HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 904
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 559/16, Beschluss v. 22.06.2017, HRRS 2017 Nr. 904
1. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 24. März 2016, soweit es ihn betrifft, dahin abgeändert, dass
a) der Angeklagte schuldig ist des Betruges in 124 Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Erbringen von Finanzdienstleistungen, und
b) im Strafausspruch die Einzelstrafen für die Fälle III.3.1.2. Nr. 18, 25, 26, 42, 49, 51, 53, 57, 59, 60, 64, 68, 73, 78, 82, 89, 97, 108, 109, 125, 131, 139, 142, 145 und 148 der Urteilsgründe entfallen.
2. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, dahin abgeändert, dass a) der Angeklagte schuldig ist des Betruges in 22 Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Erbringen von Finanzdienstleistungen, und b) im Strafausspruch die Einzelstrafen für die Fälle III.3.3.2. Nr. 9, 13, 14 und 23 der Urteilsgründe entfallen.
3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
4. Jeder Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen Betruges in 149 Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Erbringen von Finanzdienstleistungen (Drittstaateneinlagenvermittlung) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat angeordnet, dass hiervon wegen überlanger Verfahrensdauer vier Monate als verbüßt gelten. Den Angeklagten K. hat das Landgericht wegen Betruges in 26 Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Erbringen von Finanzdienstleistungen (Drittstaateneinlagenvermittlung) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Es hat angeordnet, dass hiervon wegen überlanger Verfahrensdauer zwei Monate als verbüßt gelten. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie jeweils die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügen. Die Rechtsmittel führen lediglich zu einer Abänderung des Schuldspruchs und zum Wegfall einzelner Einzelstrafen; im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Das Landgericht hat angenommen, dass sämtliche von den Angeklagten begangenen Taten zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit stehen (§ 53 StGB). Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner den Angeklagten D. betreffenden Antragsschrift folgendes ausgeführt:
„Aus den Feststellungen ergibt sich, dass in den Fällen, in denen ein Geschädigter an einem Tag mehrere Verträge abgeschlossen hat, ein so enger zeitlicher Zusammenhang besteht, dass eine natürliche Handlungseinheit und damit jeweils auch nur eine Tat im Rechtssinne vorliegt. Dies betrifft die Fälle III. 3.1.2. lfd. Nr. 18 und 19, 49 und 50, 51 bis 53, 57 bis 59, 67 und 68, 73 und 74, 78 und 79, 82 und 83, 88 und 89, 96 und 97, 108 bis 110, 124 und 125, 130 und 131, 139 und 140, 141 und 142, 144 und 145, 147 und 148 der Urteilsgründe.
Eine Tat im Rechtssinne liegt aber auch in den Fällen vor, in denen ein Geschädigter mehrere Verträge an kurz aufeinanderfolgenden Tagen abgeschlossen hat. Dies betrifft die Fälle III. 3.1.2. lfd. Nr. 38 und 42, 60 und 61, 62 und 64.
Dagegen liegt ein hinreichend enger zeitlicher Zusammenhang im Hinblick auf die Fälle III. 3.1.2. lfd. Nr. 43 (12. Januar 2007) und 48 (24. Januar 2007), 77 (11. April 2007) und 86 (18. April 2007), 80 (12. April 2007) und 85 (18. April 2007) nicht vor.
Soweit mehrere unter derselben Anschrift wohnhafte und denselben Nachnamen tragende Geschädigte am selben Tag einen Vertrag abgeschlossen haben, stehen die Taten im Verhältnis der Tateinheit zueinander, da davon auszugehen ist, dass der Vertragsschluss auf eine Täuschungshandlung des Angeklagten zurückzuführen ist. Dies betrifft die Fälle III. 3.1.2. lfd. Nr. 24 bis 26 der Urteilsgründe.“ In seiner den Angeklagten K. betreffenden Antragsschrift hat der Generalbundesanwalt zu den Konkurrenzen folgendes ausgeführt:
Es ergibt sich „aus den Feststellungen, dass zwischen den beiden am 21. Dezember 2006 durch den Geschädigten R. abgeschlossenen Verträgen (Taten III. 3.3.2. lfd. Nr. 9 und 10 der Urteilsgründe - UA S. 78) ein so enger zeitlicher Zusammenhang besteht, dass eine natürliche Handlungseinheit und damit auch nur eine Tat im Rechtssinne vorliegt. Gleiches gilt für die beiden Verträge, welche durch die Geschädigte S. am 22. März 2007 abgeschlossen worden sind (Taten III. 3.3.2. lfd. 22 und 23 der Urteilsgründe - UA S. 78).
Die Taten III. 3.3.2. lfd. 12, 13 und 14 der Urteilsgründe stehen im Verhältnis der Tateinheit zueinander, weil die alle unter derselben Anschrift wohnhaften Geschädigten B., W. und Se. jeweils am 22. Dezember 2006 einen Anlagevertrag abgeschlossen haben und damit davon auszugehen ist, dass der Vertragsschluss auf eine Täuschungshandlung des Angeklagten zurückzuführen ist.“ Dem folgt der Senat. Dies führt dazu, dass die Schuldsprüche wie aus der Beschlussformel ersichtlich abzuändern sind.
2. Die Änderung der Schuldsprüche führt hinsichtlich des Angeklagten D. zum Wegfall der Einzelstrafen für die Fälle III.3.1.2. Nr. 18, 25, 26, 42, 49, 51, 53, 57, 59, 60, 64, 68, 73, 78, 82, 89, 97, 108, 109, 125, 131, 139, 142, 145 und 148 der Urteilsgründe und hinsichtlich des Angeklagten K. der Einzelstrafen für die Fälle III.3.3.2. Nr. 9, 13, 14 und 23 der Urteilsgründe.
Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Einordnung der Taten trotz Wegfalls der genannten Einzelstrafen niedrigere als die gegen die Angeklagten festgesetzten Gesamtfreiheitsstrafen verhängt hätte.
3. Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revisionen ist es nicht unbillig, die Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen ihrer Rechtsmittel zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 904
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede