HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 400
Bearbeiter: Holger Mann
Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 408/21, Beschluss v. 19.03.2021, HRRS 2021 Nr. 400
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung einer Rechtsanwältin/eines Rechtsanwalts wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Auslieferung eines russischen Staatsangehörigen tschetschenischer Herkunft zur Strafverfolgung nach Russland.
1. Dem Beschwerdeführer wird in dem den Auslieferungsunterlagen zugrundeliegenden Haftbefehl eines Bezirksgerichts in Grosny, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tschetschenien, vom 22. August 2013 vorgeworfen, im Juli 2013 in Grosny insgesamt 3,084 g Heroin besessen zu haben, die in fünf Plastiktüten in seiner Hosentasche aufgefunden worden seien (vgl. zu näheren Einzelheiten BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 -, Rn. 2 ff.).
2. Das ursprüngliche Ersuchen der russischen Behörden um Auslieferung enthielt zugleich Zusicherungen vom 12. Dezember 2017, dass das Auslieferungsersuchen nicht der politischen Verfolgung diene oder wegen der Rasse, Religion, Volkszugehörigkeit oder politischen Überzeugung des Beschwerdeführers betrieben werde. Dem Beschwerdeführer würden alle Verteidigungsmöglichkeiten einschließlich eines anwaltlichen Beistands gewährt, er werde keiner Folter oder sonst unmenschlichen Strafe oder Behandlung unterworfen und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie den Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen von 2006 entsprechend untergebracht. Angestellte der deutschen Botschaft könnten jederzeit Kontrollbesuche durchführen. Der Beschwerdeführer werde nur wegen der im Auslieferungsersuchen genannten Straftat zur Verantwortung gezogen und könne nach Beendigung der Strafverfolgung oder Gerichtsverhandlung beziehungsweise gegebenenfalls nach Verbüßung der Strafe Russland wieder verlassen.
3. Der Beschwerdeführer machte im Laufe des Verfahrens unter anderem geltend, politisch verfolgt zu werden, weil er zu einer als oppositionell bekannten (Groß-)Familie gehöre. Er sei verhaftet worden, bei der anschließenden Durchsuchung sei nichts gefunden worden. Erst auf der Polizeiwache habe man ihm eine kleine Tüte mit weißem Pulver gezeigt und ihm eröffnet, dass er Drogen besessen haben soll (zu näheren Einzelheiten vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 -, Rn. 7).
4. Einer vorangegangenen Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers, verbunden mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, vom 18. März 2019, die sich gegen den in dieser Sache schon einmal am 14. Februar 2019 ergangenen Zulässigkeitsbeschluss wandte, wurde mit Beschluss vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 19 Abs. 4 GG stattgegeben. Mit Beschluss vom 3. April 2019 hatte die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts bereits eine einstweilige Anordnung erlassen, die die Auslieferung des Beschwerdeführers vorläufig untersagte. Der festgestellte Verfassungsverstoß bezog sich darauf, dass das Brandenburgische Oberlandesgericht die Umstände, die den Beschwerdeführer bei einem möglichen Strafverfahren im Nordkaukasischen Föderalbezirk erwarten würden, nicht aufgeklärt hatte, obwohl die russischen Behörden erklärt hatten, dass sie eine Verlegung des Gerichtsstands aus dem Nordkaukasischen Föderalbezirk aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zusichern könnten (vgl. ausführlich BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 -, Rn. 38 ff.). Soweit der Beschwerdeführer vorgetragen hatte, er habe politische Verfolgung im Zielstaat zu befürchten und das Brandenburgische Oberlandesgericht habe dies nicht ausreichend aufgeklärt, erachtete die Kammer die Verfassungsbeschwerde als nicht hinreichend substantiiert (vgl. ausführlich BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 -, Rn. 28 f.).
5. Mit Beschluss vom 24. April 2019 ordnete das Brandenburgische Oberlandesgericht den Aufschub der Auslieferung nach § 33 Abs. 4 IRG an und behielt sich eine erneute Entscheidung über die Zulässigkeit vor. Es ergäben sich Zweifel, ob die Erfüllbarkeit der im Beschluss vom 14. Februar 2019 gestellten Bedingungen im Hinblick auf das künftige Gerichtsverfahren hinreichend gesichert sei. Nach Auskunft des Bundesamtes für Justiz fänden ungeachtet des Umstandes, dass eine Zusicherung der Verlegung des Gerichtsstands nach russischer Gesetzeslage nicht möglich sei, jedenfalls bei der Verlegung des Ermittlungsverfahrens nach außerhalb des Nordkaukasischen Föderalbezirks auch das Gerichtsverfahren und die Untersuchungshaft außerhalb statt, sodass aufzuklären sei, wo das Ermittlungsverfahren des Beschwerdeführers durchgeführt werde.
6. Mit Schreiben vom 12. September 2019 sicherte die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation zu, dass deutschen Konsularbeamten die Anwesenheit bei den Gerichtsverhandlungen gestattet werde und diese das Verfahren beobachten könnten. Das Ermittlungsdepartement des Innenministeriums der Russischen Föderation habe mit Rücksicht auf das deutsche Gesuch am 21. Februar 2018 die Ermittlungen aus der Zuständigkeit des tschetschenischen Innenministeriums genommen und der Hauptermittlungsverwaltung des Innenministeriums der Russischen Föderation für das Gebiet Rostow übertragen. Im Falle der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe werde diese außerhalb des Nordkaukasischen Föderalbezirks vollstreckt. Auch der Schutz von Leib und Leben des Beschwerdeführers werde zugesichert.
7. In Reaktion auf den Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 - beantragte die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg am 3. Dezember 2019, vor einer erneuten Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung über das Bundesamt für Justiz und das Auswärtige Amt zu klären, ob die gegebenen Zusicherungen der russischen Behörden auch im Falle der Durchführung des Strafverfahrens in Tschetschenien eingehalten würden. Zweifel an der Zusicherung der russischen Behörden ergäben sich aus dem Bericht des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (im Folgenden: CPT) vom 11. März 2019.
8. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2019 machte der Beschwerdeführer unter Vorlage mehrerer Anlagen und unter Bezugnahme auf bereits vorgelegte Dokumente geltend, dass in Tschetschenien weder verfassungsrechtliche Verfahrensgrundsätze noch völkerrechtliche Mindeststandards oder menschenrechtskonforme Haftbedingungen eingehalten würden. Die Russische Föderation habe bereits zuvor abgegebene Zusicherungen nicht eingehalten. Dies ergebe sich aus der Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz und für Verbraucherschutz vom 26. Juli 2019 im Verfahren - 2 BvR 828/19 - eine andere Auslieferung betreffend. Auswärtiges Amt und Bundesamt für Justiz müssten unter anderem ergänzend dazu Auskunft geben, ob in den Fällen, in denen ausgelieferte Personen in tschetschenische Untersuchungshaft gekommen seien, von den russischen Behörden zuvor zugesichert worden sei, dass die Haft außerhalb des Nordkaukasus stattfinden werde.
Belastbare Zusicherungen der russischen Behörden setzten voraus, dass diese auch kontrollieren könnten, was auf tschetschenischem Gebiet passiere. Dies sei jedoch nicht oder nur eingeschränkt möglich. Daher müssten das Auswärtige Amt und das Bundesamt für Justiz auch dazu Stellung nehmen, ob Zusicherungen tschetschenischer Behörden eingeholt werden könnten und diese belastbar seien. Eine effektive Kontrolle der Einhaltung von Zusicherungen durch deutsche Auslandsvertreter sei nicht gewährleistet. Deshalb sei auch zu fragen, wann Haftanstalten durch die Deutsche Botschaft im Nordkaukasus in der Vergangenheit besucht worden und wie diese Besuche abgelaufen seien.
9. Mit Datum vom 13. Januar 2020 bat das Brandenburgische Oberlandesgericht das Auswärtige Amt, die Belastbarkeit der russischen Zusicherungen zu überprüfen. In die Klärung solle auch der Inhalt des CPT-Berichts vom 11. März 2019 und die im Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 - erwähnte Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz und für Verbraucherschutz vom 26. Juli 2019 einbezogen werden. Es wurde ferner um Klärung der Frage ersucht, ob es hinsichtlich der Belastbarkeit einer Zusicherung von Relevanz sein könne, dass diese allein von russischen und nicht auch von tschetschenischen Behörden eingeholt werde.
10. In einer Stellungnahme vom 7. Mai 2020 führte das Auswärtige Amt aus, dass zur Sicherung internationaler Mindeststandards im Auslieferungsverkehr mit der Russischen Föderation stets eine Vielzahl aufgeführter Zusicherungen zur menschenwürdigen Unterbringung und zur Sicherung eines rechtsstaatlichen Verfahrens eingeholt würden. Entsprechende Zusicherungen würden von der Russischen Föderation stets abgegeben. Deren Einhaltung werde durch regelmäßige und anlassbezogene Haftbesuche überprüft, abgegebene Zusicherungen seien eingehalten worden.
Der Ort des gerichtlichen Verfahrens werde nach russischem Recht erst nach der Ankunft in Russland bestimmt. Ausnahmsweise hätten die russischen Behörden aber auf Ersuchen des Auswärtigen Amts die Zuständigkeit des Ermittlungsverfahrens dem Innenministerium des Rostower Gebiets außerhalb Tschetscheniens übertragen. Üblicherweise fänden Gerichtsprozesse am Ort der Ermittlungen statt. Für den Fall, dass das Strafverfahren dennoch in Tschetschenien geführt werden sollte, läge kein Verstoß gegen eine Zusicherung vor. Diese betreffe nur den Ort der Ermittlungen. Bei Strafverfahren in Tschetschenien differenziere das Auswärtige Amt: In Fällen allgemeiner Kriminalität sei davon auszugehen, dass die Zusicherungen der russischen Behörden auch in Tschetschenien eingehalten würden. Nach Auskunft diverser Gesprächspartner wie Nichtregierungsorganisationen, Anwälte und dem CPT verliefen Strafprozesse in Tschetschenien die „normale Kriminalität“ betreffend vergleichbar fair wie im Rest Russlands. Handele es sich hingegen um „besondere Fälle“, wie zum Beispiel solche mit Terrorismusbezug, gegen Kritiker des tschetschenischen Präsidenten oder um Verstöße gegen die „Moralvorstellungen“ (zum Beispiel LGBTI-Personen), könne die Gefahr der politisch motivierten Verfolgung nicht ausgeschlossen werden.
Im Fall des Beschwerdeführers seien keine Anzeichen dafür erkennbar, dass ihm Drogen untergeschoben worden seien. Es werde daher davon ausgegangen, dass die russischen Zusicherungen auch im Falle der Durchführung des Strafverfahrens in Tschetschenien eingehalten würden, gleiches gelte für konventionskonforme Haftbedingungen und den Vollzug einer möglichen Freiheitsstrafe außerhalb des Nordkaukasus. Die deutsche Botschaft Moskau habe bereits Gerichtsverfahren in Tschetschenien beobachtet, es werde daher davon ausgegangen, dass ein Monitoring des Verfahrens des Beschwerdeführers möglich sein werde, genauso wie eine eventuelle Kontrolle seiner Haftbedingungen.
11. Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2020 und unter Vorlage weiterer Berichte erwiderte der Beschwerdeführer, dass die Stellungnahme des Auswärtigen Amts die geäußerten Bedenken nicht ausräumen könne. In den Fällen, in denen entgegen der Erwartung der Bundesregierung ausgelieferte Personen nach Tschetschenien überstellt worden seien, sei dort nicht nur das Gerichtsverfahren durchgeführt worden, sondern die Personen seien dort auch inhaftiert gewesen, es habe somit ein Bruch der Zusicherungen vorgelegen. Nähere Details hierzu habe das Auswärtige Amt nicht mitgeteilt. Für diesen Fall würden dem Beschwerdeführer in Tschetschenien menschenunwürdige Haftbedingungen drohen. Das Auswärtige Amt sei zudem nicht auf den CPT-Bericht vom 11. März 2019 eingegangen.
Nach den vorgelegten Berichten könne nicht davon ausgegangen werden, dass ein Strafprozess in Tschetschenien im Bereich „normaler Kriminalität“ fair verlaufe. Es überzeuge nicht, dass das Auswärtige Amt angebe, die Deutsche Botschaft Moskau habe in der Vergangenheit Gerichtsverhandlungen in Tschetschenien beobachtet.
12. Am 20. August 2020 verfügte das Brandenburgische Oberlandesgericht eine Nachermittlung, da im Schreiben des Auswärtigen Amts vom 7. Mai 2020 weder der CPT-Bericht vom 11. März 2019 noch die Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz und für Verbraucherschutz vom 26. Juli 2019 im Verfahren - 2 BvR 828/19 - aufgegriffen worden sei. Auch verhalte es sich nicht dazu, ob es hinsichtlich der Belastbarkeit von Zusicherungen relevant sein könne, dass diese nicht auch durch die tschetschenischen Behörden abgegeben worden seien.
13. Mit ergänzender Stellungnahme des Auswärtigen Amts vom 11. Dezember 2020 teilte dieses mit, die Stellungnahme vom 7. Mai 2020 sowohl in Kenntnis des CPT-Berichts vom 11. März 2019 als auch der Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz und für Verbraucherschutz vom 26. Juli 2019 abgegeben zu haben. Auch alle weiteren Stellungnahmen und Berichte seien bekannt. Diese Quellen verallgemeinerten die Lage in den Gefängnissen vor Ort oder seien vor dem Hintergrund der Verfolgung von LGBTI-Personen in Tschetschenien geschrieben worden. Die Deutsche Botschaft Moskau sei aufgrund von Auskünften diverser Gesprächspartner zu einem differenzierten Bild gelangt. Für Fälle mit Terrorismusbezug sowie Fälle, in denen LGBTI-Personen verfolgt würden oder sich ein Verfolgter kritisch gegenüber der tschetschenischen Führung geäußert habe, teile das Auswärtige Amt die in den angeführten Berichten zum Ausdruck gekommenen Bedenken. Anders sei dies in Fällen „normaler Kriminalität“. Diverse Gesprächspartner hätten bestätigt, dass in diesen Fällen davon ausgegangen werden könne, dass Strafprozesse ähnlich wie im Rest Russlands abliefen. Die Haftbedingungen im Nordkaukasischen Föderationskreis seien sogar besser als im Durchschnitt Russlands. Botschaftsmitarbeiter hätten sich durch Haftbesuche hiervon überzeugt. Die Zusicherung konventionskonformer Haftbedingungen bei Auslieferungshäftlingen würde - soweit von der Botschaft feststellbar - grundsätzlich eingehalten. Ein Monitoring sei auch aktuell möglich.
Ansprechpartner des Auswärtigen Amts sei das russische Außenministerium, das Einholen von Zusicherungen tschetschenischer Behörden daher nicht möglich. Von zwei Ausnahmen abgesehen, seien bislang alle Zusicherungen eingehalten worden. In beiden Fällen seien die entsprechenden Haftverlegungen nach Tschetschenien jedoch verifiziert auf ausdrücklichen Wunsch der Inhaftierten erfolgt.
Das Auswärtige Amt bekräftige seine Auffassung, dass davon ausgegangen werden könne, dass die Zusicherungen im Fall des Beschwerdeführers eingehalten würden, dies gelte auch für Tschetschenien. Das Auswärtige Amt erachte sie sowohl hinsichtlich der Haftbedingungen als auch hinsichtlich des Gerichtsverfahrens für belastbar.
14. Mit Schriftsatz vom 18. Januar 2021 erwiderte der Beschwerdeführer, dass die vorgelegten Berichte die Lage nicht verallgemeinerten, es handele sich insbesondere beim CPT-Bericht um detaillierte Beschreibungen der Haftbedingungen. Demgegenüber beschreibe das Auswärtige Amt nicht, wie es zu seinen jeweiligen Annahmen komme. Der im Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. Oktober 2020 - Ausl 301 AR 37/20, Rn. 12 - zitierten Stellungnahme des Bundesamts für Justiz sei zu entnehmen, dass Zusicherungen russischer Behörden im Auslieferungsverkehr derzeit nicht belastbar seien. Den vom Auswärtigen Amt dort angesprochenen Fall von Folter in einem Auslieferungsverfahren nach Russland thematisiere es in der ergänzenden Stellungnahme nicht.
15. Mit angegriffenem Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 4. Februar 2021 erklärte dieses die Auslieferung des Beschwerdeführers für zulässig unter der Voraussetzung der von den russischen Justizbehörden gegebenen Zusicherungen, dass er weder Folter noch anderer unmenschlicher Strafe oder Behandlung unterworfen werde, alle Möglichkeiten der Verteidigung einschließlich eines anwaltlichen Beistandes wahrnehmen könne, menschenrechtskonform untergebracht werde und Mitglieder des deutschen Konsulardienstes ihn jeder Zeit zur Kontrolle besuchen dürften. Die jeweils aktuelle Haftanstalt und auch der Ort der Gerichtsverhandlung seien mitzuteilen.
Zur Begründung nahm das Brandenburgische Oberlandesgericht zunächst Bezug auf seine im Tatbestand wiedergegebenen Gründe des Beschlusses vom 14. Februar 2019, in dem es unter anderem eine drohende politische Verfolgung des Beschwerdeführers nicht angenommen hatte. Es seien insoweit keine Gesichtspunkte ersichtlich, die Anlass zu einer Abänderung gäben.
Der Auslieferung stehe auch kein Auslieferungshindernis nach § 73 IRG entgegen. Unter Berücksichtigung der ergänzend eingeholten Auskünfte sei davon auszugehen, dass die Zusicherungen der russischen Behörden eingehalten würden. Nachdem es sich im Hinblick auf die Frage der Gewährleistung des gesetzlichen Richters der russischen Verfassung als nicht hinreichend belastbar erwiesen habe, dass die Untersuchungshaft nicht im Nordkaukasus durchgeführt werde, sei nach verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung maßgeblich, welche Bedingungen den Beschwerdeführer bei einem möglichen Strafverfahren dort erwarteten.
Unter Bezugnahme auf und Wiedergabe von Passagen aus den Stellungnahmen des Auswärtigen Amts vom 7. Mai und vom 11. Dezember 2020 kommt das Brandenburgische Oberlandesgericht zu dem Schluss, dass die Zusicherungen belastbar seien und die unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätze und völkerrechtlichen Mindeststandards vorliegend bei einem Strafverfahren in Tschetschenien eingehalten würden. Die Gefahr einer politischen Verfolgung sei nicht gegeben, sodass die Einschätzung des CPT für Verfahren mit politischem Hintergrund, die auch in der Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 26. Juli 2019 geteilt werde, nicht greife. Es handele sich um einen Fall allgemeiner Kriminalität, Anhaltspunkte für das Unterschieben der Drogen seien nicht gegeben. Das Auswärtige Amt setze sich auch mit den vom Beschwerdeführer genannten Erkenntnisquellen auseinander. Die Stellungnahmen machten die unterschiedlichen Einschätzungen hinsichtlich der Belastbarkeit der Zusicherungen plausibel, die dadurch bedingt seien, dass es einer Differenzierung zwischen „normaler“ und „besonderer Kriminalität“ bedürfe. Daher verfange der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. Oktober 2020 - Ausl 301 AR 37/20, Rn. 12 - nicht, der die Konstellation einer politischen Verfolgung zugrunde liege. Soweit gefordert werde, dass die Erkenntnisquellen des Auswärtigen Amts näher und differenzierter zu bezeichnen seien, werde dem nicht gefolgt. Angesichts des Umfangs der vielfach auch allein aus Gesprächen und Beobachtungen gewonnenen Erkenntnisse würde dies die Anforderungen überspannen, solange kein Zweifel an der Zuverlässigkeit dieser Quellen und ihrer Erkenntnisse ersichtlich sei. Auch der Umstand, dass das Einholen von Zusicherungen tschetschenischer Behörden nicht möglich sei, sei nicht geeignet, Zweifel an der Belastbarkeit der Zusicherung zu wecken, da dies staatsorganisatorisch bedingt sei.
16. Am 8. März 2021 erhob der Beschwerdeführer Anhörungsrüge und beantragte, den Aufschub der Auslieferung nach § 33 IRG anzuordnen. Hierüber ist, soweit ersichtlich, bisher nicht entschieden.
Mit seiner am 8. März 2021 fristgemäß eingegangenen Verfassungsbeschwerde, die der Beschwerdeführer mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbindet, wendet er sich gegen den rubrizierten Beschluss und macht Verletzungen seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG geltend.
Nach ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung seien Zusicherungen geeignet, Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit einer Auslieferung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten sei, dass die Zusicherung nicht eingehalten werde. Eine Zusicherung entbinde das Gericht nicht von der Pflicht, eine eigene Gefahrenprognose anzustellen, etwa in Bezug auf die Gefahr politischer Verfolgung.
Das Brandenburgische Oberlandesgericht schätze die Gefährdungslage des Beschwerdeführers im Falle seiner Überstellung nach Tschetschenien falsch ein und setze sich nicht damit auseinander, ob die Zusicherungen belastbar und überprüfbar seien. Es stütze sich allein auf die Stellungnahmen des Auswärtigen Amts, wonach in Strafverfahren „allgemeiner Kriminalität“ die auszuliefernden Personen auch in Tschetschenien durch Zusicherungen der russischen Behörden ausreichend geschützt seien. Dem Auswärtigen Amt widersprechende Erkenntnisse würden vollständig außer Acht gelassen oder zu Unrecht als irrelevant eingestuft. Das Brandenburgische Oberlandesgericht gehe fälschlicherweise davon aus, dass der CPT-Bericht vom 11. März 2019 nur für Verfahren mit politischem Hintergrund gelte.
Es erscheine nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer im Falle der Überstellung nach Tschetschenien durch Zusicherungen russischer Behörden geschützt werden könne (wird unter Bezugnahme auf EGMR, Othman v. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 17. Januar 2012, Nr. 8139/09 und Oberlandesgericht Karlsruhe vom 13. Oktober 2020, Ausl 301 AR 37/20, ausgeführt). Das Brandenburgische Oberlandesgericht hätte auch auf den Fall der nicht eingehaltenen Zusicherung vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe vom 13. Oktober 2020 - Ausl 301 AR 37/20, Rn. 12 - eingehen müssen. Zudem habe es sich zu Unrecht mit der Antwort des Auswärtigen Amts zufriedengegeben, eine Einholung von Zusicherungen tschetschenischer Behörden sei nicht möglich. Die Frage nach deren faktischer Relevanz bleibe offen und dies sei nicht konventionskonform, da geprüft werden müsse, ob von den lokalen Behörden erwartet werden könne, dass Zusicherungen eingehalten würden (wird unter Bezugnahme auf EGMR, Othman v. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 17. Januar 2012, Nr. 8139/09, § 189, ausgeführt).
Art. 19 Abs. 4 GG werde verletzt, da das Brandenburgische Oberlandesgericht in seinem Beschlusstenor die Zusicherung aufführe, wonach der diplomatischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland zur Überprüfung der Haftbedingungen der Ort mitzuteilen sei, an dem der Beschwerdeführer inhaftiert, zu dem er gegebenenfalls verlegt und an dem das Verfahren gegen ihn geführt werde. Eine solche liege seitens der russischen Behörden nicht vor, sodass davon auszugehen sei, dass diese nachträglich eingeholt werden solle. Dies sei jedoch nicht zulässig (unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 -, Rn. 33).
Art. 103 GG sei verletzt, da die eingereichten Stellungnahmen und Berichte nicht berücksichtigt worden seien (wird unter Bezugnahmen auf und Wiedergaben aus den vorgelegten Berichten ausgeführt) und der Bitte um Aufklärung von offensichtlichen Unklarheiten nicht nachgekommen worden sei. So sei nach wie vor unklar, wie hoch der Wirkstoffgehalt des festgestellten Heroins sei und ob ein weiterer Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer aus dem April 2016 existiere.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Sie genügt insbesondere nicht den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG.
1. Eine der formalen Darlegungsobliegenheit genügende Begründung einer Verfassungsbeschwerde gegen fachgerichtliche Entscheidungen setzt voraus, dass der die Rechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüssig vorgetragen wird (BVerfGE 130, 1 <21 m.w.N.>; stRspr). Zudem bedarf es der inhaltlich hinreichend substantiierten Darlegung der Verletzung in Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten. Voraussetzung ist insoweit, dass sich der Beschwerdeführer mit der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und ihre Verfassungswidrigkeit im Einzelnen darlegt. Hierzu zählt auch die Darlegung, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>). In Fällen, in denen das Bundesverfassungsgericht eine Rechtsfrage bereits entschieden hat, ist diese Darlegung auf Grundlage der entsprechenden Rechtsprechung und der darin gebildeten Maßstäbe vorzunehmen (vgl. BVerfGE 77, 170 <214 ff.>; 79, 292 <301>; 99, 84 <87>; BVerfGK 15, 570 <574>; stRspr).
2. a) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 -, Rn. 31 m.w.N.). Dabei gewährleistet Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern verleiht dem Einzelnen, der behauptet, durch einen Akt öffentlicher Gewalt verletzt zu sein, oder im Auslieferungsverfahren im Vorgriff einer belastenden hoheitlichen Maßnahme geltend macht, diese würde in unzulässiger Weise in seine Rechte eingreifen, einen substantiellen Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 101, 106 <122 f.>; 103, 142 <156>; 113, 273 <310>; 129, 1 <20>).
Die fachgerichtliche Überprüfung grundrechtseingreifender Maßnahmen kann die Beachtung des geltenden Rechts und den effektiven Schutz der berührten Interessen nur gewährleisten, wenn sie auf zureichender Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts beruht (vgl. BVerfGE 101, 275 <294 f.>; BVerfGK 9, 390 <395>; 9, 460 <463>; 13, 472 <476>; 13, 487 <493>; 17, 429 <430 f.>; 19, 157 <164>; 20, 107 <112>). Um dem Gebot effektiven Rechtsschutzes zu genügen, darf ein Gericht auf die Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten daher nur verzichten, wenn Beweismittel unzulässig, schlechterdings untauglich, unerreichbar oder für die Entscheidung unerheblich sind. Dagegen darf es von einer Beweisaufnahme nicht schon dann absehen, wenn die Aufklärung besonders arbeits- oder zeitaufwendig erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 -, Rn. 32 m.w.N.).
Im Rahmen des gerichtlichen Zulässigkeitsverfahrens im Vorgriff auf eine Auslieferung sind die zuständigen Gerichte verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären und etwaige Auslieferungshindernisse in hinreichender Weise, also in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig, zu prüfen. Zweck der gerichtlichen Zulässigkeitsprüfung im förmlichen Auslieferungsverfahren ist der präventive Rechtsschutz der betroffenen Person (vgl. BVerfGE 113, 273 <312>). Das gerichtliche Zulässigkeitsverfahren dient der Abwehr staatlicher Eingriffe in grundrechtlich geschützte Interessen des Auszuliefernden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 -, Rn. 33 m.w.N.).
b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegen die deutschen Gerichte bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Auslieferung der verfassungsrechtlichen Pflicht, zu prüfen, ob die erbetene Auslieferung die gemäß Art. 79 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 1 und Art. 20 GG unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätze beziehungsweise das unabdingbare Maß an Grundrechtsschutz verletzt (vgl. BVerfGE 59, 280 <282 f.>; 63, 332 <337>; 108, 129 <136>; 140, 317 <355 Rn. 83 f.>). Sie sind zudem - insbesondere im Auslieferungsverkehr mit Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind - verpflichtet, zu prüfen, ob die Auslieferung und die ihr zugrundeliegenden Akte den nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard wahren (vgl. BVerfGE 59, 280 <282 f.>; 63, 332 <337 f.>; 75, 1 <19>; 108, 129 <136>; 113, 154 <162>). Gemäß Art. 25 GG sind bei der Auslegung und Anwendung von Vorschriften des innerstaatlichen Rechts durch Verwaltungsbehörden und Gerichte die allgemeinen Regeln des Völkerrechts zu beachten. Hieraus folgt insbesondere, dass die Behörden und Gerichte grundsätzlich daran gehindert sind, innerstaatliches Recht in einer Weise auszulegen und anzuwenden, welche die allgemeinen Regeln des Völkerrechts verletzt. Sie sind auch verpflichtet, alles zu unterlassen, was einer unter Verstoß gegen allgemeine Regeln des Völkerrechts vorgenommenen Handlung nichtdeutscher Hoheitsträger im Geltungsbereich des Grundgesetzes Wirksamkeit verschafft, und gehindert, an einer gegen die allgemeinen Regeln des Völkerrechts verstoßenden Handlung nichtdeutscher Hoheitsträger bestimmend mitzuwirken (vgl. BVerfGE 75, 1 <18 f.>).
c) Nicht nur im Rechtshilfeverkehr unter Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sondern auch im allgemeinen völkerrechtlichen Auslieferungsverkehr gilt der Grundsatz, dass dem ersuchenden Staat im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der Rechtshilfe in Strafsachen sowie des Völkerrechts Vertrauen entgegenzubringen ist (vgl. BVerfGE 109, 13 <35 f.>; 109, 38 <61>; 140, 317 <349 Rn. 68>). Auch im allgemeinen Auslieferungsverkehr hat der ersuchende Staat ein erhebliches Interesse an der Aufrechterhaltung und Funktionsfähigkeit der gegenseitigen Rechtshilfe. Von der Begehung von Rechtsverletzungen, die die zukünftige Funktionsfähigkeit des Auslieferungsverkehrs zwangsläufig beeinträchtigen würden, wird ein ersuchender Staat schon deshalb regelmäßig Abstand nehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 -, Rn. 35 m.w.N.).
Dieser Grundsatz kann so lange Geltung beanspruchen, wie er nicht durch entgegenstehende Tatsachen, etwa systemische Defizite im Zielstaat, erschüttert wird (vgl. BVerfGE 109, 13 <35 f.>; 109, 38 <61>). Das ist der Fall, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass im Fall einer Auslieferung die unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätze beziehungsweise das unabdingbare Maß an Grundrechtsschutz oder der verbindliche völkerrechtliche Mindeststandard gemäß Art. 25 GG nicht eingehalten werden. Dafür müssen stichhaltige Gründe gegeben sein, nach denen gerade im konkreten Fall eine beachtliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass in dem ersuchenden Staat die Mindeststandards nicht beachtet werden (vgl. BVerfGE 140, 317 <350 Rn. 71>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 -, Rn. 36 m.w.N.).
d) Die vom ersuchenden Staat im Auslieferungsverkehr gegebenen völkerrechtlich verbindlichen Zusicherungen sind geeignet, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Auslieferung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten ist, dass die Zusicherung nicht eingehalten wird (vgl. BVerfGE 63, 215 <224>; 109, 38 <62>; BVerfGK 2, 165 <172 f.>; 3, 159 <165>; 6, 13 <19>; 6, 334 <343>; 13, 128 <136>; 13, 557 <561>; 14, 372 <377 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Mai 2017 - 2 BvR 893/17 -, Rn. 30; stRspr). Eine Zusicherung entbindet das über die Zulässigkeit einer Auslieferung befindende Gericht jedoch nicht von der Pflicht, zunächst eine eigene Gefahrenprognose anzustellen, um die Situation im Zielstaat und so die Belastbarkeit einer Zusicherung zu überprüfen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 -, Rn. 13; vom 16. Juli 2019 - 2 BvR 1258/19 -, Rn. 8; vom 22. Oktober 2019 - 2 BvR 1661/19 -, Rn. 48; und vom 30. Oktober 2019 - 2 BvR 828/19 -, Rn. 44). Eine solche Prüfungsobliegenheit der Belastbarkeit einer Zusicherung im Einzelfall ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des EGMR (vgl. etwa EGMR, Othman v. Vereinigtes Königreich, Urteil vom 17. Januar 2012, Nr. 8139/09, §§ 187 ff.). Stellt sich im Rahmen dieser Prüfung etwa heraus, dass die tatsächlichen Gegebenheiten im Zielstaat erheblich von dem zugesicherten Verhalten abweichen, ist dies geeignet, die Frage aufzuwerfen, ob das zugesicherte Verhalten überhaupt geleistet werden kann und die abgegebene Zusicherung belastbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 -, Rn. 37 m.w.N.).
3. Nach diesen Maßstäben hat der Beschwerdeführer eine Grundrechtsverletzung nicht substantiiert dargelegt.
Das Auswärtige Amt hat in seinen Äußerungen und insbesondere in der Stellungnahme vom 11. Dezember 2020 fallbezogen, aktuell und nachvollziehbar ausgeführt, unter Einbeziehung aller vorliegenden Erkenntnisquellen zu der differenzierten Einschätzung gelangt zu sein, dass die gegebenen Zusicherungen der russischen Behörden im Falle des Beschwerdeführers und auch für den Fall der Durchführung eines Strafverfahrens in Tschetschenien belastbar und überprüfbar seien. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat sich mit diesen Stellungnahmen und den dazu erhobenen Einwänden des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und die Einschätzung des Auswärtigen Amts seiner Entscheidung in vertretbarer und nachvollziehbarer Weise zugrunde gelegt.
Der Beschwerdeführer hat nicht dargetan, inwiefern die diesbezüglich getroffene Einschätzung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, dass es die Anforderungen an die Sachaufklärungspflicht überspanne, vom Auswärtigen Amt zu verlangen, seine Erkenntnisquellen näher und differenzierter offenzulegen, solange keine Zweifel an deren Zuverlässigkeit ersichtlich seien, seine Grundrechte verletzen soll. Woraus sich vorliegend solche konkreten Zweifel ergeben sollen, hat er weder substantiiert dargelegt, noch sind entsprechende Anhaltspunkte für solche Zweifel sonst ersichtlich.
Gleiches gilt für die Frage der Einholung etwaiger Zusicherungen von tschetschenischen Behörden. Das Auswärtige Amt hat nachvollziehbar ausgeführt, dass es im Rahmen der bestehenden Zuständigkeiten keine Zusicherungen von regionalen Behörden einholen kann, wofür es zudem auch keinen Anlass sah. Vor diesem Hintergrund ist weder vorgetragen noch ersichtlich, welche weiteren Aufklärungsschritte vom Brandenburgischen Oberlandesgericht hätten unternommen werden sollen, um die Belastbarkeit der Zusicherungen zu überprüfen.
Im Wesentlichen unerläutert lässt der Beschwerdeführer zudem die vom Brandenburgischen Oberlandesgericht nachvollziehbar angesprochenen Unterschiede des vorliegenden Falls zu dem vom Oberlandesgericht Karlsruhe entschiedenen, dem eine Konstellation politischer Verfolgung zugrunde lag. Dass eine solche vorliegend vom Brandenburgischen Oberlandesgericht in einer die Grundrechte des Beschwerdeführers verletzenden Weise nicht angenommen wurde, ist nicht substantiiert dargetan (vgl. insoweit bereits BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. November 2019 - 2 BvR 517/19 -, Rn. 28 f.). Ob in einem Fall drohender politischer Verfolgung eine andere verfassungsrechtliche Bewertung geboten sein könnte, kann daher offenbleiben, zumal vorliegend auch keine neuen Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung des Beschwerdeführers in Tschetschenien ersichtlich geworden sind. Die russischen Behörden haben vielmehr im Rahmen der Möglichkeiten des russischen Rechts die Leitung der Ermittlungen bereits aus der Zuständigkeit des tschetschenischen Innenministeriums genommen und der Hauptermittlungsverwaltung des Innenministeriums der Russischen Föderation für das Gebiet Rostow übertragen.
Dass und inwiefern die vom Brandenburgischen Oberlandesgericht im angegriffenen Beschluss aufgestellten Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Auslieferung von den von russischen Behörden gegebenen Zusicherungen inhaltlich abweichen sollen, hat der Beschwerdeführer ebenfalls weder hinreichend dargetan, noch ist dies sonst ersichtlich.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).
Da die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen ist, ist der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen. Mangels Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde sind damit zugleich die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach der entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 114 ZPO (vgl. BVerfGE 1, 109 <112>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. April 2020 - 2 BvR 46/20 -, Rn. 4 m.w.N.; stRspr) zu verneinen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 400
Bearbeiter: Holger Mann