HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 377
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 522/19, Beschluss v. 19.02.2020, HRRS 2020 Nr. 377
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 5. Juni 2019 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die insoweit durch das Adhäsionsverfahren angefallenen besonderen Kosten sowie die dem Nebenkläger und den Adhäsionsklägern Y. K. und K. K. im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
1. Es stellt keinen Rechtsfehler dar, dass die Strafkammer den gegen alle ihre Mitglieder gestellten Ablehnungsantrag gemäß § 26a Abs. 2 Satz 1 StPO unter Beteiligung der abgelehnten Richter als unzulässig verwarf.
Der Angeklagte begründete sein Ablehnungsgesuch damit, dass der Inhalt des Beschlusses, mit dem die Strafkammer die Ablehnung eines Sachverständigen als unbegründet zurückgewiesen hatte, zur Besorgnis der Befangenheit führe. Indes rechtfertigt eine vermeintlich oder tatsächlich rechtsfehlerhafte Vorentscheidung für sich genommen die Besorgnis der Befangenheit nicht, so dass ein darauf gestütztes Ablehnungsgesuch als unzulässig im Sinne des § 26a StPO verworfen werden kann. Für eine erfolgreiche Ablehnung müssen konkrete Umstände des Einzelfalls hinzutreten, welche die Besorgnis der Befangenheit zu begründen vermögen; diese über die Vorentscheidung hinausreichenden Umstände muss der Antragsteller in seinem Gesuch vortragen und glaubhaft machen. Anhaltspunkte für die Besorgnis der Befangenheit können in dem Verhalten des Richters oder in den Gründen der vorangegangenen Entscheidung gefunden werden (BVerfG, Beschluss vom 27. April 2007 - 2 BvR 1674/06, BVerfGK 11, 62, 74 mwN; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 2014 - 3 StR 262/14, NStZ 2014, 725, 726 f.; vom 19. April 2018 - 3 StR 23/18, BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 22 Rn. 4, 5; vom 23. Januar 2019 - 5 StR 143/18, NStZ-RR 2019, 120, 121).
Solche Gesichtspunkte waren nicht Gegenstand des Ablehnungsantrags. Dieser wendete sich vielmehr gegen die vom Angeklagten als unzutreffend bewertete Rechtsansicht der Strafkammer, dass es der durchgehenden Anwesenheit des psychiatrischen Sachverständigen in der Hauptverhandlung nicht bedürfe und diesem die relevanten Umstände von der Kammer sowie gegebenenfalls den übrigen Beteiligten mitgeteilt werden könnten. Damit ging es nicht etwa um die Frage, ob die abgelehnten Richter den Sachverständigen tatsächlich ausreichend informierten, sondern darum, ob die Begründung des vorangegangenen Beschlusses rechtsfehlerhaft war. Hierdurch standen eine Beurteilung des eigenen Verhaltens der abgelehnten Richter und mithin eine echte Entscheidung in eigener Sache nicht in Rede.
2. Die Rüge, das Landgericht habe den Inbegriff der Hauptverhandlung entgegen § 261 StPO nicht ausgeschöpft, ist unbegründet. Nach den konkreten Umständen ist es nicht rechtsfehlerhaft, dass ein bestimmtes Lichtbild in den Urteilsgründen nicht erwähnt wird. Da bereits unklar ist, ob es in zeitlicher Nähe zur Tat aufgenommen wurde, war dessen Erörterung angesichts der weiteren Beweiswürdigung nicht geboten (vgl. allgemein BGH, Urteil vom 3. Juli 1991 - 2 StR 45/91, BGHSt 38, 14, 16 f.; Beschluss vom 27. September 2007 - 4 StR 1/07, NStZ-RR 2008, 83; LR/Sander, StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 176).
HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 377
Externe Fundstellen: NStZ 2021, 116
Bearbeiter: Christian Becker