die Sache an eine als Schwurgericht zuständige Strafkammer zurück (§ 354 Abs. 2 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 172
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede