HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 264
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 637/06, Beschluss v. 30.01.2007, HRRS 2007 Nr. 264
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 28. Juli 2006 wird als unzulässig verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 28. Juli 2006 wegen versuchten Raubes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Sein Verteidiger hat hiergegen mit Schriftsatz vom 31. Juli 2006, eingegangen am 1. August 2006, Revision eingelegt. Die Revision wurde durch einen weiteren Verteidiger mit Schriftsätzen vom 25. sowie vom 31. Oktober 2006 näher begründet. Diese Revision hat der Angeklagte mit einem handschriftlichen und von ihm unterzeichneten Schreiben vom 4. November 2006, welches an das Landgericht Traunstein gerichtet war, zurückgenommen und weiterhin erklärt, dass er sein "Mandat von RA W. ab heutigem Datum entzogen" habe.
Mit einem weiteren Schreiben vom 19. November 2006 hat der Angeklagte sein vorangegangenes Schreiben widerrufen und erklärt, dass Rechtsanwalt Prof. Dr. W. ihn weiterhin vertreten soll. Mit Schriftsatz vom 24. November 2006 hat dann der Verteidiger ausgeführt, dass das Schreiben des Angeklagten vom 4. November 2006 nicht als ernsthafte und wirksame Revisionsrücknahme angesehen werden könne.
Die Revision des Angeklagten ist unzulässig. Die von dem Verteidiger eingelegte Revision des Angeklagten ist durch deren wirksame Rücknahme erledigt (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 2 m.w.N.; Beschl. vom 28. Juli 2004 - 2 StR 199/04). An der Wirksamkeit der Rücknahme bestehen - auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Schriftsatz vom 24. November 2006 - keine Zweifel.
Dafür spricht bereits der Wortlaut des Rücknahmeschreibens vom 4. November 2006, welches damit beginnt, dass der Angeklagte mitteilt, dass er dem Revisionsverteidiger das Mandat "ab heutigem Datum" entzogen hat und ein Schreiben an diesen folgt. Des Weiteren führt der Angeklagte aus, dass er den Revisionsantrag "aus finanziellen Gründen" zurücknehmen möchte und weiterer Anlass hierfür familiäre Gründe sind. Schließlich bittet der Angeklagte um schriftliche Mitteilung, wann das Urteil der Strafkammer vom 28. Juli 2006 rechtskräftig wird.
Aus alledem folgt, dass sich der Angeklagte, welcher seit 1996 als selbstständiger Finanzdienstleister in Deutschland tätig ist, über die Reichweite seiner Erklärung und die damit verfolgte Absicht, Rechtskraft seiner Verurteilung zu erreichen, sehr wohl im Klaren war. Die Erklärung ist nicht nur mit zwei klaren Begründungen versehen, sondern auch insgesamt eindeutig. Dass der Angeklagte nach seiner Unterschrift den Nachsatz setzt: "PS. Ich bin völlig Unschuld", ergibt keine Distanzierung zu der von ihm erklärten Rechtsmittelrücknahme, sondern lässt allenfalls auf seine innere Einstellung zu der Verurteilung schließen, welche er aber dennoch rechtskräftig werden lassen will. Eine andere Beurteilung liegt schon deshalb fern, weil er den Nachsatz nicht in die Rücknahmeerklärung aufgenommen, sondern als bloßes post scriptum dem Schreiben angefügt hat.
Dies findet seine Bestätigung in seinem Widerrufs-Schreiben vom 19. November 2006, in dem er ausführt: "Nach reiflicher Überlegung und Schriftverkehr mit meinem RA Prof. Dr. W. bin ich allerdings davon überzeugt, dass dieser Zustand der Ungerechtigkeit nicht hinnehmbar ist und deshalb die Revision durchzuführen ist!". Die aus diesen Formulierungen sich deutlich ergebende neue Absicht, nunmehr das Revisionsverfahren doch weiter durchzuführen und die Rücknahme zu widerrufen, muss ohne Erfolg bleiben; denn die Rücknahme eines Rechtsmittels ist unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., § 302 Rdn. 9 m.w.N.). Der Angeklagte unterlag bei seinem Schreiben vom 4. November 2006 auch keinem (unbeachtlichen) Irrtum, sondern zielte ausdrücklich auf die Rechtsfolge der Rechtskraft ab.
Nachdem die Revision weiter betrieben wird, war nicht nur deren wirksame Rücknahme festzustellen, sondern sie als unzulässig zurückzuweisen.
HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 264
Bearbeiter: Karsten Gaede