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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1048

Bearbeiter: Holger Mann

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 2222/21, Beschluss v. 30.09.2022, HRRS 2022 Nr. 1048


BVerfG 2 BvR 2222/21 (2. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 30. September 2022 (BGH / OLG München)

Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Verurteilung im „NSU-Prozess“ (mittäterschaftliche Beteiligung an Mordtaten einer rechtsterroristischen Vereinigung; „nationalsozialistischer Untergrund“; Recht auf rechtliches Gehör; Schutz vor Überraschungsentscheidungen; Festhaltung des BGH an ständiger Rechtsprechung; Mittäterschaft bei vereinigungsbezogenen Taten nicht allein aufgrund Zugehörigkeit zu der Vereinigung; Entscheidung anhand allgemeiner Kriterien der Mittäterschaft; Tatbeiträge; Tatinteresse; Tatherrschaft; Recht auf rechtliches Gehör; kein Anspruch auf mündliche Verhandlung in der Revisionsinstanz; offensichtliche Unbegründetheit der Revision; Willkürverbot; Recht auf den gesetzlichen Richter; Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof).

Art. 3 Abs. 1 GG; Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG; Art. 103 Abs. 1 GG; Art. 6 Abs. 1 EMRK; Art. 267 Abs. 3 AEUV; § 25 Abs. 2 StGB; § 349 Abs. 2 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Die Verwerfung der Revision gegen eine Verurteilung wegen mittäterschaftlicher Beteiligung an mehreren Mordtaten einer rechtsterroristischen Vereinigung (sog. nationalsozialistischer Untergrund, „NSU“) stellt keine einen Gehörsverstoß begründende Überraschungsentscheidung dar, wenn das Revisionsgericht die Annahme der Mittäterschaft - unter Festhaltung an seiner ständigen Rechtsprechung, wonach vereinigungsbezogene Taten dem einzelnen Mitglied nicht allein aufgrund dessen Zugehörigkeit zu der Organisation nach § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden können - nach allgemeinen Grundsätzen auf die objektiven Tatbeiträge und das Tatinteresse der Angeklagten stützt und dabei das Fehlen eines tatherrschaftsbegründenden Beitrags bei der Ausführung der Taten als unerheblich bewertet (Folgeentscheidung zu BGH, Beschlüsse vom 12. August 2021 und 22. September 2021 - 3 StR 441/20 - [= HRRS 2021 Nr. 938 und HRRS 2022 Nr. 35]).

2. Die Garantie rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Verfahrensgrundrecht gewährleistet den Verfahrensbeteiligten das Recht, sich nicht nur zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage zu äußern.

3. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet ein Gericht grundsätzlich nicht zu einem Rechtsgespräch oder zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung. Ihm ist zudem keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters zu entnehmen. Ein Verfahrensbeteiligter ist vielmehr gehalten, auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht zu ziehen und seinen Vortrag darauf einzustellen. Auch ein Anspruch auf eine mündliche Verhandlung folgt nicht unmittelbar aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör.

4. Die Möglichkeit, eine Revision nach § 349 Abs. 2 StPO ohne vorherige mündliche Verhandlung zu verwerfen, begegnet keinen verfassungs- oder konventionsrechtlichen Bedenken. Dem Anspruch auf rechtliches Gehör wird durch die Gelegenheit zur schriftlichen Äußerung in der Revisionsbegründung und der Gegenerklärung zum Antrag der Staatsanwaltschaft ausreichend Rechnung getragen. Auch das Fairnessgebot des Art. 6 Abs. 1 EMRK ist nicht verletzt, weil in der Vorinstanz mündlich verhandelt worden ist, das Revisionsverfahren ausschließlich Rechtsfragen betrifft und § 349 Abs. 2 StPO der vereinfachten Bewältigung offensichtlich aussichtsloser Rechtsmittel dient.

5. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Revision im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO offensichtlich unbegründet ist, steht den Revisionsgerichten ein Entscheidungsspielraum zu. Die Anwendung der Vorschrift ist nicht willkürlich und widerspricht nicht dem Fairnessgebot, wenn die Revision ohne Anführung neuer Gesichtspunkte lediglich Rechtsfragen aufwirft, die durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt sind, und eine Revisionshauptverhandlung zur Wahrung rechtsstaatlicher Garantien nicht erforderlich erscheint. Von Verfassungs wegen nicht geboten ist hingegen eine Auslegung des § 349 Abs. 2 StPO in dem Sinne, dass das Kriterium der offensichtlichen Unbegründetheit in objektiver Hinsicht nur erfüllt ist, wenn auch Dritte gerade die Rechtsauffassung des erkennenden Revisionssenats vertreten.

6. Der Gerichtshof der Europäischen Union ist gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Nichteinleitung eines Vorlageverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV durch ein nationales letztinstanzliches Gericht kann daher eine der einheitlichen Auslegung bedürftige Frage des Unionsrechts der Entscheidung des gesetzlichen Richters vorenthalten. Das Bundesverfassungsgericht überprüft allerdings nur, ob ein Fachgericht die unionsrechtliche Vorlagepflicht offensichtlich unhaltbar gehandhabt hat. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das letztinstanzliche Fachgericht trotz Zweifeln an der Rechtsauslegung eine Vorlage nicht in Betracht zieht oder wenn es bewusst von der Rechtsprechung des EuGH abweicht.

Entscheidungstenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde betrifft den sogenannten „NSU-Prozess“. Sie richtet sich gegen ein Strafurteil des Oberlandesgerichts München vom 11. Juli 2018 und zwei Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 12. August 2021 und vom 22. September 2021.

I.

1. Das Oberlandesgericht verurteilte die Beschwerdeführerin unter anderem wegen mittäterschaftlicher und mitgliedschaftlicher Beteiligung an mehreren Mordtaten einer rechtsterroristischen Vereinigung zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe und stellte die besondere Schwere der Schuld fest.

Nach den vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen hatte die Beschwerdeführerin ein enges Verhältnis zu zwei inzwischen verstorbenen Männern. Diese drei Personen teilten eine rassistische, antisemitische und staatsfeindliche Ideologie. Sie gerieten in den 1990er Jahren wegen des Verdachts auf die Beteiligung an politisch motivierten Straftaten in den Blickpunkt der Ermittlungsbehörden. Anfang des Jahres 1998 beschlossen sie, sich den Ermittlungsmaßnahmen durch Flucht zu entziehen. Sie brachen deshalb den Kontakt zu ihrem jeweiligen persönlichen Umfeld nahezu ab. Nur zu wenigen gleichgesinnten Vertrauten pflegten sie noch persönlichen Umgang.

Die drei untergetauchten Personen kamen auf der Basis ihrer gemeinsamen politisch-ideologischen Einstellung überein, künftig eine Vielzahl willkürlich ausgewählter Menschen wegen deren südländischer Herkunft oder als Repräsentanten des Staates zu töten. Sie hofften auf eine destabilisierende Wirkung dieser Mordanschläge und erstrebten dadurch eine ihren nationalsozialistisch-rassistischen Vorstellungen entsprechende Änderung der Staats- und Gesellschaftsform Deutschlands. Um diese Wirkung deutlich zu vergrößern, planten sie, die Öffentlichkeit zunächst nur den Seriencharakter der Taten erkennen zu lassen. Erst später wollten sie ein gemeinschaftlich erstelltes Bekennerdokument veröffentlichen, mit dem sich der von ihnen gebildete Personenverband nachträglich für die Anschläge verantwortlich erklärt. Des Weiteren vereinbarten sie, zur Sicherung ihres Lebensunterhalts Raubüberfälle auf Sparkassenniederlassungen, Postfilialen und Supermärkte zu begehen. Hierdurch sollten die zeitlich aufwendige Vorbereitung und Ausführung der Mordanschläge und das Leben im „nationalsozialistischen Untergrund“ finanziell ermöglicht werden.

Die drei Mitglieder dieser Vereinigung entschlossen sich, zu diesen Zwecken auf längere Zeit unter falscher Identität unerkannt zusammenzuleben, eine bürgerliche, unverdächtig erscheinende Legende aufzubauen und nach außen zu kommunizieren. Während vorgesehen war, dass die beiden Männer die Straftaten unmittelbar ausführten, organisierte vor allem die Beschwerdeführerin - etwa durch die Beschaffung falscher Identitätspapiere - die Tarnung des Personenzusammenschlusses. Sie übernahm es überdies, die finanziellen Angelegenheiten der Gruppe zu regeln und erforderlichenfalls dafür zu sorgen, dass sich die Vereinigung, deren drei Mitglieder anonym bleiben sollten, in der geplanten Weise zu den Taten bekennt.

In Umsetzung dieses Vereinigungskonzepts begingen die beiden Männer von September 2000 bis April 2007 zwölf ideologisch motivierte Mordanschläge. Sie töteten unter Verwendung einer mit einem Schalldämpfer ausgestatteten Pistole heimtückisch neun Männer mit südländischen Wurzeln. Außerdem schossen sie mit zwei anderen Pistolen hinterrücks auf zwei Polizeibeamte einer Streifenwagenbesatzung. Eine Polizistin verstarb, ihr Kollege überlebte schwer verletzt. Weiter verübten sie in den Räumlichkeiten eines Lebensmittelgeschäfts und auf offener Straße zwei Bombenattentate, die sich gegen Menschen mit südländischen Wurzeln richteten. Hierdurch wurde zwar niemand getötet, jedoch trugen zahlreiche Opfer - teils schwere - Gesundheitsschäden davon. Von Dezember 1998 bis November 2011 überfielen die Männer im Osten Deutschlands überdies 15 Sparkassenniederlassungen und Postfilialen sowie einen Supermarkt mit Schusswaffen. Tatplangemäß machten sie bei zwei Überfällen mit Tötungsvorsatz von einer Handfeuerwaffe Gebrauch.

Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts war die Beschwerdeführerin insbesondere an der Planung jedes einzelnen Mordanschlags und Raubüberfalls beteiligt, indem sie zusammen mit den beiden anderen Gruppenmitgliedern die zuvor bei Ausspähmaßnahmen gewonnenen Erkenntnisse auswertete. Alle drei fassten jeweils den gemeinsamen Entschluss zur Tatbegehung. Sie einigten sich insbesondere auf Tatort, Tatzeit und Tatopfer. Während der Ausführung der jeweiligen Tat hielt sich die Beschwerdeführerin gemäß der zuvor getroffenen Übereinkunft in oder in der Nähe der als Zentrale genutzten gemeinsamen Wohnung auf, um die tatbedingte Abwesenheit ihrer Komplizen zu legendieren. Dort sollte sie bei Nachfragen Dritter hierfür unverfängliche Erklärungen geben und auf Vorkommnisse, die den Eindruck des bürgerlichen Lebens der drei in Frage stellen könnten, schnell und umsichtig reagieren. Nach Fertigstellung des ersten Bekennervideos im März 2001 sollte die Beschwerdeführerin darüber hinaus, falls den beiden Männern die Flucht nicht gelänge und sie zu Tode kämen, den Film in der aktuellen Version verbreiten und die in der Wohnung befindlichen Beweismittel vernichten. Die von ihr zugesagten Handlungen dienten dazu, den Männern eine sichere Rückzugsmöglichkeit zu schaffen und den Erfolg des Vereinigungskonzepts sicherzustellen.

Als die beiden Männer im November 2011 nach ihrem letzten Raubüberfall von der Polizei entdeckt wurden und ihre Festnahme drohte, begingen sie Suizid. Die Beschwerdeführerin erfuhr aus dem Rundfunk vom Tod ihrer beiden Komplizen. Absprachegemäß setzte sie sodann die zu dieser Zeit genutzte Wohnung in Brand, um Beweismittel zu vernichten, die Rückschlüsse auf den Personenverband und seine Unterstützer zuließen. Anschließend flüchtete sie und versandte zahlreiche Exemplare des Bekennervideos in der aktuellen Fassung, die für den nunmehr eingetretenen, bereits bei den Planungen bedachten Fall bereitlagen. Drei Menschen, deren Tod die Beschwerdeführerin bei der Inbrandsetzung der Wohnung in Kauf nahm, blieben unverletzt.

2. a) Die Beschwerdeführerin ging gegen das Urteil mit der Revision vor. Sie stützte ihr Rechtsmittel auf Verfahrensbeanstandungen und auf die Sachrüge. Im Revisionsverfahren ließ sie sich durch mehrere Verteidiger vertreten, die in Schriftsätzen zur Revisionsbegründung und in Stellungnahmen zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof insbesondere die Einordnung ihres Handelns als Mittäterschaft angriffen.

b) Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs verwarf mit Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO vom 12. August 2021 die gegen dieses Urteil gerichtete Revision der Beschwerdeführerin. Er änderte auf ihre Sachrüge gemäß § 349 Abs. 4, § 354 Abs. 1 analog StPO nur den sie betreffenden Schuldspruch geringfügig ab. Im Übrigen hielt das angefochtene Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand. Die - mit der Verfassungsbeschwerde nicht weiterverfolgten - Verfahrensbeanstandungen blieben ebenfalls erfolglos.

aa) Die Beweiswürdigung erachtete der Bundesgerichtshof als rechtsfehlerfrei. Soweit das Oberlandesgericht festgestellt habe, die Beschwerdeführerin habe an der Planung jeder einzelnen Tat mitgewirkt, finde die tatrichterliche Überzeugungsbildung in den Ergebnissen der Beweisaufnahme eine tragfähige Tatsachengrundlage und beruhe auf möglichen Schlussfolgerungen, die rational nachvollziehbar und in hohem Maße plausibel seien.

bb) Der 3. Strafsenat stellte klar, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung Taten, die aus einer terroristischen Vereinigung heraus begangen werden, dem einzelnen Vereinigungsmitglied nicht allein aufgrund dessen Zugehörigkeit zu der Organisation nach § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden könnten. Für jede Tat sei nach den allgemeinen Kriterien zu prüfen, inwieweit sich das betreffende Mitglied daran als Mittäter, Anstifter oder Gehilfe beteiligt habe oder ob es keinen strafbaren Tatbeitrag geleistet habe. Der Bundesgerichtshof unterzog dementsprechend alle vom Oberlandesgericht festgestellten Umstände einer wertenden Gesamtbetrachtung. Nach seiner Auffassung ergab diese Gesamtbetrachtung, dass die Bewertung des Oberlandesgerichts, die Beschwerdeführerin habe - obwohl sie in keinem Fall an der Tatausführung unmittelbar beteiligt gewesen sei - im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB gemeinschaftlich mit den beiden Männern gehandelt, im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken begegne. Sie habe gewichtige objektive Tatbeiträge geleistet und ein starkes Tatinteresse gehabt.

(1) Unter dem Gesichtspunkt der Tatherrschaft sei in den Blick zu nehmen, dass die Beschwerdeführerin zwar keinen tatherrschaftsbegründenden Beitrag im Ausführungsstadium der Taten geleistet habe. Sie habe jedoch maßgeblichen Einfluss auf die Planung der Taten sowie auf den gemeinsamen Tatentschluss und den weiteren Willen ihrer beiden Komplizen zur Tatbegehung genommen. Sie habe darüber hinaus durch die Zusage der von ihr vorzunehmenden Legendierungstätigkeit, Beweismittelvernichtung und Tatbekennung wesentlich die Deliktsverwirklichung beeinflusst und insoweit - zusätzlich über die Beteiligung an der Tatplanung hinaus - einen für die Taten bedeutenden objektiven Beitrag erbracht. Ohne das von ihr versprochene Verhalten hätten die nach dem Vereinigungskonzept verfolgten Ziele der Taten nicht erreicht werden können. Durchführung und Ausgang jeder einzelnen Tat seien mithin maßgeblich vom Willen der Beschwerdeführerin abhängig gewesen. Es sei deshalb unschädlich, dass das Oberlandesgericht keine konkreten Handlungen der Beschwerdeführerin während der Tatausführung festgestellt habe, die über die Anwesenheit der Beschwerdeführerin in der Wohnung und die Beobachtung der Umgebung hinausgegangen seien.

(2) Bezüglich des Tatinteresses falle ins Gewicht, dass das Interesse der Beschwerdeführerin nicht hinter dem der beiden Männer zurückgestanden habe. Mit Recht habe das Oberlandesgericht auf Grundlage der getroffenen Feststellungen den Grad des eigenen Interesses an den ideologisch motivierten Mordanschlägen und an den deren Finanzierung dienenden Raubüberfällen als hoch bewertet. Das Tatinteresse sei wesentlich in der politisch-ideologischen Einstellung der Beschwerdeführerin begründet gewesen. Es habe sich überdies schon darin offenbart, dass sie zusammen mit den beiden Männern etwa 13 Jahre lang ein weitgehend abgeschottetes und konspiratives Leben geführt habe, um eine Deliktserie zu begehen, die nach Veröffentlichung eines Bekennervideos eine tiefgreifende destabilisierende Wirkung auf staatliche und gesellschaftliche Strukturen auslösen sollte.

Dieses große Tatinteresse verliere nicht deshalb an Bedeutung für die Einordnung der Beschwerdeführerin als Mittäterin, weil es sich mit den übergeordneten Zielen aller Mitglieder der Gruppe gedeckt habe. Zwar führe die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung für sich gesehen nicht dazu, dass die Tat dem einzelnen Mitglied nach § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden könne. Jedoch könne etwa ein weltanschaulich-ideologisches, religiöses oder politisches Ziel der Tatbegehung sowohl den Charakter eines hierauf gerichteten Personenzusammenschlusses bestimmen als auch erhebliche Bedeutung für die Qualifizierung der Tatbeteiligung als Täterschaft haben.

3. Mit Beschluss vom 22. September 2021 wies der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs eine gegen den Beschluss vom 12. August 2021 gerichtete Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin zurück. Er bekräftigte, er habe weder Verfahrensstoff verwertet, zu dem die Beschwerdeführerin nicht gehört worden sei, noch habe er zu berücksichtigendes Verhalten der Beschwerdeführerin übergangen. Vielmehr habe er die umfassenden Rechtsausführungen in den Revisionsbegründungsschriften in den Senatsberatungen gewürdigt, sei ihnen aber aus den im Beschluss vom 12. August 2021 dargelegten Gründen nicht beigetreten. Bei der Beurteilung der Mittäterschaft sei er überdies weder von den tragenden Erwägungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof abgewichen noch habe er seine Rechtsprechung geändert. Auf das Kriterium eines objektiven Beitrages habe er nicht verzichtet. Ebenso wenig habe er eine Kompensation der Tatherrschaft durch das Tatinteresse vorgenommen.

II.

Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung ihres Rechts auf die Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG, eine im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG willkürliche Anwendung des § 349 Abs. 2 StPO und eine Verletzung ihres Rechts auf die Entscheidung durch den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

1. Die Beschwerdeführerin hat - noch vor Abschluss des Anhörungsrügeverfahrens - Verfassungsbeschwerde gegen das Strafurteil des Oberlandesgerichts vom 11. Juli 2018 und den Verwerfungsbeschluss des Bundesgerichtshofs vom 12. August 2021 erhoben.

Sie macht geltend, durch die Verwerfung der Revision im Beschlussverfahren des § 349 Abs. 2 StPO habe der Bundesgerichtshof die Bedeutung und Tragweite des Rechts auf die Gewährung rechtlichen Gehörs missachtet, denn Art. 103 Abs. 1 GG schütze die Parteien auch vor Überraschungsentscheidungen. Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, die sie betreffende Entscheidung stelle einen Paradigmenwechsel dar, da der 3. Strafsenat faktisch keinen objektiven Tatbeitrag mehr fordere, sondern nunmehr weitestgehend ein überragendes Interesse am Vereinigungserfolg für die Mittäterschaft ausreichen lasse. Nur scheinbar blieben die Kriterien der Zurechnung nach § 25 Abs. 2 StGB unverändert. Auf diesen Paradigmenwechsel hätte der Strafsenat die Beschwerdeführerin hinweisen müssen, um ihr eine ordnungsgemäße Verteidigung zu ermöglichen. Es sei darüber hinaus geboten gewesen, eine Hauptverhandlung durchzuführen, um ihr die Gelegenheit zu geben, zur beabsichtigten Rechtsprechungsänderung - gegebenenfalls auf Nachfragen - Stellung zu nehmen.

Die Verwerfung der Revision als „offensichtlich unbegründet“ verstoße ohnehin gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Willkürverbot und das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG, denn die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 349 Abs. 2 StPO seien ersichtlich nicht erfüllt gewesen. Es dürfe nicht allein auf die Einstimmigkeit des Strafsenats ankommen, weil dem Merkmal der „offensichtlichen Unbegründetheit“ ansonsten keine eigenständige Bedeutung zukomme. Es bedürfe vielmehr eines zusätzlichen objektiven Kriteriums. Grundlage der offensichtlichen Unbegründetheit sei die Objektivierbarkeit in dem Sinne, dass im Rahmen des Verfahrens auch Dritte gerade die Auffassung des Strafsenats vertreten.

Letztlich habe der 3. Strafsenat der Beschwerdeführerin den gesetzlichen Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dadurch entzogen, dass er die Aufgabenverteilung zwischen Revisions- und Instanzgericht missachtet habe. Er habe die Beweiswürdigung des Oberlandesgerichts hinsichtlich der objektiven Tatbeiträge für unzutreffend gehalten und seine eigene Bewertung auf eine veränderte Tatsachengrundlage - die Irrelevanz des vermeintlich objektiven Tatbeitrags - gestellt. Die Beschwerdeführerin sieht sich zudem in ihrem Recht auf die Entscheidung durch den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, weil der 3. Strafsenat den Begriff der kriminellen Vereinigung ausgelegt habe, ohne das Verfahren zuvor gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen. Die vom 3. Strafsenat vorgenommene Auslegung des Begriffs der Vereinigung sei mit den Vorgaben des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl L 300/42 vom 11. November 2008) nicht vereinbar, denn der Bundesgerichtshof setze - weitergehend als der Rahmenbeschluss - voraus, dass der Zusammenschluss ein übergeordnetes gemeinsames Interesse verfolge. Über den Umweg der Beiträge zum Vereinigungserfolg gelange der 3. Strafsenat so zu gewichtigen objektiven Tatbeiträgen, obwohl die Beiträge der Beschwerdeführerin tatsächlich nur marginaler Natur gewesen seien.

2. Nach Abschluss des Anhörungsrügeverfahrens hat die Beschwerdeführerin ihre Verfassungsbeschwerde um einen Angriff gegen den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. September 2021 erweitert.

Sie stellt klar, dass sie nicht behaupte, „dass es bislang explizit entgegenstehende Rechtsprechung gegeben hätte, von der der Senat nunmehr abgewichen wäre“. Allerdings handele es sich um eine Gewichtung bekannter Kriterien der Mittäterschaft, die der Rechtsprechung in dieser Form bislang fremd gewesen sei. Es habe daher einer revisionsgerichtlichen Hauptverhandlung bedurft, um dem Grundsatz des Art. 103 Abs. 1 GG Genüge zu tun. „Offensichtlich“ sei die gefundene Auslegung des § 25 Abs. 2 StGB nicht, sodass die Verwerfung der Revision den Evidenzbereich des § 349 Abs. 2 StPO verlassen habe.

III.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht erfüllt sind. Grundsätzliche Bedeutung kommt ihr nicht zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt. Dass der Verwerfungsbeschluss vom 12. August 2021 die Beschwerdeführerin in ihren Rechten auf die Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG (1.), aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot (2.) oder auf die Entscheidung durch den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (3.) verletzt, ist weder dargetan noch aus sich heraus ersichtlich.

1. Eine Verletzung ihres Prozessgrundrechts auf die Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf.

a) aa) Rechtliches Gehör ist das prozessuale Urrecht des Menschen sowie ein objektiv-rechtliches Verfahrensprinzip, das für ein gerichtliches Verfahren im Sinne des Grundgesetzes konstitutiv und grundsätzlich unabdingbar ist (vgl. BVerfGE 55, 1 <6>; 107, 395 <408>). Der Einzelne soll nicht nur Objekt der richterlichen Entscheidung sein, sondern vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um als Subjekt Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. BVerfGE 9, 89 <95>; 107, 395 <409>). Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten an einem gerichtlichen Verfahren, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern (vgl. BVerfGE 1, 418 <429>). An einer solchen Gelegenheit fehlt es, wenn ein Beteiligter nicht zu Wort gekommen ist oder wenn das Gericht seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde legt, zu denen die Beteiligten nicht Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 10, 177 <182 f.>; 19, 32 <36>; 84, 188 <190>). Die Garantie rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 11, 218 <220>; 21, 191 <194>; 96, 205 <216>; BVerfGK 10, 41 <45>). Die Gewährleistung des Art. 103 Abs. 1 GG beschränkt sich dabei nicht darauf, sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt zu äußern, sondern verbürgt dem Verfahrensbeteiligten auch das Recht, sich zur Rechtslage zu äußern (vgl. BVerfGE 60, 175 <210>; 64, 135 <143>; 86, 133 <144>; BVerfGK 15, 116 <118 f.>).

Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet aber nicht, dass das Gericht der Argumentation des Rechtsschutzsuchenden inhaltlich folgt (vgl. BVerfGE 64, 1 <12>; 80, 269 <286>; 87, 1 <33>; 115, 166 <180>). Des Weiteren ist das Gericht nicht gehalten, jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden; ein Gehörsverstoß ist daher nur feststellbar, wenn er sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt (vgl. BVerfGE 22, 267 <274>; 88, 366 <375 f.>; 96, 205 <217>; 134, 106 <117 f. Rn. 32>). Grundsätzlich besteht keine verfassungsrechtliche Begründungspflicht für mit ordentlichen Rechtsbehelfen nicht mehr angreifbare Entscheidungen (vgl. BVerfGE 50, 287 <289 f.>; 65, 293 <295>; 81, 97 <106>; 86, 133 <146>; 94, 166 <210>; 118, 212 <238>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2014 - 2 BvR 792/11 -, Rn. 14; vgl. auch EGMR, John v. Germany, Entscheidung vom 13. Februar 2007, Nr. 15073/03, juris, § 50; Arribas Antón v. Spain, Urteil vom 20. Januar 2015, Nr. 16563/11, § 47, NVwZ 2016, S. 519 <520 f.>; Harisch v. Germany, Urteil vom 11. April 2019, Nr. 50053/16, § 35, NJW 2020, S. 1943 <1944>).

bb) An der Gelegenheit, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern, fehlt es nicht erst dann, wenn ein Beteiligter nicht zu Wort gekommen ist oder wenn das Gericht seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde legt, zu denen die Beteiligten nicht Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 10, 177 <182 f.>; 19, 32 <36>; 84, 188 <190>). Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt überdies voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Es kommt im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrages gleich, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; 96, 189 <204>; 98, 218 <263>; 108, 341 <345 f.>).

Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet ein Gericht allerdings grundsätzlich nicht zu einem Rechtsgespräch (vgl. BVerfGE 31, 364 <370>) oder zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung (vgl. BVerfGE 54, 100 <117>; 66, 116 <147>; 67, 90 <96>; 74, 1 <5>; 84, 188 <190>; 86, 133 <145>). Ihm ist zudem keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters zu entnehmen (vgl. BVerfGE 66, 116 <147>; 84, 188 <190>). Ein Verfahrensbeteiligter ist gehalten, auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht zu ziehen und seinen Vortrag darauf einzustellen.

cc) Weiter garantiert das Prozessgrundrecht des Art. 103 Abs. 1 GG einen angemessenen Ablauf des Verfahrens (vgl. BVerfGE 107, 395 <409>; 119, 292 <296>). Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt jedoch nicht unmittelbar ein Anspruch auf eine mündliche Verhandlung (vgl. BVerfGE 5, 9 <11>; 6, 19 <20>; 15, 249 <256>; 15, 303 <307>; 21, 73 <77>; 25, 352 <357>; 36, 85 <87>; 60, 175 <210 f.>; 89, 381 <391>; 112, 185 <206>). Es ist Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, in welcher Weise rechtliches Gehör gewährt werden soll (vgl. BVerfGE 5, 9 <11>; 60, 175 <210 f.>; 89, 381 <391>; 119, 292 <296>).

Daher begegnet die Möglichkeit, im strafrechtlichen Revisionsverfahren eine Revision nach § 349 Abs. 2 StPO durch Beschluss - also ohne vorherige Durchführung einer mündlichen Verhandlung - zu verwerfen, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Im Verfahren der strafrechtlichen Revision hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass der Revisionsführer in seiner Revisionsbegründung (§ 344 StPO) und in der Gegenerklärung zum Antrag des Generalbundesanwalts (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) Gelegenheit bekommt, sich umfassend zu äußern, wodurch seinem Anspruch auf die Gewährung rechtlichen Gehörs ausreichend Rechnung getragen wird (vgl. BVerfGE 112, 185 <206>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2014 - 2 BvR 792/11 -, Rn. 8).

dd) Diese Maßstäbe stehen im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, die als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte heranzuziehen ist (vgl. BVerfGE 111, 307 <317 f.>; 128, 326 <366 ff.>; 148, 296 <351 Rn. 128>; 149, 293 <328 Rn. 86>; 158, 1 <36 Rn. 70>). Eine schematische Parallelisierung der Aussagen des Grundgesetzes mit denen der Europäischen Menschenrechtskonvention ist allerdings nicht verlangt (vgl. BVerfGE 128, 326 <366, 392 f.>; 156, 354 <397 Rn. 122>). Bei der Heranziehung der Europäischen Menschenrechtskonvention sind die Leitentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu berücksichtigen, auch wenn sie nicht denselben Streitgegenstand betreffen, denn der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kommt eine faktische Orientierungs- und Leitfunktion für die Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention über den konkret entschiedenen Einzelfall hinaus zu (vgl. BVerfGE 111, 307 <320>; 128, 326 <368>; 148, 296 <351 f. Rn. 129>). Die Heranziehung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte als Auslegungshilfe gemäß Art. 1 Abs. 2 GG über den Einzelfall hinaus dient dazu, den Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention in der Bundesrepublik Deutschland möglichst umfassend Geltung zu verschaffen, und kann darüber hinaus helfen, Verurteilungen der Bundesrepublik Deutschland durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu vermeiden (vgl. BVerfGE 128, 326 <369>; 148, 296 <352 f. Rn. 130>).

Die Möglichkeit, eine Revision im Beschlussverfahren nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen, begegnet keinen konventionsrechtlichen Bedenken (vgl. schon BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2014 - 2 BvR 792/11 -, Rn. 20 ff.). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verlangt Art. 6 Abs. 1 EMRK zwar grundsätzlich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (vgl. EGMR, Hoppe v. Germany, Urteil vom 5. Dezember 2002, Nr. 28422/95, juris, § 62). In Rechtsmittelverfahren gilt dieser Grundsatz aber nicht uneingeschränkt. Hat in der ersten Instanz eine öffentliche Verhandlung stattgefunden, kann es aufgrund der Besonderheit des betreffenden Verfahrens gerechtfertigt sein, dass in der zweiten oder dritten Instanz von einer mündlichen Verhandlung abgesehen wird (vgl. EGMR, Hoppe v. Germany, Urteil vom 5. Dezember 2002, Nr. 28422/95, juris, § 63; Rippe v. Germany, Entscheidung vom 2. Februar 2006, Nr. 5398/03, juris, § 54; Stober v. Germany, Entscheidung vom 11. Dezember 2006, Nr. 39485/03, juris, § 37). Betrifft das Rechtsmittelverfahren nur Rechtsfragen, kann - je nach Ausgestaltung des Verfahrensrechts - von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden (vgl. EGMR, Rippe v. Germany, Entscheidung vom 2. Februar 2006, Nr. 5398/03, juris, § 50). Berücksichtigung finden können weiter die offensichtliche Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels sowie die Notwendigkeit, den Geschäftsanfall zu bewältigen und innerhalb angemessener Zeit zu entscheiden (vgl. EGMR, Hoppe v. Germany, Urteil vom 5. Dezember 2002, Nr. 28422/95, juris, § 63; Rippe v. Germany, Entscheidung vom 2. Februar 2006, Nr. 5398/03, juris, § 49). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte respektiert insoweit die unterschiedliche Ausgestaltung der Rechtsmittelzüge in den Vertragsstaaten, die entweder eine vorgelagerte Annahmeentscheidung voraussetzen, für die der Öffentlichkeitsgrundsatz ohnehin nicht gilt, oder eine andere, vergleichbare Möglichkeit zur vereinfachten Erledigung aussichtsloser Rechtsmittel vorsehen (vgl. EGMR, Rippe v. Germany, Entscheidung vom 2. Februar 2006, Nr. 5398/03, juris, § 52). Auch bei einer Kompetenz des Rechtsmittelgerichts zur Befassung mit Sachverhaltsfragen muss nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht zwingend eine öffentliche mündliche Hauptverhandlung durchgeführt werden (vgl. EGMR, Hoppe v. Germany, Urteil vom 5. Dezember 2002, Nr. 28422/95, juris, § 63; Rippe v. Germany, Entscheidung vom 2. Februar 2006, Nr. 5398/03, juris, §§ 49 f.). Es kommt maßgeblich darauf an, ob sich die aufgeworfenen Fragen allein auf der Grundlage der Verfahrensakten angemessen entscheiden lassen (vgl. EGMR, Hoppe v. Germany, Urteil vom 5. Dezember 2002, Nr. 28422/95, juris, § 64; Rippe v. Germany, Entscheidung vom 2. Februar 2006, Nr. 5398/03, juris, § 50).

Nach diesen Kriterien ist die den Revisionsgerichten eingeräumte Möglichkeit, im Verfahren nach § 349 Abs. 2 StPO auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten, mit dem Fairnessgebot des Art. 6 Abs. 1 EMRK vereinbar (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2014 - 2 BvR 792/11 -, Rn. 24). Ohne Revisionshauptverhandlung ist es dem Bundesgerichtshof im Revisionsverfahren nur möglich, das erstinstanzliche Urteil, das auf einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beruht, nach § 349 Abs. 4 StPO aufzuheben und zugunsten des Beschwerdeführers zu entscheiden oder aber das Urteil durch eine Revisionsverwerfung nach § 349 Abs. 2 StPO rechtskräftig werden zu lassen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. August 2005 - 2 BvR 1066/05 -, juris, Rn. 4; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Januar 2006 - 2 BvR 1401/ 05 -, Rn. 4). Andernfalls hat das Revisionsgericht nach § 349 Abs. 5 StPO durch Urteil, das heißt nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu entscheiden. Ein Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO kann nur bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit der Revision ergehen und setzt Einstimmigkeit voraus (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2014 - 2 BvR 792/11 -, Rn. 24). Des Weiteren ist die Revision auf die Prüfung von Rechtsfragen beschränkt, die sich regelmäßig nach Aktenlage entscheiden lassen; eine Beweisaufnahme über Tatfragen ist nicht statthaft, das Revisionsgericht ist an die Feststellungen des Tatgerichts gebunden (vgl. BVerfGE 54, 100 <116>). Überdies dient § 349 Abs. 2 StPO der Schonung der Ressourcen der Justiz, damit sich diese zügig aussichtsreichen Rechtsmitteln zuwenden kann, und folglich der Verwirklichung des durch Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Beschleunigungsgrundsatzes.

b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist eine Gehörsverletzung weder dargetan noch aus sich heraus ersichtlich.

aa) Die Beschwerdeführerin legt einen Gehörsverstoß schon nicht hinreichend substantiiert dar, denn der Beschwerdevortrag wird den Anforderungen an die Begründungs- und Substantiierungspflicht nicht gerecht. Der Substantiierungspflicht aus § 92 BVerfGG genügt ein Beschwerdeführer bei der Rüge eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG nur, wenn der Begründung der Verfassungsbeschwerde entnommen werden kann, was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte (vgl. BVerfGE 28, 17 <20>; 72, 122 <132>; 91, 346 <355>; 112, 185 <206>). Rügt er einen Gehörsverstoß durch das Absehen von einer mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz, muss er überdies darlegen, dass er sein Gehörsrecht nur bei Durchführung einer Hauptverhandlung habe ausüben und er sein Revisionsvorbringen nicht ausreichend schriftlich habe deutlich machen können (vgl. BVerfGE 112, 185 <206>).

Unabhängig davon, dass die Beschwerdeführerin bestenfalls fragmentarisch mitteilt, was sie in einer anberaumten Revisionshauptverhandlung weiter vorgetragen hätte und welche Folgen sich daraus für die angegriffenen Entscheidungen ergeben hätten, geht sie nicht darauf ein, dass sie im Revisionsverfahren umfassend schriftlich dazu vorgetragen hat, weshalb aus ihrer Sicht eine Mittäterschaft im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB nicht gegeben sei. Eine Auseinandersetzung mit diesem Umstand wäre aber notwendig gewesen, weil der 3. Strafsenat in seiner Entscheidung über die Anhörungsrüge vom 22. September 2021 bekräftigt hat, er habe das umfangreiche Revisionsvorbringen der Beschwerdeführerin zur Frage der Mittäterschaft bei seinen Beratungen gewürdigt, das Vorbringen aber nicht für überzeugend erachtet.

bb) Die Beschwerdeführerin zeigt in der Sache einen Gehörsverstoß ebenfalls nicht auf.

Ihre Argumentation steht unter der Prämisse, dass der Bundesgerichtshof - für sie überraschend - von seiner ständigen Rechtsprechung zur Mittäterschaft abgewichen sei. Diese Prämisse trifft indes nicht zu, denn der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12. August 2021 entspricht der bisherigen Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme. Letztlich behauptet sogar die Beschwerdeführerin nicht, „dass es bislang explizit entgegenstehende Rechtsprechung gegeben [habe], von der der Senat nunmehr abgewichen [sei]“.

Der 3. Strafsenat hat klargestellt, dass er an seiner Rechtsprechung festhalte, wonach bei vereinigungsbezogenen Taten Mittäterschaft an diesen Taten nicht schon mit der Mitgliedschaft in der Vereinigung begründet werden könne. Außerdem hat er die Annahme, die Beschwerdeführerin sei Mittäterin gewesen - unter Verweis auf seine ständige Senatsrechtsprechung - auf nach seiner Ansicht vom Oberlandesgericht revisionsrechtlich rechtsfehlerfrei getroffene Feststellungen zu den objektiven Tatbeiträgen der Beschwerdeführerin und zu ihrem Tatinteresse gestützt. Auf der objektiven Ebene des § 25 Abs. 2 StGB darauf abzustellen, dass die Beschwerdeführerin maßgeblichen Einfluss auf die Planung der Taten sowie auf den gemeinsamen Tatentschluss und den weiteren Willen ihrer beiden Komplizen zur Tatbegehung genommen habe, erscheint jedenfalls plausibel; davon auszugehen, dass der Zusicherung dieser Legendierung eine bestimmende Bedeutung für die Herbeiführung der Taterfolge zugekommen sei, ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit der Bundesgerichtshof betont hat, es sei vor diesem Hintergrund unerheblich, dass die Beschwerdeführerin einen tatherrschaftsbegründenden Beitrag im Ausführungsstadium der Taten nicht geleistet habe, weil sie durch die sinnstiftende und handlungsleitende Zusicherung, die bürgerliche Fassade der Gruppe aufrechtzuerhalten und zu gegebener Zeit das Bekennervideo zu versenden, die serienmäßige Tatbegehung durch die anderen Mitglieder der Terrorgruppe erst ermöglicht habe, begegnet diese Argumentation keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dass auch eine andere einfachrechtliche Bewertung dieser Tatbeiträge möglich gewesen wäre (vgl. etwa die Entscheidungsbesprechungen von Roxin, JR 2021, S. 644 <651 f.>; Valerius, NJW 2021, S. 2851 <2854>; Fahl, NStZ 2021, S. 667; Arnold, StV 2022, S. 108; Schlösser, NStZ 2022, S. 335), begründet keinen Gehörsverstoß, denn die Kritik an der angegriffenen Entscheidung zeigt nicht auf, dass die Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung der Breite vertretbarer Rechtsauffassungen nicht mit der Qualifikation ihrer Tatbeiträge als mittäterschaftliches Handeln zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; 96, 189 <204>; 98, 218 <263>; 108, 341 <345 f.>).

2. Eine Verletzung des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG durch die Anwendung des § 349 Abs. 2 StPO ist ebenfalls nicht dargetan.

a) Die Auslegung der Strafgesetze und ihre Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Gerichte und daher der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen; ein verfassungsgerichtliches Eingreifen gegenüber Entscheidungen der Fachgerichte kommt nur in seltenen Ausnahmefällen unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Bedeutung als Willkürverbot in Betracht (vgl. BVerfGE 74, 102 <127>). Dies gilt nicht nur bei der Auslegung und Anwendung materiellen Rechts, sondern auch für die Handhabung des Verfahrensrechts (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Mai 2020 - 2 BvR 2054/19 -, Rn. 35).

Gegen das allgemeine Willkürverbot wird nicht bereits dann verstoßen, wenn die angegriffene Rechtsanwendung oder das dazu eingeschlagene Verfahren fehlerhaft sind. Hinzukommen muss, dass Rechtsanwendung oder Verfahren unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 4, 1 <7>; 80, 48 <51>; 81, 132 <137>; 152, 345 <382 Rn. 98>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Mai 2020 - 2 BvR 2054/19 -, Rn. 35), etwa wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder die Norm in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewandt wird (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Mai 2020 - 2 BvR 2054/19 -, Rn. 35). Von willkürlicher Missdeutung kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>; 152, 345 <382 f. Rn. 99>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Mai 2020 - 2 BvR 2054/19 -, Rn. 35).

b) Es ist weder hinreichend substantiiert vorgetragen noch aus sich heraus ersichtlich, dass der 3. Strafsenat die Verfahrensnorm § 349 Abs. 2 StPO in verfassungsrechtlich nicht mehr tragfähiger Weise angewandt hat.

aa) Das gilt insbesondere, soweit der 3. Strafsenat die Revision der Beschwerdeführerin als offensichtlich unbegründet angesehen hat. Den Revisionsgerichten ist bei der Beurteilung der Frage der Offensichtlichkeit ein Entscheidungsspielraum zuzugestehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Januar 2002 - 2 BvR 1225/01 -, Rn. 11; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Mai 2007 - 2 BvR 2655/06 -, juris, Rn. 18). Es ist nicht zu beanstanden, dass sie eine Revision als offensichtlich unbegründet ansehen, wenn für jeden Sachkundigen ohne längere Prüfung erkennbar ist, dass das angegriffene Urteil in sachlich-rechtlicher Hinsicht keine Fehler aufweist und die Revisionsrügen eines Beschwerdeführers dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhelfen können (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. Oktober 2001 - 2 BvR 1620/01 -, Rn. 11; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Januar 2002 - 2 BvR 1225/01 -, Rn. 11). Ein Gericht verwirft die Revision nach § 349 Abs. 2 StPO, wenn sie ohne Anführung neuer Gesichtspunkte Rechtsfragen aufwirft, die bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt sind und eine Revisionshauptverhandlung zur Wahrung rechtsstaatlicher Garantien nicht geboten ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. Oktober 2001 - 2 BvR 1620/01 -, Rn. 11; aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vgl. BGH, Beschluss des 5. Strafsenats vom 12. Oktober 2000 - 5 StR 414/99 -, NJW 2001, S. 85 <85>; Beschluss des 5. Strafsenats vom 3. Februar 2004 - 5 StR 359/03 -, juris, Rn. 4).

bb) In diese ständige Rechtsanwendungspraxis fügt sich der angegriffene Verwerfungsbeschluss vom 12. August 2021 ein. Der 3. Strafsenat hat seiner Entscheidung die vom Oberlandesgericht aus seiner Sicht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zugrunde gelegt und seine ständige Senatsrechtsprechung zur Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme auf diese Feststellungen angewandt. In verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat er ausgeführt, weshalb er die Beschwerdeführerin nach dieser Rechtsprechung als Mittäterin einordnet. Er hat dabei die Argumentation der Beschwerdeführerin nicht aus dem Blick verloren und - verfassungsrechtlich tragfähig - sowohl im Verwerfungsbeschluss vom 12. August 2021 als auch im Beschluss über die Anhörungsrüge vom 22. September 2021 klargestellt, dass die von der Beschwerdeführerin angeführten Entscheidungen seinem Ergebnis nicht entgegenstünden. Es ist damit nicht ersichtlich, dass die Annahme des 3. Strafsenats, die Revision der Beschwerdeführerin sei „offensichtlich unbegründet“ im Sinne der Rechtsprechung zu § 349 Abs. 2 StPO, bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 4, 1 <7>; 80, 48 <51>; 81, 132 <137>; 152, 345 <382 Rn. 98>).

Der Vortrag der Beschwerdeführerin ist jedenfalls nicht geeignet, eine willkürliche Anwendung des § 349 Abs. 2 StPO aufzuzeigen. Er erschöpft sich im Ergebnis in einer eigenen Auslegung des § 349 Abs. 2 StPO, wonach das Kriterium der offensichtlichen Unbegründetheit nur dann eigenständige Bedeutung erlangen könne, wenn es nicht nur auf die Einstimmigkeit der Senatsmitglieder ankomme. Soweit die Beschwerdeführerin fordert, das Merkmal sei vor diesem Hintergrund dahingehend zu verstehen, dass eine Objektivierbarkeit in dem Sinne gegeben sein müsse, dass im Rahmen des Verfahrens - jenseits der Einstimmigkeit - auch Dritte gerade die Rechtsauffassung des erkennenden Revisionssenats vertreten, zeigt sie aus der Fülle der in der Rechtswissenschaft diskutierten Auslegungsmöglichkeiten (vgl. dazu Franke, in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2012, § 349 Rn. 8; Knauer/Kudlich, in: Münchener Kommentar zur StPO, 1. Aufl. 2019, § 349 Rn. 27 ff.; Temming, in: Gercke/Julius/Temming/Zöller, StPO, 6. Aufl. 2019, § 349 Rn. 5; Gericke, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 8. Aufl. 2019, § 349 Rn. 21 ff.; Wiedner, in: BeckOK zur StPO, 44. Edition April 2022, § 349 Rn. 20 ff.; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2022, § 349 Rn. 10 f.) zwar einen vertretbaren Ansatz zur Auslegung des Rechtsbegriffs der offensichtlichen Unbegründetheit auf. Sie legt aber nicht dar, dass das Verständnis von einer offensichtlichen Unbegründetheit der Revision, wie es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegt, nicht mehr nachzuvollziehen wäre und es von Verfassungs wegen - etwa zur Wahrung des Fairnessgebots - zwingend geboten wäre, ihrer Rechtsauffassung zu folgen.

3. Der Beschwerdeführerin wurde der gesetzliche Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht entzogen.

a) Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, dass der Bundesgerichtshof eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union in einer Weise unterlassen hat, die nach den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichtes einen Verfassungsverstoß begründet.

aa) Ein Rechtssuchender kann seinem gesetzlichen Richter dadurch entzogen werden, dass ein Gericht die Verpflichtung zur Vorlage an ein anderes Gericht außer Acht lässt (vgl. BVerfGE 3, 359 <363>; 9, 213 <215 f.>). Die Nichteinleitung eines Vorlageverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV kann demnach eine der einheitlichen Auslegung bedürftige Frage des Unionsrechts der Entscheidung des gesetzlichen Richters - des Gerichtshofs der Europäischen Union - vorenthalten und damit das Ergebnis der Entscheidung beeinflussen (vgl. BVerfGE 73, 339 <366 ff.>; 75, 223 <233 f.>; 82, 159 <195 ff.>; 135, 155 <230 Rn. 177>). Die Einheit der Unionsrechtsordnung ist bedroht, wenn das Unionsrecht in den Mitgliedstaaten ungleich angewandt wird. Deshalb gliedert Art. 267 AEUV den Gerichtshof der Europäischen Union funktional in die Gerichtsbarkeit der Mitgliedstaaten ein, soweit ihm im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtsanwendungsgleichheit die Auslegung und Anwendung des Unionsrechts aufgegeben ist (vgl. BVerfGE 73, 339 <368>).

Das Bundesverfassungsgericht überprüft am Maßstab des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG allerdings nur, ob diese Zuständigkeitsregel in offensichtlich unhaltbarer Weise gehandhabt worden ist. Allein ein solcher Kontrollmaßstab entspricht der Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 82, 159 <195>; 135, 155 <231 Rn. 179>). Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gewährt zwar einen subjektiven Anspruch auf den gesetzlichen Richter (vgl. BVerfGE 138, 64 <86 Rn. 67>). Durch diese grundrechtsgleiche Gewährleistung wird das Bundesverfassungsgericht jedoch nicht zu einem Kontrollorgan, das jeden einem Gericht unterlaufenden, die Zuständigkeit berührenden Verfahrensfehler korrigieren müsste, denn eine „Entziehung“ des gesetzlichen Richters liegt nicht bei jeder fehlerhaften Anwendung von Zuständigkeitsregeln vor (vgl. BVerfGE 3, 359 <364 f.>; 7, 327 <329>; 135, 155 <231 Rn. 179>; 138, 64 <87 Rn. 71>). Das Bundesverfassungsgericht beanstandet die Auslegung und Anwendung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind oder die Bedeutung und Tragweite der Gewährleistung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt wird (vgl. BVerfGE 9, 223 <230 f.>; 82, 286 <299>; 87, 282 <284 f.>; 131, 268 <312>; 138, 64 <87 Rn. 71>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Dezember 2021 - 2 BvR 2076/21, 2 BvR 2113/21 -, Rn. 29). Rechtsfehlerhafte - aber nicht willkürliche - Entscheidungen über die Bestimmung des zuständigen Gerichts oder des zuständigen Richters genügen insoweit nicht (vgl. BVerfGE 7, 327 <329>; 9, 223 <230 f.>; 131, 268 <312>). Ob die Entscheidung eines Gerichts auf Willkür, also auf einem Fall grober Missachtung oder grober Fehlanwendung des Gesetzesrechts, beruht oder ob sie darauf hindeutet, dass ein Gericht Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt, kann nur angesichts der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden (vgl. BVerfGE 131, 268 <312>; BVerfGK 5, 269 <280>; 12, 139 <144>; 15, 102 <105>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Dezember 2021 - 2 BvR 2076/21, 2 BvR 2113/21 -, Rn. 30).

Diese Grundsätze gelten auch für die unionsrechtliche Zuständigkeitsvorschrift des Art. 267 Abs. 3 AEUV (vgl. BVerfGE 126, 286 <315>; 135, 155 <231 f. Rn. 180>). Das Bundesverfassungsgericht überprüft demnach nur, ob die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 126, 286 <315 f.>; 128, 157 <187>; 129, 78 <106>; 135, 155 <232 Rn. 180>). Die Vorlagepflicht wird insbesondere in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Fachgericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit der europarechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt und das Unionsrecht somit eigenständig fortbildet (vgl. BVerfGE 82, 159 <195>; 135, 155 <232 Rn. 181>). Gleiches gilt in den Fällen, in denen das Gericht in seiner Entscheidung bewusst von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht (vgl. BVerfGE 82, 159 <195>; 135, 155 <232 Rn. 182>). Liegt zu einer entscheidungserheblichen Frage des Unionsrechts einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union noch nicht vor oder hat eine vorliegende Rechtsprechung die entscheidungserhebliche Frage möglicherweise noch nicht erschöpfend beantwortet oder erscheint eine Fortentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht nur als entfernte Möglichkeit, so wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur verletzt, wenn das letztinstanzliche Gericht den ihm in solchen Fällen notwendig zukommenden Beurteilungsrahmen in unvertretbarer Weise überschreitet (vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>; 128, 157 <187 f.>; 129, 78 <106 f.>; 135, 155 <232 f. Rn. 183>).

bb) Eine solche Konstellation vermag die Beschwerdeführerin nicht aufzuzeigen. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Bundesgerichtshof in dem angegriffenen Beschluss vom 22. September 2021 über die Anhörungsrüge nachvollziehbar darauf abstellt, es erschließe sich nicht, wie die von der Beschwerdeführerin begehrte Auslegung des unionsrechtlichen Begriffs der „kriminellen Vereinigung“ durch den Gerichtshof der Europäischen Union zur Bewertung der Stärke des Tatinteresses hätte beitragen können (vgl. BGH, Beschluss des 3. Strafsenats vom 22. September 2021 - 3 StR 441/20 -, Rn. 8).

b) Der Rüge, der Bundesgerichtshof habe die Aufgabenverteilung zwischen Revisions- und Instanzgericht missachtet, bleibt ebenfalls der Erfolg versagt.

aa) Zwar kann Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG auch verletzt sein, wenn ein an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebundenes Revisionsgericht eine nach dem Stand des Verfahrens gebotene Zurückverweisung unterlässt (vgl. BVerfGE 3, 255 <256>; 3, 359 <363 f.>; 31, 145 <165>; 54, 100 <115>; BVerfGK 2, 207 <209>). Die Entscheidung des Revisionsgerichts verstößt aber nur dann gegen das Recht auf die Entscheidung durch den gesetzlichen Richter, wenn sie von willkürlichen Erwägungen bestimmt ist (vgl. BVerfGE 54, 100 <116>; BVerfGK 2, 207 <209>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. September 2006 - 2 BvR 1603/06 -, Rn. 11). Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung des Gerichts sich bei der Auslegung und Anwendung der Normen des Revisionsrechts so weit von dem sie beherrschenden verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt hat, dass diese nicht mehr zu rechtfertigen sind (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. September 2006 - 2 BvR 1603/06 -, Rn. 11).

bb) Eine solche Konstellation ist weder dargetan noch aus sich heraus ersichtlich. Dem angegriffenen Beschluss vom 12. August 2021 lässt sich nicht entnehmen, dass der Bundesgerichtshof eigene Feststellungen in der Sache getroffen hat. Er hat vielmehr über die Auslegung des einfachen Rechts auf Grundlage des vom Oberlandesgericht festgestellten Sachverhalts entschieden.

IV.

Die Verfassungsbeschwerde wird auch im Ãœbrigen nicht zur Entscheidung angenommen.

1. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich formal auch gegen das Strafurteil des Oberlandesgerichts vom 11. Juli 2018. Inhaltlich setzt sich die Beschwerdeführerin jedoch nur mit den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 12. August 2021 und vom 22. September 2021 auseinander. Eine Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten durch das Urteil des Oberlandesgerichts behauptet sie allenfalls beiläufig; sie legt eine solche Rechtsverletzung jedenfalls nicht in nachvollziehbarer Weise dar. Der Beschwerdevortrag zu diesem Gesichtspunkt genügt mithin den Begründungs- und Substantiierungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG ersichtlich nicht (vgl. BVerfGE 105, 252 <264>; 140, 229 <232 Rn. 9>; 149, 346 <359 Rn. 24>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Mai 2021 - 2 BvR 1336/20 -, Rn. 10).

2. Soweit die Beschwerdeführerin ihre Verfassungsbeschwerde auf den die Anhörungsrüge betreffenden Zurückweisungsbeschluss vom 22. September 2021 erweitert hat, ist sie ebenfalls nicht zur Entscheidung anzunehmen. Da der angegriffene Verwerfungsbeschluss vom 12. August 2021 die Beschwerdeführerin nicht in ihrem Recht auf die Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, begegnet der angegriffene Zurückweisungsbeschluss vom 22. September 2021 ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Daher bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die Beschwerdeführerin einen eigenständigen oder perpetuierenden Gehörsverstoß durch die Zurückweisungsentscheidung geltend macht und ob die Anhörungsrüge hier selbst tauglicher Rügegegenstand der Verfassungsbeschwerde sein kann (vgl. BVerfGE 119, 292 <295>; BVerfGK 13, 496 <498>).

3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1048

Bearbeiter: Holger Mann