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HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 770

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 382/06, Beschluss v. 22.08.2006, HRRS 2006 Nr. 770


BGH 1 StR 382/06 - Beschluss vom 22. August 2006 (LG Stuttgart)

(Kein) rechtliches Gehör im Ablehnungsverfahren.

§ 27 StPO; Art. 103 Abs. 1 GG

Leitsatz des Bearbeiters

Das Gesetz sieht lediglich die Herbeiführung einer dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters vors (§ 26 Abs. 3 StPO), die zur Gewährung des rechtlichen Gehörs dem Antragsteller mitzuteilen ist (BGHSt 23, 200, 203). Eine förmliche Beweisaufnahme über ein Ablehnungsvorbringen findet hingegen nicht statt. Es ist vielmehr dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts überlassen, mit welchen Mitteln es sich Kenntnis von dem Bestehen oder Nichtbestehen der maßgeblichen Tatsachen verschaffen will (vgl. BGHSt 21, 334, 347). Haben sich die Tatsachen vor dem selben Gericht ereignet, so kann dieses auf Grund eigener Wahrnehmungen ohne Weiteres die Entscheidung treffen.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 7. April 2006 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Zur Rüge der Nichtgewährung rechtlichen Gehörs im Ablehnungsverfahren gemäß § 27 StPO bemerkt der Senat ergänzend:

Der Angeklagte hatte den Vorsitzenden der Strafkammer wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die das Ablehnungsgesuch zurückweisende Beschlusskammer legte ihrer Entscheidung Tatsachen über den Geschehensablauf in der Hauptverhandlung zu Grunde, die nicht Gegenstand der dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters waren, die ihr jedoch von dem an der Entscheidung beteiligten Richter am Landgericht H. als dessen eigene Wahrnehmungen als Berichterstatter vermittelt worden waren. Die Revision beanstandet, dass ihr keine Gelegenheit gegeben wurde, zu diesen Tatsachen Stellung zu nehmen.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt schon im Ansatz nicht vor. Die Revision verkennt, dass das Gesetz lediglich die Herbeiführung einer dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters vorsieht (§ 26 Abs. 3 StPO), die zur Gewährung des rechtlichen Gehörs dem Antragsteller mitzuteilen ist (BGHSt 23, 200, 203). Eine förmliche Beweisaufnahme über das Ablehnungsvorbringen findet hingegen nicht statt. Es ist vielmehr dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts überlassen, mit welchen Mitteln es sich Kenntnis von dem Bestehen oder Nichtbestehen der maßgeblichen Tatsachen verschaffen will (vgl. BGHSt 21, 334, 347). Haben sich die Tatsachen vor dem selben Gericht ereignet, so kann dieses auf Grund eigener Wahrnehmungen ohne Weiteres die Entscheidung treffen (Senat bei Holtz MDR 1972, 17). So war es im vorliegenden Fall, da Richter am Landgericht H. als Mitglied der Strafkammer den fraglichen Vorgang miterlebt hatte.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 770

Externe Fundstellen: NStZ 2007, 51

Bearbeiter: Karsten Gaede