HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 517
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 154/05, Beschluss v. 31.05.2005, HRRS 2005 Nr. 517
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 21. Oktober 2004 wird verworfen.
Jedoch wird die Urteilsformel unter I. dahingehend berichtigt, daß der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 19 Fällen verurteilt wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht verurteilte den Angeklagten - unter Freispruch im übrigen - "wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit gemeinschaftlichem unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit [gemeint ist Tatmehrheit] mit 19 Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten".
Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten ist sowohl hinsichtlich des Schuld- als auch hinsichtlich des Strafausspruchs unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Allerdings bedarf die Urteilsformel wegen eines offensichtlichen Schreibversehens (vgl. UA S. 35) einer Richtigstellung dahingehend, daß die 19 Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tatmehrheit - und nicht in Tateinheit, wie versehentlich formuliert - mit der weiteren Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge stehen. Wie der Generalbundesanwalt zu Recht anmerkt ist zudem die Mitteilung, daß der Angeklagte als Mittäter (gemeinschaftlich) handelte, in der Urteilsformel, deren Fassung über den notwendigen Inhalt hinaus allerdings dem Ermessen des Gerichts unterliegt (§ 260 Abs. 4 Satz 5 StPO), entbehrlich (vgl. BGHSt 27, 287; Meyer-Goßner StPO 48. Aufl. § 260 Rdn. 24 m.w.N.).
Dem Antrag des Generalbundesanwalts, das oben genannte Urteil aufzuheben, soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist, vermag der Senat nicht zu entsprechen.
In den schriftlichen Urteilsgründen wird § 64 StGB zwar nicht ausdrücklich genannt. Die Strafkammer hat die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt des Angeklagten aber keineswegs übersehen, sondern erkennbar überprüft. Sie hat festgestellt, daß der auch einschlägig vorbestrafte, drogenabhängige Angeklagte seit Jahren Alkohol und Betäubungsmittel konsumierte, zuletzt verbrauchte er ein Gramm Heroin täglich. Eine Therapie absolvierte er bislang nicht. Nunmehr nahm er Kontakt zu einer Drogenberatungsstelle auf.
Gleichwohl hat die Strafkammer ersichtlich die Voraussetzungen des § 64 StGB für nicht gegeben erachtet. Dies ist frei von Rechtsfehlern. Denn ein Hang, berauschende Mittel "im Übermaß" zu sich zu nehmen, bedeutet, daß der Täter Rauschmittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, daß seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt wird. Eine Tendenz zum Betäubungsmittelmißbrauch ohne Depravation und erhebliche Persönlichkeitsstörung reicht daher nicht aus (Senat NStZ-RR 2003, 106; Senat NStZ-RR 2004, 39; Senat NStZ 2002, 384 [385]; Senat NStZ 2004, 494, jeweils m.w.N.). Anhaltspunkte für derartige Auswirkungen des Drogenkonsums beim Angeklagten ergaben sich nach den Feststellungen der Strafkammer zu seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere zu seinem Arbeitsleben, jedoch nicht. Vielmehr stellte das Landgericht ausdrücklich fest (UA S. 34), daß sich bei ihm trotz des Drogenkonsums keine Hinweise auf eine Depravation oder eine schwere Persönlichkeitsstörung ergaben. Weitere Darlegungen hierzu bedurfte es im vorliegenden Fall nicht, zumal von keiner Seite ein Antrag auf Anordnung der Unterbringung in der Entziehungsanstalt gestellt worden war (vgl. § 267 Abs. 6 Satz 1 2. Alt. StPO) und sich die Anordnung der Maßnahme nach den getroffenen Feststellungen nicht aufdrängte.
Danach kann auch die Frage, ob die Berufung auf die fehlende Hinzuziehung eines Sachverständigen gemäß § 246a StPO hier einer Verfahrensrüge bedurft hätte, offen bleiben (vgl. hierzu BGH NStZ 2004, 263; BGH StV 2001, 665; Herdegen in Karlsruher Kommentar StPO § 246a Rdn. 4).
Der Senat kann über die Ablehnung des Teilaufhebungsantrags (zu § 64 StGB) ebenfalls gemäß § 349 Abs. 2 StPO entscheiden (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 106 [107]; Kuckein in Karlsruher Kommentar StPO 5. Aufl. § 349 Rdn. 29, jeweils m.w.N.).
HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 517
Externe Fundstellen: NStZ 2005, 626
Bearbeiter: Karsten Gaede