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HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 1063

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 320/09, Beschluss v. 07.10.2009, HRRS 2009 Nr. 1063


BGH 1 StR 320/09 - Beschluss vom 7. Oktober 2009 (LG Duisburg)

Vorenthaltung von Arbeitsentgelt (Hinterziehung von Sozialabgaben; unterlassene vollständige Meldungen; Schwarzlohnzahlungen).

§ 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV; § 28f Abs. 3 SGB IV; § 28a SGB IV; § 41a EStG; § 266a StGB; § 370 AO

Leitsatz des Bearbeiters

Auch in Fällen teilweiser Schwarzlohnzahlungen findet die Fiktion des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV Anwendung. Die Vorschrift ist nicht nur dann anzuwenden, wenn sämtliche Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt werden.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 11. Februar 2009 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

Nach den Feststellungen beschäftigte der Angeklagte mehrere Arbeitnehmer, für die er die vorgeschriebenen Meldungen nach § 28f Abs. 3, § 28a SGB IV und nach § 41a EStG abgab. Allerdings wurde nur ein Teil des ausgezahlten Lohns der Berechnung der vom Arbeitgeber abzuführenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer zu Grunde gelegt. Für den überwiegenden Teil des Lohns, der den Arbeitnehmern des Angeklagten bar ausgezahlt wurde, wurden daher die tatsächlich geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer nicht angemeldet und abgeführt.

Der rechtliche Ausgangspunkt der Strafkammer, wonach auch in solchen Fällen teilweiser Schwarzlohnzahlungen die Fiktion des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV Anwendung findet, ist nicht zu beanstanden (ebenso Werner in juris-PK SGB IV § 14 Rdn. 293; Baier in Krauskopf Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung 65. Lfg. Februar 2009, SGB IV § 14 Rdn. 37; LAG München, Urt. vom 27. Februar 2009 - 9 Sa 807/08; vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Urt. vom 29. Juli 2009 - L 6 R 105/09; a.A. Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht 61. Lfg. April 2009 SGB IV § 14 Rdn. 140; Klattenhof in Hauck/Noftz SGB IV 52. Lfg. September 2009 K § 14 Rdn. 45). Bereits der Wortlaut der Vorschrift gebietet keine einschränkende Auslegung dahingehend, die Vorschrift nur dann anzuwenden, wenn sämtliche Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt werden. Vielmehr ist angesichts des Zwecks, den der Gesetzgeber bei Einführung der Vorschrift verfolgte, eine weite Auslegung geboten. Denn neben der Beseitigung von Beweisschwierigkeiten zum Inhalt von Lohnvereinbarungen bei illegaler Beschäftigung (BTDrucks. 14/8221 S. 14) war die Verhinderung und Beseitigung von Wettbewerbsvorteilen, die sich die Beteiligten von illegalen Beschäftigungsverhältnissen verschaffen, ein wesentliches Anliegen des Gesetzgebers (BTDrucks. aaO S. 11, 16). Dieses Ziel kann nur dadurch erreicht werden, wenn die Vorschrift auch dann anwendbar ist, wenn lediglich Entgeltteile nicht ordnungsgemäß verbucht und gemeldet werden und dadurch die gesetzlich geforderten Abzüge umgangen werden sollen (vgl. auch Werner in juris-PK aaO).

Dadurch, dass die Strafkammer im Widerspruch zu diesem zutreffenden rechtlichen Ansatz bei der Berechnung des durch die Taten verursachten sozialversicherungsrechtlichen Schadens § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ersichtlich nicht zu Grunde gelegt hat, wird der Angeklagte nicht beschwert.

HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 1063

Externe Fundstellen: NStZ 2010, 337

Bearbeiter: Karsten Gaede