HRRS-Nummer: HRRS 2013 Nr. 472
Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 633/12, Beschluss v. 21.02.2013, HRRS 2013 Nr. 472
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 14. Mai 2012 im Strafausspruch dahin geändert, dass die Einzelstrafe im Fall II.1.c. der Urteilsgründe auf sechs Monate herabgesetzt wird.
II. Die weitergehende Revision wird verworfen.
III. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in fünf Fällen, Steuerhinterziehung in drei Fällen sowie wegen falscher Versicherung an Eides Statt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Daneben hat es angeordnet, dass drei Monate der Gesamtfreiheitsstrafe wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt mit der Sachrüge nur den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Angeklagte war von 1993 bis Oktober 1998 Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst und der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand bezog er Versorgungsbezüge nach Maßgabe des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG). Daneben war der Angeklagte als Rechtsanwalt tätig.
Ab 13. Oktober 1999 bis Juli 2002 war der Angeklagte Minister der Justiz und für Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg. Vom 1. August 2002 bis 31. Juli 2004 bezog er Übergangsgeld nach Maßgabe des Brandenburgischen Ministergesetzes (BbgMinG).
Ab Februar 2003 erzielte der Angeklagte als anwaltlicher Berater verschiedener Unternehmen sowie aus einer Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Die Betriebseinnahmen beliefen sich im Jahr 2003 auf 69.103,40 €, im Jahr 2004 auf 38.370,68 €, im Jahr 2005 auf 105.378,44 € und im Jahr 2006 auf 124.451,55 €. Die Betriebsausgaben hat das Landgericht in Anlehnung an die Angaben des Angeklagten in seinen Einkommensteuererklärungen geschätzt.
Im Zeitraum August 2003 bis März 2004 bezog der Angeklagte zudem monatlich Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit als Geschäftsführer einer Verlagsgesellschaft mbH in Höhe von 5.000 €. Die angefallenen "Betriebsausgaben" hat das Landgericht entsprechend den Einkünften aus selbständiger Arbeit geschätzt.
Dem Angeklagten war bekannt, dass dieses Erwerbseinkommen auf die Versorgungsbezüge und das Übergangsgeld anzurechnen war. Er wusste auch, dass er den Bezug und die Änderung von Erwerbseinkommen gegenüber den Versorgungsträgern des Bundes und des Landes Brandenburg anzuzeigen hatte. Dieser Verpflichtung kam er jedoch nicht ordnungsgemäß nach. Dabei beabsichtigte er, sich durch die ungekürzte Auszahlung der Versorgungsbezüge und des Übergangsgeldes eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen.
Dabei ging der Angeklagte wie folgt vor: Mit Schreiben vom 28. August 2003 teilte er dem als Zahlstelle fungierenden Bundesamt für Finanzen mit, dass er seit Juli 2003 als Berater und Aufsichtsratsmitglied sowie als Geschäftsführer tätig sei. Angaben zur Höhe der von ihm erzielten Einkünfte enthielt das Schreiben nicht. Die Versorgungsbezüge und das Übergangsgeld wurden daher zunächst ohne Anrechnung von Erwerbseinkommen ausgezahlt. Erst mit Schreiben vom 19. April 2004 legte der Angeklagte dem Bundesamt für Finanzen eine Aufstellung über seine monatlichen Einkünfte im Zeitraum Juli 2003 bis März 2004 vor.
Um weitere Überzahlungen zu vermeiden, kürzte die Oberfinanzdirektion Nürnberg als zuständige Behörde des Bundes die Versorgungsbezüge des Angeklagten mit Wirkung vom 1. Juli 2004. Um eine Anrechnung zu verhindern, teilte der Angeklagte der Oberfinanzdirektion Nürnberg mit E-Mail vom 21. Mai 2004 wahrheitswidrig mit, er verfüge seit April 2004 über kein anrechenbares Einkommen mehr. Tatsächlich erzielte der Angeklagte auch im Zeitraum April 2004 bis Dezember 2006 weiterhin Einkünfte aus selbständiger Arbeit.
Bei der Berechnung der überzahlten Versorgungsbezüge und des überzahlten Übergangsgeldes hat das Landgericht die Anrechnung des Erwerbseinkommens jeweils im Monat des Zuflusses der Betriebseinnahmen auf den Konten des Angeklagten vorgenommen. Der Schaden zum Nachteil des Bundes beläuft sich auf insgesamt 113.261,32 € (Fälle II.1.a., II.1.c. und II.1.d.), der Schaden zum Nachteil des Landes Brandenburg auf insgesamt 9.034,69 € (Fälle II.1.b. und II.1.e.).
2. Der Angeklagte kam zudem in den Jahren 2003 bis 2005 seiner Verpflichtung als Unternehmer zur Abgabe von Umsatzsteuerjahreserklärungen nicht innerhalb der Abgabefrist nach.
Für das Jahr 2004 reichte der Angeklagte am 27. März 2006 eine Umsatzsteuerjahreserklärung erst ein, nachdem das zuständige Finanzamt am 21. Februar 2006 einen Schätzungsbescheid mit erheblicher Zahllast erlassen hatte. In dieser gab er die von ihm erzielten Umsätze nicht in voller Höhe an. Die aufgrund des geänderten Umsatzsteuerbescheids geschuldeten Umsatzsteuerbeträge entrichtete der Angeklagte. Nachdem seinem Steuerberater im April 2006 Kontrollmitteilungen über nicht in der eingereichten Erklärung enthaltene Umsätze bekannt gegeben worden waren, reichte der Angeklagte am 7. Juni 2006 eine geänderte Umsatzsteuerjahreserklärung ein. Die Umsatzsteuerhinterziehung war zu diesem Zeitpunkt bereits entdeckt, womit der Angeklagte aufgrund der Umstände - insbesondere der Bekanntgabe der Kontrollmitteilungen an seinen Steuerberater - zumindest rechnen musste. Nachdem ihm die Einleitung des Steuerstrafverfahrens bekannt gegeben worden war, reichte der Angeklagte am 26. Oktober 2007 und 2. Januar 2008 erneut geänderte Umsatzsteuerjahreserklärungen ein. Für die Jahre 2003 und 2005 wurden Umsatzsteuerjahreserklärungen erstmals nach Bekanntgabe der Einleitung des Steuerstrafverfahrens abgegeben. Wie das Landgericht näher darlegt, wurde dadurch Umsatzsteuer im Jahr 2003 in Höhe von 10.618,64 €, im Jahr 2004 in Höhe von 3.890,09 € und im Jahr 2005 in Höhe von 14.359,04 € verkürzt (Fälle II.2.a. bis II.2.c.).
3. Weiterhin beantragte der Angeklagte mit Schriftsatz vom 31. Mai 2005 beim Landgericht Hamburg den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verlagsgesellschaft mbH. Der Antragsgegnerin sollte untersagt werden zu behaupten, der Angeklagte habe sein Gehalt als ehemaliger Geschäftsführer der Antragsgegnerin bis einschließlich März 2004 brutto gleich netto ausgezahlt erhalten. Zur Glaubhaftmachung legte der Angeklagte eine eigene eidesstattliche Versicherung mit folgendem Wortlaut vor: "Ich hatte als Geschäftsführer der Verlagsgesellschaft mbH einen normalen Geschäftsführeranstellungsvertrag mit einem Gehalt von 5.000 € brutto. Ich erhielt mein Gehalt nicht netto gleich brutto. Lediglich in den ersten beiden Monaten wurde mir mein Gehalt brutto ausgezahlt. Die entsprechenden Abgaben habe ich in diesen Monaten selbst geleistet. Von August 2003 bis März 2004 erhielt ich nur das Nettogehalt. Das an mich ausgezahlte Gehalt betrug zuletzt 2.244,99 € netto monatlich." Tatsächlich war dem Angeklagten für die Monate August bis November 2003 das Geschäftsführergehalt brutto mit jeweils 5.000 € ausgezahlt worden. Die darauf entfallenden Steuerbeträge wurden vom Angeklagten nicht abgeführt.
1. Die Verfahrensrüge, mit der eine Verletzung von § 257c Abs. 4 Satz 4 StPO sowie des Rechts auf ein faires Verfahren geltend gemacht wird, ist bereits unzulässig, da sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht genügt.
Der Verfahrensrüge liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:
Am ersten Hauptverhandlungstag am 20. März 2012 kam zwischen dem Landgericht und den Verfahrensbeteiligten eine Verständigung i.S.v. § 257c StPO zustande. Danach sollte gegen den Angeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe verhängt werden, die ein Jahr und sechs Monate nicht übersteigt und neun Monate nicht unterschreitet. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe sollte zur Bewährung ausgesetzt werden. Bewährungsauflagen in Form von Geldzahlungen sollten nicht in Betracht kommen. Voraussetzung dafür sollte ein tragfähiges Geständnis des Angeklagten hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Taten sein.
Noch am selben Tag gab der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. S. namens und in Vollmacht des Angeklagten eine Erklärung zur Sache ab. Danach habe der Angeklagte aufgrund seiner Lebenssituation die mit seinen beruflichen Tätigkeiten zusammenhängenden Einnahmen nicht mehr vollständig überblickt. Es sei daher möglich, dass unzutreffende Angaben gegenüber den Versorgungsträgern gemacht wurden. Der Angeklagte habe in Kauf genommen, dass seine Angaben einen Irrtum mit daraus resultierender Überzahlung bei den Adressaten auslösen könnten. Am vierten Hauptverhandlungstag am 26. April 2012 gab der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. S. eine weitere Erklärung für den Angeklagten ab, mit der der Sachverhalt der Anklageschrift als zutreffend anerkannt wurde.
Am fünften Hauptverhandlungstag am 14. Mai 2012 verurteilte das Landgericht den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Zu der Bemessung der Gesamtstrafe führt das Landgericht in den Urteilsgründen aus, die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe an der unteren vereinbarten Grenze sei nicht angezeigt gewesen. Die Kammer habe sich bei der Verabredung des Strafrahmens von der Erwartung tragen lassen, der Angeklagte, der um die Verständigung ersucht hatte, werde zu Beginn der Hauptverhandlung ein Beweiserhebungen im Wesentlichen entbehrlich machendes Geständnis ablegen. Die Einlassung des Angeklagten habe aber nur als "rudimentäres Teilgeständnis" gewertet werden können, das die Anforderungen der getroffenen Absprache nicht erfüllte. Erst als die Beweisaufnahme annähernd abgeschlossen gewesen sei, habe der Angeklagte die Anklagevorwürfe mit knappen Worten eingeräumt, ohne zusätzliche Angaben zu machen oder Fragen der Kammer zu beantworten. Diesem späten Geständnis sei nicht mehr die strafmildernde Wirkung zugekommen, die ein solches zu Beginn der Hauptverhandlung gehabt hätte.
Die Revision macht geltend, entweder habe das Landgericht entgegen seiner Verpflichtung aus § 257c Abs. 4 Satz 4 StPO nicht darauf hingewiesen, dass es sich im Hinblick auf die als lediglich "rudimentäres Teilgeständnis" gewertete Einlassung des Angeklagten am ersten Hauptverhandlungstag, das die "Anforderungen der getroffenen Absprache nicht erfüllte", nicht mehr an die Verständigung gebunden fühlte. Oder aber das Landgericht habe zwar an der Verständigung festgehalten, jedoch unter Verletzung des Rechts des Angeklagten auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK, Art. 20 Abs. 3 GG) entgegen § 257c Abs. 4 Satz 4 StPO nicht mitgeteilt, dass aufgrund des Prozessverhaltens des Angeklagten eine Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe an der unteren Grenze des Strafrahmens nicht mehr in Betracht gekommen sei.
Es kann dahinstehen, ob es aufgrund des alternativ gestalteten Vorbringens bereits an der erforderlichen klaren Bezeichnung der Angriffsrichtung der Revision fehlt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 - 1 StR 45/11 mwN). Jedenfalls erweist sich das Revisionsvorbringen in wesentlichen Punkten als unvollständig.
Aus der dem Revisionsführer bekannten und ohne Widerspruch gebliebenen dienstlichen Erklärung der Vorsitzenden der Strafkammer ergibt sich, dass dem Angeklagten bereits an dem auf seine Einlassung folgenden zweiten Hauptverhandlungstag mitgeteilt wurde, dass die Kammer nach Beratung die vom Angeklagten abgegebene Erklärung als ein "rudimentäres Teilgeständnis" ansehe, das die Anforderungen der getroffenen Absprache nicht erfülle. Zudem war dem Verteidiger Rechtsanwalt Dr. S. wiederholt telefonisch mitgeteilt worden, dass die Kammer dem Angeklagten die Möglichkeit der Nachbesserung seines Geständnisses einräume und sich bis auf weiteres an die getroffene Vereinbarung gebunden sehe.
Diese für die Beurteilung der Verfahrensrüge wesentlichen Umstände hätte der Revisionsführer mitteilen müssen.
2. Die Verfahrensrüge wäre zudem auch unbegründet. Zwar entsprach das Prozessverhalten des Angeklagten zunächst nicht dem Verhalten, das der Prognose des Landgerichts zugrunde gelegt worden ist. Allein dadurch entfiel die Bindung des Landgerichts an die Verständigung mit der Folge der Hinweispflicht gemäß § 257c Abs. 4 Satz 4 StPO jedoch nicht. Ein Wegfall der Bindung setzt darüber hinaus voraus, dass das Gericht zu der Überzeugung gelangt, der in Aussicht gestellte Strafrahmen sei nicht mehr tat- oder schuldangemessen. Dies liegt ausweislich der Urteilsgründe und der dienstlichen Erklärung der Vorsitzenden fern.
Die Kammer war auch weder gemäß § 257c Abs. 4 Satz 4 StPO noch im Hinblick auf den Grundsatz des fairen Verfahrens dazu verpflichtet, den Angeklagten darauf hinzuweisen, dass wegen seines späten Geständnisses die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe an der unteren Grenze des vereinbarten Strafrahmens nicht in Betracht kam.
Die Angabe eines Strafrahmens durch das Gericht führt nicht dazu, dass nur die Strafuntergrenze als Strafe festgesetzt werden darf. Der Angeklagte kann nur darauf vertrauen, dass die Strafe innerhalb des angegebenen Strafrahmens liegt. Er muss daher auch damit rechnen, dass die Strafe die Strafrahmenobergrenze erreicht (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 - 1 StR 345/10, BGHR StPO § 257c Abs. 3 Satz 2 Strafrahmen 1). Das Landgericht hat sich auch nicht in einer Weise unklar oder irreführend verhalten, welche den Angeklagten über Bedeutung und Folgen seines eigenen Prozessverhaltens im Unklaren ließ oder ihn zu letztlich nachteiligem Verhalten veranlasste. Die Kammer hat vielmehr den Angeklagten bereits an dem auf die Einlassung folgenden zweiten Hauptverhandlungstag darauf hingewiesen, dass das abgegebene Geständnis die Anforderungen der getroffenen Verständigung nicht erfülle, und dem Angeklagten damit die Möglichkeit gegeben, sein Verteidigungsverhalten anzupassen.
Die materiell-rechtliche Prüfung des angefochtenen Urteils führt auf die Sachrüge lediglich zu einer Herabsetzung der im Fall II.1.c. verhängten Einzelfreiheitsstrafe; die erkannte Gesamtfreiheitsstrafe hat dagegen Bestand.
1. Die Verurteilung wegen Betruges hält hinsichtlich des Schuldspruches rechtlicher Nachprüfung stand.
Die von der Strafkammer vorgenommene Würdigung des Geschehens als Betrug in fünf Fällen ist nicht zu beanstanden. Die pflichtwidrig unterbliebene Anzeige des Bezugs und der voraussichtlichen Höhe der ab Februar 2003 erzielten Einkünfte aus selbständiger Arbeit ist als Täuschung durch Unterlassen der jeweiligen Entscheidungsträger der Versorgungsträger des Bundes und des Landes Brandenburg zu werten. Gleiches gilt für die ab August 2003 bezogenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die wahrheitswidrige Behauptung des Angeklagten gegenüber der Oberfinanzdirektion Nürnberg, er beziehe ab April 2004 kein anrechenbares Erwerbseinkommen mehr, stellt eine eigenständige Täuschung durch aktives Tun dar.
Die vom Angeklagten erzielten Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit unterliegen nach Maßgabe des § 53 Abs. 1 BeamtVG bzw. des § 16 Abs. 2 BbgMinG i.V.m. § 15 Nr. 1 BbgMinG der Anrechnung auf die Versorgungsbezüge und das Übergangsgeld.
Gemäß § 62 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG ist der Versorgungsberechtigte verpflichtet, der Regelungsbehörde oder der die Versorgungsbezüge zahlenden Kasse u.a. den Bezug und jede Änderung von Einkünften i.S.v. § 53 BeamtVG unverzüglich anzuzeigen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Regelungsbehörde von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis erhält, um die einschlägigen Ruhensregelungen zur Anwendung zu bringen. Der Gesetzgeber hat dem Beamten eine besondere Verpflichtung auferlegt, die ihre Rechtfertigung in der beamtenrechtlichen Treuepflicht findet (Hessischer VGH, Urteil vom 18. April 2012 - 1 A 1522/11, NVwZ-RR 2012, 936; Leihkauff in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht, 102. Lief., BeamtVG § 62 Rn. 29). Entsprechendes gilt über § 1 Abs. 3 BbgMinG i.V.m. § 53 Landesbeamtengesetz Brandenburg aF auch für nach § 16 Abs. 2 BbgMinG auf das Übergangsgeld anrechenbares Erwerbseinkommen.
Die Revision meint, die Anzeigepflicht gemäß § 62 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG entstehe erst mit Erlass des jeweiligen Einkommensteuerbescheides. Daher sei die Verpflichtung durch unverzügliche Vorlage erfüllt. Der Senat teilt diese Auffassung nicht: Durch die unverzügliche Anzeige des Bezugs und jeder Änderung von Einkünften sollen Überzahlungen verhindert werden (vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 18. April 2012 - 1 A 1522/11, NVwZ-RR 2012, 936; Leihkauff in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht, 102. Lief., BeamtVG § 62 Rn. 29, 44). Dies könnte nicht erreicht werden, wenn der Einkommensteuerbescheid abzuwarten wäre. Die Versorgungsbezüge bzw. das Übergangsgeld würden dann nämlich für das gesamte Jahr zunächst ungekürzt ausgezahlt und eine Korrektur würde erst nach Erlass des Einkommensteuerbescheides erfolgen. Daher sind bereits der Beginn sowie jede Änderung des Bezuges von Einkünften i.S.v. §§ 53 bis 56 BeamtVG unter Angabe der voraussichtlichen Höhe der Einkünfte anzuzeigen. So kann aufgrund dieser Angaben zunächst eine vorläufige Ruhensregelung getroffen werden. Die abschließende Entscheidung erfolgt dann nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides (vgl. Schachel in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, § 53 BeamtVG Rn. 34 <Stand: März 2009>).
Dieser Verpflichtung aus § 62 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG ist der Angeklagte mit seinem Schreiben an das Bundesamt für Finanzen vom 28. August 2003 nicht ausreichend nachgekommen. Die Angaben des Versorgungsempfängers müssen so konkret sein, dass die Regelungsbehörde den Sachverhalt prüfen, über die Anwendung der Ruhensregelungen entscheiden und hieran Rechtsfolgen - insbesondere die Kürzung der Versorgungsbezüge - knüpfen kann (vgl. OLG Köln, Urteil vom 11. August 2009 - 83 Ss 54/09, NStZ-RR 2010, 79 zu § 60 Abs. 1 SGB I). Davon ausgehend genügen die Angaben des Angeklagten, er sei seit Juli 2003 als Berater und Aufsichtsratsmitglied sowie als Geschäftsführer tätig, seiner Anzeigepflicht nicht. Vielmehr ist auch die Höhe der voraussichtlichen anrechenbaren Einkünfte anzuzeigen, da andernfalls eine Anwendung der Ruhensregelungen bzw. eine Anrechnung des Erwerbseinkommens nicht möglich ist (vgl. BAG, Urteil vom 21. Oktober 2003 - 3 AZR 83/03, ZTR 2004, 386; Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, BeamtVG § 62 Rn. 16 <Stand: Oktober 2012>).
2. Der Strafausspruch erweist sich jedoch im Fall II.1.c. der Urteilsgründe als rechtsfehlerhaft.
Zwar ist das Landgericht im Hinblick darauf, dass die Tat auf wiederkehrende Leistungen gerichtet war, rechtsfehlerfrei von einem gewerbsmäßigen Handeln des Angeklagten i.S.v. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB ausgegangen. Jedoch hat es aufgrund einer unzutreffenden Berechnung der überzahlten Versorgungsbezüge einen zu großen Schadensumfang zugrunde gelegt.
a) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht bei der Berechnung der überzahlten Versorgungsbezüge von einer umfassenden Anrechnung des Erwerbseinkommens auf die Versorgungsbezüge gemäß § 53 BeamtVG ausgegangen.
Entgegen der Auffassung der Revision ist die Anrechnung des Erwerbseinkommens nicht nach Maßgabe der §§ 53, 53a BeamtVG in der bis zum 31. Dezember 1998 gültigen Fassung durchzuführen, wonach eine Anrechnung nur auf den nicht erdienten Teil des Ruhegehalts vorzunehmen ist. Dem Angeklagten war es für die Dauer der Wahrnehmung des Ministeramtes von Oktober 1999 bis Juli 2002 gemäß Art. 95 Landesverfassung Brandenburg, § 3 Abs. 1 BbgMinG untersagt, neben dem Ministeramt einen anderen Beruf auszuüben. Die von dem Angeklagten ab Februar 2003 erzielten Einkünfte aus anwaltlicher Tätigkeit fließen damit - trotz Fortbestehens der Zulassung - nicht mehr aus einer seit dem 31. Dezember 1998 andauernden Tätigkeit i.S.v. § 69c Abs. 4 Satz 1 BeamtVG.
b) Das Landgericht hat jedoch bei der Ermittlung des anrechenbaren Erwerbseinkommens rechtsfehlerhaft auch hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit auf den Zeitpunkt des Zuflusses der Betriebseinnahmen beim Angeklagten abgestellt.
Gemäß § 53 Abs. 7 Satz 4 BeamtVG erfolgt die Berücksichtigung des Erwerbseinkommens grundsätzlich monatsbezogen. Wird das Einkommen nicht in Monatsbeträgen erzielt, ist gemäß Satz 5 das Einkommen des Kalenderjahres gleichmäßig auf zwölf Monate zu verteilen. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, die naturgemäß Schwankungen in ihrer monatlichen Höhe aufweisen, werden regelmäßig nicht in Monatsbeträgen erzielt, so dass bei Anwendung der Ruhensregelungen eine Zwölftelung des Jahreseinkommens zu erfolgen hat (vgl. Kazmaier in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, 98. Lief.; § 53 Rn. 216; Schachel in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, § 53 BeamtVG Rn. 34 <Stand: März 2012>; Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, BeamtVG, § 53 Rn. 183 <Stand: Januar 2013>; für Einkünfte aus Gewerbebetrieb: OVG Saarland, Beschluss vom 16. September 2009 - 1 A 435/08).
Die unzutreffende Berechnungsmethode hat sich lediglich im Fall II.1.c. der Urteilsgründe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt. Dem Angeklagten ist in den Jahren 2003 und 2004 nicht in jedem Monat Erwerbseinkommen zugeflossen, so dass sich durch die Verteilung auf zwölf Monate für einzelne Kalendermonate ein niedrigerer anzurechnender Betrag ergibt.
Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich die fehlerhafte Annahme eines zu großen Schadensumfangs bei der Bemessung der Einzelstrafe im Fall II.1.c. der Urteilsgründe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Daher hat der Senat die im Fall II.1.c. verhängte Einzelstrafe entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf die Mindeststrafe von sechs Monaten herabgesetzt (vgl. § 263 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 StGB).
3. Die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen.
Die Revision meint, die Strafkammer hätte sich mit der Möglichkeit auseinandersetzen müssen, dass der Angeklagte die Umsatzsteuerjahreserklärungen ohne Vorsatz nicht fristgerecht abgegeben habe. Dies liegt jedoch fern und musste daher nicht erörtert werden. Dagegen spricht schon, dass der Angeklagte bereits in den Umsatzsteuervoranmeldungen unzutreffende Angaben gemacht hatte. Eine Aufklärungsrüge zum Beleg des von der Revision für möglich gehaltenen Sachverhalts erhebt die Revision nicht.
4. Auch die Verurteilung wegen falscher Versicherung an Eides Statt ist nicht zu beanstanden.
Umfang und Grenzen der Wahrheitspflicht bestimmen sich nach dem Verfahrensgegenstand und den Regeln, die für das Verfahren gelten, in dem die eidesstattliche Versicherung abgegeben wird. Bei - wie hier - unverlangt abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen kommt es darauf an, welches Beweisthema sich in dieser stellt. Allerdings bedeutet dies nicht, dass alles, was der Täter zu dem selbstgesetzten Beweisthema erklärt, auch der Wahrheitspflicht unterliegt. Auszuscheiden sind vielmehr nach dem Schutzzweck der Vorschrift alle Tatsachenbehauptungen, die für das konkrete Verfahren ohne jede mögliche Bedeutung sind (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1989 - 1 StR 504/89, NStZ 1990, 123, 124; Ruß in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 156 Rn. 17; Lenckner/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 156 Rn. 5).
Die Feststellung des Landgerichts, dem Angeklagten sei sein Geschäftsführergehalt für die Monate August bis November 2003 brutto mit jeweils 5.000 € ausgezahlt worden, wobei die darauf entfallenden Steuerbeträge auch nicht vom Angeklagten abgeführt worden seien, steht im Widerspruch zu seiner eidesstattlichen Versicherung, ihm sei das Geschäftsführergehalt lediglich für die ersten beiden Monate brutto ausgezahlt worden, woraufhin er die darauf entfallenden Abgaben selbst abgeführt habe; von August 2003 bis März 2004 habe er nur das Nettogehalt erhalten. Diese falsche Erklärung war auch für das konkrete einstweilige Verfügungsverfahren keineswegs ohne jede Bedeutung. Die eidesstattliche Versicherung hatte zu dem Beweisthema des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der Antragsgegnerin untersagt werden sollte zu behaupten, der Angeklagte habe sein Geschäftsführergehalt bis einschließlich März brutto gleich netto ausgezahlt erhalten, als Mittel der Glaubhaftmachung unmittelbaren Bezug. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die falsche Versicherung an Eides Statt letztlich im Ausgang des Rechtsstreits niedergeschlagen hat oder nicht.
1. Die Strafzumessung ist im Übrigen nicht zu beanstanden. Gemäß § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO hat das Tatgericht im Urteil lediglich die bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkte mitzuteilen. Es steht nicht zu besorgen, dass die von der Revision aufgeführten Gesichtspunkte - insbesondere soweit im Urteil dazu Feststellungen getroffen sind - von der Kammer bei der Strafzumessung außer Acht gelassen worden sind.
2. Die durch das Landgericht vorgenommene Kompensation der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung ist nicht zu beanstanden. Die Kammer hat bereits bei der Strafzumessung die lange Verfahrensdauer strafmildernd bewertet, so dass darüber hinaus nur noch deren konventionswidrige Verursachung auszugleichen war. Dies führt, von hier nicht erkennbaren Fallgestaltungen abgesehen, dazu, dass sich eine Kompensation nur noch auf einen eher geringen Bruchteil der Strafe zu beschränken hat (BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 146, 147; BGH, Beschluss vom 23. August 2011 - 1 StR 153/11, NStZ 2012, 152; Urteil vom 9. Oktober 2008 - 1 StR 238/08).
3. Trotz der Herabsetzung der Einzelstrafe im Fall II.1.c. auf sechs Monate hat der Ausspruch über die Gesamtstrafe Bestand. Angesichts der Summe der Einzelstrafen schließt der Senat aus, dass das Landgericht bei Festsetzung einer Einzelstrafe von sechs Monaten im Fall II.1.c. auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Beschwerdeführer von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen auch nur teilweise zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2013 Nr. 472
Externe Fundstellen: NStZ 2013, 417; StV 2013, 484
Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel