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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 536

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 270/22, Urteil v. 15.02.2023, HRRS 2023 Nr. 536


BGH 2 StR 270/22 - Urteil vom 15. Februar 2023 (LG Erfurt)

V-Person (Zulässigkeit des Einsatzes: Umgehung der Vorschriften über den Verdeckten Ermittler, Straftat von erheblicher Bedeutung, Verhältnismäßigkeit, Katalogtat, Kontaktaufnahme anderer Personen mit dem Beschuldigten, rechtsstaatliche Grenzen, nemo tenetur, generelle Unverwertbarkeit der Angaben; Konfrontationsrecht: Art. 6 Abs. 3 lit. d EMRK, einzelfallbezogene Gesamtwürdigung, Gesichtspunkte, besonders strenge Beweis- und Begründungsanforderungen, Unverwertbarkeit; Aufzeichnung der Gespräche: Verwertungsverbot, verbotswidrige Fixierung des Gesprächs, akustische Überwachung außerhalb von Wohnraum); Rechtsmittelbeschränkung (Revision der Staatsanwaltschaft: Revisionsbegründung); Konkurrenzen (Tateinheit).

Art. 6 EMRK; § 110a StPO; § 100f StPO; § 345 StPO; § 52 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Der heimliche Einsatz von Personen, die den Beschuldigten befragen, um ihn zu belastenden Äußerungen zu veranlassen, ist jedenfalls dann zulässig, wenn es sich bei der den Gegenstand der Verfolgung bildenden Tat um eine Straftat von erheblicher Bedeutung handelt und wenn der Einsatz anderer Ermittlungsmethoden - für deren Auswahl untereinander wiederum der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt - erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert wäre. Für die Beantwortung der Frage, wann eine Straftat von erheblicher Bedeutung vorliegt, vermitteln die Kataloge in §§ 98a, 100a, 110a StPO Hinweise; die Aufzählung ist nicht abschließen.

2. Dass der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität vom 15. Juli 1992 (OrgKG) für bestimmte Formen besonders gefährlicher und schwer aufklärbarer Kriminalität den Einsatz Verdeckter Ermittler, der bis dahin auf die Generalklauseln der §§ 161, 163 StPO gestützt wurde, durch Einfügung der §§ 110a ff. StPO im Einzelnen geregelt hat, rechtfertigt nicht den Schluss, dass er die traditionell als zulässig anerkannte Inanspruchnahme anderer Personen ausschließen wollte. Die Kontaktaufnahme solcher anderen Personen mit dem Beschuldigten hat der Gesetzgeber in diesem Gesetz bewusst nicht geregelt. Diese sollte weiterhin zulässig sein.

3. Indes sind rechtsstaatliche Grenzen zu beachten, die der vernehmungsähnlichen Befragung von Tatverdächtigen ohne Aufdeckung der Ermittlungsabsicht - wegen ihrer Nähe zum nemo-tenetur-Prinzip - gesetzt sind. Aus dieser Nähe sowie aus dem Rechtsstaatsprinzip, speziell dem Grundsatz des fairen Verfahrens kann sich eine heimliche Befragung im Einzelfall auch unter Berücksichtigung des Gebotes einer effektiven Strafverfolgung als unzulässig erweisen.

4. Eine weitergehende generelle Unverwertbarkeit der Angaben des Beschuldigten gegenüber einer V-Person mit Blick auf §§ 136 Abs. 1, 136a Abs. 1 Satz 1 StPO ist abzulehnen, da gerade keine Vernehmung vorliegt und die Aussagefreiheit des Beschuldigten nicht berührt ist. So hat der EGMR eine Verletzung des Rechts auf Selbstbelastungsfreiheit in einem Fall verneint, in welchem es dem Beschuldigten, der sich weder in Haft befand noch bis dahin polizeilich vernommen worden war, freistand, sich mit dem Informanten der Polizei, der das verdeckt geführte Gespräch heimlich aufzeichnete, zu unterhalten.

5. Das von Art. 6 Abs. 3 Buchst. d EMRK garantierte Recht des Angeklagten auf konfrontative Befragung von Belastungszeugen stellt eine besondere Ausformung des Grundsatzes des fairen Verfahrens nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK dar. Ob die fehlende Gelegenheit für den Angeklagten beziehungsweise seinen Verteidiger, einen Zeugen selbst zu befragen, eine Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK begründet, hängt von einer einzelfallbezogenen Gesamtwürdigung ab.

6. Dabei ist nicht nur in Rechnung zu stellen, ob die Nichtgewährung des Konfrontationsrechts im Zurechnungsbereich der Justiz liegt, sondern vor allem auch in den Blick zu nehmen, mit welchem Gewicht die Verurteilung des Angeklagten auf die Bekundungen eines nicht konfrontativ befragten Zeugen gestützt worden ist und ob das Gericht die Unmöglichkeit der Befragung des Zeugen durch den Angeklagten oder seinen Verteidiger kompensiert hat, namentlich durch eine besonders kritische und zurückhaltende Würdigung der Bekundungen des Zeugen.

7. Ein Verwertungsverbot kommt dann in Betracht, wenn das Gespräch zwischen einer Vertrauensperson und dem Tatverdächtigen verbotswidrig fixiert wurde. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass eine Verwertung von Gesprächsaufzeichnungen unter Beteiligung einer Vertrauensperson möglich ist, wenn die Aufzeichnung rechtmäßig angeordnet wurde.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 15. November 2021 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

a) soweit es die Angeklagten S. und K. betrifft, in den Fällen 2 und 3 der Urteilsgründe;

b) soweit es den Angeklagten O. betrifft, in den Fällen 3 und 4 der Urteilsgründe;

c) in den jeweiligen Gesamtstrafenaussprüchen;

d) in den jeweiligen Aussprüchen über die Einziehung, mit Ausnahme der Einziehung von Wertersatz in Höhe von 5.000 Euro, soweit es den Angeklagten S. betrifft.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen (Fälle 1 bis 3 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten, den Angeklagten K. unter Freisprechung im Übrigen wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Fälle 2 und 3 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten und den Angeklagten O. unter Freisprechung im Übrigen wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln (Fälle 3 und 4 der Urteilsgründe) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es gegen den Angeklagten S. die Einziehung von 11.500 Euro, gegen den Angeklagten K. die Einziehung der „sichergestellten Machete“ und gegen alle drei Angeklagten die Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel“ angeordnet. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revisionen gegen die Nichtannahme bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen 2 und 3 der Urteilsgründe, wobei der letztgenannte Fall hinsichtlich des Angeklagten O. mit Fall 4 in Tateinheit steht. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

1. Am 2. Juni 2020 erhielt das Thüringer Landeskriminalamt von einer Person, der durch die Staatsanwaltschaft Erfurt Vertraulichkeit zugesichert wurde, den Hinweis, dass der Angeklagte S. seit etwa einem halben Jahr im Raum Erfurt Handel mit Kokain und Marihuana treibe. Er könne regelmäßig über Marihuana im Kilogrammbereich verfügen. Durch den Hinweisgeber wurde die Vermutung geäußert, dass der Angeklagte S. die Betäubungsmittel von dem Angeklagten O. erwerbe. Aufgrund dieses Hinweises wurde die Vertrauensperson mit dem Decknamen M. eingesetzt, bei der es sich nicht um den Hinweisgeber handelte.

a) Die Vertrauensperson M. erwarb am 15. Juni 2020 vom Angeklagten S. 767,20 Gramm Marihuana mit einer Mindestwirkstoffmenge von 113,32 Gramm THC zum Preis von 5.000 Euro (Fall 1 der Urteilsgründe).

b) Nunmehr beabsichtigten die Ermittlungsbehörden, eventuelle Mittäter des Angeklagten S. und den Lagerort der Betäubungsmittel zu ermitteln. Die Vertrauensperson sollte nunmehr von dem Angeklagten S. ein Kilogramm Marihuana zu einem Preis von 6.500 Euro ankaufen. Hierzu traf sich die Vertrauensperson M. mit dem Angeklagten S. am 2. Juli 2020. Dieser begab sich sodann zur Wohnung des Angeklagten K. Bei ihm holte er 998,5 Gramm Marihuana mit einer Mindestwirkstoffmenge von 128 Gramm reinem THC ab. Dies übergab er M. und nahm im Gegenzug den vereinbarten Kaufpreis von 6.500 Euro entgegen (Fall 2 der Urteilsgründe).

c) In der Folge sollte ermittelt werden, ob der Angeklagte S. auch weitere Betäubungsmittelarten, insbesondere Crystal Meth, im Angebot hatte. In der Zeit zwischen dem 2. Juli 2020 und dem 10. Juli 2020 vereinbarten der Angeklagte S. und die Vertrauensperson M. die Übergabe von weiteren fünf Kilogramm Marihuana. Zudem sollte an die Vertrauensperson an diesem Tag auch eine unbekannte Menge eines unbekannten Betäubungsmittels, mutmaßlich 500 Gramm Crystal Meth, übergeben werden, was jedoch durch den Angeklagten S. kurz vor dem Treffen abgesagt wurde. Das Treffen sollte am 10. Juli 2020 gegen Mittag erfolgen, der Angeklagte S. verschob es jedoch auf den späten Nachmittag. Dies begründete er damit, dass weitere Beteiligte, die für dieses Treffen erforderlich wären, nicht eher verfügbar seien. Am 10. Juli 2020 gegen 19 Uhr begaben sich die Angeklagten S. und O. gemeinsam mit dem gesondert verfolgten B. zur Wohnung des Angeklagten K., die B. betrat. Die Angeklagten S. und O. stiegen zu der in der Nähe wartenden Vertrauensperson M. in deren Auto, wo es zu einem Gespräch kam. Danach verließ der Angeklagte O. das Fahrzeug, der Angeklagte S. blieb bei der Vertrauensperson M. Der Angeklagte O. begab sich zurück zur Wohnung des Angeklagten K. Etwa fünf Minuten später verließ der Angeklagte O. das Haus wieder. Kurz nach dem Angeklagten O. verließ auch B. das Haus, der dabei eine Plastiktüte bei sich trug, die er aus der Wohnung des Angeklagten K. geholt hatte. In dieser Plastiktüte befanden sich 4.776,06 Gramm Marihuana mit einer Gesamtwirkstoffmenge von mindestens 754,54 Gramm reinem THC, was einem Wirkstoffgehalt von mindestens 15,61 % entspricht. Gemeinsam gingen der Angeklagte O. und B. zum Fahrzeug der Vertrauensperson M., wo B. sich auf den Rücksitz des Fahrzeuges setzte und die Plastiktüte neben sich stellte. Darauf erfolgte der Zugriff der Polizei, wobei auch der Angeklagte K. beim Verlassen des Gebäudes festgenommen wurde. Die Plastiktüte wurde sichergestellt. Bei der anschließenden Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten K. wurden weitere 1.047,79 Gramm Marihuana mit einer Mindestwirkstoffmenge von 5,65 Gramm THC sowie eine Machete mit einer Klingenlänge von knapp 44 cm sichergestellt (Fall 3 der Urteilsgründe).

Im Zuge der Festnahme am 10. Juli 2020 wurde bei dem Angeklagten O. 0,8 Gramm Kokain sichergestellt (Fall 4 der Urteilsgründe).

2. Das Landgericht hat ein Verwertungsverbot hinsichtlich der Angaben der wegen einer vollumfänglichen Sperrerklärung nicht vernehmbaren Vertrauensperson M. gegenüber dem Vernehmungsbeamten sowie hinsichtlich der Erkenntnisse aus einer mit dem Einsatz der Vertrauensperson zusammenhängenden akustischen Überwachung außerhalb von Wohnraum gemäß § 100f StPO angenommen. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung hat es ausgeführt, dass eine ausdrückliche Bandenabrede nicht habe festgestellt werden können.

II.

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind wirksam auf die Fälle 2 bis 4 der Urteilsgründe beschränkt.

Zwar hat die Staatsanwaltschaft nicht ausdrücklich eine Beschränkung des Rechtsmittels erklärt, sondern uneingeschränkt beantragt, „das Urteil“ aufzuheben. Dieser Aufhebungsantrag steht aber mit der Antragsbegründung nicht in Einklang. Hinsichtlich des Angriffsziels ist in einem solchen Fall der Sinn der Revisionsbegründung maßgeblich; denn für Revisionen der Staatsanwaltschaft ist Nr. 156 RiStBV von Bedeutung. Danach ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, jedes von ihr eingelegte Rechtsmittel zu begründen. Außerdem soll die Staatsanwaltschaft ihre Revision stets so rechtfertigen, dass klar ersichtlich ist, in welchen Ausführungen des angefochtenen Urteils sie eine Rechtsverletzung erblickt und auf welche Gründe sie ihre Rechtsauffassung stützt (Nr. 156 Abs. 2 RiStBV). Dies entspricht dem Zweck des § 345 Abs. 2 StPO, der einer sachkundigen Zusammenfassung der von der Revision erstrebten rechtlichen Angriffe dient (vgl. Senat, Urteil vom 11. Juni 2014 - 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; BGH, Urteile vom 18. Dezember 2014 - 4 StR 468/14, NStZ-RR 2015, 88 f.; vom 30. November 2017 - 3 StR 385/17, NStZ-RR 2018, 86; vom 14. April 2022 - 5 StR 313/21, NStZ-RR 2022, 201). Daher ist nach dem Sinn der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft hier allein die Nichtannahme bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge der Angeklagten S. und K. im Fall 2 der Urteilsgründe als Mittäter sowie aller drei Angeklagter im Fall 3 der Urteilsgründe, der nach der rechtlichen Würdigung des Landgerichts hinsichtlich des Angeklagten O. tateinheitlich mit Fall 4 der Urteilsgründe zusammenhängt, angefochten. Die Staatsanwaltschaft hat weder den Schuldspruch in Fall 1 der Urteilsgründe noch die Teilfreisprüche der Angeklagten K. und O. beanstandet.

III.

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg.

1. Eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation, die zu einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrenshindernis führen würde (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juni 2015 - 2 StR 97/14, BGHSt 60, 276, 282 ff.), liegt nicht vor. Zum einen war der Angeklagte S. tatgeneigt, zum anderen ist nicht ersichtlich, dass eine Verstrickung des Angeklagten S. in Taten mit einem erheblich höheren Unrechtsgehalt aufgrund einer Einwirkung durch die Vertrauensperson erfolgte (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2021 - 1 StR 197/21, juris Rn. 22 mwN).

2. Die erhobene Aufklärungsrüge ist zulässig. Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass sich das Landgericht aus Rechtsgründen gehindert sah, Beweise im Zusammenhang mit der Vertrauensperson M. zu erheben, wozu es sich ansonsten gedrängt gesehen hätte. Dies genügt.

Die Aufklärungsrüge ist auch begründet. Das Landgericht hat es entgegen § 244 Abs. 2 StPO unterlassen, Beweis über die Angaben der wegen einer vollumfänglichen Sperrerklärung nicht vernehmbaren Vertrauensperson M. gegenüber dem Vernehmungsbeamten sowie über die Erkenntnisse aus einer mit ihr zusammenhängenden akustischen Überwachung gemäß § 100f StPO zu erheben.

a) Die Angaben der wegen einer vollumfänglichen Sperrerklärung nicht vernehmbaren Vertrauensperson M. gegenüber dem Vernehmungsbeamten sowie die Erkenntnisse aus einer mit dem Einsatz der Vertrauensperson zusammenhängenden akustischen Überwachung gemäß § 100f StPO sind verwertbar.

Das Landgericht hat in einem Hinweisbeschluss die Angaben der Vertrauensperson M. gegenüber dem Vernehmungsbeamten sowie die Erkenntnisse aus einer mit dem Einsatz der Vertrauensperson zusammenhängenden akustischen Überwachung gemäß § 100f StPO für nicht verwertbar erklärt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Grundsatz des fairen Verfahrens verletzt sei. Die Vertrauensperson stehe aufgrund der vollumfänglichen Sperrerklärung des Thüringer Innenministeriums für eine konfrontative Befragung durch die Verfahrensbeteiligten nicht zur Verfügung. Aus diesem Grund sei es sowohl der Kammer als auch den Verfahrensbeteiligten verwehrt, sich von der Glaubwürdigkeit der Vertrauensperson einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Hinzu komme, dass die Vertrauensperson zumindest auch eingesetzt worden sei, um die Vorschriften über den Verdeckten Ermittler nach §§ 110a ff. StPO zu umgehen. Die Vertrauensperson dürfe nicht gezielt Nachforschungen anstellen, sondern sich nur umhören, um Informationen zu beschaffen, die geeignet seien, einen Anfangsverdacht zu begründen. Darüber hinaus gehende Ermittlungsmaßnahmen, wie die Durchführung von Abhörmaßnahmen, oblägen allein den Ermittlungsbehörden. Das Aufzeichnen von Ausforschungsgesprächen nach § 100f StPO könne nicht auf die Ermittlungsgeneralklausel gestützt werden, da hierfür ein gehobener Verdachtsgrad erforderlich sei.

Dieser Rechtsauffassung ist nicht zu folgen.

aa) Der Einsatz der Vertrauensperson M. war zulässig. Insbesondere ist eine Umgehung der Vorschriften über den Verdeckten Ermittler gem. § 110a ff. StPO nicht festzustellen.

(1) Der heimliche Einsatz von Personen, die den Beschuldigten befragen, um ihn zu belastenden Äußerungen zu veranlassen, ist jedenfalls dann zulässig, wenn es sich bei der den Gegenstand der Verfolgung bildenden Tat um eine Straftat von erheblicher Bedeutung handelt und wenn der Einsatz anderer Ermittlungsmethoden - für deren Auswahl untereinander wiederum der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt - erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert wäre. Für die Beantwortung der Frage, wann eine Straftat von erheblicher Bedeutung vorliegt, vermitteln die Kataloge in §§ 98a, 100a, 110a StPO Hinweise; die Aufzählung ist nicht abschließend (BGH, Beschluss vom 13. Mai 1996 - GSSt 1/96, BGHSt 42, 139, 157; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. Juli 2007 - 3 StR 104/07, NJW 2007, 3138, 3142).

Dass der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität vom 15. Juli 1992 (OrgKG) für bestimmte Formen besonders gefährlicher und schwer aufklärbarer Kriminalität den Einsatz Verdeckter Ermittler, der bis dahin auf die Generalklauseln der §§ 161, 163 StPO gestützt wurde, durch Einfügung der §§ 110a ff. StPO im Einzelnen geregelt hat, rechtfertigt nicht den Schluss, dass er die traditionell als zulässig anerkannte Inanspruchnahme anderer Personen ausschließen wollte (BGH, Beschluss vom 13. Mai 1996 - GSSt 1/96, BGHSt 42, 139, 151). Die Kontaktaufnahme solcher anderen Personen mit dem Beschuldigten hat der Gesetzgeber in diesem Gesetz bewusst nicht geregelt. Diese sollte weiterhin zulässig sein (vgl. Gesetzentwurf des Bundesrates, BT-Drucks. 12/989 S. 41).

Soweit Stimmen in der Literatur eine spezielle gesetzliche Regelung über den Einsatz von V-Leuten für erforderlich halten (vgl. Barczak, StV 2012, 182, 186; Gebhard/Hoheisel-Gruler, Kriminalistik 2021, 515, 517; Gercke, StV 2017, 615, 622; Soiné, ZRP 2021, 47 ff.; SSW-StPO/Eschelbach, 5. Aufl., § 110a Rn. 11), sieht der Senat keine Veranlassung, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen.

(2) Indes sind rechtsstaatliche Grenzen zu beachten, die der vernehmungsähnlichen Befragung von Tatverdächtigen ohne Aufdeckung der Ermittlungsabsicht - wegen ihrer Nähe zum nemo-tenetur-Prinzip - gesetzt sind. Aus dieser Nähe sowie aus dem Rechtsstaatsprinzip, speziell dem Grundsatz des fairen Verfahrens kann sich eine heimliche Befragung im Einzelfall auch unter Berücksichtigung des Gebotes einer effektiven Strafverfolgung als unzulässig erweisen (vgl. Beschluss vom 13. Mai 1996 - GSSt 1/96, BGHSt 42, 139, 156 f.). Als Beispiele aus der Rechtsprechung werden in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Fälle erwähnt, dass einem Untersuchungshäftling ein Spitzel in die Zelle gelegt (BGH, Urteil vom 28. April 1987 - 5 StR 666/86, BGHSt 34, 362; vgl. auch Urteil vom 21. Juli 1998 - 5 StR 302/97, BGHSt 44, 129; EGMR, Entscheidung vom 5. November 2002 - 48539/99, - Allan v. Großbritannien - StV 2003, 257, 259 f.) oder das gesprochene Wort verbotswidrig fixiert wurde (BGH, Urteile vom 17. März 1983 - 4 StR 640/82, BGHSt 31, 304, 308; vom 9. April 1986 - 3 StR 551/85, BGHSt 34, 39, 43). Mit dem Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit ist es ebenfalls nicht vereinbar, dem Beschuldigten, der sein Schweigerecht in Anspruch genommen hat, in gezielten, vernehmungsähnlichen Befragungen, die auf Initiative der Ermittlungsbehörden ohne Aufdeckung der Verfolgungsabsicht durchgeführt werden, selbstbelastende Angaben zur Sache zu entlocken (BGH, Urteil vom 26. Juli 2007 - 3 StR 104/07, BGHSt 52, 11, 19). Unzulässig ist es auch, den Beschuldigten zu selbstbelastenden Äußerungen zu drängen (zu verdeckten Ermittlern: BGH, Beschluss vom 18. Mai 2010 - 5 StR 51/10, BGHSt 55, 138, 145; Urteil vom 26. Juli 2007 - 3 StR 104/07, BGHSt 52, 11, 15; Beschluss vom 27. Januar 2009 - 4 StR 296/08, NStZ 2009, 343, 344) oder einem psychologischen Druck gleichkommend zu täuschen (BGH, Beschluss vom 31. März 2011 - 3 StR 400/10, BGHR StGB § 9 Abs. 1 Teilnahme 1).

Eine weitergehende generelle Unverwertbarkeit der Angaben des Beschuldigten gegenüber einer V-Person mit Blick auf §§ 136 Abs. 1, 136a Abs. 1 Satz 1 StPO (so Lagodny, StV 1996, 167, 168; SSW-StPO/Eschelbach, 5. Aufl., § 136 Rn. 23 ff.; § 136a Rn. 9 f. jeweils mwN) ist hingegen abzulehnen, da gerade keine Vernehmung vorliegt und die Aussagefreiheit des Beschuldigten nicht berührt ist. So hat der EGMR eine Verletzung des Rechts auf Selbstbelastungsfreiheit in einem Fall verneint, in welchem es dem Beschuldigten, der sich weder in Haft befand noch bis dahin polizeilich vernommen worden war, freistand, sich mit dem Informanten der Polizei, der das verdeckt geführte Gespräch heimlich aufzeichnete, zu unterhalten (EGMR, Urteil vom 10. März 2009 - 4378/02 - Bykov v. Russland, NJW 2010, 213, 215).

(3) Gemessen daran war der Einsatz der Vertrauensperson zulässig. Es bestand ein Anfangsverdacht aufgrund der Angaben eines Hinweisgebers, dass der Angeklagte S. seit etwa einem halben Jahr im Raum Erfurt Handel mit Kokain und Marihuana treibe, wobei er regelmäßig über Marihuana im Kilogrammbereich verfüge, das er möglicherweise vom Angeklagten O. erwerbe. Damit handelte es sich bei der Verdachtstat um eine schwerwiegende Straftat, nämlich um Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Einsatz anderer Ermittlungsmethoden erfolgversprechender gewesen wäre. Die aufgrund des Einsatzes der Vertrauensperson gewonnenen Erkenntnisse sind danach grundsätzlich verwertbar.

Ein aufgrund des nemo-tenetur-Grundsatzes bestehendes Verwertungsverbot besteht ebenfalls nicht. Die Auffassung des Landgerichts, dass eine Vertrauensperson nicht gezielt Nachforschungen anstellen dürfe, ist unzutreffend. Es existieren lediglich die oben genannten Einschränkungen, für deren Vorliegen hier keine Anhaltspunkte bestehen.

bb) Dass die Vertrauensperson wegen der Sperrerklärung nicht in der Hauptverhandlung als Zeuge zur Verfügung stand, hinderte nicht die Verwertung der Angaben, welche die Vertrauensperson im Rahmen einer Vernehmung gemacht hatte.

(1) Das von Art. 6 Abs. 3 Buchst. d EMRK garantierte Recht des Angeklagten auf konfrontative Befragung von Belastungszeugen stellt eine besondere Ausformung des Grundsatzes des fairen Verfahrens nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK dar. Ob die fehlende Gelegenheit für den Angeklagten beziehungsweise seinen Verteidiger, einen Zeugen selbst zu befragen, eine Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK begründet, hängt von einer einzelfallbezogenen Gesamtwürdigung ab (BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - 3 StR 341/21, NStZ 2022, 496, 497 f.; EGMR, Urteil vom 15. Dezember 2015 - 9154/10, Schatschaschwili v. Deutschland, StV 2017, 213, 216 Rn. 100 f.; BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 2009 - 2 BvR 547/08, NJW 2010, 925 f.; BGH, Urteil vom 4. Mai 2017 - 3 StR 323/16, NStZ 2018, 51, 52; Beschlüsse vom 17. März 2010 - 2 StR 397/09, BGHSt 55, 70, 74; vom 29. November 2006 - 1 StR 493/06, BGHSt 51, 150, 154).

Dabei ist nicht nur in Rechnung zu stellen, ob die Nichtgewährung des Konfrontationsrechts im Zurechnungsbereich der Justiz liegt, sondern vor allem auch in den Blick zu nehmen, mit welchem Gewicht die Verurteilung des Angeklagten auf die Bekundungen eines nicht konfrontativ befragten Zeugen gestützt worden ist und ob das Gericht die Unmöglichkeit der Befragung des Zeugen durch den Angeklagten oder seinen Verteidiger kompensiert hat, namentlich durch eine besonders kritische und zurückhaltende Würdigung der Bekundungen des Zeugen (BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - 3 StR 341/21, NStZ 2022, 496, 497 f.; vgl. EGMR, Urteil vom 15. Dezember 2015 - 9154/10, Schatschaschwili v. Deutschland, StV 2017, 213, 217, Rn. 107 ff.; Urteil vom 4. Mai 2017 - 3 StR 323/16, NStZ 2018, 51, 52 ff.; Beschluss vom 26. April 2017 - 1 StR 32/17, NStZ 2017, 602, 603).

Ist die unterbliebene konfrontative Befragung eines Zeugen der Justiz zuzurechnen, kann eine Verurteilung auf dessen Angaben nur gestützt werden, wenn diese durch andere gewichtige Gesichtspunkte außerhalb der Aussage bestätigt werden (BGH, Beschluss vom 29. November 2006 - 1 StR 493/06, BGHSt 51, 150, 155 f.; Urteil vom 25. Juli 2000 - 1 StR 169/00, BGHSt 46, 93, 105 f.).

(2) Gemessen daran durfte das Landgericht nicht von vorneherein die Angaben der Vertrauensperson gegenüber dem Vernehmungsbeamten außer Acht lassen.

Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob eine Verletzung des völkerrechtlich gewährleisteten Konfrontationsrechts im innerstaatlichen Recht lediglich auf der Ebene der Beweiswürdigung zu besonders strengen Beweis- und Begründungsanforderungen führt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 2010 - 2 BvR 547/08, NJW 2010, 925, 926; BGH, Urteil vom 25. Juli 2000 - 1 StR 169/00, BGHSt 46, 93, 103 ff.; Beschluss vom 29. November 2006 - 1 StR 493/06, BGHSt 51, 150, 157) oder - obwohl verfassungsrechtlich nicht geboten (BVerfG, aaO) - die Unverwertbarkeit von auf einen nicht konfrontativ befragten Zeugen zurückgehender Informationen bewirkt (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2014 - 1 StR 638/13, NStZ-RR 2014, 246, 248; Senat, Beschluss vom 17. März 2010 - 2 StR 397/09, BGHSt 55, 70, 78 f.).

Zwar liegt der Umstand, dass eine konfrontative Befragung nicht durchgeführt werden konnte, vorliegend im Verantwortungsbereich der Justiz, da dieser die Sperrerklärung des Thüringer Innenministeriums zuzurechnen ist. Allerdings sind auch in einem derartigen Fall die Angaben vor dem Vernehmungsbeamten verwertbar, wenn sie durch andere gewichtige Gesichtspunkte außerhalb der Aussage bestätigt werden. Hierfür liegen Anhaltspunkte vor, wie insbesondere die Übergabe der Betäubungsmittel durch die Vertrauensperson an die Polizei am 15. Juni 2020 und am 2. Juli 2020, die Observation des Wohnobjekts des Angeklagten K. am 2. und 10. Juli 2020, die aufgezeichneten Gespräche zwischen der Vertrauensperson und dem Angeklagten S. vom 2. und 10. Juli 2020 sowie insbesondere die Erkenntnisse aufgrund des Zugriffs vom 10. Juli 2020 mit der Sicherstellung einer Tasche mit 4.776,06 Gramm Marihuana, die B. dem Angeklagten S. brachte.

cc) Die Aufzeichnung der Gespräche war ebenfalls nicht rechtswidrig, so dass kein Verwertungsverbot hinsichtlich der dadurch erlangten Erkenntnisse vorliegt.

(1) Ein Verwertungsverbot kommt dann in Betracht, wenn das Gespräch zwischen einer Vertrauensperson und dem Tatverdächtigen verbotswidrig fixiert wurde (vgl. BGH, Urteile vom 17. März 1983 - 4 StR 640/82, BGHSt 31, 304, 306 f.; vom 9. April 1986 - 3 StR 551/85, BGHSt 34, 39, 43; Beschluss vom 31. März 2011 - 3 StR 400/10, BGHR StGB § 9 Abs. 1 Teilnahme 1). Im Umkehrschluss folgt daraus, dass eine Verwertung von Gesprächsaufzeichnungen unter Beteiligung einer Vertrauensperson möglich ist, wenn die Aufzeichnung rechtmäßig angeordnet wurde.

(2) Mit Beschluss des Amtsgerichts Erfurt vom 1. Juli 2020 lag eine rechtmäßige Anordnung zum Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes gemäß § 100f StPO vor. Dessen Voraussetzungen waren erfüllt, zumal ein Anfangsverdacht hinsichtlich einer Katalogtat bestand. Auch in einer Gesamtschau mit dem Einsatz einer Vertrauensperson kann eine Unzulässigkeit der Aufzeichnung nicht erkannt werden. Vielmehr kann das Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes gerade dazu dienen sicherzustellen, dass die durch die Vertrauensperson gewonnenen Erkenntnisse rechtlich unbedenklich erlangt wurden, nämlich ohne Zwang oder durch eine - psychologischem Druck gleichkommende - Täuschung.

b) Der Senat kann insbesondere angesichts der von der Revisionsführerin vorgetragenen Inhalte der gemäß § 100f StPO aufgezeichneten Gespräche nicht ausschließen, dass das Landgericht - im Falle der gebotenen Beweiserhebungen - hinsichtlich der am 2. und 10. Juli 2020 begangenen Taten zu einer Verurteilung der Angeklagten S. und K. wegen täterschaftlichen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie hinsichtlich der Tat vom 10. Juli 2020 zu einer solchen Verurteilung auch des Angeklagten O. gelangt wäre, zumal sich das Landgericht selbst dazu gedrängt gesehen, jedoch aus rechtlich fehlerhaften Erwägungen davon abgesehen hat.

Aufgrund der genannten Beweismittel, die Anhaltspunkte für eine Beteiligung mehrerer Personen an den beiden Betäubungsmittelgeschäften geben, ist in der gebotenen Zusammenschau mit den übrigen Beweismitteln ein Schluss auf ein mittäterschaftliches bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nicht völlig fernliegend. So deutet der Inhalt des aufgezeichneten Gesprächs vom 2. Juli 2020 darauf hin, dass der Angeklagte S. die Lieferung von anderen Arten von Betäubungsmitteln nur nach Rücksprache mit anderen Personen verhandeln konnte. Der Angeklagte S. erklärte hier der Vertrauensperson M., dass ihre Anfrage nach weiteren Stoffarten „jetzte gar nicht“ gehe, da er „kein erreicht“ habe. In Zukunft wolle er dies „auch noch mal mit denen“ absprechen. Im Gespräch zwischen der Vertrauensperson M. und dem Angeklagten O., am 10.07.2020 gab dieser zu verstehen, die benötigte Vorbereitungszeit für die Lieferung von 500 Gramm Methamphetamin liege bei einer Woche. Auf die Äußerung der Vertrauensperson, dass sie „längerfristige Geschichten“ suche, entgegnete der Angeklagte O., dass „wir auch richtig dafür“ seien. Nach Hinzukommen des gesondert Verfolgten B. zum Fahrzeug der M. übernahm dieser die Gesprächsführung, was als weiteres Indiz einer Bandenabrede in Betracht kommt.

3. Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen 2 bis 4 der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der hierfür verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafenaussprüche sowie der sich auf die Fälle 2 bis 4 der Urteilsgründe beziehenden Einziehungsaussprüche nach sich.

IV.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die bei dem Angeklagten K. sichergestellten weiteren 1.047,79 Gramm Marihuana rechtlich einzuordnen sind. Sollte diese Betäubungsmittelmenge nicht dem gewinnbringenden Weiterverkauf gedient haben, kommt eine tateinheitliche Verurteilung wegen Besitzes von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 - 4 StR 516/14, NStZ-RR 2015, 174, 175).

Außerdem weist der Senat darauf hin, dass der bei dem Angeklagten O. angenommene Besitz von Betäubungsmitteln in Fall 4 der Urteilsgründe tatmehrheitlich zu der Beteiligung an dem Handelsgeschäft mit den 4.776,06 Gramm Marihuana hinzutritt, wenn er an dieser Handelsmenge keinen Besitz hatte. Die bloße Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen ohne einen inneren Beziehungszusammenhang genügt nicht für die Annahme von Tateinheit (BGH, Beschluss vom 27. April 2004 - 1 StR 466/03, NStZ 2004, 694, 695; Urteil vom 12. September 2018 - 5 StR 278/18, juris Rn. 13; vgl. auch Beschluss vom 25. Februar 2015 - 4 StR 516/14, NStZ-RR 2015, 174, 175).

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 536

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede