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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 327

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 553/19, Urteil v. 24.11.2020, HRRS 2021 Nr. 327


BGH 5 StR 553/19 - Urteil vom 24. November 2020 (LG Berlin)

BGHSt 65, 202; Untreue durch Gewährung von Übergangsgeldern an Vorstandsmitglieder einer kassenärztlichen Vereinigung (Vermögensbetreuungspflicht des Vorsitzenden der Vertreterversammlung; Pflichtverletzung; Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit; Ermessen; Vergütungshöhe; Gegenleistung; Interesse einer qualitativ befriedigenden und effektiven Aufgabenerfüllung; Vermögensnachteil).

§ 266 StGB

Leitsätze

1. Zur Pflichtverletzung durch die Gewährung von Übergangsgeldern an Vorstandsmitglieder einer kassenärztlichen Vereinigung. (BGHSt)

2. Das den gesamten Bereich der öffentlichen Verwaltung überspannende haushaltsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit stellt einen untreuerelevanten Maßstab dar. Es ist für die kassenärztlichen Vereinigungen in § 69 Abs. 2 SGB IV i.V.m. § 78 Abs. 6 SGB V normiert und enthält unbestimmte Rechtsbegriffe, die eine Mittel-Zweck-Relation beschreiben mit dem Ziel, bei der Verwendung von Haushaltsmitteln das Maß des Notwendigen nicht zu überschreiten. Bei der praktischen Umsetzung dieses Gebots muss aber schon wegen der sachbedingten Schwierigkeiten einer Erfolgskontrolle den einzelnen Verwaltungsträgern bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit einer Maßnahme ein Rahmen belassen werden, der durch das Selbstverwaltungsrecht noch verstärkt wird. (Bearbeiter)

3. Für die Höhe der im Bereich der öffentlichen Verwaltung gezahlten Vergütungen ist ein verhältnismäßig weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet. Sofern ihn nicht öffentlich-rechtliche Vorschriften begrenzen, überschreitet der zur Entscheidung Berufene seinen Ermessensspielraum regelmäßig nicht, wenn er eine angemessene Vergütung bezahlt. Eine pflichtwidrige Verletzung des Sparsamkeitsgebots liegt daher regelmäßig erst dann vor, wenn eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit unangemessene Gegenleistung gewährt wird. Wann dies der Fall ist, entzieht sich einer generalisierenden Betrachtungsweise. (Bearbeiter)

4. Finanzielle Zuwendungen an Mitarbeiter können auch dann vom Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gedeckt sein, wenn sie im Interesse einer qualitativ befriedigenden und effektiven Aufgabenerfüllung geleistet werden. Insoweit ist die Rechtslage vergleichbar mit Sonderzahlungen im privatrechtlichen Bereich, bei denen eine treupflichtwidrige Verwendung des anvertrauten Gesellschaftsvermögens verneint wird, wenn die Zahlung einen zukunftsbezogenen Nutzen zum Wohle des Unternehmens aufweist. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist aber jedenfalls bei Zuwendungen anzunehmen, die keine Gegenleistung zum Gegenstand haben und auch nicht durch die Verfolgung legitimer öffentlicher Aufgaben als gerechtfertigt angesehen werden können. (Bearbeiter)

5. Der Vorsitzende der Vertreterversammlung einer kassenärztlichen Vereinigung (hier: der kassenärztlichen Vereinigung Berlin) ist regelmäßig Inhaber einer Vermögensbetreuungspflicht i.S.d. § 266 StGB. Das gilt jedenfalls dann, wenn eine Kontrollbefugnis gegenüber dem Vorstand sowie eine Befugnis zum formellen Abschluss der Dienstverträge mit den Vorstandsmitgliedern besteht; auf das Vorliegen von Vertretungsmacht kommt es dann nicht an. Die Funktion der Vertreterversammlung ist insoweit vergleichbar mit derjenigen von Aufsichtsräten bei juristischen Personen des Privatrechts. (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 29. April 2019 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten P., K. und T. vom Vorwurf der Untreue und den Angeklagten B. vom Vorwurf der Anstiftung zur Untreue aus rechtlichen Gründen freigesprochen. Mit ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen erstrebt die Staatsanwaltschaft die Aufhebung der Freisprüche. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg.

A.

I.

Mit der Anklage vom 23. Februar 2014 hatte die Staatsanwaltschaft den Angeklagten P., K. und B. zur Last gelegt, in ihrer Eigenschaft als Vorstandsmitglieder der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (im Folgenden: KVB) im Januar/Februar 2011 gemeinschaftlich handelnd mit dem als Vorsitzenden der Vertreterversammlung (im Folgenden: VV) der KVB tätigen Angeklagten T. eine Untreue in einem besonders schweren Fall zum Nachteil der KVB begangen zu haben. Danach sollen die Angeklagten P., K. und B. im kollusiven Zusammenwirken mit dem Angeklagten T. nach Abschluss einer entsprechenden Vertragsänderung („Anpassungsvertrag“ vom 27. Januar 2011) die Auszahlung eines ihnen gleichwohl nicht zustehenden Übergangsgeldes in Höhe von jeweils 183.000 Euro durch die KVB erreicht haben.

II.

Nachdem das Landgericht Berlin mit Beschluss vom 26. April 2014 die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen abgelehnt hatte, legte die Staatsanwaltschaft hiergegen erfolgreich sofortige Beschwerde ein. Das Kammergericht hat am 4. November 2014 das Hauptverfahren eröffnet und die Anklage vor einer anderen Strafkammer zur Hauptverhandlung mit der Maßgabe zugelassen, dass der Angeklagte B. - anders als die Mitangeklagten - nicht der mittäterschaftlichen Untreue, sondern allein der Anstiftung zur Untreue hinreichend verdächtig sei. Die Angeklagten P., K. und B. hätten danach den Mitangeklagten T. zu dessen im Abschluss einer Vertragsänderung zu den Übergangsgeldern und anschließenden Zustimmung zur Auszahlung liegenden Untreuehandlung angestiftet; betreffend die Angeklagten P. und K. werde die Anstiftung allerdings konkurrenzrechtlich verdrängt, weil ihnen (auch) durch die zeitlich nachfolgende Anordnung der Auszahlung der Übergangsgelder ein täterschaftliches Handeln vorzuwerfen sei.

III.

Das Landgericht hat die Angeklagten aus rechtlichen Gründen freigesprochen und im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Die Angeklagten P., K. und B. betrieben seit Beginn der 1990er Jahre eigene Arztpraxen. Zum 1. Januar 2005 wurden sie für die 13. Amtsperiode zum hauptamtlichen Vorstand der KVB gewählt. Am 27. November 2004 schlossen sie mit der KVB, vertreten durch den damaligen Vorsitzenden der VV, dem Zeugen M., jeweils gleichlautende und bis zum 31. Dezember 2010 laufende Dienstverträge. Die Bruttojahresvergütung betrug 162.000 Euro. Ferner war - am Beispiel des Vertrages der Angeklagten P. - in § 10 Nr. 2 eine Regelung zum Übergangsgeld getroffen worden:

„Setzt Frau P. nach Beendigung der vorgenannten Vertragslaufzeit ihre bisherige selbständige ärztliche Tätigkeit hauptberuflich fort, so wird ihr die in Anlage 2 vereinbarte Vergütung und Zuschuss für die Dauer von bis zu zwölf Monaten als Übergangsgeld weitergezahlt.“ Am 9. Mai 2006 veröffentlichten die Aufsichtsbehörden der Sozialversicherungsträger ein Arbeitspapier zu Vorstandsvergütungen im Bereich der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen, welches für die KVB und andere Kassenärztliche Vereinigungen zwar keine rechtliche Bindung entfaltete, aber als Richtschnur dafür zu verstehen war, welche Vertragsgestaltungen die Rechtsaufsichtsbehörden zukünftig akzeptieren würden. Danach sei eine Zahlung von Übergangsgeld allenfalls für die Dauer von sechs Monaten vertretbar. Daraufhin veranlasste der Zeuge M. zur Prüfung möglicher Konsequenzen das Gutachten eines Rechtsanwalts, welches Stellung zu möglichen Gehaltserhöhungen und Dienstvertragsänderungen nehmen sollte. Das Gutachten kam hinsichtlich des Übergangsgeldes zu dem Ergebnis, dieses habe Vergütungscharakter. Bei dessen Wegfall müsse als Ausgleich die Jahresvergütung um 27.000 Euro erhöht werden. Mit Genehmigung der VV kam es am 14. Oktober 2009 zu einer Erhöhung der Bruttojahresvergütung der Angeklagten um 21.000 Euro auf 183.000 Euro. Zum Übergangsgeld wurde nichts verändert.

Am 13. Januar 2011 konstituierte sich die neu gewählte VV und wählte den Angeklagten T. zum neuen Vorsitzenden. Die Wahl des Vorstandes für die 14. Amtsperiode wurde auf den 27. Januar 2011 festgesetzt. Die angeklagten Vorstandsmitglieder waren sich untereinander einig, für eine weitere Amtszeit nur dann zu kandidieren, wenn ihnen das vertragliche Übergangsgeld erhalten bliebe und nicht - wie im Arbeitspapier angeführt - auf den Zeitraum von sechs Monaten reduziert würde.

Am 24. Januar 2011 tagte der Ausschuss für Vorstandsfragen zu den für die neue Wahlperiode abzuschließenden Dienstverträgen der Vorstände. Die Angeklagten K. und B. verdeutlichten, dass der Vorstand ohne die Sicherung des bisherigen Übergangsgeldes nicht für eine Wiederwahl zur Verfügung stehe. Der Ausschuss kam einstimmig zu dem Ergebnis, dass den Vorständen bei einer Wiederwahl das Übergangsgeld erhalten bleiben sollte. Maßgebliche Beweggründe waren hierbei, dass die angeklagten Vorstandsmitglieder ihre Arztpraxen aufgrund ihrer Vorstandstätigkeit seit sechs Jahren nicht wirtschaftlich betreiben konnten und ihnen „hierfür ein Ausgleich“ gewährt werden sollte. Zudem sollten diese für eine Wiederwahl gewonnen werden.

Am 27. Januar 2011 unterzeichneten die Angeklagten vor der Vorstandswahl eine Änderungsvereinbarung, die neben einer Verlängerung des alten Dienstvertrages bis zum 28. Februar 2011 eine Klausel enthielt, nach der das Übergangsgeld mit Ablauf der Vertragslaufzeit ausgezahlt werde, ohne dass es - was die ursprüngliche Vereinbarung noch vorsah - zur Beendigung der Vorstandstätigkeit und zur Wiederaufnahme der Praxistätigkeit kommen musste. Im Anschluss an die Wiederwahl der Vorstandsmitglieder am gleichen Tag - die VV war nicht über diese Vertragsänderung informiert worden - verhandelten diese mit der KVB über neue Dienstverträge.

Schon am 23. Februar 2011 legte die Personalabrechnungsstelle der KVB den Angeklagten P. und K., die für die KVB nach der Kassenordnung auszahlungsberechtigt waren, die Anordnung der Auszahlung der Übergangsgelder zur Zeichnung vor. Die Zahlungen der Übergangsgelder gingen jeweils am 28. Februar 2011 auf den Konten der Vorstandsmitglieder ein. Die Gelder wurden aus den gebildeten Rückstellungen ausbezahlt. Dies führte nicht zu finanziellen Engpässen bei der KVB. Ohne Auszahlung wäre die Rückstellung aufgelöst worden und den laufenden Mitteln der KVB zugeflossen.

Am 10. März 2011 unterzeichneten die Vorstandsmitglieder die neuen Dienstverträge, nach denen die Jahresvergütung um 12.000 Euro auf nunmehr 195.000 Euro erhöht wurde. Das Übergangsgeld wurde entsprechend dem Arbeitspapier der Aufsichtsbehörden aus dem Jahr 2006 auf sechs Monate Laufzeit beschränkt, ohne dass die Wiederaufnahme der Praxistätigkeit erforderlich war.

In der Sitzung der VV vom 24. März 2011 erfuhren die Mitglieder erstmals von der Vereinbarung vom 27. Januar 2011 und genehmigten nur den neuen Dienstvertrag. Die Abstimmung über die Änderung vom 27. Januar 2011 wurde auf den 5. Mai 2011 verschoben, da der Angeklagte T. und die Zeugin Wes. „die Fragen von einzelnen Mitgliedern“ der VV „nicht so einfach beantworten konnten.“ Am 5. Mai 2011 genehmigte die VV auch die Änderungsvereinbarung vom 27. Januar 2011 und die Auszahlung der Übergangsgelder. Am 27. Februar 2012 erließ die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales als Rechtsaufsichtsbehörde einen Bescheid, nach dem die VV die Genehmigung des Vertrages vom 27. Januar 2011 und der Auszahlung der Übergangsgelder aufzuheben habe. Die hiergegen von der KVB vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erhobene Klage nahm diese auf Hinweis des Gerichts im Verhandlungstermin vom 19. Dezember 2012 zurück. Die Übergangsgelder wurden von den angeklagten Vorstandsmitgliedern zurückgezahlt.

IV.

Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Wertungen getroffen:

Der Abschluss des Vertrages vom 27. Januar 2011 erfülle für den Angeklagten T. mangels einer eingeräumten Vertretungsmacht nicht den Missbrauchstatbestand. Eine daher allein in Betracht kommende Strafbarkeit unter dem Aspekt einer Treupflichtverletzung scheide ebenfalls aus, weil in diesem Vorgehen keine Pflichtwidrigkeit zu erkennen sei, es insbesondere nicht gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoße. Ohne strafbare Haupttat durch den Angeklagten T. scheide eine Anstiftung hierzu durch die angeklagten Vorstandsmitglieder aus. Zudem sei keine Anstiftungshandlung ersichtlich.

Hinsichtlich der Auszahlungsanordnung vom 23. Februar 2011 liege keine Untreuehandlung der Angeklagten P. und K. vor. Zwar habe für diese eine Vermögensbetreuungspflicht bestanden, indes sei der KVB kein Vermögensnachteil entstanden, weil der Auszahlung eine schadensausgleichende Kompensation gegenübergestanden habe. Da die Gelder aus liquiden Mitteln der KVB ausgezahlt wurden und die Gefahr einer Nichtgenehmigung durch die VV als gering einzuschätzen gewesen sei, scheide auch eine schadensgleiche Vermögensgefährdung aus. Jedenfalls hätten die Angeklagten nicht vorsätzlich gehandelt, da sie von einer sicheren Genehmigung der VV ausgegangen seien.

B.

Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft führen auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils.

I.

Die Strafkammer hat die Verwirklichung des Tatbestands der Untreue in der Variante der Treubruchverletzung durch den Angeklagten T. in rechtsfehlerhafter Weise verneint. Sie ist zwar ist im Ansatz von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen, indem sie eine Vermögensbetreuungspflicht angenommen hat (1.). Rechtsfehlerhaft hat sie aber eine Pflichtverletzung verneint, weil sie aufgrund unvollständiger Auslegung der tatgegenständlichen Vereinbarungen einen Zusammenhang des geleisteten Übergangsgeldes mit der bevorstehenden Amtsperiode angenommen hat (2.). Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil (3.).

1. Rechtlich zutreffend ist das Landgericht von einer Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten T. ausgegangen.

Nach § 266 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer gegen eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verstößt und hierdurch dem Vermögen des Treugebers einen Nachteil zufügt. Untreue ist mithin die pflichtwidrige und mit Vermögensnachteilen verbundene Ausübung einer anvertrauten Machtstellung in einer fremden Vermögenssphäre (SSW-StGB/Saliger, 4. Aufl., § 266 Rn. 3), wobei die Norm einen Missbrauchs- und einen Treubruchtatbestand enthält, welche beide eine Vermögensbetreuungspflicht des Täters erfordern.

a) Eine solche kann sich etwa daraus ergeben, dass die Befugnis eingeräumt wird, über fremdes Vermögen zu verfügen, und den Befugnisinhaber dabei die herausgehobene Pflicht trifft, die Vermögensinteressen desjenigen zu betreuen, über dessen Vermögen ihm wirksam Rechtsmacht eingeräumt ist (BGH, Urteil vom 8. Mai 1951 - 1 StR 171/51, BGHSt 1, 186, 188; Fischer, StGB, 67. Aufl., § 266 Rn. 21). So verhält es sich hier indes nicht, denn der Angeklagte T. als Vorsitzender der VV hatte keinerlei rechtliche Befugnis, Dienstverträge mit den Vorstandsmitgliedern mit Wirkung für und gegen die KVB abzuschließen. Die entsprechende Vertretungsmacht hatte ausschließlich die VV als Kollektivorgan (§ 5 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 8 der Satzung der KVB in der zur Tatzeit geltenden Fassung), die ihren Willen dadurch bildet, dass sie einen Beschluss fasst. Nichts anderes ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Satz 2 der Geschäftsordnung für die VV der KVB. Danach vertritt der Vorsitzende der VV diese in dienstrechtlichen Fragen gegenüber dem Vorstand. Damit sind jedoch lediglich die Zuständigkeiten des Vorsitzenden zur Aushandlung und Unterzeichnung der Dienstverträge umschrieben, ohne dass hiermit die Entscheidungsbefugnis über den Abschluss verbunden wäre (vgl. Hantel, NZS 2005, 580, 582 f.). In Ermangelung einer besonderen Bevollmächtigung des Angeklagten T. durch die VV fehlte es diesem bei Abschluss der neuen Anpassungsverträge vom 27. Januar 2011 somit an der erforderlichen Vertretungsmacht (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2019 - II ZR 121/16, NJW 2019, 3718, 3720).

b) Eine Betreuungspflicht im Sinne des Untreuetatbestands ist aber auch dann gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zum (potenziell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltende Pflicht zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Hierfür ist in erster Linie von Bedeutung, ob sich die fremdnützige Vermögensfürsorge als Hauptpflicht, mithin als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung darstellt. Diese besonders qualifizierte Pflichtenstellung in Bezug auf das fremde Vermögen muss über allgemeine vertragliche Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten ebenso hinausgehen wie über eine rein tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit. Erforderlich ist weiterhin, dass dem Täter die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird. Hierbei ist nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Ãœberwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (st. Rspr.; siehe etwa BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - 3 StR 17/15, BGHSt 61, 48, 62 f. mwN).

Nach diesen Maßstäben ist eine Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten T. zu bejahen. Als Mitglied und Vorsitzender der VV bestand seine Hauptpflicht darin, die Vermögensinteressen der Körperschaft wahrzunehmen, was seinen Niederschlag in deren Kontrollbefugnis gegenüber dem Vorstand (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung) und im formellen Abschluss der Dienstverträge mit den Vorstandsmitgliedern (§ 5 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 8 der Satzung) findet. Die Funktion der VV ist insoweit vergleichbar mit derjenigen von Aufsichtsräten bei juristischen Personen des Privatrechts (vgl. zur Vermögensbetreuungspflicht von deren Mitgliedern BGH, Urteile vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 335 f.; vom 6. Dezember 2001 - 1 StR 215/01, BGHSt 47, 187, 200 f.; Zehetgruber, wistra 2018, 489, 490).

Der Angeklagte T. nahm daher auch ohne eingeräumte Vertretungsmacht zum Abschluss der Dienstverträge mit den Vorstandsmitgliedern eine Stellung ein, die ihm eine weitreichende Einwirkung auf das Vermögen der KVB ermöglichte. Seine Unterschrift auf den Anpassungsverträgen vom 27. Januar 2011 setzte einen Prüfvorgang der Personalabrechnungsstelle der KVB in Gang, aufgrund dessen die Auszahlung der Ãœbergangsgelder an die Vorstandsmitglieder als „sachlich und rechnerisch richtig“ vorgenommen wurde. Zudem erteilte er einem Mitarbeiter für Haushalt und Finanzen die Auskunft, das Ãœbergangsgeld sei zum Zeitpunkt der Fälligkeit am 28. Februar 2011 auszuzahlen. Aufgrund des in seine hervorgehobene Position gesetzten Vertrauens der nachgeordneten Stellen (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 10. Juli 1996 - 3 StR 50/96, NStZ 1996, 540, und vom 14. Juli 1999 - 3 StR 188/99, NStZ 1999, 558) ist eine strafrechtliche Verantwortung für das Vermögen der Körperschaft zu bejahen.

2. Die Strafkammer hat das Vorliegen einer untreuerelevanten Pflichtverletzung in rechtsfehlerhafter Weise verneint.

a) Das Landgericht hat sich zwar mangels rechtlicher Befugnisse des Angeklagten T. zum Abschluss der Vorstandsverträge im Ansatz zutreffend nicht mit dem Missbrauchstatbestand befasst, sondern die Treubruchvariante (§ 266 Abs. 1, Alt. 2 StGB) geprüft. Es hat das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit öffentlicher Verwaltung in den Blick genommen und die Auszahlung des Übergangsgeldes am 28. Februar 2011 als zulässigen Bestandteil der Vergütung für die sich an die Neuwahl anschließende 14. Amtsperiode angesehen. Es gebe einen Zusammenhang zwischen der Zahlung des Übergangsgeldes und dem Abschluss des Dienstvertrages für die nachfolgende Amtsperiode, weil die Auszahlung nur für den Fall der Fortsetzung der Vorstandstätigkeit greife. Danach stelle sich das ausbezahlte Übergangsgeld als Vergütungsbestandteil nach dem Dienstvertrag für die neue Amtsperiode dar, der auch bei rechnerischer Umlegung auf die neue Jahresvergütung überdies nicht überdurchschnittlich hoch sei.

b) Diese Wertung hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Das ergibt sich aus Folgendem:

aa) Das Merkmal der Verletzung einer Pflicht zur Wahrnehmung und Betreuung fremder Vermögensinteressen knüpft an außerstrafrechtliche Normkomplexe und Wertungen an, die das Verhältnis zwischen dem Vermögensinhaber und dem Vermögensverwalter im Einzelnen gestalten und so erst den Inhalt der - strafbewehrten - Pflicht und die Maßstäbe für deren Verletzung festlegen (BVerfGE 126, 170, 204; BGH, Beschluss vom 13. September 2010 - 1 StR 220/09, BGHSt 55, 288, 300 mwN).

Einen solchen untreuerelevanten Maßstab stellt das den gesamten Bereich der öffentlichen Verwaltung überspannende haushaltsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit dar (BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 2020 - 5 StR 366/19, BGHSt 64, 246, und vom 26. November 2015 - 3 StR 17/15, BGHSt 61, 48, 70). Diesen Grundsatz hat der Gesetzgeber für die kassenärztlichen Vereinigungen in § 69 Abs. 2 SGB IV i.V.m. § 78 Abs. 6 SGB V normiert. Es handelt sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die eine Mittel-Zweck-Relation beschreiben mit dem Ziel, bei der Verwendung von Haushaltsmitteln das Maß des Notwendigen nicht zu überschreiten. Bei der praktischen Umsetzung dieses Gebots muss aber schon wegen der sachbedingten Schwierigkeiten einer Erfolgskontrolle den einzelnen Verwaltungsträgern bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit einer Maßnahme ein Rahmen belassen werden, der durch das Selbstverwaltungsrecht noch verstärkt wird (BSGE 55, 277; BSGE 71, 108).

Für die Höhe der im Bereich der öffentlichen Verwaltung gezahlten Vergütungen ist ein verhältnismäßig weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet. Sofern ihn nicht öffentlich-rechtliche Vorschriften begrenzen, überschreitet der zur Entscheidung Berufene seinen Ermessensspielraum regelmäßig nicht, wenn er eine angemessene Vergütung bezahlt (BGH, Urteil vom 24. Mai 2016 - 4 StR 440/15, BGHR StGB § 266 Pflichtwidrigkeit 1). Eine pflichtwidrige Verletzung des Sparsamkeitsgebots liegt daher regelmäßig erst dann vor, wenn eine sachlich nicht gerechtfertigte und damit unangemessene Gegenleistung gewährt wird (BGH, Urteil vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Pflichtwidrigkeit 4). Wann dies der Fall ist, entzieht sich einer generalisierenden Betrachtungsweise.

bb) Das Landgericht hat diesem rechtlichen Maßstab nur unzureichend Rechnung getragen. Denn es hat sich durch die auf einer rechtsfehlerhaften Auslegung der getroffenen Vereinbarungen beruhenden Annahme, dass die Zahlungen Vergütungsbestandteile für die 14. Amtsperiode gewesen seien, den Blick darauf verstellt, ob diese nicht tatsächlich ohne Gegenleistung gezahlt wurden. Dann wäre aber zu bedenken gewesen, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit jedenfalls bei Zuwendungen anzunehmen ist, die keine Gegenleistung zum Gegenstand haben und auch nicht durch die Verfolgung legitimer öffentlicher Aufgaben als gerechtfertigt angesehen werden können (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - 4 StR 294/04, NStZ-RR 2005, 83, 84; vgl. auch BGH, Urteile vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 337 f., und vom 17. September 2009 - 5 StR 521/08, BGHSt 54, 148, 158, für entsprechende Zuwendungen in der Privatwirtschaft).

Die Auslegung von Verträgen ist ein wertender Akt, weil sie unterschiedliche Aspekte in einer richterlichen Feststellung zusammenführt. Das Revisionsgericht kann sie nur auf Rechtsfehler hin überprüfen, insbesondere darauf, ob die Auslegung in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, die Beweismittel nicht ausschöpft oder Verstöße gegen Denk- oder Erfahrungssätze aufweist (BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 - 5 StR 73/03, ZIP 2004, 1200, 1202, insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 49, 147).

Solche Rechtsfehler liegen hier vor. Bei seiner Auslegung hat das Landgericht folgende wesentliche Umstände nicht erörtert und so den Bedeutungsgehalt der getroffenen Vereinbarungen nur unzureichend erfasst.

(1) Bereits der Inhalt des Anpassungsvertrages vom 27. Januar 2011 spricht gegen den vom Landgericht angenommenen Zusammenhang mit dem Dienstvertrag für die 14. Amtsperiode, was vom Landgericht in die Wertung hätte einbezogen werden müssen. Denn dieser enthielt neben der Vereinbarung zum Übergangsgeld eine Verlängerung des Dienstvertrages für die 13. Amtsperiode um einen Monat, was einen Zusammenhang mit der ablaufenden Amtsperiode nahelegt. Ein solcher wird auch durch die Klausel zum Übergangsgeld selbst hergestellt, indem die Vertragsparteien ausdrücklich Bezug auf eine Änderung von § 10 Abs. 2 des Dienstvertrages vom 27. November 2004 nahmen.

(2) In einem unerörterten und mithin unaufgelösten Spannungsverhältnis zur Wertung des Landgerichts stehen darüber hinaus die festgestellten Erwägungen des Ausschusses für Vorstandsangelegenheiten bei der Erarbeitung des Anpassungsvertrages vom 27. Januar 2011. Denn nach dessen Vorstellung sollte das „Übergangsgeld gemäß § 10 des Dienstvertrages vom 27. November 2004 erhalten bleiben“, weil die Vorstandsmitglieder ihre Praxen sechs Jahre nicht wirtschaftlich hätten betreiben können und ihnen ein Ausgleich „für die zurückliegende Dienstzeit“ gewährt werden sollte. Im Einklang damit steht die Feststellung, dass der vormalige Vorsitzende der VV, der Zeuge M., auch von einer Entschädigung für solche Leistungen, die die Vorstände in der 13. Amtsperiode erbracht hätten, ausgegangen ist.

Auch lässt das Landgericht eine Auseinandersetzung mit der - zu seinem Auslegungsergebnis gegenläufigen - Feststellung vermissen, der Ausschuss habe bewusst von einer Umlage des Übergangsgeldes auf die zukünftige Jahresvergütung abgesehen, weil er eine daraus folgende unterschiedliche Entlohnung zwischen neuen und wiedergewählten Vorstandsmitgliedern zu vermeiden suchte und eine hiernach zu entrichtende Gesamtvergütung ihm im Hinblick auf spätere Vertragsverhandlungen zu hoch erschien.

(3) Zu einer vollständigen, alle relevanten Aspekte der vertraglichen Ausgestaltung in den Blick nehmenden Auslegung hätte auch die Erwägung gehört, ob das Interesse der angeklagten Vorstandsmitglieder am Erhalt des Übergangsgeldes überkompensiert worden sein könnte, indem nach der Auszahlung des Betrages für zwölf Monate eine Zahlung von Übergangsgeld am Ende der 14. Amtsperiode für weitere sechs Monate vereinbart wurde.

3. Das Urteil beruht auf diesem Rechtsfehler. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Einstellung dieser Umstände die Gewährung des Übergangsgeldes als Gegenleistung für die 13. Amtsperiode gewertet hätte.

a) Ausgehend von einer solchen Wertung könnte das Übergangsgeld nicht als Entgelt für die bereits geleistete Vorstandstätigkeit begriffen werden. Zwar wird der einem Organmitglied durch Dienstvertrag erteilten Versorgungszusage für die Zeit nach dessen Ausscheiden grundsätzlich Entgeltcharakter zugebilligt (vgl. BGH, Urteile vom 23. Oktober 1975 - II ZR 90/73, NJW 1976, 145, 147, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 65, 190; vom 28. September 1981 - II ZR 181/80, MDR 1982, 462, und vom 3. Juli 2000 - II ZR 381/98, BGHR BetrAVG § 1 Übergangsgeld 1). Dies ist hier möglicherweise für die im ursprünglichen Dienstvertrag vom 27. November 2004 getroffene Vereinbarung zum Übergangsgeld zu bejahen, weil es nach § 10 Abs. 3 und 4 bei vorzeitiger Beendigung des Dienstverhältnisses nur teilweise bzw. gar nicht beansprucht werden konnte.

Bei der entsprechenden Klausel im Anpassungsvertrag vom 27. Januar 2011 liegen die Dinge hingegen anders. Zum Zeitpunkt des Abschlusses war die vertraglich vorgesehene Tätigkeit der Vorstandsmitglieder schon nahezu vollständig erbracht. Die Zuerkennung eines Anspruchs auf Übergangsgeld unter Wegfall der vorherigen vertraglichen Voraussetzungen verpflichtete daher die KVB zu einer bis dahin nicht geschuldeten Leistung, ohne dass sie hierfür eine Gegenleistung erhalten sollte. Hinzu kommt, dass durch die Änderung der Dienstverträge am 14. Oktober 2009 ohnehin bereits eine höhere Jahresvergütung der Vorstandsmitglieder vereinbart worden war. Der zeitliche Ablauf und die Erhöhung um 21.000 Euro lassen es naheliegend erscheinen, dass dies vor dem Hintergrund der Empfehlung aus dem Gutachten vom 21. Dezember 2008 geschah, wonach bei Wegfall des Übergangsgeldes eine Erhöhung der Jahresbezüge um 27.000 Euro zu gewähren sei.

b) Die Verpflichtung zur Zahlung des Übergangsgeldes im Anpassungsvertrag vom 27. Januar 2011 erweist sich auch nicht unter dem Aspekt der angemessenen Verfolgung öffentlicher Aufgaben als pflichtgemäß; die Zahlung hatte für die KVB keinen relevanten zukunftsbezogenen Nutzen.

Das Landgericht hat festgestellt, die Angeklagten P., K. und B. hätten ihre Kandidatur zur Wiederwahl für die 14. Amtsperiode davon abhängig gemacht, dass ihnen das Übergangsgeld aus dem laufenden Vertragsverhältnis erhalten bleibe. Aufgrund der vorangegangenen Arbeit der Vorstandsmitglieder und der Aufstellung von lediglich zwei weiteren Kandidaten habe sich der Ausschuss für Vorstandsangelegenheiten dazu entschieden, den Vorstandsmitgliedern das Übergangsgeld am 28. Februar 2011 auszuzahlen.

Diesbezüglich ist zwar anerkannt, dass finanzielle Zuwendungen an Mitarbeiter auch dann vom Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gedeckt sein können, wenn sie im Interesse einer qualitativ befriedigenden und effektiven Aufgabenerfüllung geleistet werden (vgl. BGH, Urteile vom 29. August 2007 - 5 StR 103/07, aaO Rn. 37, und vom 9. Dezember 2004 41 42 43 - 4 StR 294/04, aaO, S. 86). Insoweit ist die Rechtslage vergleichbar mit Sonderzahlungen im privatrechtlichen Bereich, bei denen eine treupflichtwidrige Verwendung des anvertrauten Gesellschaftsvermögens verneint wird, wenn die Zahlung einen zukunftsbezogenen Nutzen zum Wohle des Unternehmens aufweist (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, aaO, S. 337; vgl. auch BGH, Urteil vom 21. April 1997 - II ZR 175/95, BGHZ 135, 244, 255).

Die getroffenen Feststellungen lassen aber die Annahme einer solchen zulässigen Zuwendung zur zukünftigen Aufgabenerfüllung nicht zu.

aa) Die Entscheidung über den Abschluss der Anpassungsverträge traf allein der Angeklagte T., nachdem der Ausschuss für Vorstandsangelegenheiten seine nach der Satzung rechtlich irrelevante Zustimmung erteilt hatte. Die Entscheidung hierüber stand vielmehr ausschließlich der VV zu, die in diesem Fall zu beurteilen gehabt hätte, ob die inhaltliche Änderung des Übergangsgeldes zur Erhaltung eines handlungsfähigen Vorstandes geboten war. Das Handeln einer hierfür unzuständigen Person ist nicht zum Wohle des Vermögensinhabers.

bb) Zudem hätte das Landgericht näher prüfen müssen, inwieweit die Zahlung des Übergangsgeldes tatsächlich notwendig war, um die Funktionsfähigkeit des Vorstands zu erhalten. Einem Träger der öffentlichen Verwaltung ist es im Unterschied zu einem privaten Unternehmer nicht freigestellt, Vergütungen in beliebiger Höhe zu gewähren (BSGE 55, 277). Für den Bereich der Krankenkassen hat das Bundessozialgericht entschieden, dass diese ihren Vorstandsmitgliedern nur Gehälter in notwendiger Höhe anbieten dürfen. Notwendig sei das Gehalt, welches nach den Bedingungen des Markts angeboten werden müsse, um qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu halten (BSGE 125, 207).

Hierüber geben die Urteilsgründe keinen Aufschluss. Es wird schon nicht mitgeteilt, ob die Entscheidungsträger die übrigen Kandidaten für nicht hinreichend qualifiziert hielten. Der vorgebliche Zeitdruck zur Aufstellung der Vorstandskandidaten bis zum Ablauf der Amtszeit vermochte die entgegen der ursprünglichen Vereinbarung geleistete Zahlung des Übergangsgeldes ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Denn gemäß § 3 Abs. 2 der Satzung der KVB bleiben die Organmitglieder bis zur Übernahme durch die Nachfolger im Amt (vgl. KassKomm/Rademacker, 110. EL Juli 2020, SGB V, § 80 Rn. 21). Wie sich aus § 7 Abs. 7 der Satzung ergibt, hätte selbst eine Niederlegung der bisherigen Vorstandsmitglieder hieran nichts geändert, da diese bis zur Wahl von Nachfolgern die Amtsgeschäfte weiterführen müssen.

cc) Unabhängig von der zeitlichen Reichweite der fortdauernden Organstellung nach § 3 Abs. 2 der Satzung erweisen sich die Überlegungen des Landgerichts zur Aufstellung geeigneter Vorstandskandidaten zudem als hypothetisch, weil offen bleibt, ob sich nicht noch weitere Interessenten - möglicherweise motiviert durch eine allgemeine Erhöhung der Vorstandsgehälter - gefunden hätten, falls die Amtsinhaber nicht mehr kandidiert hätten.

c) Die Genehmigung der Anpassungsverträge durch die VV am 5. Mai 2011 entfaltete keine tatbestands- oder unrechtsausschließende Wirkung, weil selbst das Kollektivorgan eine zweckwidrige Verwendung von öffentlichen Mitteln nicht wirksam zu genehmigen vermag (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 1990 - 2 StR 439/90, NJW 1991, 990, 991, insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 37, 226; Beschluss vom 23. Oktober 1981 - 2 StR 477/80, BGHSt 30, 247, 249).

II.

Auch hinsichtlich der Angeklagten P., K. und B. haben die Freisprüche keinen Bestand, weil das Landgericht aufgrund der getroffenen Feststellungen rechtsfehlerhaft eine Untreue als nicht verwirklicht angesehen hat.

1. Die Angeklagten P., K. und B. traf eine Vermögensbetreuungspflicht. Als Mitglieder des Vorstands waren sie für die Verwaltung der Körperschaft, insbesondere die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel verantwortlich (§ 79 Abs. 5 Satz 1 SGB V, § 7 Abs. 9 Satz 3 der Satzung).

Zwar findet die Vermögensbetreuungspflicht grundsätzlich eine Grenze in eigenen Vergütungsangelegenheiten, weil die Interessen von Vermögensinhaber und Treupflichtigem insoweit nicht gleichgerichtet sind (BGH, Urteile vom 21. Dezember 2005 - 3 StR 470/04, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 40, insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 50, 331, und vom 17. September 2009 - 5 StR 521/08, ZIP 2009, 2110, 2118, insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 54, 148).

Dies gilt jedoch nur dann, wenn sich das Streben des Vergütungsempfängers nach einem möglichst hohen Gehalt in den dafür vorgesehenen Entscheidungsbahnen hält (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 3 StR 146/13, NZWiSt 2014, 135, 139). Das ist vorliegend nicht der Fall, weil die Angeklagten den eigentlichen Entscheidungsträger - die VV - umgingen.

2. Hinsichtlich der Pflichtverletzung wird auf das für den Angeklagten T. Ausgeführte verwiesen.

III.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Zur Beurteilung des Verhaltens des Angeklagten T. als Treupflichtverletzung wird das neue Tatgericht die neu festzustellenden Begleitumstände der Zahlungen umfassend in den Blick zu nehmen haben (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2016 - 4 StR 440/15, NStZ 2016, 600, 602; Saliger/Schweiger, ZG 2018, 16, 20; Rönnau, NStZ 2004, 113, 115).

a) Dabei wird auch in eine Gesamtbetrachtung einzubeziehen sein, dass - wie es den bisherigen Feststellungen entspricht - der Angeklagte bei der Vertragsunterzeichnung geltende Zuständigkeiten verletzte. Ein Vertrauen darauf, dass die eigentlich entscheidungsbefugte VV - wie in der Vergangenheit - entsprechende Geschäfte nachträglich genehmigte, wird im Hinblick auf die Umgehung der VV, die zudem gerade erst neu gewählt worden war, und das Unterlassen der gebotenen Beteiligung des Haushaltsausschusses kritisch zu überprüfen sein.

b) Zudem wird Berücksichtigung finden müssen, dass der Angeklagte T. mit der Vereinbarung des kurzfristigen Auszahlungsdatums am 28. Februar 2011 Fakten geschaffen haben könnte, bevor es zur eigentlichen Entscheidungsfindung in der VV kam, obwohl die Anpassungsverträge schon früher, nämlich in der regulären VV am 17. Februar 2011 hätten thematisiert werden können. In diesem Zusammenhang wird auch von Bedeutung sein, ob erneut festgestellt werden kann, dass der Ausschuss erst nach dem 28. Februar 2011 über die Unterzeichnung der Anpassungsverträge und die Auszahlung informiert wurde.

2. Der Vermögensnachteil der KVB lässt sich nicht damit verneinen, dass den Angeklagten P., K. und B. aus den Dienstverträgen vom 27. November 2004 hinsichtlich des Übergangsgeldes eine Anwartschaft entstanden wäre, von der die KVB durch die Zahlung am 28. Februar 2011 befreit worden wäre. Zwar werden Versorgungszusagen in der Rechtsprechung bisweilen als Anwartschaft bewertet, deren Wert nicht entschädigungslos entzogen werden könne (vgl. BAGE 24, 177). Für Übergangsgelder kann dies aber allenfalls bei einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien angenommen werden (BGH, Urteil vom 3. Juli 2000 - II ZR 381/98, aaO). Dagegen spricht auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen schon, dass der Anspruch auf das Übergangsgeld ursprünglich nur für den Fall der Fortführung der Praxis entstehen sollte. Aber auch unter dieser Bedingung wäre der Anspruch noch nicht in voller Höhe entstanden, was die Parteien mit der Formulierung der Weiterzahlung des Übergangsgeldes „von bis zu zwölf Monaten“ zum Ausdruck brachten. Ob sie hierbei an die Unterschreitung der Erträge aus der ärztlichen Tätigkeit gegenüber der Vergütung für die KVB dachten, ist Auslegungsfrage und gegebenenfalls vom Tatgericht zu bewerten.

3. Zum Vorsatz der Untreue gehört zwar auch, dass der Täter die Pflichtwidrigkeit seines Handelns kennt (BGH, Urteile vom 7. November 1990 - 2 StR 439/90, aaO, und vom 18. November 1986 - 1 StR 536/86, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vorsatz 1). Dabei wird aber zu berücksichtigen sein, ob die Angeklagten den nach der Satzung vorgesehenen Verfahrensgang bewusst umgangen haben (vgl. BGH, Beschluss vom 13. April 2011 - 1 StR 592/10, NStZ 2011, 520).

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 327

Externe Fundstellen: BGHSt 65, 202; NJW 2021, 1473; StV 2021, 730

Bearbeiter: Christian Becker