HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 853
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 70/06, Beschluss v. 31.07.2006, HRRS 2006 Nr. 853
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 16. November 2005 - auch soweit es den Mitangeklagten B. betrifft - im Ausspruch über den Verfall mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 43 Fällen und wegen Beihilfe zum Betrug in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Den Mitangeklagten B. hat es ebenfalls wegen Betruges und Beihilfe zum Betrug in 91 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Darüber hinaus hat es den Verfall von Wertersatz hinsichtlich des Angeklagten in Höhe von 30.000 € und hinsichtlich des Mitangeklagten B. in Höhe von 10.000 € angeordnet. Die Revision des Angeklagten beanstandet allgemein die Verletzung sachlichen Rechts. Sie ist zum Schuld- und Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Soweit sie sich gegen die Verfallsanordnung richtet, hat sie hingegen Erfolg. Die deshalb veranlasste Teilaufhebung des Urteils ist auf den Mitangeklagten B. zu erstrecken.
1. Die Verfallsanordnung kann von Rechts wegen keinen Bestand haben, weil den Geschädigten der abgeurteilten Taten zivilrechtliche Ansprüche erwachsen sind, die der Verfallsanordnung zu Gunsten des Staates grundsätzlich vorgehen (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB).
Der grundsätzliche Vorrang der zivilrechtlichen Ansprüche der im Urteil namentlich festgestellten Geschädigten greift lediglich dann nicht, wenn diese keine Ansprüche geltend machen oder darauf verzichten, dem Angeklagten also keine doppelte Inanspruchnahme droht und den Geschädigten auch keine Ersatzmöglichkeit entzogen wird (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 54, 55; BGH, Beschluss vom 31. März 2004 - 1 StR 482/03 - insoweit in NStZ 2005, 213 nicht abgedruckt). Dazu verhält sich das Urteil nicht ausdrücklich.
Der Senat hat davon abgesehen, die Verfallsanordnung - wie vom Generalbundesanwalt beantragt - lediglich in Wegfall zu bringen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 3. November 1999 - 3 StR 346/99). Er erachtet es für sachgerecht, den Verfallsausspruch aufzuheben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Auf diese Weise besteht die Möglichkeit, Feststellungen darüber zu treffen, ob etwa Geschädigte auf die Geltendmachung ihrer Ansprüche verzichtet haben (zu solcher Fallgestaltung vgl. BGH NStZ-RR 2004, 54, 55; BGH, Beschluss vom 31. März 2004 - 1 StR 482/03 - insoweit in NStZ 2005, 213 nicht abgedruckt). Sollte das nicht der Fall sein, sieht § 111i StPO die Möglichkeit vor, eine etwa angeordnete Beschlagnahme zu Gunsten der Verletzten zu verlängern und diesen den Weg zu öffnen, ihre Ansprüche zivilrechtlich durchzusetzen; das wird bei sinngerechtem Verständnis der Norm auch für die Fälle dinglichen Arrests gelten (vgl. OLG Hamm StV 2003, 548; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2005, 345; KK-Nack, 5. Aufl. § 111i Rdn. 2; siehe weiter zur Rückgewinnungshilfe: § 111b Abs. 5 i.V.m. § 111b Abs. 2; § 111d StPO; BGH StV 1995, 301; NStZ 2003, 533; BGH, Beschluss vom 6. Februar 1996 - 4 StR 727/95; KK-Nack § 111b Rdn. 17 ff.). Dies erscheint nicht von vornherein aussichtslos. Damit wird sich die Strafkammer auseinanderzusetzen haben.
2. Die teilweise Aufhebung des angefochtenen Urteils ist auf den Mitangeklagten B. zu erstrecken. Hierzu hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt:
"Gemäß § 357 StPO hat sich die Aufhebung des Urteils im Ausspruch über den Wertersatzverfall auch auf den nicht revidierenden Mitangeklagten B. zu erstrecken (BGHR StGB § 73 Gewinn 2). Für die Revisionserstreckung ist es ausreichend, dass eine auf dasselbe Tatgeschehen bezogene gleichartige Verletzung des sachlichen Rechts vorliegt (KK-Kuckein, 5. Aufl., § 357 Rdn. 14). Der Mitangeklagte B. wurde wegen Beihilfe zu den meisten vom Angeklagten Bö. begangenen Taten verurteilt. Auch gegen ihn bestehen Ansprüche Geschädigter gemäß §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 2 BGB. Dass der Mitangeklagte B. seinen Vermögensvorteil nicht direkt aus den aus deliktischen Handlungen erzielten Provisionen, sondern aus einem festen Gehalt erwirtschaftet hat, steht dem nicht entgegen. Er wusste, dass die gesamte geschäftliche Tätigkeit der Firma CED auf den betrügerischen Handel mit Diamanten angelegt war (vgl. UA S. 24 f.)".
HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 853
Externe Fundstellen: NStZ-RR 2006, 346
Bearbeiter: Karsten Gaede