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HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 836

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 29/14, Beschluss v. 08.07.2014, HRRS 2014 Nr. 836


BGH 1 StR 29/14 - Beschluss vom 8. Juli 2014 (LG Nürnberg-Fürth)

Hinterziehung von Umsatzsteuer (Unternehmerstellung: Strohmanngeschäfte; Unbeachtlichkeit von Scheingeschäften); Hinterziehung von Gewerbesteuer (Unternehmerstellung).

§ 370 Abs. 1 AO; § 2 UStG; § 41 Abs. 2 AO; § 15 EStG

Leitsätze des Bearbeiters

1. Auch ein Strohmann, der nach außen im eigenen Namen auftritt, im Verhältnis zum Hintermann jedoch auf dessen Rechnung handelt, kann leistender Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein (vgl. BGH NStZ 2014, 335 mwN). Für die umsatzsteuerrechtliche Einstufung des Strohmannes als Leistender reicht es aus, wenn er den Abnehmer befähigt, im eigenen Namen über den Liefergegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

2. "Vorgeschobene" Strohmanngeschäfte zwischen einem Strohmann und dem Leistungsempfänger sind aber dann umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich, wenn sie nur zum Schein (vgl. § 41 Abs. 2 AO) abgeschlossen sind, mithin die Vertragsparteien - der Strohmann und der Leistungsempfänger - einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem Hintermann eintreten sollen (vgl. BGH NStZ 2014, 335). Ob dies der Fall ist, hängt von den tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls ab, die vom Tatgericht in einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände zu würdigen sind.

3. Für die Frage, wer von mehreren Personen, die an einer gewerblichen Tätigkeit beteiligt sind, ertragsteuerlich als Unternehmer anzusehen ist, kommt es weder auf die von den Beteiligten ausdrücklich gewählte Bezeichnung ihrer Rechtsbeziehungen, noch auf den Rechtsschein, der nach außen etwa durch die gewerbepolizeiliche Anmeldung gesetzt wird, an. (Mit-)Unternehmer i.S.d. § 15 EStG ist vielmehr, wer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine (Mit-)Unternehmerinitiative entfalten kann und das (Mit-) Unternehmerrisiko trägt.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29. Juli 2013 aufgehoben,

a) mit den Feststellungen, soweit es ihn betrifft,

b) mit den Feststellungen, soweit die Mitangeklagte F. wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in fünf Fällen (Fälle C.III.1 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist,

c) im Ausspruch über die die Mitangeklagte F. betreffende Gesamtstrafe.

2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten W. "wegen Steuerhinterziehung in zwölf Fällen" zu zwei Gesamtfreiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, wobei es in die erste Gesamtfreiheitsstrafe eine andere Strafe einbezogen hat. Die nicht revidierende Mitangeklagte F. hat es wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in fünf Fällen sowie wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte W. mit der Sachrüge und Verfahrensrügen. Die Revision führt bereits mit der Sachrüge zur umfassenden Aufhebung des Urteils (§ 349 Abs. 4 StPO) betreffend den Angeklagten W. Dies zieht hinsichtlich der nicht revidierenden Mitangeklagten in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang ebenfalls die Aufhebung nach sich (§ 357 Satz 1 StPO).

I.

1. Das Landgericht hat festgestellt:

Der Angeklagte verkaufte als "ambulanter Schrotthändler" in erheblichem Umfang Schrott- und Altmetalle. Kleinere Mengen verkaufte er im eigenen Namen. Weit überwiegend setzte er jedoch zum Verkauf des von ihm erworbenen Schrotts Strohleute ein, um das Ausmaß seines Schrotthandels zu verschleiern und so seiner Steuerpflicht zu entgehen. Als ein solcher Strohmann fungierte der Zeuge D. Diesem fiel die Aufgabe zu, als Lieferant des dem Angeklagten gehörenden Schrotts und Altmetalls aufzutreten. Die an den Zeugen D. ausbezahlten Kaufpreise einschließlich der Umsatzsteuer händigte dieser an den Angeklagten aus, erhielt aber Beträge von rund 300 Euro als Entlohnung für seine Tätigkeit. Auf diese Art und Weise lieferten der Angeklagte W. und der Zeuge D. zwischen Oktober 2003 und Oktober 2006 in 245 Fällen erhebliche Mengen Schrott und Altmetall bei mehreren Schrotthandelsfirmen ein. Die Empfängerfirmen stellten die Abrechnungen jeweils auf den Namen des Zeugen D. aus. Ebenso wie der Zeuge D. trat auch die Mitangeklagte F. ab Mai 2006 bis Ende 2007 für den Angeklagten in Erscheinung. Auf ihren Namen wurden insgesamt 75 Schrottlieferungen abgerechnet.

Dabei war dem Angeklagten ebenso wie D. und F. bewusst, dass er "entsprechend der tatsächlichen Gegebenheiten selbst als Einlieferer gegenüber den Schrotthandelsfirmen hätte auftreten und die Einnahmen aus den Einlieferungen (....) zur Umsatzsteuer, zur Gewerbesteuer und zur Einkommensteuer hätte erklären müssen". Dennoch gab er keine Umsatzsteuerjahreserklärungen (Jahre 2003 bis 2007), Einkommensteuererklärungen (Veranlagungszeiträume 2004 bis 2007) und Gewerbesteuererklärungen (Veranlagungszeiträume 2004 bis 2006) ab. Hierdurch wurden Steuern in Höhe von insgesamt 558.120 Euro verkürzt.

2. Das Landgericht hat die über F. und D. erfolgten Schrottlieferungen dem Angeklagten zugerechnet und ihn zur Anmeldung der hierauf anfallenden Umsatzsteuer verpflichtet erachtet, da er "wirtschaftlich ... der wahre Einlieferer des Schrotts" gewesen sei. Dies folgert es daraus, dass F. und D. "auf Rechnung des Angeklagten" handelten, nicht "Inhaber" des Schrotts waren und nur der Angeklagte "wirtschaftlich in der Lage war", die Schrotthandelsunternehmen mit Schrott in dem erfolgten Umfang zu beliefern. Zur Berechnung der verkürzten Umsatzsteuer hat es die über D. und F. abgerechneten Schrotteinlieferungen ermittelt und die auf den eigenen Namen des Angeklagten erfolgten Lieferungen hinzugerechnet. Bei der Berechnung der verkürzten Einkommensteuer und der Gewerbesteuer ist es ebenfalls von den über F., D. oder seinen eigenen Namen abgerechneten Schrottlieferungen als Betriebseinnahmen ausgegangen; es hat diesen aber Betriebsausgaben in Höhe von 90 Prozent gegenüber gestellt.

II.

Das Urteil hält materiell-rechtlicher Prüfung nicht stand. Denn die vom Landgericht vorgenommene umsatz- und ertragsteuerliche Zurechnung der von F. und D. vorgenommenen Schrotteinlieferungen bei den Schrotthandelsfirmen auf den Angeklagten wird von den Feststellungen nicht getragen. Allein die - für sich genommen rechtsfehlerfrei - festgestellte Strohmanneigenschaft reicht hierzu nicht aus.

1. Fälle C.II.4 der Urteilsgründe (Hinterziehung von Umsatzsteuer)

Die Erstreckung der Umsatzsteuererklärungspflicht des Angeklagten auf die von D. und F. abgerechneten Schrotteinlieferungen findet in den Feststellungen keine Grundlage. Da es keine umsatzsteuerrechtliche Mitunternehmerschaft gibt, trifft den Angeklagten die sich aus einer Unternehmerstellung im Sinne des § 2 UStG ergebende Erklärungspflicht für das Geschäft mit den Schrotthandelsunternehmen nur dann, wenn die Einlieferungen von D. und F. durch ihn und nicht durch diese als leistende Unternehmer erfolgten. Dies ist bislang nicht belegt, denn tragfähige Feststellungen zu den Vorstellungen der jeweiligen Vertragspartner dazu, wen die Rechtswirkungen des Geschäfts treffen sollten, fehlen. Dessen hätte es aber bedurft, denn es gilt Folgendes:

a) Auch ein Strohmann, der nach außen im eigenen Namen auftritt, im Verhältnis zum Hintermann jedoch auf dessen Rechnung handelt, kann leistender Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Februar 2014 - 1 StR 422/13, NStZ 2014, 335 mwN). Dem steht weder entgegen, dass er im Innenverhältnis die Weisungen des Auftraggebers zu befolgen hat (vgl. BFH, Urteil vom 26. Juni 2003 - V R 22/02, DStRE 7 8 9 10 2004, 153; Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG, 158. Lfg., § 3 Rn. 2441 [Strohmann]; zu den Leistungsbeziehungen zwischen Stroh- und Hintermann vgl. BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326), noch, dass er zuvor kein Eigentum an den Liefergegenständen erworben hat (vgl. Urteil vom 28. Januar 1999 - V R 4/98, BFHE 188, 456). Umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich ist es auch, dass dem Strohmann der wirtschaftliche Erfolg seiner Tätigkeit letztlich nicht verbleibt (BFH, Urteil vom 26. Juni 2003 - V R 22/02, DStRE 2004, 153). Für die umsatzsteuerrechtliche Einstufung des Strohmannes als Leistender reicht es vielmehr aus, wenn er den Abnehmer befähigt, im eigenen Namen über den Liefergegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht, vgl. hierzu zusammenfassend Leonard in Bunjes, UStG, 13. Aufl., § 3 Rn. 51 ff.).

b) "Vorgeschobene" Strohmanngeschäfte zwischen einem Strohmann und dem Leistungsempfänger sind aber dann umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich, wenn sie nur zum Schein (vgl. § 41 Abs. 2 AO) abgeschlossen sind, mithin die Vertragsparteien - der Strohmann und der Leistungsempfänger - einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem Hintermann eintreten sollen (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 5. Februar 2014 - 1 StR 422/13 mwN, NStZ 2014, 335). Ob dies der Fall ist, hängt von den tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls ab, die vom Tatgericht in einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände (vgl. auch BFH, Urteil vom 4. September 2003 - V R 9/02, V R 10/02, BFHE 203, 389) zu würdigen sind.

c) Dass im vorliegenden Fall allein die Annahme eines solchen Scheingeschäfts die Stellung des Angeklagten als Leistender tragen könnte, hat das Landgericht nicht in den Blick genommen. Es bleibt daher unerörtert, ob es sich aus Sicht der Schrotthandelsfirmen bei den Einlieferungen um Eigengeschäfte des Angeklagten handelte, worauf es für eine Erklärungspflicht des Angeklagten insoweit angekommen wäre.

2. Fälle C.II.6 der Urteilsgründe (Hinterziehung von Gewerbesteuer)

Die nicht näher begründete Annahme des Landgerichts, die über F. bzw. D. abgerechneten Schrottlieferungen seien auch gewerbesteuerlich allein dem Angeklagten zuzurechnen, hält rechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand. Der Umstand, dass F. und D. "nicht auf eigene Rechnung" tätig geworden sind, führt nicht notwendig dazu, dass der Angeklagte ertragsteuerlich als der alleinige Gewerbetreibende anzusehen ist. Bei einer Mitunternehmerschaft zwischen dem Angeklagten und den jeweiligen Strohleuten - bei Einsatz von zwei Strohleuten u.U. sogar mehrere - ergeben sich aber abweichende gewerbesteuerrechtliche Erklärungspflichten.

a) Für die Frage, wer von mehreren Personen, die an einer gewerblichen Tätigkeit beteiligt sind, ertragsteuerlich als Unternehmer anzusehen ist, kommt es dabei weder auf die von den Beteiligten ausdrücklich gewählte Bezeichnung ihrer Rechtsbeziehungen (BFH, Beschluss vom 2. September 1985 - IV B 51/85, BStBl. II 1986, 10), noch auf den Rechtsschein, der nach außen etwa durch die gewerbepolizeiliche Anmeldung gesetzt wird (BFH, Beschluss vom 14. September 2004 - XI B 121/03 mwN), an. (Mit-)Unternehmer i.S.d. § 15 EStG ist vielmehr, wer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine (Mit-)Unternehmerinitiative entfalten kann und das (Mit-)Unternehmerrisiko trägt (vgl. Bode in Blümich, EStG, KStG, GewStG, 122. Aufl., § 15 EStG Rn. 222; zur Gewerbesteuer vgl. auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, GewStG, 109. Lief., § 2 Rn. 165, jeweils mit mwN aus der Rspr. des BFH). Die Merkmale der (Mit-) Unternehmerinitiative und des (Mit-)Unternehmerrisikos können im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein, müssen jedoch beide vorliegen. Dies ist unter Berücksichtigung aller die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände durch den Tatrichter zu würdigen (BFH, Beschluss vom 25. Juni 1984 - GrS 4/82 - BStBl II 1984, 751).

b) Tritt eine Person nach außen als Unternehmer im eigenen Namen auf, handelt sie aber auf Rechnung eines Dritten und ist im Innenverhältnis an dessen Weisungen gebunden (Strohmann), so kann deren Mitunternehmerschaft daraus folgen, dass ihr, weil sie nach außen als Geschäftsinhaber auftritt, eine Vertretungsmacht zukommt, die durch Abreden im Innenverhältnis naturgemäß nicht beschränkbar ist (BFH, Urteil vom 10. Mai 2007 - IV R 2/05, BFHE 218, 152). Entscheidend ist auch hier stets das Gesamtbild der Verhältnisse (zu besonderen Fallgestaltungen [Prägung durch persönliche Arbeitsleistung, geringe Kapitalintensität, geringes wirtschaftliches Risiko] etwa BFH, Urteil vom 4. November 2004 - III R 21/02, BFHE 207, 321).

c) Die danach erforderliche Gesamtwürdigung der tatsächlichen Umstände lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Das Landgericht hat seine Wertung, der Angeklagte habe die aus den Einlieferungen durch D. und F. resultierende Gewerbe(- und Einkommen)steuer geschuldet, vielmehr auch insoweit allein auf das interne Verhältnis zwischen dem Angeklagten und seinen Strohleuten gestützt. Freilich ist die Frage, wer Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist und die aufgrund im Rahmen eines Unternehmens getätigter Umsätze entstandene Umsatzsteuer schuldet, unabhängig von der Frage zu beantworten, wer einen Gewerbebetrieb führt und deswegen zur Einkommensteuer und zur Gewerbesteuer zu veranlagen ist (vgl. BFH, Beschluss vom 20. Februar 2004 - V B 152/03). Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Auftreten von F. und D. nach außen bei der ertragsteuerlichen Zurechnung der Betriebseinnahmen von vornherein in jeder Hinsicht außer Betracht bleiben könnte [zur (Mit-)Unternehmerschaft in Fallgestaltungen der Einschaltung von Strohleuten vgl. auch Haep in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 257. Lfg., § 15 EStG Rn. 365 mwN aus der Rspr. des BFH].

3. Fälle C.II.7 (Hinterziehung von Einkommensteuer)

Aus den unter 2. dargelegten Gründen kann letztlich nicht ausgeschlossen werden, dass auch die bei den Einkommensteuerhinterziehungen zugrunde gelegten Hinterziehungsbeträge fehlerhaft berechnet worden sind.

III.

Der Senat hebt die dem Urteil zu Grunde liegenden Feststellungen den Angeklagten betreffend umfassend auf (§ 353 Abs. 2 StPO), auch um dem neuen Tatrichter die Gelegenheit zu geben, widerspruchsfreie Feststellungen zu treffen.

IV.

Soweit die nicht revidierende Mitangeklagte F. wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer verurteilt worden ist, kam eine Erstreckung der Aufhebung des Urteils gemäß § 357 StPO nicht in Betracht. Die Abrechnungen der Schrotteinlieferungen auf den Namen der Mitangeklagten F. waren nämlich ausweislich der Urteilsgründe unter Ausweis der Umsatzsteuer erfolgt. Da sie damit in jedem Falle - und sei es gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG - die in den auf ihren Namen ausgestellten Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer schuldete, scheidet hier schon aus diesem Grunde eine den Angeklagten W. und die Mitangeklagte F. gleichermaßen betreffende Gesetzesverletzung aus. Soweit sie jedoch wegen Beteiligung an der den Angeklagten W. zur Last gelegten Steuerhinterziehung verurteilt worden ist (Fälle C.III.1 der Urteilsgründe), beruht dies auf dem gleichen sachlich-rechtlichen Mangel, so dass die Aufhebung des Urteils insoweit gemäß § 357 Satz 1 StPO auf sie zu erstrecken ist. Damit entfallen die in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen sowie die Gesamtstrafe.

V.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Käme die neu berufene Strafkammer zu dem Schluss, dass die Umsätze durch die Strohleute dem Angeklagten umsatzsteuerrechtlich nicht zurechenbar sein sollten, wäre zu prüfen, ob der Angeklagte bei der Einlieferung an die Schrotthandelsunternehmen zugleich eine umsatzsteuerrechtliche Lieferung an F. und D. bewirkte. Der Umfang der vom Angeklagten verkürzten Umsatzsteuer wäre dabei allerdings auf der Grundlage der erzielten Kaufpreise abzüglich der von F. bzw. D. einbehaltenen Geldbeträge zu bestimmen (vgl. [zu Treuhandverhältnissen] auch Flückiger in Plückebaum/ Widmann, UStG, 188. Lief., § 3 Abs. 1 Rn. 328).

2. Anhand der oben dargelegten Grundsätze wird zu prüfen sein, ob ertragsteuerlich von einer bzw. mehreren Mitunternehmerschaft(en) zwischen dem Angeklagten einerseits und F. bzw. D. andererseits auszugehen ist. Liegt eine Mitunternehmerschaft vor, sind zur Ermittlung der vom Angeklagten hinterzogenen Einkommensteuer dessen gewerblich erzielte Gewinne insgesamt entsprechend der tatsächlichen Teilhabe am betrieblichen Ergebnis (vgl. Haep in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 257. Lfg., § 15 EStG Rn. 365 mwN) - erforderlichenfalls im Wege der Schätzung - einzustellen. Im Hinblick auf die verkürzte Gewerbesteuer ist zu berücksichtigen, dass sich im Falle des Vorliegens einer Mitunternehmerschaft die Pflicht zur Abgabe einer Gewerbesteuererklärung auf jeden einzelnen Gewerbebetrieb erstreckt (zusammenfassend zu den Erklärungspflichten Madauß, NZWiSt 2013, 332, 336). Für den Fall, dass ertragsteuerlich F. und D. die Einkünfte aus den hier in Rede stehenden Schrottverkäufen in voller Höhe zuzurechnen sind, kommt in Betracht, die - um die Zahlungen an F. bzw. D. verminderten - Einkünfte dem Angeklagten als (dann) Einzelgewerbetreibenden zuzurechnen.

3. Sollte abermals auf zwei Gesamtfreiheitsstrafen erkannt werden, wird zu beachten sein, dass sich schon aus dem Tenor, nicht nur aus den Gründen des Urteils ergeben muss, für wie viele Taten der Angeklagte zu den jeweiligen Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt ist.

HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 836

Externe Fundstellen: NStZ 2015, 287; NStZ-RR 2014, 310

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel