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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 549

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 ARs 65/222, Beschluss v. 08.02.2023, HRRS 2023 Nr. 549


BGH 2 ARs 65/22 2 ARs 113/22 2 ARs 163/22 2 ARs 164/22 2 ARs 166/22 2 ARs 167/22 2 ARs 201/22 2 ARs 202/22 2 ARs 203/22 2 ARs 204/22 2 ARs 205/22 2 ARs 206/22 2 ARs 207/22 2 ARs 208/22 2 ARs 217/22 2 ARs 237/22 2 ARs 238/22 2 ARs 239/22 2 ARs 241/22 2 ARs 245/22 2 ARs 255/22 2 ARs 280/22 2 ARs 290/22 2 ARs 291/22 2 ARs 294/22 2 ARs 297/22 2 ARs 298/22 2 ARs 340/22 2 ARs 341/22 - Beschluss vom 28. Februar 2023

Verwerfung mehrerer Rechtsbehelfe; zukünftiges Unterlassen der Bescheidung substanzloser und offensichtlich aussichtsloser Anträge oder Eingaben vergleichbarer Art (Rechtsschutzgarantie; missbräuchliche Anträge).

§ 304 StPO; Art 2 Abs. 1 GG; Art. 20 Abs. 3 GG

Leitsatz des Bearbeiters

Die Rechtsschutzgarantie aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG umfasst nicht den Anspruch, eine förmliche Entscheidung auch auf Eingaben zu erhalten, die missbräuchlich, offensichtlich wiederholend oder sinnlos vorgebracht werden. Gerichte müssen eindeutig missbräuchliche Anträge ebenso wenig bescheiden wie ganz offensichtlich schlicht wiederholende, den Streit lediglich verlängernde Anträge in derselben Sache. Dies gilt auch dann, wenn die Anträge zwar formal auf neue Entscheidungen gerichtet sind, letztlich aber demselben Muster folgen und dazu dienen, eine andere Entscheidung in der Sache zu erwirken, über die gerichtlich bereits entschieden worden war.

Entscheidungstenor

Die Revision des Antragstellers gegen

1. das Urteil des Landgericht Saarbrücken vom 11. August 2022, Az. 12 Ns 68/21, und die Beschwerden des Antragstellers gegen die Beschlüsse des

2. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 23. März 2022, Az. 4 Ws 45/22,

3. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 7. April 2022, Az. 4 Ws 71/22,

4. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 5. April 2022, Az. Ss 110/21 (1 Ss 10/22),

5. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 7. April 2022, Az. 4 Ws 91/22,

6. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 7. April 2022, Az. 4 Ws 92/22,

7. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 7. April 2022, Az. 4 Ws 87/22,

8. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 7. April 2022, Az. 4 Ws 96/22,

9. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 7. April 2022, Az. 4 Ws 94/22,

10. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 7. April 2022, Az. 4 Ws 95/22,

11. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 7. April 2022, Az. 4 Ws 84/22,

12. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 7. April 2022, Az. 4 Ws 90/22,

13. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 7. April 2022, Az. 4 Ws 89/22,

14. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 7. April 2022, Az. 4 Ws 88/22,

15. Landgerichts Saarbrücken vom 7. Juni 2021, Az. 4 Qs 37/21, und des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 2. Juni 2022, Az. 4 Ws 147/22,

16. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 3. Mai 2022, Az. 4 Ws 130/22,

17. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 2. Mai 2022, Az. 4 Ws 127/22,

18. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 6. Mai 2022, Az. 4 Ws 140/22,

19. Landgerichts Saarbrücken vom 31. Mai 2022, Az. 5 Qs 38/22,

20. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 12. Mai 2022, Az. 4 Ws 144/22,

21. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 6. Mai 2022, Az. 4 Ws 139/22,

22. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 3. Juni 2022, Az. 4 Ws 156/22,

23. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 31. Mai 2022, Az. 4 Ws 161/22,

24. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 20. Mai 2022, Az. 4 Ws 152/22,

25. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 5. April 2022, Az. Ss 110/21 (1 Ss 10/22)

26. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 14. Juni 2022, Az. 4 Ws 172/22,

27. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 31. Mai 2022, Az. 4 Ws 158/22,

28. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 30. Juni 2022, Az. 4 Ws 174/22,

29. Saarländischen Oberlandesgerichts vom 22. Juni 2022, Az. 4 Ws 191/22

werden auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich mit einer Vielzahl an Rechtsbehelfen gegen verschiedene Entscheidungen des Landgerichts Saarbrücken und des Saarländischen Oberlandesgerichts. Der Senat hat die Verfahren mit Beschluss vom heutigen Tag zum Verfahren 2 ARs 65/22, das führt, zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

II.

Zu den einzelnen Verfahren:

Zu 1.:

Im Verfahren 2 ARs 65/22 (2 AR 37/22) wendet sich der Beschwerdeführer gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 11. August 2021, Az. 12 Ns 68/21, mit dem seine Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 9. März 2021 verworfen wurde.

Trotz des Umstandes, dass es sich beim Bundesgerichtshof nicht um das nach § 121 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b) GVG zuständige Revisionsgericht handelt und somit ein Fall des § 348 StPO vorliegt, ist die Beschwerde wegen prozessualer Überholung als unzulässig zu verwerfen. Eine Abgabe an das zuständige Saarländische Oberlandesgericht kommt nicht mehr in Betracht, da dieses als zuständiges Gericht mit Beschluss vom 5. April 2022 bereits über die Revision entschieden hat. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beschwerdeführer mit einer zusätzlichen Beschwerde (vgl. Nr. 4).

Zu 2./3./5./6. bis 14./16./17./18./20./21./23./24./26./27./29.:

In den Verfahren 2 ARs 113/22 (2 AR 75/22), 2 ARs 163/22 (2 AR 89/22 und 92/22), 2 ARs 166/22 (2 AR 94/22), 2 ARs 167/22 (2 AR 95/22), 2 ARs 201/22 bis 2 ARs 208/22 (jeweils 2 AR 95/22), 2 ARs 237/22 (2 AR 108/22), 2 ARs 238/22 (2 AR 113/22), 2 ARs 239/22 (2 AR 117/22), 2 ARs 245/22 (2 AR 179/22), 2 ARs 255/22 (2 AR 114/22), 2 ARs 290/22 (2 AR 133/22), 2 ARs 291/22 (2 AR 127/22), 2 ARs 297/22 (2 AR 136/22), 2 ARs 298/22 (2 AR 130/22) und 2 ARs 341/22 (2 AR 144/22) wendet sich der Beschwerdeführer jeweils gegen die im Tenor näher bezeichneten Entscheidungen des Saarländischen Oberlandesgerichts, mit denen seine Anträge auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO als unzulässig verworfen wurden.

Hiergegen ist eine Beschwerde gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz StPO nicht zulässig. Ein Ausnahmefall nach Halbsatz 2 liegt nicht vor (vgl. auch Senat, Beschlüsse vom 28. Mai 2003 - 2 ARs 82/03, NStZ 2003, 501; vom 10. August 2016 - 2 ARs 183/16).

Zu 4. und 25.:

In den Verfahren 2 ARs 164/22 (2 AR 93/22) und 2 ARs 294/22 (2 AR 134/22) wendet sich der Beschwerdeführer mit seinen jeweils vom 12. April 2022 stammenden Beschwerden - einmal eingelegt mit Schreiben an den Bundesgerichtshof (4.) und einmal eingelegt zu Protokoll der Geschäftsstelle bei der Rechtsantragsstelle des Landgerichts Saarbrücken (25.) - jeweils gegen den Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 5. April 2022, Az. Ss 110/21 (1 Ss 10/22), mit dem seine Revision gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 11. August 2021, Az. 12 Ns 68/21, gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen wurde.

Hiergegen ist eine Beschwerde gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz StPO nicht zulässig. Ein Ausnahmefall nach Halbsatz 2 liegt nicht vor.

Zu 15.:

In dem Verfahren 2 ARs 217/22 (2 AR 137/22 und 146/22) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken vom 7. Juni 2021, Az. 4 Qs 37/21, mit der seine Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Saarbrücken vom 28. April 2021, ihn im dortigen Strafverfahren nicht als Nebenkläger zuzulassen, als unzulässig verworfen wurde. Des Weiteren wendet sich der Beschwerdeführer gegen den dieser Beschwerdeentscheidung nachfolgenden Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 2. Juni 2022, Az. 4 Ws 147/22, mit der seine weitere Beschwerde als unzulässig verworfen wurde.

Beide Beschwerden sind unzulässig. Eine Zuständigkeit für die Entscheidung über die Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts besteht nicht. Eine Abgabe an das Saarländische Oberlandesgericht ist jedoch wegen prozessualer Überholung durch die dort bereits ergangene Entscheidung nicht möglich, so dass die Beschwerde unzulässig ist. Gleichwohl hat der Beschwerdeführer nach Anhörung am 2. November 2022 erklärt, er bestehe auf einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

Gegen die Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts ist eine Beschwerde gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz StPO nicht zulässig. Ein Ausnahmefall nach Halbsatz 2 liegt nicht vor.

Zu 19.:

In dem Verfahren 2 ARs 241/22 (2 AR 189/22) wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 31. Mai 2022, Az. 5 Qs 38/22, mit dem seine Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Saarbrücken vom 23. März 2022, ihm Akteneinsicht zu verweigern, als unbegründet verworfen wurde.

Eine Zuständigkeit für die Entscheidung über die Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts besteht nicht. Eine Abgabe an das Saarländische Oberlandesgericht ist jedoch wegen prozessualer Überholung durch die bereits ergangene Entscheidung vom 30. Juni 2022, gegen die sich der Beschwerdeführer ebenfalls wendet (vgl. Nr. 29) nicht möglich, so dass die Beschwerde unzulässig ist.

Zu 22.:

In dem Verfahren 2 ARs 280/22 (2 AR 124/22) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 3. Juni 2022, Az. 4 Ws 156/22, mit der seine weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 19. Mai 2022, mit dem seine sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung eines Befangenheitsantrags als unzulässig verworfen wurde.

Gegen die Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts ist eine Beschwerde gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz StPO nicht zulässig. Ein Ausnahmefall nach Halbsatz 2 liegt nicht vor.

Zu 28.:

In dem Verfahren 2 ARs 340/22 (2 AR 154/22) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 30. Juni 2022, Az. 4 Ws 174/22, mit der seine weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 31. Mai 2022, Az. 5 Qs 38/22 (vgl. Nr. 19), als unzulässig verworfen wurde.

Gegen die Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts ist eine Beschwerde gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz StPO nicht zulässig. Ein Ausnahmefall nach Halbsatz 2 liegt nicht vor.

III.

Der Beschwerdeführer wird darauf hingewiesen, dass substanzlose und offensichtlich aussichtslose Anträge oder Eingaben vergleichbarer Art künftig nicht mehr förmlich beschieden werden.

Die Rechtsschutzgarantie aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG umfasst nicht den Anspruch, eine förmliche Entscheidung auch auf Eingaben zu erhalten, die missbräuchlich, offensichtlich wiederholend oder sinnlos vorgebracht werden. Gerichte müssen eindeutig missbräuchliche Anträge ebenso wenig bescheiden wie ganz offensichtlich schlicht wiederholende, den Streit lediglich verlängernde Anträge in derselben Sache. Dies gilt auch dann, wenn die Anträge zwar formal auf neue Entscheidungen gerichtet sind, letztlich aber demselben Muster folgen und dazu dienen, eine andere Entscheidung in der Sache zu erwirken, über die gerichtlich bereits entschieden worden war (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 19. April 2021 - 1 BvR 2552/18 Rn. 8 f.). So liegt es hier.

Allein mit Beschluss vom heutigen Tage wurde über 29 Beschwerden entschieden, die sich aufgrund der wahllosen Einlegung von Rechtsmitteln durch den Beschwerdeführer teilweise gegen dieselben Entscheidungen oder gegen aufeinander folgende Entscheidung des Land- und Oberlandesgerichts richten. Eine Vielzahl an Beschwerden, die dem gleichen Muster folgen, wurden zudem bereits in der Vergangenheit durch den Senat als unzulässig beschieden (vgl. nur Beschlüsse vom 9. Juni 2022 - 2 ARs 91/22; vom 10. Mai 2022 - 2 ARs 107/22; vom 25. April 2022 - 2 ARs 95/22; vom 12. April 2022 - 2 ARs 103/22; vom 30. März 2022 - 2 ARs 78/22), sind zudem noch vor dem Senat anhängig. Dem Beschwerdeführer ist deutlich gemacht worden, dass seine Rechtsmittel unzulässig sind. Gerichte sollen durch eine offensichtlich sinnlose Inanspruchnahme ihrer Arbeitskapazitäten nicht bei der Erfüllung ihrer Aufgaben behindert werden, auch weil sie dann anderen Rechtsuchenden den ihnen zukommenden Rechtsschutz nur verzögert gewähren können (vgl. BVerfG NJW 2021, 891; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. Februar 2022 - 4 A 394/22 Rn. 4).

Der Senat wird deshalb - auch zur Vermeidung weiterer erheblicher Kosten für den Beschwerdeführer - künftig zwar nicht von der Prüfung, aber von einer förmlichen Bescheidung weiterer vergleichbarer Eingaben des Beschwerdeführers absehen. Dies betrifft auch solche Verfahren, die bereits beim Senat anhängig sind und dem hier ersichtlichen Muster folgen.

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 549

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede