HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 52
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 108/16, Beschluss v. 13.07.2016, HRRS 2017 Nr. 52
1. Auf die Revision des Angeklagten Z. wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 1. Oktober 2015 - soweit es ihn betrifft -
a) im Schuldspruch in den Fällen 1 bis 5 der Urteilsgründe sowie im gesamten Strafausspruch aufgehoben,
b) im Schuldspruch im Fall 6 der Urteilsgründe in gewerbsmäßige Steuerhehlerei abgeändert.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten Z. wegen Steuerhehlerei gemäß § 374 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 AO in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision und erhebt gleichzeitig gegen die Kostenentscheidung die sofortige Beschwerde. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts mietete der Angeklagte Anfang 2012 auf seinen Namen eine Garage in G. für den anderweitig verfolgten R. an. R. nutzte diese Garage als Lager für zum Verkauf bestimmte unversteuerte Zigaretten der Marke L&M, was er dem Angeklagten zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht mitteilte.
Im Spätherbst 2012 übernahm der Angeklagte als „Lagerist“ für R. die Annahme und die Übergabe der Zigaretten an der Garage in G., da der bisherige „Lagerist“ des R. ausgefallen war. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich in der Garage noch 8.000 Stangen Zigaretten. Der Angeklagte wusste bei der Übernahme seiner Tätigkeit, dass die Zigaretten nicht versteuert waren.
Von diesen im Lager übernommenen 8.000 Stangen Zigaretten transportierte der Angeklagte zwischen dem Jahreswechsel 2012/2013 und dem 2. Februar 2013 zweimal jeweils 1.000 Stangen Zigaretten zu einem Parkplatz außerhalb von Re., wo er die Zigaretten an einen von R. benannten Abnehmer übergab (Taten 1 und 2 der Urteilsgründe). Die übrigen 6.000 Stangen Zigaretten blieben zunächst in der Garage und wurden schließlich in der Nacht vom 2. auf den 3. Februar 2013 aus diesem Lager gestohlen (Tat 3 der Urteilsgründe).
Aufgrund des Diebstahls wurde die Garage in G. nicht mehr als Lager genutzt. R. wies dem Angeklagten stattdessen ein neues Lager in Re. zu, wo der Angeklagte die unversteuerten Zigaretten jeweils entgegennahm und einlagerte. Diese Garage hatte R., anders als zuvor, auf seinen Namen angemietet.
Auf Anweisung des R. sollte der Angeklagte in allen weiteren Fällen die unversteuerten Zigaretten der Marke L&M an den künftigen Abnehmer, den Mitangeklagten B., auf einem Parkplatz der Firma L. übergeben, um das neue Lager geheim zu halten. Der Angeklagte sollte auf dem Parkplatz einen Lieferwagen von B. übernehmen, diesen an der Garage beladen und mit der bestellten Zigarettenmenge an B. zurückgeben. In der Zwischenzeit sollte B. die Lieferung bezahlen.
In der Zeit vom 2. Februar 2013 bis 3. Mai 2013 erfolgte eine neue Lieferung von unversteuerten Zigarettenstangen der Marke L&M von einem unbekannten Lieferanten in das Lager. Aus dieser Sendung lieferte der Angeklagte am 3. Mai 2013 2.000 Stangen und am 14. Mai 2013 weitere 2.000 Stangen nach dem vorbezeichneten Schema an B. auf dem Parkplatz der Firma L. aus. Der Mitangeklagte Ru. kassierte in diesen beiden Fällen (Taten 4 und 5 der Urteilsgründe) während der Wartezeit auf dem Parkplatz jeweils den Kaufpreis.
Am 7. Juni 2013 nahm der Angeklagte eine Lieferung von 13.500 Stangen Zigaretten L&M im Lager entgegen, wovon er 1.000 Stangen am gleichen Tag an den B. weiter lieferte. Die übrigen 12.500 Stangen Zigaretten beschlagnahmte das Zollfahndungsamt Essen (Tat 6 der Urteilsgründe).
Für seine Unterstützung erhielt der Angeklagte für die Anmietung der Garage in G. einmalig 100 Euro sowie unregelmäßig mehrmals 50 Euro (UA S. 12). Bei erfolgreichem Abschluss einer Transaktion erhielt er ein Entgelt in Höhe von jeweils 100 Euro (Taten 1 und 2 der Urteilsgründe) oder 200 Euro (Taten 4 und 5 der Urteilsgründe) von R. .
2. Das Landgericht hat hinsichtlich der festgestellten Tathandlungen des Angeklagten jeweils eine gewerbsmäßige Steuerhehlerei (§ 374 Abs. 1 und 2 AO) in Form von Absatzhilfe angenommen (UA S. 27), das gewerbsmäßige Handeln jedoch im Urteilstenor nicht zum Ausdruck gebracht. Die tatbestandliche Handlung sieht das Landgericht in allen Fällen darin, dass der Angeklagte sich entsprechend den Anweisungen des R. an der Einlagerung der Zigaretten in das Lager sowie der Übergabe an die Abnehmer beteiligt habe (UA S. 26). Die jeweiligen Übergaben der Zigaretten würden eigenständige Tathandlungen darstellen. Es sei unerheblich, dass die Zigaretten teilweise am 2. Februar 2013 (Tat 3 der Urteilsgründe) entwendet bzw. am 7. Juni 2013 (12.500 Stangen Zigaretten von insgesamt 13.500 Stangen Zigaretten aus Tat 6 der Urteilsgründe) beschlagnahmt worden seien, da die tatsächliche Durchführung des Verkaufs für die Tatbestandsverwirklichung unerheblich sei.
Ein Verfahrenshindernis liegt aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 9. Mai 2015 näher dargelegten Gründen nicht vor.
Der Schuldspruch wegen Steuerhehlerei hält in den Fällen 1 bis 5 der Urteilsgründe materiell-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen für die gestohlenen 6.000 Stangen Zigaretten (Tat 3 der Urteilsgründe) eine Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeter Steuerhehlerei in Form der Absatzhilfe nicht. Diese setzt, anders als vom Landgericht angenommen, einen Absatzerfolg voraus.
a) Die Auffassung des Landgerichts, eine Absatzhilfe i.S.v. § 374 AO erfordere keinen Absatzerfolg, entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats und des ehemals für Steuerstrafsachen zuständigen 5. Strafsenats sowie der Auffassung von Teilen der Literatur (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 1980 - 5 StR 135/80, BGHSt 29, 239; Beschluss vom 1. Februar 2007 - 5 StR 372/06, BGHR AO § 374 Vortat 1; zustimmend: Beckemper in Hübschmann/ Hepp/Spitaler [HHSp.] Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Stand: November 2013, § 374 AO, Rn. 53; ablehnend: Hilgers-Klautzsch in Kohlmann, Steuerstrafrecht, Stand: August 2016, § 374 AO Rn. 67; Wegner in Müko-StGB, 2. Aufl., § 374 AO Rn. 35; Meyer in Beermann/Gosch Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Stand: Oktober 2008, § 374 AO 1977, Rn. 11 und 12; zweifelnd: Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht 8. Aufl., § 374 AO Rn. 42).
b) An dieser Auffassung hält der Senat jedoch nicht mehr fest. Entgegenstehende Rechtsprechung wird aufgegeben.
aa) In seinem Antwortbeschluss vom 21. August 2013 (1 ARs 6/13, NZWiSt 2014, 153) auf die Anfrage des 3. Strafsenats vom 14. Mai 2013 (3 StR 69/13, NStZ 2013, 584) hat der Senat im Hinblick auf das Merkmal des „Absetzens“ i.S.d. § 259 StGB bereits seine bisherige Rechtsansicht aufgegeben und verlangt seitdem in Übereinstimmung mit den anderen Strafsenaten des Bundesgerichtshofs, dass eine Verurteilung wegen vollendeter Hehlerei in Form der Tathandlung des „Absetzens“ nach § 259 StGB einen Absatzerfolg voraussetzt. Zur Absatzhilfe verhält sich der Senat in dem vorgenannten Antwortbeschluss nicht. Ebenso hat er die Auslegung des Merkmals „absetzt“ in § 374 AO ausdrücklich offen gelassen, weil die Vorschrift von der Anfrage nicht betroffen war (BGH, Beschluss vom 21. August 2013 - 1 ARs 6/13, NZWiSt 2014, 153).
bb) Auch die Tatbestandsmerkmale des Absetzens und der Absatzhilfe nach § 374 AO erfordern zur Vollendung der Tat den Eintritt eines Absatzerfolgs. Die geänderte Rechtsprechung zu § 259 StGB (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2013 - 3 StR 69/13, BGHSt 59, 40) ist uneingeschränkt auf die Steuerhehlerei zu übertragen.
(1) Für eine solche Auslegung des Tatbestands als Erfolgsdelikt auch in den Fällen des Absetzens und der Absatzhilfe spricht - ebenso wie bei § 259 StGB - bereits der Wortlaut der Vorschrift. Schon der allgemeine Sprachgebrauch unterscheidet zwischen dem erfolgreichen Absetzen und bloßen Absatzbemühungen. Im Verkehr unter Kaufleuten, aus dem der Begriff stammt, würde niemand davon sprechen, dass ein Händler Waren abgesetzt hat, wenn er sich nur vergeblich um den Verkauf bemüht hat (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2013 - 3 StR 69/13, BGHSt 59, 40).
(2) Für ein einheitliches Verständnis von § 259 StGB und § 374 AO spricht zudem der vom Gesetzgeber gewollte Gleichklang zwischen der Steuerhehlerei und der Sachhehlerei (vgl. Sonderausschuss für die Strafrechtsnorm bei der Beratung des EGStGB, BT-Drucks. 7/1261 S. 51 und Finanzausschuss des Bundestages bei der Beratung der Abgabenordnung, BT-Drucks. 7/4292 S. 44).
(3) Systematische Gründe sprechen ebenfalls für das Erfordernis eines Absatzerfolgs. Das Tatbestandsmerkmal der „Absatzhilfe“ findet seine Berechtigung in dem Umstand, dass die Absatzhilfe als eine zur selbständigen Tat aufgewertete Beihilfe zum Absatz verstanden wird und daher ebenso wie der Absatz selbst einen Absatzerfolg voraussetzen muss (Jäger in Joecks/Jäger/ Randt, Steuerstrafrecht 8. Aufl., § 374 AO Rn. 42). Andernfalls würde die Absatzhilfe in einem früheren Stadium der Tat vollendet werden können als der Absatz, was sinnwidrig wäre. Dies entspricht auch dem neueren Verständnis anderer Strafsenate des BGH zu § 259 StGB (BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 2013 - 3 StR 69/13, NStZ 2013, 584 und vom 13. August 2015 - 2 StR 26/15).
Zudem erhält der Versuch der Absatzhilfe i.S.d. § 374 Abs. 3 AO durch die nunmehr engere Auslegung bei der Tatvollendung einen wirklichen Anwendungsbereich. Ohne die Notwendigkeit eines Absatzerfolgs zur Tatvollendung war ein Versuch bisher kaum denkbar und dem Täter zudem jede Rücktrittsmöglichkeit versperrt (Hilgers-Klautzsch in Kohlmann, Steuerstrafrecht, Stand: August 2016, § 374 AO Rn. 67). Dem Absatzhelfer ist durch die zur selbstständigen Tat aufgewertete Beihilfe die Strafrahmenverschiebung nach § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB zwar verwehrt. Dem Täter wird jedoch durch die engere Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Absatzhilfe bei fehlendem Absatzerfolg nun die fakultative Strafrahmenverschiebung nach § 23 Abs. 2 StGB eröffnet (BGH, Beschluss vom 14. Mai 2013 - 3 StR 69/13, NStZ 2013, 584; Hilgers-Klautzsch in Kohlmann, Steuerstrafrecht, Stand: August 2016, § 374 AO Rn. 67).
(4) Der Sinn und Zweck der Vorschrift legt gleichfalls eine derartige Auslegung nahe. Der Strafgrund des § 374 AO liegt in der Aufrechterhaltung des steuerrechtswidrigen Zustands, der durch die Vortat eingetreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 1980 - 5 StR 135/80, BGHSt 29, 239; Wegner in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 374 AO Rn. 3). Die Norm schützt damit insbesondere die finanziellen Interessen des Staates. Mit der Übernahme der Waren oder Erzeugnisse durch (ggf. zahlreiche) Abnehmer „versickert“ gleichsam das vorhandene tatsächliche Substrat. Das erschwert es dem Fiskus, den Vortäter ausfindig zu machen und die verkürzten Steuern einzufordern (Wegner in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 374 AO Rn. 3; Rönnau, Moderne Probleme der Steuerhehlerei [§ 374 AO], NStZ 2000, 513, 514). Dies spricht - wie beim Tatbestand der Sachhehlerei (§ 259 StGB), der die Aufrechterhaltung der durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Vermögenslage im Blick hat (Perpetuierungstheorie BT-Drucks. 7/550, S. 252; Walter in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl., § 259 StGB, Rn. 2) - dafür, dass eine Vollendung der Steuerhehlerei in Form der Absatzhilfe ebenfalls einen entsprechenden Erfolg voraussetzt. Mit diesem Verständnis der Norm entstehen auch keine Schutzlücken im Anwendungsbereich; vielmehr greift hier die Strafbarkeit des Versuchs gemäß § 374 Abs. 3 AO ein.
cc) Einer Anfrage nach § 132 Abs. 3 GVG an andere Senate bedarf es nicht, da der Senat allein für Auslegungsfragen im Steuerstrafrecht zuständig ist.
2. Der Schuldspruch wegen Steuerhehlerei bzgl. Tat 3 der Urteilsgründe, der mangels Vollendung der Absatzhilfe keinen Bestand haben kann, erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als rechtsfehlerfrei. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen ist eine hier in Betracht kommende Tathandlung des täterschaftlichen „Sich- oder einem Drittenverschaffen“ nach § 374 AO durch die Übernahme der Zigaretten im Lager in G. bisher nicht hinreichend belegt.
3. In den Fällen 1, 2, 4 und 5 der Urteilsgründe hat der Schuldspruch wegen Steuerhehlerei ebenfalls keinen Bestand.
Insoweit hat das Landgericht zwar jeweils rechtsfehlerfrei einen Absatzerfolg i.S.d. § 374 AO festgestellt. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte durch die Übernahme der Zigaretten im Lager in G. sowie die Entgegennahme der Zigaretten in Re. bereits zu diesem Zeitpunkt Verfügungsgewalt über die Zigaretten erlangt hatte und damit eine - vom Anklagevorwurf erfasste (§ 264 StPO) - Steuerhehlerei i.S.v. § 374 AO in der Tatvariante des „Sichverschaffens“ oder „Drittverschaffens“ bereits vollendet war (BGH, Urteil vom 7. November 2007 - 5 StR 371/07, NStZ 2008, 409; Jäger in Joecks/ Jäger/Randt, Steuerstrafrecht 8. Aufl., § 374 AO Rn. 30, 31). Konkurrenzrechtlich würde in diesem Fall die Absatzhilfe hinter dem Sich-Verschaffen als mitbestrafe Nachtat zurücktreten (Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht 8. Aufl., § 374 AO Rn. 82 mwN; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 259 Rn. 32). Es erscheinen somit hier weitere Feststellungen möglich, die sich auf die Schuldsprüche zu diesen Taten auswirken könnten (§ 353 Abs. 1 StPO).
4. Demgegenüber hält der Schuldspruch hinsichtlich der Tat 6 der Urteilsgründe materiell-rechtlicher Überprüfung stand; er war aber in gewerbsmäßige Steuerhehlerei abzuändern.
Zwar fehlt es auch hier in Bezug auf die sichergestellten 12.500 Stangen Zigaretten an einem Absatzerfolg i.S.d. § 374 AO. Da der Angeklagte aber nach den Feststellungen des Landgerichts von der am 7. Juni 2013 entgegengenommenen Gesamtmenge vom 13.500 Stangen Zigaretten bereits 1.000 Stangen an B. geliefert hat, ist in Bezug auf diese Teilmenge bereits ein entsprechender Absatzerfolg eingetreten. Insoweit hat der Schuldspruch wegen Steuerhehlerei bei dieser Tat Bestand. Dass hinsichtlich der Gesamtmenge auch die Tatalternative des Verschaffens in Betracht kommt bzw. hinsichtlich der beschlagnahmten 12.500 Stangen Zigaretten kein Absatzerfolg eingetreten ist, tangiert den eigentlichen Schuldspruch nicht, sondern betrifft lediglich den im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigenden Schuldumfang.
Wie vom Generalbundesanwalt ausgeführt, geht das Landgericht zutreffend davon aus, dass der Angeklagte gewerbsmäßig i.S.v. § 374 Abs. 2 AO gehandelt hat (UA S. 27). Das Landgericht hat dies allerdings im Tenor nicht zum Ausdruck gebracht. Insofern war der Schuldspruch entsprechend abzuändern.
5. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen 1 bis 5 der Urteilsgründe sowie die mögliche Änderung des Schuldumfangs im Fall 6 der Urteilsgründe führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs.
6. Einer Aufhebung der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bedarf es demgegenüber nicht, da sie vom aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen sind (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann hierzu ergänzende Feststellungen treffen, soweit diese mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Das neue Tatgericht wird vor allem in den Blick zu nehmen haben, ob bei dem Angeklagten neben einer Absatzhilfe bereits zeitlich vorgelagert auch ein - nach dem Anklagevorwurf von der prozessualen Tat (§ 264 StPO) umfasstes - täterschaftliches „Sich- oder einem Drittenverschaffen“ durch die Übernahme der Zigaretten im Lager in G. und die Entgegennahme der Zigaretten in Re. in Betracht kommt. Aufgrund der bisherigen Feststellungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte bereits zu diesem Zeitpunkt Verfügungsgewalt über die Zigaretten hatte und damit eine Steuerhehlerei i.S.v. § 374 AO in dieser Tatalternative bereits vollendet war (BGH, Urteil vom 7. November 2007 - 5 StR 371/07, NStZ 2008, 409; Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht 8. Aufl., § 374 AO Rn. 30, 31). Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung ist dabei, ob der Angeklagte nur den Weisungen des R. unterworfen war oder selbst Tatherrschaft hatte. Dies ist vom Tatgericht an Hand der allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme nach §§ 25 ff. StGB zu würdigen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. April 2016 - 3 StR 554/15, NStZ-RR 2016, 209 und vom 2. Juni 2015 - 4 StR 144/15, NStZ-RR 2016, 316 jeweils mwN).
Ist in Bezug auf die vom Landgericht festgestellten drei verfahrensgegenständlichen Liefervorgänge der Zigaretten bereits von einem täterschaftlichen Verschaffensvorgang des Angeklagten auszugehen, lägen insgesamt nur drei tatmehrheitliche Taten der vollendeten Steuerhehlerei in dieser Tatvariante vor, die sich auf die Fälle 1 bis 3, die Fälle 4 und 5 sowie den Fall 6 der Urteilsgründe in seiner Gesamtmenge beziehen würden. In diesem Fall wären die zeitlich nachgelagerten erfolgreichen Übergaben der Zigaretten aus der Gesamtliefermenge an die jeweiligen Abnehmer im Fall 1, 2, 4 und 5 sowie 6 (bzgl. der 1.000 Stangen Zigaretten) konkurrenzrechtlich als mitbestrafte Nachtaten zu beurteilen (Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht 8. Aufl., § 374 AO Rn. 82 mwN).
2. Kommt das neue Tatgericht zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte keine Verfügungsmacht über die Zigaretten bei der Anlieferung erlangt hatte, käme auch eine - ebenfalls vom Anklagevorwurf erfasste (§ 264 StPO) - Beihilfe zum „Sichverschaffen“ des R. in Betracht, soweit der Angeklagte seine Unterstützung dem R. vor dessen Tat zugesagt und auf diese Weise zu dessen Steuerhehlerei in Form des „Sichverschaffens“ Beihilfe geleistet hat (BGH, Urteil vom 3. Oktober 1984 - 2 StR 166/84, BGHSt 33, 44), die dann durch die Unterstützungsleistungen bei der Veräußerung der Zigaretten in täterschaftliche Hehlerei in Form der Absatzhilfe übergegangen sein könnte (BGH, Urteil vom 3. Oktober 1984 - 2 StR 166/84, BGHSt 33, 44). In diesem Fall würde die täterschaftlich begangene Absatzhilfe der Beihilfe zur Steuerhehlerei vorgehen, da hierdurch das nach gesetzlicher Wertung beim Tatbeteiligten eigenständige Unrecht, das in der Mitwirkung am Absatz liegt, besser erfasst wird (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 - 1 StR 438/11, BGHSt 57, 151; Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht 8. Aufl., § 374 AO Rn. 81 mwN).
3. Eine Revisionserstreckung (§ 357 StPO) auf die nichtrevidierenden Mitangeklagten Ru. und B. kommt nicht in Betracht, weil deren Verurteilung jeweils Fälle betrifft, bei denen ein Absatzerfolg eingetreten ist.
Die sofortige Beschwerde (§ 464 Abs. 3 StPO) des Angeklagten gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung des angefochtenen Urteils ist damit gegenstandslos.
HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 52
Externe Fundstellen: NStZ 2017, 359 ; StV 2018, 40
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede