HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 836
Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 ARs 408/23, Beschluss v. 04.04.2024, HRRS 2024 Nr. 836
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 19. Juli 2021 - Az. 2 AR 27/21 (S) - wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Die Beschwerde, der das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 31. August 2023 nicht abgeholfen hat, war als unzulässig zu verwerfen, weil Entscheidungen des Oberlandesgerichts in einer Auslieferungssache unanfechtbar sind (§ 13 Abs. 1 Satz 2 IRG).
Die in § 13 Abs. 1 Satz 1 IRG normierte sachliche Zuständigkeit der Oberlandesgerichte in Auslieferungssachen erfasst nicht nur Entscheidungen über die Zulässigkeit der Auslieferung und zum Erlass eines Auslieferungshaftbefehls, sondern erstreckt sich als Annexkompetenz auch auf die Anordnung von Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung sowie des Einsatzes technischer Mittel zur Ermittlung des Aufenthaltsorts des Verfolgten zur Sicherung der Auslieferung (OLG Bremen, Beschluss vom 9. November 2018 - 1 AuslA 33/18, juris Rn. 7 ff. mwN; Böhm, NStZ 2019, 256, 258; BeckOK-StPO/Graf, 50. Ed., § 100a Rn. 104). Auch solche Annexentscheidungen sind gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 IRG der Anfechtung entzogen.
Die in § 13 Abs. 1 Satz 2 IRG geregelte Unanfechtbarkeit von Entscheidungen des Oberlandesgerichts, die für alle Entscheidungen im Auslieferungsverfahren gilt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 1987 - 2 ARs 254/87, BGHR IRG § 13 Unanfechtbarkeit 1), beruht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers (BT-Drucks. 9/1338, S. 47, vgl. auch BT-Drucks. 14/8527, S. 44 zu § 7 IStGHG). Gegen § 13 Abs. 1 Satz 2 IRG werden im Schrifttum im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht (König/Voigt, in: Ambos/König/Rackow, Rechtshilferecht in Strafsachen, 2. Aufl., § 13 IRG Rn. 158; Leipold/Lochmann, ZRP 2018, 43, 45; Pieronczyk, AnwBl. Online 2019, 362, 367; Schierholt, in Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 6. Aufl., § 13 Rn. 5; Vogel/Burchard, in: Grützner/Pötz/ Kreß/Gazeas/Brodowski, IRG, § 13 Rn. 15 ff.), die der Senat nicht teilt. Die dort teilweise vorgeschlagene „verfassungskonforme Auslegung“, die dazu führen soll, über § 77 Abs. 1 IRG in entsprechender Anwendung des § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 eine Beschwerde zum Bundesgerichtshof zuzulassen (Vogel/Burchard, aaO, Rn. 17; zustimmend König/Voigt, aaO), ist verfassungsrechtlich nicht geboten und scheidet im Übrigen im Hinblick auf den Wortlaut und den klar erkennbaren gesetzgeberischen Willen aus (zu den Grenzen verfassungskonformer Auslegung vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44, 48/92, BVerfGE 95, 64, 93; vom 16. Dezember 2014 - 1 BvR 2142/11, BVerfGE 138, 64, 93 f.; Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, 17. Aufl., Art. 20 Rn. 68 mwN).
HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 836
Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede