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HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 1099

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 535/08, Beschluss v. 23.10.2008, HRRS 2008 Nr. 1099


BGH 1 StR 535/08 - Beschluss vom 23. Oktober 2008 (LG München)

Keine Rückwirkung des Auffangrechtserwerbs neuer Form (materiell-rechtlicher Charakter; Ansprüche des Verletzten; Verfall).

§ 111i Abs. 2 StPO; § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB; § 73a StGB; § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 14. März 2008 aufgehoben, soweit festgestellt ist, dass der Wertersatzverfall wegen entgegenstehender Rechte der Verletzten unterbleibt, und der Umfang des aus den Taten Erlangten bezeichnet ist (Nr. 3 des Tenors). Diese Feststellungen entfallen.

2. Im Übrigen wird die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 19. September 2008 ausgeführt:

"Es entspricht zwar § 111i Abs. 2 StPO n.F., dass der Tatrichter im Urteil feststellen kann, dass nur deshalb nicht auf Verfall erkannt worden ist, weil Ansprüche des Verletzten nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer solchen Anordnung entgegenstehen, und er in diesem Fall das aus der Tat Erlangte oder dessen Wert im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a StGB zu bezeichnen hat. Diese Regelung ist durch das Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl I 2350) geschaffen worden und am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Ihrer Anwendung auf bereits zuvor beendigte Taten steht jedoch § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen, wonach insoweit das mildere alte Recht gilt (vgl. Senat StV 2008, 226 und Beschl. vom 19.02.2008 - 1 StR 596/07). Denn der Auffangrechtserwerb nach § 111i Abs. 5 StPO n.F. hat trotz der systematischen Verortung in der Strafprozessordnung materiell-rechtlichen Charakter; die Feststellungsentscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO n.F. stellt die Grundentscheidung für den Auffangrechtserwerb dar und kommt somit einer aufschiebend bedingten Verfallsanordnung gleich. Eine allein auf die Anordnung nach § 111i Abs. 3 StPO n.F. (Aufrechterhaltung von der Rückgewinnungshilfe dienenden Maßnahmen um drei Jahre) gerichtete, beschränkte Feststellungsentscheidung ist dem Tatrichter in Altfällen nicht möglich. Nach dem Gesetzeszweck sind nämlich die verlängerte Rückgewinnungshilfe nach Absatz 3 und der Auffangrechtserwerb nach Absatz 5 gerade aufeinander bezogen (ausführlich zum Ganzen, BGH NJW 2008, 1093 m.w.N.). Auch nach dem Willen des Gesetzgebers bilden die neu eingefügten Absätze 2 bis 8 von § 111i StPO im Hinblick auf § 2 StGB ein einheitliches Regelungsgefüge mit auch materiell-rechtlichem Charakter. Er führt diesbezüglich aus, hinsichtlich der 'sich aus § 111i Abs. 2 bis 8 StPO-E ergebenden möglichen Belastungen (sei) für den Verurteilten § 2 StGB anwendbar und ... es (handele) sich ansonsten um Änderungen des Verfahrensrechts' (BTDrucks. 16/700 S. 20)."

Dem schließt sich der Senat an.

HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 1099

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2009, 56

Bearbeiter: Karsten Gaede