HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 465
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 203/20, Beschluss v. 02.12.2020, HRRS 2021 Nr. 465
1. Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 20. Januar 2020 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Einziehung eines Betrages von mehr als 98.200 € angeordnet worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird mit der Maßgabe verworfen, dass die Anordnung der Einziehung der sichergestellten Arzneimittel (706 Tabletten Alprazolam, 52 Tabletten Lorazepam und 10 Tabletten Oxycodon) entfällt.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt und die Einziehung des Wertes des durch die Tat Erlangten in Höhe von 222.780,23 €, von näher bezeichneten Betäubungsmitteln und Arzneimitteln sowie von Tatwerkzeugen angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verfahrensbeanstandungen haben aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg. Die umfassende Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf die ausgeführte Sachrüge hat zum Schuld- und zum Strafausspruch keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler erbracht.
2. Indes hält die Einziehungsentscheidung sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand. Die Strafkammer hat nicht bedacht, dass von der Verfolgung möglicher Verstöße gegen das AMG nach § 154 Abs. 1 StPO (richtig: nach § 154a Abs. 1 StPO) abgesehen worden war, diese nicht wieder in das Verfahren einbezogen und ein den Erfordernissen des § 200 StPO entsprechender Antrag auf Übergang in das objektive Verfahren zum Zwecke der selbständigen Einziehung nicht gestellt worden war.
a) Dies entzieht der den Angeklagten beschwerenden Einziehung von Tatobjekten die Grundlage, soweit es sich nach den Urteilsgründen um Arzneimittel handelt. Diese Anordnung hat zu entfallen.
b) Aus gleichem Grund kann auch die Einziehung von Werten von Taterträgen keinen Bestand haben, soweit sie Erlöse aus dem Verkauf von Arzneimitteln betrifft. Zwar belegen die Urteilsgründe, dass der Angeklagte aus dem Handel mit Betäubungsmitteln über den Webshop „D.“ 98.200 € erhalten hat, darüber hinaus - Verkauf von Drogen und Arzneimitteln über den Webshop „fi.“ - lässt sich anhand der Urteilsgründe nicht nachvollziehen, in welcher Höhe der Angeklagte Erlöse aus den der Verurteilung zugrundeliegenden Drogengeschäften erzielt hat. Deshalb ist die 98.200 € übersteigende Einziehungsanordnung aufzuheben.
3. Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer, da nur noch gegen den erwachsenen Angeklagten zu verhandeln ist.
4. Für die neue Verhandlung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die in den Urteilsgründen enthaltene Verweisung auf den Inhalt eines elektronischen Speichermediums keine wirksame Bezugnahme im Sinne von § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO darstellt (vgl. Senat, Urteil vom 2. November 2011 - 2 StR 332/11, BGHSt 57, 53, 54 f.).
HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 465
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede