hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 970

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 385/07, Beschluss v. 20.09.2007, HRRS 2007 Nr. 970


BGH 1 StR 385/07 - Beschluss vom 20. September 2007 (LG Stuttgart)

Abgabe von Sacherklärungen (Einlassungen) des Angeklagten über den Verteidiger (Zurechnung von Verteidigeräußerungen; Abgrenzung von Prozesserklärungen).

Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK; § 137 StPO; § 243 Abs. 4 StPO

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 8. Mai 2007 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat

Wie sich aus dem Revisionsvorbringen und dem Urteil ergibt, hatte der Angeklagte im Haftprüfungstermin am 1. Februar 2007 im Hinblick auf drei ihm zur Last gelegte Taten bestritten, überhaupt am Tatort gewesen zu sein; bei der vierten Tat sei er lediglich alkoholisiert mit der Schulter gegen die Geschädigte gefallen und unmittelbar anschließend von einem Polizeibeamten festgehalten worden. Der Verteidiger machte daraufhin Ausführungen "für den Fall, dass (gleichwohl) von einer Täterschaft des Angeklagten auszugehen wäre". Er machte sinngemäß geltend, dass dann eine sexuelle Motivation des Angeklagten nicht nachweisbar oder - jedenfalls - jeweils die Schwelle zum Vergewaltigungsversuch noch nicht überschritten gewesen wäre. Diesen Ausführungen schloss sich der Angeklagte ausdrücklich an; sie entsprächen seiner "Einlassung".

Insoweit beanstandet die Revision, die Strafkammer habe sich im Urteil nicht mit der "Einlassung" des Angeklagten im Haftprüfungstermin auseinander gesetzt. Diese Beanstandung geht in der Sache fehl: Als Sacheinlassung können hier nur die Angaben des Angeklagten verstanden werden, er sei nicht am Tatort gewesen bzw. es habe sich um einen Unfall gehandelt. Diese Angaben werden im Urteil wiedergegeben; mit ihnen setzt es sich im Rahmen der Beweiswürdigung auseinander. Die weitergehenden Ausführungen des Verteidigers beinhalten hingegen rechtliche Erwägungen, die er hilfsweise angestellt hat und die dann relevant sein sollen, wenn die Sacheinlassung des Angeklagten zur Überzeugung des Gerichts widerlegt ist; diese Ausführungen stellen eine bloße Prozesserklärung, keine Sacheinlassung dar (in vergleichbarem Sinne BGHR StPO § 243 Abs. 4 Äußerung 2 zu Tatsachenbehauptungen in Beweisanträgen; vgl. auch Olk, Die Abgabe von Sacherklärungen des Angeklagten durch den Verteidiger Diss. Regensburg 2006 S. 72 f.). Unter dem Gesichtspunkt "Einlassung des Angeklagten" muss das Urteil nicht gesondert darauf eingehen.

Deswegen ist es auch unerheblich, ob der Angeklagte erklärt, er mache sich solche rechtliche Erwägungen zu eigen. Die Feststellungen zum Vergewaltigungsvorsatz und zum Versuchsbeginn hat die Kammer - was der Senat bereits auf die Sachrüge geprüft hat - rechtsfehlerfrei getroffen und gewertet.

Das Revisionsvorbringen erschöpft sich insoweit in dem revisionsrechtlich unbeachtlichen Versuch, die tatrichterliche Beweiswürdigung durch eine eigene zu ersetzen.

HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 970

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2008, 21

Bearbeiter: Karsten Gaede