hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 44

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 424/04, Beschluss v. 11.11.2004, HRRS 2005 Nr. 44


BGH 1 StR 424/04 - Beschluss vom 11. November 2004 (LG Mosbach)

BGHR; faires Verfahren; Gestattung von Fragen des Verletztenbeistandes im Rahmen der Sachleitungsbefugnis (Zwischenentscheidung des Gerichts; Darlegungsvoraussetzungen einer erfolgreichen Rüge).

Art. 6 EMRK; § 406g StPO; § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO; § 238 Abs. 2 StPO; § 240 StPO

Leitsätze

1. Dem als Beistand eines nebenklageberechtigten Verletzten bestellten Rechtsanwalt (§ 406g StPO) kann der Vorsitzende im Rahmen seiner Sachleitungsbefugnis gestatten, in der Hauptverhandlung einzelne Fragen zu stellen. (BGHR)

2. Eine auf ein solches Verhalten des Vorsitzenden gestützte Verfahrensrüge könnte nur dann erfolgreich sein, wenn in der Hauptverhandlung gemäß § 238 Abs. 2 StPO eine Entscheidung des Gerichts herbeigeführt wurde. Weitere Voraussetzung für eine erfolgreiche Rüge wäre, dass durch die Zulassung der Frage(n) eine Sachaufklärung oder die Wahrnehmung von Verfahrensinteressen beeinträchtigt worden wäre. Dies muss der Revisionsführer unter Angabe der einzelnen Fragen und aller für die Beurteilung maßgebenden Tatsachen, insbesondere auch hinsichtlich der Art der Beeinträchtigung, dartun. (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 18. Juni 2004 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:

Die Revision sieht die Grundsätze eines fairen Verfahrens verletzt, weil der Vertreter eines nebenklageberechtigten Verletzten (§ 406g Abs. 2 StPO) habe Fragen stellen können.

Die Rüge bleibt erfolglos. Auch wenn der Verletztenbeistand kein eigenes Fragerecht hat, kann ihm der Vorsitzende - wie offensichtlich hier - im Rahmen seiner Sachleitungsbefugnis gestatten, einzelne Fragen zu stellen (vgl. Gollwitzer in LR, 25. Aufl., § 240 Rdn. 15). Eine auf ein solches Verhalten des Vorsitzenden gestützte Verfahrensrüge könnte nur dann erfolgreich sein, wenn in der Hauptverhandlung gemäß § 238 Abs. 2 StPO eine Entscheidung des Gerichts herbeigeführt wurde (Gollwitzer aaO § 241 Rdn. 29; Tolksdorf in KK-StPO, 5. Aufl., § 241 Rdn. 9 m.w.N.).

Weitere Voraussetzung für eine erfolgreiche Rüge wäre, daß durch die Zulassung der Frage(n) eine Sachaufklärung oder die Wahrnehmung von Verfahrensinteressen beeinträchtigt worden wäre. Dies muß der Revisionsführer unter Angabe der einzelnen Fragen und aller für die Beurteilung maßgebenden Tatsachen, insbesondere auch hinsichtlich der Art der Beeinträchtigung, dartun (Gollwitzer aaO § 241 Rdn. 34). Zu alledem äußert sich die Revision entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht.

HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 44

Externe Fundstellen: NJW 2005, 377; NStZ 2005, 222; NStZ 2005, 396; StV 2005, 429

Bearbeiter: Karsten Gaede