HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 624
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 167/06, Beschluss v. 22.06.2006, HRRS 2006 Nr. 624
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 30. November 2005 wird auf Antrag des Generalbundesanwalts die Strafverfolgung im Fall II. Nr. 7 der Urteilsgründe auf den Vorwurf der schweren räuberischen Erpressung beschränkt, sodass die weitergehende Verurteilung wegen zweier Fälle der Nötigung jeweils in Tateinheit mit Bedrohung entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 4. April 2006 unter anderem ausgeführt:
"Der Angeklagte wurde wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (1.) in Tatmehrheit mit zwei sachlich zusammentreffenden Fällen der gefährlichen Körperverletzung (2.) in Tatmehrheit mit Raub, sachlich zusammentreffend mit zwei tatmehrheitlichen Fällen der vorsätzlichen Körperverletzung (3.) in Tatmehrheit mit zehn rechtlich selbständigen Fällen des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln (4.) in Tatmehrheit mit vier sachlich zusammentreffenden Fällen des gemeinschaftlich begangenen versuchten Diebstahls (5.) in Tatmehrheit mit zwei sachlich-rechtlich zusammentreffenden Fällen der vorsätzlichen Körperverletzung in einem Fall in Tateinheit mit Beleidigung (6.) in Tatmehrheit mit zwei selbständigen Fällen der Nötigung jeweils in Tateinheit mit Bedrohung (7.) in Tatmehrheit mit schwerer räuberischer Erpressung (8.) in Tatmehrheit mit versuchtem Totschlag rechtlich zusammentreffend mit gefährlicher Körperverletzung (9.) unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Augsburg vom 24. Mai 2005 und hierin einbezogen die Entscheidung vom 9. August 2004 zur Einheitsjugendstrafe von sieben Jahren verurteilt.
Ferner wurde die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt mit der Maßgabe angeordnet, dass die Strafe bis zur Hälfte vor der Maßregel zu vollziehen ist.
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts führt zu dem Teileinstellungsantrag.
Im Übrigen erscheint das Rechtsmittel unbegründet i.S. von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Das Landgericht hat sich bei der rechtlichen Würdigung (UA S. 38 unter V.) mit Ausnahme von Rechtsausführungen zum Fall II.8 (versuchter Totschlag z.N. Ü.) auf die Feststellung beschränkt, dass sich der Angeklagte, so wie entschieden, 'gemäß §§ 21 I Nr. 1 StVG, 29 I Nr. 1, 1 I, 3 I BtMG in Verbindung mit der Anlage I zum BtMG, 223 I, 224 I Nr. 2, Nr. 5 230 I, 240 I, II, 241, 242 I, II, 243 I S. 2 Nr. 2, 249 I, 250 II Nr. 1, 253 I, II, 255, 212, 21, 22, 23, 25 II, 52, 53, 64, 67 II StGB schuldig gemacht (hat)'.
Eine nähere Zuordnung hat es entgegen § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO unterlassen. Indes wird der Bestand des Urteils hierdurch nicht gefährdet, weil sich unter Berücksichtigung des Zusammenhangs der Urteilsgründe noch nachvollziehen lässt, welches Strafgesetz das Gericht bezogen auf die im Einzelnen festgestellten Sachverhalte als erfüllt ansieht (vgl. Engelhardt in KK-StPO 5. Aufl. § 267 Rn. 21).
Der Urteilstenor (vgl. obige Bezifferung) ist wie folgt zuzuordnen: Tenor Fall der Urteilsgründe (1) II.1 (UA S. 15) (2) II.3 (zwei unbekannte Tatopfer, UA S. 16f.) (3) II.5 (z.N. K. und Z., UA S. 18) (4) II.4 (UA S. 17) (5) II.2 (UA S. 15f.) (6) II.6 (z.N. D. und B., UA S. 19) (7) + (8) II.7 (z.N. G. (UA S. 20, vgl. auch Anklageschrift Bd. V Bl. 656, 661 Nr. 7 i.V.m. 667 Nr. 7 d.A.) (9) II.8 (z.N. Ü. UA S. 20f.)
2. Anlass für den Antrag nach §§ 154, 154a StPO ist, dass nach den Urteilsfeststellungen im Fall II.7 (UA S. 20) und der hierzu ergangenen Beweiswürdigung (UA S. 28 bis 31) unklar bleibt, von welchem tat sächlichen Geschehen das Landgericht im Übrigen ausgeht beziehungsweise ob die Nötigung am Ende der Tathandlung vollendet ist."
Dem schließt sich der Senat an und hat im Fall II. Nr. 7 der Urteilsgründe die Strafverfolgung auf den erheblich schwereren Tatvorwurf der schweren räuberischen Erpressung beschränkt. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes und der vielfachen weiteren zur Aburteilung gekommenen Straftaten kann der Senat ausschließen, dass die Jugendkammer auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs eine geringere Einheitsjugendstrafe ausgesprochen hätte.
Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund des Revisionsvorbringens keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Jedoch besteht Anlass zu dem ergänzenden Hinweis, dass die pauschale Verweisung auf die nach Ansicht des Landgerichts "aufgrund des festgestellten Sachverhalts" verwirklichten Tatbestände bei einer Vielzahl von Taten - wie sie hier gegeben sind - eine Nachprüfung erschwert und insgesamt eher fehlergeneigt ist, sodass es sich dringend empfiehlt, eine rechtliche Zuordnung der einzelnen Taten vorzunehmen und diese dabei mit den in den übrigen Abschnitten der Urteilsgründe verwendeten Ordnungsziffern zu bezeichnen (vgl. BGH, Beschl. vom 16. Mai 2002 - 4 StR 105/02).
HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 624
Bearbeiter: Karsten Gaede