HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 3
Bearbeiter: Holger Mann
Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 828/19, Beschluss v. 30.10.2019, HRRS 2020 Nr. 3
Der Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 10. April 2019 - (1) 53 AuslA 66/17 (34/17) - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Grundgesetzes, soweit er die Auslieferung des Beschwerdeführers für zulässig erklärt. Er wird in diesem Umfang aufgehoben.
Der Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 29. Juli 2019 - (1) 53 AuslA 66/17 (34/17) - wird damit gegenstandslos.
Die Sache wird an das Brandenburgische Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren und für das Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten. Damit erledigt sich der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Bevollmächtigten.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Auslieferung eines russischen Staatsangehörigen tschetschenischer Herkunft zur Strafverfolgung nach Russland.
1. Der Beschwerdeführer wurde durch die Russische Föderation am 25. September 2017 per Diffusionsnote über Interpol ausgeschrieben. Der Ausschreibung lag ein Haftbefehl eines Bezirksgerichts in Grosny, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tschetschenien, vom 24. August 2017 zugrunde. Dem Beschwerdeführer wird darin zur Last gelegt, am 15. März 2001 mit einem Mittäter in Grosny eine Frau unter vorgehaltener Handfeuerwaffe in ihrer Wohnung überfallen, ihr mehrfach auf den Kopf geschlagen, sie gewürgt und Schmuck im Gesamtwert von 21.250 Rubel entwendet zu haben. Auf der anschließenden Flucht habe der Beschwerdeführer auf zur Hilfe gekommene Nachbarn geschossen. Sein Mittäter sei festgenommen worden. Dem Beschwerdeführer sei die Flucht gelungen.
Der Beschwerdeführer hat Russland eigenen Angaben zufolge Anfang 2005 verlassen und ist über Weißrussland nach Polen gereist. Auf seinen Asylantrag hin wurde ihm in Polen mit Bescheid vom 28. März 2006 der Flüchtlingsstatus versagt, subsidiärer Schutzstatus aber zuerkannt. Im Februar 2014 reiste er weiter in die Bundesrepublik Deutschland. Ein am 20. Februar 2014 in Deutschland gestellter Asylantrag wurde mit Bescheid vom 11. April 2014 abgelehnt, weil der Beschwerdeführer über einen sicheren Drittstaat eingereist sei. Mit diesem Bescheid, gegen den, soweit ersichtlich, noch eine Klage anhängig ist, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Polen angeordnet.
Nachdem der Beschwerdeführer am 23. November 2017 auf Grundlage des Auslieferungsersuchens in S… aufgegriffen worden war, erließ das Brandenburgische Oberlandesgericht am 29. November 2017 gegen ihn einen vorläufigen Auslieferungshaftbefehl. Gegen Auflagen wurde dieser mit Beschluss vom 22. Dezember 2017 außer Vollzug gesetzt, weil der Beschwerdeführer einen festen Wohnsitz in Deutschland habe, an dem auch seine vier minderjährigen Kinder wohnten. Die Außervollzugsetzung wurde nach der Übersendung der förmlichen Auslieferungsunterlagen durch die Russische Föderation beibehalten.
Gegen die Zulässigkeit seiner Auslieferung erhob der Beschwerdeführer im fachgerichtlichen Verfahren mehrere Einwände. So behauptete er, die Tat sei in Russland jedenfalls verjährt. Zudem sei das zugrundeliegende Strafverfahren in Tschetschenien rechtsstaatswidrig und ein Instrument politischer Verfolgung, weil er an Konflikthandlungen im Tschetschenienkrieg beteiligt gewesen sei. Schließlich genügten die ihn erwartenden Haftbedingungen in Russland nicht dem Mindeststandard. Im fachgerichtlichen Verfahren sicherte die Russische Föderation zu, dass das Auslieferungsersuchen nicht dem Zweck der politischen Verfolgung des Beschwerdeführers diene, ihm im Falle seiner Auslieferung alle Verteidigungsmöglichkeiten einschließlich anwaltlichen Beistands gewährt würden und er keiner grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen werde. Auf Nachfrage sicherte die Russische Föderation überdies zu, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Verurteilung in einer Haftanstalt untergebracht werde, die den Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und den Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen entspreche und außerhalb des nordkaukasischen Föderalbezirks liege. Das Ermittlungsverfahren werde bereits nicht mehr durch die Verwaltung des Innenministeriums in Grosny, sondern von der Hauptverwaltung des Innenministeriums der Russischen Föderation für das Rostower Gebiet geführt. Nach einer etwaigen Strafvollstreckung dürfe der Beschwerdeführer das Hoheitsgebiet der Russischen Föderation verlassen. Bedienstete der deutschen Botschaft dürften ihn jederzeit besuchen, der Gerichtsverhandlung beiwohnen, und auf Anfrage werde der Botschaft eine Kopie der endgültigen Entscheidung des Strafgerichts übermittelt.
2. Das Oberlandesgericht erklärte die Auslieferung des Beschwerdeführers am 17. September 2018 für zulässig, verband dies aber mit der Maßgabe, dass im Bewilligungsverfahren eine weitere Zusicherung einzuholen sei, mit der sichergestellt werde, dass das Strafverfahren nicht im nordkaukasischen Föderalbezirk durchgeführt werde.
3. Mit Verbalnote vom 12. Oktober 2018, deren Inhalt dem Beschwerdeführer zunächst nicht mitgeteilt wurde, übermittelte das Auswärtige Amt der Russischen Föderation die Bewilligung der Auslieferung „unter Bezugnahme“ auf die im Verfahren erhaltenen Zusicherungen, ohne dass zuvor die in der Zulässigkeitsentscheidung für erforderlich erachtete weitere Zusicherung zum Gerichtsstand eingeholt worden war.
Mit weiterer Verbalnote vom 17. Oktober 2018 teilte das Auswärtige Amt „klarstellend“ mit, dass die Auslieferung auch vor dem Hintergrund eines Schreibens der Generalstaatsanwaltschaft Russlands vom 6. Februar 2018 erfolge. „Im Übrigen“ gehe die Bundesregierung davon aus, dass das Gerichtsverfahren außerhalb des nordkaukasischen Föderalbezirks durchgeführt werde und deutsche Konsularbeamte den Beschwerdeführer jederzeit besuchen dürften.
4. Unter dem 27. November 2018 wies das Bundesamt für Justiz die brandenburgische Generalstaatsanwaltschaft darauf hin, dass das Verlangen, Russland möge einen abweichenden örtlichen Gerichtsstand zusichern, der nicht im nordkaukasischen Föderalbezirk liege, von der russischen Seite voraussichtlich nicht befolgt werde, weil es gegen die Gewährleistung des gesetzlichen Richters in der russischen Verfassung verstoße. Derartige Zusicherungen würden daher durch Russland mittlerweile abgelehnt. Allerdings werde, einer telefonischen Auskunft der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation zufolge, bei der hier zugesicherten örtlichen Verlegung des Ermittlungsverfahrens „selbstverständlich“ auch der Gerichtsstand verlegt. Derartige Verlegungszusagen hätten sich als belastbar erwiesen.
5. Mit Beschluss vom 3. Januar 2019 setzte das Oberlandesgericht die Auslieferungshaft in Vollzug, sofern die Durchführung der Auslieferung innerhalb von 21 Tagen erfolge. Die russische Generalstaatsanwaltschaft habe unter anderem zugesichert, dass das Ermittlungsverfahren und eine Inhaftierung des Beschwerdeführers außerhalb des nordkaukasischen Föderationskreises vorgenommen würden. Die Bewilligungsentscheidung führe zudem aus, dass „die Bundesregierung davon ausgehe“, dass auch das Gerichtsverfahren außerhalb dieser Verwaltungseinheit durchgeführt werde und die deutschen Konsularbeamten den Verfolgten zwecks Überprüfung der Einhaltung der Bedingungen besuchen dürften. Das Bundesamt für Justiz habe hierzu informatorisch ausgeführt, dass sich diese Verwaltungspraxis etabliert habe, weil eine förmliche Zusicherung der Verlegung des Gerichtsstandes durch die russischen Behörden aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht abgegeben werden könne; denn dem Betroffenen werde bei einer Verlegung des örtlichen Gerichtsstandes entgegen Art. 47 Abs. 1 der Verfassung Russlands der gesetzliche Richter entzogen. In den Bewilligungsnoten werde nunmehr zum Ausdruck gebracht, dass die Auslieferung dadurch bedingt sei, dass der örtliche Gerichtsstand verlegt werde. In der Vergangenheit sei dies von der russischen Seite „durchweg berücksichtigt“ worden. Das Oberlandesgericht hielt diese Praxis ohne weitere Begründung für „ausreichend“.
6. Auf Antrag des Beschwerdeführers untersagte die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts die Durchführung der Auslieferung mit Beschluss vom 27. Februar 2019 bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von sechs Wochen. Die einstweilige Anordnung erfolgte angesichts der Eilbedürftigkeit gemäß § 32 Abs. 5 BVerfGG ohne Begründung.
7. Auf den Antrag des Beschwerdeführers hob das Oberlandesgericht Brandenburg daraufhin mit Beschluss vom 7. März 2019 den Beschluss vom 17. September 2018 über die Zulässigkeit der Auslieferung auf. Zur Begründung führte es aus, dass dem Beschwerdeführer insoweit zuzustimmen sei, als der Umstand, dass im Bewilligungsverfahren abweichend von den Vorgaben des Oberlandesgerichts keine Zusicherung eingeholt worden sei, ein Umstand gemäß § 33 Abs. 1 IRG sei, weil er geeignet sei, eine andere Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung zu treffen. Aufgaben der Judikative im Zulässigkeitsverfahren könnten nicht der Exekutive im Bewilligungsverfahren überantwortet werden. An der im Beschluss vom 3. Januar 2019 geäußerten Rechtsauffassung werde insoweit nicht festgehalten. Eine erneute Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung werde bis zum 12. April 2019 ausgesetzt, um der Generalstaatsanwaltschaft Brandenburg Zeit zu geben, ergänzende Zusicherungen einzuholen.
Unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 7. März 2019 hat der Beschwerdeführer die zuvor erhobene Verfassungsbeschwerde (2 BvR 351/19) mit Schriftsatz vom 25. März 2019 für erledigt erklärt.
8. Unter dem 26. März 2019 teilte die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation zu den Hintergründen im vorliegenden Verfahren mit, dass das „Strafverfahren“ aus der Zuständigkeit der Ermittlungsverwaltung für die Stadt Grosny „genommen“ und zur Veranlassung weiterer Untersuchungen an die Hauptermittlungsverwaltung für das Rostower Gebiet übergeben worden sei. Auch die Strafverbüßung werde außerhalb des nordkaukasischen Föderalbezirks erfolgen. Hinsichtlich der Änderung des Gerichtsstandes sei ein „bestimmtes Verfahren“ vorgesehen. Als örtlicher Gerichtsstand gelte der Ort der Tatbegehung. Der dadurch bestimmte gesetzliche Richter könne aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht entzogen werden. Das Gesetz gewähre aber die Möglichkeit, „in Bezug auf die ganze Zusammensetzung des Gerichts“ einen Ablehnungsantrag zu stellen. Ein solcher Antrag werde „auf dem vom Gesetz vorgeschriebenen Wege geprüft“. Auch der staatliche Ankläger sei berechtigt, einen Antrag auf Änderung der örtlichen Zuständigkeit zu stellen. Die Entscheidung hierüber stehe ausschließlich dem Tatgericht zu. Da sich das Verfahren gegen den Beschwerdeführer noch im Ermittlungsverfahren befinde, könne die örtliche Zuständigkeit derzeit nicht geändert werden. Deutsche Beamte könnten das Strafverfahren aber verfolgen und den Beschwerdeführer im Strafvollzug besuchen.
9. Mit angegriffenem Beschluss vom 10. April 2019 hielt das Oberlandesgericht den - weiterhin außer Vollzug gesetzten - Auslieferungshaftbefehl aufrecht und erklärte die Auslieferung des Beschwerdeführers erneut für zulässig. Letzteres erfolge unter mehreren Voraussetzungen. So dürften das Ermittlungsverfahren, die Untersuchungshaft und eine mögliche Strafhaft nicht im nordkaukasischen Föderalbezirk durchgeführt werden. Mitglieder des deutschen Konsulardienstes müssten den Beschwerdeführer jederzeit besuchen und am Strafverfahren teilnehmen dürfen. Die Zulässigerklärung stehe unter der weiteren Voraussetzung, dass seitens des Bundesamts für Justiz die Bewilligungserklärung „davon abhängig gemacht“ werde, dass das künftige Gerichtsverfahren außerhalb des nordkaukasischen Föderalbezirks durchgeführt werde.
Auf das Asylrecht nach Art. 16a GG könne der Beschwerdeführer sich nicht berufen, weil er über Polen eingereist sei. Nach Prüfung der Unterlagen aus dem asylrechtlichen Verfahren sei festzustellen, dass er widersprüchliche Angaben gemacht habe. Sein Klagevorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren spreche gegen die von ihm behauptete staatliche Verfolgung. Einer „etwaigen Gefahr der politischen Verfolgung oder unmenschlichen Behandlung während des Strafverfahrens oder etwaigen Strafvollzugsverfahrens“ werde durch die erteilten Zusicherungen wirksam begegnet. Russland habe zugesichert, dass das dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegende Verfahren nicht der politischen Verfolgung des Beschwerdeführers diene. Es gelte der Grundsatz, dass Staaten sich an abgegebene Zusicherungen hielten. Nach Mitteilung des Auswärtigen Amtes sei „kein einziger Fall“ bekannt, in dem Zusicherungen durch russische Behörden nicht eingehalten worden seien, vielmehr sei von „durchweg positiven Erfahrungen mit der Russischen Föderation“ auszugehen.
Der Auslieferung stehe auch nicht entgegen, dass Russland aus Rechtsgründen keine Zusicherung über die Durchführung eines Strafverfahrens außerhalb des nordkaukasischen Föderalbezirks habe abgeben können. Die Garantie des gesetzlichen Richters sei auch im Grundgesetz verankert, die Abgabe einer solchen Zusicherung könne demnach nicht von Russland verlangt werden. Einem insoweit „in Betracht zu ziehenden Auslieferungshindernis“ könne aber entgegengewirkt werden, wenn nach der belastbaren Praxis des ersuchenden Staats mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei, dass die in der Verbalnote aufgestellte Voraussetzung, wonach die Bundesrepublik Deutschland von einem Strafverfahren außerhalb des Nordkaukasus ausgehe, tatsächlich beachtet werde und die Verbalnote jedenfalls „de facto Bindungswirkung“ entfalte. Da bereits die Verbalnote vom 17. Oktober 2018 unter dieser Bedingung gestanden habe, solche Bedingungen in der Vergangenheit durch die russische Seite auch befolgt worden seien und den Botschaftsangehörigen ein Beobachterstatus für das Gerichtsverfahren zugesichert worden sei, seien hinreichende Sicherungen gegeben. Demnach werde die Bewilligung unter die Bedingung eines außerhalb des Nordkaukasus durchzuführenden Strafverfahrens zu stellen sein. Deren Einhaltung sei zu erwarten, weil ein Verstoß das gegenseitige Vertrauen enttäuschen und die weitere Zusammenarbeit nachhaltig stören würde.
Die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation habe zudem mitgeteilt, dass eine Verlegung des Gerichtsstandes verfahrensrechtlich möglich sei und das Tatgericht hierüber entscheide. Dass der Gerichtsstand verlegt werde, begegne keinen Zweifeln, weil das Ermittlungsverfahren bereits verlegt worden sei und nach Auskunft des Bundesamts für Justiz die Verlegung des örtlichen Gerichtsstandes nach sich ziehe. Dabei dürfe nicht außer Acht bleiben, dass im vorliegenden Fall eine Auslieferungspflicht aus dem Europäischen Auslieferungsabkommen folge und Russland Konventionsstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und deshalb an völkerrechtliche Standards gebunden sei. Auch sonstige Auslieferungshindernisse, etwa wegen der Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung im Zielstaat, lägen angesichts der abgegebenen Zusicherungen nicht vor. Die Tat sei auch nicht verjährt, weil nach russischem Recht die Verjährung durch die Flucht des Beschwerdeführers gehemmt sei.
10. Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2019 beantragte der Beschwerdeführer eine erneute Zulässigkeitsentscheidung und die Nachholung rechtlichen Gehörs. Mit Bezug auf die in der Verfassungsbeschwerde gerügte Problematik führte er zur Begründung aus, das Oberlandesgericht habe nicht berücksichtigt, dass eine Änderung des Gerichtsstandes erst erfolgen könne, nachdem das Strafverfahren am örtlich zuständigen Gericht, also in Tschetschenien, eröffnet worden sei. Deshalb könne Russland auch keine Zusicherung hinsichtlich der Änderung des Gerichtsstandes abgeben. Würde die russische Generalstaatsanwaltschaft zusichern, wie das Tatgericht über etwaige Verlegungs- und Befangenheitsanträge entscheide, wäre dies ein offenkundiger Gewaltenteilungsverstoß. Dieser Situation könne nicht dadurch begegnet werden, dass die abgelehnte Zusicherung durch eine inhaltsgleiche Bedingung in der Bewilligung ersetzt werde. Auch die behaupteten durchweg positiven Erfahrungen mit Russland lägen nicht vor, weil Auslieferungsersuchen Russlands durch deutsche Gerichte häufig ganz abgelehnt würden. Davon, dass Russland sich völkerrechtskonform verhalte, könne nach dessen aktuellem Verhältnis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und dem Anti-Folterkomitee nicht ausgegangen werden. Überdies sei eine persönliche Anhörung des Beschwerdeführers zu der Gefahr politischer Verfolgung erforderlich.
11. Mit Schreiben vom 15. Juli 2019 konkretisierte das Bundesamt für Justiz auf Anfrage des Oberlandesgerichts seine Stellungnahme dahingehend, dass eine Konsultation zwischen der Russischen Föderation und der Bundesrepublik Deutschland im November 2017 ergeben habe, dass Russland aus verfassungsrechtlichen Erwägungen im Stadium des vorgerichtlichen Ermittlungsverfahrens keine Zusicherungen zum Gerichtsort abgeben könne, sondern nur die Zuständigkeit der Ermittlungsbehörde geändert werden könne. In der Praxis folge der Gerichtsstand üblicherweise der Zuständigkeit im Ermittlungsverfahren. Auf diplomatischer Ebene sei eine Verständigung erzielt worden, wonach in Bewilligungsnoten durch die deutsche Seite nur noch die Annahme geäußert werde, dass das Strafverfahren außerhalb des nordkaukasischen Föderalbezirks durchgeführt werde. In 13 von 34 Fällen sei bereits auf diese „Annahmelösung“ zurückgegriffen worden. Die Einhaltung werde im Rahmen eines Monitorings überprüft. Dies werde auch im Falle der Auslieferung des Beschwerdeführers erfolgen. In der Vergangenheit seien „zur Absicherung der Verlässlichkeit“ Gespräche zwischen Auswärtigem Amt und der Botschaft der Russischen Föderation in Berlin und zwischen der Deutschen Botschaft in Moskau und der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation geführt worden. Zu den 13 Fällen lägen 8 verfahrensabschließende Entscheidungen vor. In drei Fällen sei die in der Bewilligungsnote geäußerte Erwartung der Bundesregierung, dass das Gerichtsverfahren außerhalb des nordkaukasischen Föderalbezirks stattfinden werde, von der russischen Seite „nicht erfüllt“ worden. Dies habe das Bundesamt für Justiz erst vor Kurzem erfahren. Einer der drei hiervon betroffenen Auslieferungshäftlinge habe allerdings den Wunsch geäußert, nach Tschetschenien verlegt zu werden, ein anderer habe kein Rechtsmittel gegen die Verlegung nach Tschetschenien eingelegt. Im Mai 2019 seien die drei Betroffenen durch Vertreter der Deutschen Botschaft in Moskau besucht worden. Dabei sei festgestellt worden, dass die „Einschätzung russischer Menschenrechtsorganisationen, dass die äußeren Haftbedingungen in den offiziellen tschetschenischen Haftanstalten überdurchschnittlich gut“ seien, zutreffe und die Zusicherung der Konformität der Haftbedingungen mit der EMRK eingehalten werde. Ein Anwalt, der Menschenrechtsanwalt und Verwandter eines Auslieferungshäftlings sei, habe sich zudem positiv über das Strafverfahren in Tschetschenien geäußert. Die russische Seite habe in diesen Fällen mitgeteilt, dass sie ihre Zusicherung einer Strafvollstreckung außerhalb des nordkaukasischen Föderalbezirks einhalten werde. Nach Auswertung der Gespräche der Deutschen Botschaft mit verschiedenen Nichtregierungsorganisationen, Anwälten und dem Komitee zur Verhinderung von Folter erwarte Angeklagte in Tschetschenien im Bereich der Allgemeinkriminalität ein faires Verfahren.
12. Mit angegriffenem Beschluss vom 29. Juli 2019 wies das Oberlandesgericht die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers und dessen Antrag auf erneute Zulässigkeitsentscheidung zurück.
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs decke das Antragsvorbringen nicht auf. Der Senat habe sich eingehend mit dem Vortrag des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und die Berichte über die Situation in Tschetschenien zur Kenntnis genommen. Insbesondere verwies er darauf, dass die Auslieferungsbewilligung mit einer Bedingung zu versehen sei, die sicherstelle, dass auch das künftige Gerichtsverfahren außerhalb des nordkaukasischen Föderalbezirks stattfinde. Auf eine solche einseitige Bedingung könne dann zurückgegriffen werden, wenn, wie im vorliegenden Fall, nach der „belastbaren Praxis“ mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ zu erwarten sei, dass die in der Verbalnote aufgestellte Erwartung beachtet werde und sie damit „de facto Bindungswirkung“ entfalte. In acht Fällen habe die russische Seite die Erwartungen erfüllt. Dies belege die hinreichende Belastbarkeit. Soweit in drei Fällen die Erwartung nicht erfüllt worden sei, habe selbst die Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers in ihrer Anhörungsrüge bestätigt, dass die Auslieferung nach Tschetschenien sogar günstig sein könne, etwa, wenn man dem örtlichen Regime nahestehe.
Der Beschwerdeführer habe zur Frage der politischen Verfolgung auch nicht persönlich angehört werden müssen. Der Senat halte die Gefahr politischer Verfolgung in Tschetschenien im Falle des Beschwerdeführers für möglich und unterstelle diese bei seiner Entscheidung. Ihr werde aber durch die eingeholten Zusicherungen und die Annahme in der Bewilligung hinreichend begegnet. Anhaltspunkte dafür, dass die russischen Justizbehörden diese nicht einhalten würden, seien nach der Stellungnahme des Bundesamts für Justiz vom 15. Juli 2019 mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen.
1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde vom 8. Mai 2019 rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 16a Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG, Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG (faires Verfahren), Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 1 Abs. 1 GG durch die Zulässigerklärung der Auslieferung im Beschluss des Oberlandesgerichts vom 10. April 2019.
Zur Begründung führt er aus, das Oberlandesgericht habe wesentliches Vorbringen nicht berücksichtigt. Zudem sei der Beschwerdeführer nicht persönlich zu seiner politischen Verfolgung angehört beziehungsweise seinem Vortrag sei pauschal nicht geglaubt worden.
Weiterhin stützt sich der Beschwerdeführer auf den bereits im fachgerichtlichen Verfahren vorgebrachten Einwand, die Bewilligung der Auslieferung ohne die förmliche Zusicherung, dass das Gerichtsverfahren nicht im nordkaukasischen Föderalbezirk stattfinde, verletze ihn in seinen Grundrechten. Eine Zusicherung könne nicht durch eine einseitige Bedingung ersetzt werden. In einem aufgrund einer fehlenden Zusicherung nunmehr möglichen strafgerichtlichen Verfahren vor einem tschetschenischen Gericht drohe ihm eine unrechtmäßige, rechtsstaatswidrige Verurteilung. In Tschetschenien werde auf Grundlage von Gewohnheits- und Schariarecht entschieden. Teilweise unterlägen gerichtliche Entscheidungen schlicht politischer Willkür. Die dortige Freispruchrate sei nach einem vom High Court of Justice in England eingeholten Sachverständigengutachten bei Einzelrichterentscheidungen gleich Null („absolutely no chance of acquittal“). Eine einseitige Bedingung in der Auslieferungsbewilligung stelle nicht hinreichend sicher, dass das Strafverfahren nicht vor dem derzeit örtlich zuständigen Bezirksgericht Leninsky in Grosny durchgeführt werde. Das Oberlandesgericht habe die Zusicherung des abweichenden Gerichtsstandes selbst zunächst für erforderlich gehalten. Die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation habe die Abgabe einer solchen Zusicherung unter Hinweis auf das in der russischen Verfassung verbriefte Recht auf den gesetzlichen Richter aber abgelehnt. Zudem habe sie darauf hingewiesen, dass eine Verlegung des örtlichen Gerichtsstandes erst nach der noch nicht vorgenommenen Eröffnung des Strafverfahrens erfolgen könne, und zwar entweder auf Antrag der Anklagebehörde oder infolge eines erfolgreichen Ablehnungsantrags des Beschwerdeführers „in Bezug auf die ganze Zusammensetzung des Gerichts“. Über einen Verlegungsantrag der Anklagebehörde werde von dem mit der Sache befassten Gericht entschieden, und ein etwaiger Ablehnungsantrag des Beschwerdeführers werde auf dem „vom Gesetz vorgeschriebenen Weg geprüft“. Dementsprechend sei das Ergebnis, eine Verlegung des Gerichtsstandes, anders als das Oberlandesgericht meine, gerade nicht garantiert.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seien Zusicherungen zwar geeignet, Zweifel über die Zulässigkeit einer Auslieferung auszuräumen. Dies gelte aber nicht für Bedingungen, die die Bundesrepublik Deutschland lediglich einseitig in die Bewilligungsnote aufnehme. Zum einen hätten solche Bedingungen nicht dieselbe Verbindlichkeit und Tragfähigkeit. Zum anderen könne eine Bedingung vorliegend ohnehin keine Bindungswirkung für die zur Entscheidung über einen Verlegungsantrag berufene Instanz entfalten. Denn hierbei handele es sich um das Strafgericht in Grosny. Das Strafverfahren müsse zunächst in Grosny eröffnet werden, damit das örtlich zuständige Strafgericht über einen Verlegungsantrag entscheiden könne.
Überdies sei eine Zusicherung vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht durch eine Bedingung ersetzbar. Denn der Gerichtshof habe in dem Fall Othman mit Urteil vom 17. Januar 2012 festgelegt, unter welchen Voraussetzungen diplomatische Zusicherungen im Auslieferungsverkehr ausreichend seien. Dazu bedürfe es einer rechtlichen Bindung der lokalen Behörden. Nur wenn eine lokale Behörde eine Zusicherung abgebe, könne geprüft werden, ob deren Einhaltung erwartet werden könne. Bei einer Bedingung übernehme keine russische Stelle die Verantwortung dafür, dass das gewollte Ergebnis erreicht, hier der Gerichtsort verlegt werde. Auch die vom Auswärtigen Amt behaupteten durchweg positiven Erfahrungen mit Russland lägen nicht vor, weil bereits Auslieferungsersuchen - unter anderem wegen der Gefahr politischer Verfolgung durch Russland - abgelehnt worden seien.
2. Mit Beschluss vom 14. Mai 2019 hat die 2. Kammer des Zweiten Senats die Übergabe des Beschwerdeführers an die Behörden der Russischen Föderation auf Grundlage einer Folgenabwägung bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von sechs Monaten, erneut einstweilen untersagt.
3. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat unter dem 26. Juli 2019 auf im Wege der Amtshilfe gestellte Fragen geantwortet. Die Antworten decken sich mit der Stellungnahme des Bundesamts für Justiz im fachgerichtlichen Verfahren vom 15. Juli 2019. Ergänzend führte das Ministerium aus, die Einhaltung von „Zusicherungen und Annahmen“ werde regelmäßig im Rahmen des Monitorings durch deutsche Auslandsvertretungen überprüft. Dabei erfolgten Monitoring-Besuche „in jedem Auslieferungsfall“ sowohl möglichst zeitnah nach der Auslieferung als auch während einer etwaigen Haftstrafe. Dies werde auch im Falle des Beschwerdeführers geschehen. Zudem würden die verfahrensabschließenden Entscheidungen daraufhin geprüft, ob den im Auslieferungsverfahren „angebrachten Bedingungen“ Rechnung getragen worden sei. In Einzelfällen habe die deutsche Seite der Erwartung Ausdruck verliehen, dass das Gerichtsverfahren außerhalb des nordkaukasischen Föderalbezirks stattfinde. Im Falle des Beschwerdeführers habe die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation „telefonisch zugesichert“, darauf hinzuwirken. Rechtsstaatswidrige Handlungen im Rahmen von Strafverfahren in Tschetschenien seien in der Regel auf Fälle mit politischem Hintergrund beschränkt, etwa in Verfahren gegen Verteidiger von Menschenrechten oder Oppositionelle. Auch bei Verfahren wegen Extremismus, Terrorismus oder Islamismus könnten sie nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gelte für Tschetschenen, die nach Auffassung der tschetschenischen Mehrheitsgesellschaft gegen den „traditionellen Sittenkodex“ verstießen, etwa bei „Angehörigen der LGBT-Gemeinde“, oder bei Frauen, die gegen den traditionellen „Ehrenkodex“ verstoßen hätten. Repressalien könnten zudem nicht ausgeschlossen werden bei Tschetschenen, die sich in einer „persönlichen Fehde“ mit dem Oberhaupt der Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, oder seinem Clan befänden.
4. Der Beschwerdeführer replizierte unter dem 5. September 2019 auf die Stellungnahme des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. Im Wesentlichen trug er vor, es sei weiterhin unklar, wie angesichts der geschilderten Umstände im Ergebnis hinreichend sichergestellt werde könne, dass er nicht nach Tschetschenien ausgeliefert werde. Details zum durch das Auswärtige Amt vorgenommenen Monitoring, etwa zur Regelmäßigkeit von Besuchen und zur Frage, ob diese unangekündigt stattfänden, seien weiterhin nicht bekannt. Soweit deutsche Botschaftsangehörige davon überzeugt gewesen seien, dass die „äußeren Haftbedingungen“ in tschetschenischen Gefängnissen überdurchschnittlich gut seien, stehe dies im krassen Widerspruch zu den Erkenntnissen des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT). Wenn das Ministerium ausführe, dass rechtsstaatswidrige Handlungen in Tschetschenien auf Verfahren mit politischem Hintergrund beschränkt seien, sei dies irreführend. Denn Strafverfahren gegen politische Gegner beträfen üblicherweise konstruierte Vorwürfe aus dem Bereich der Allgemeinkriminalität, seien also nicht als politische Verfahren zu erkennen. So sei es auch im vorliegenden Fall, denn der Beschwerdeführer habe sich im zweiten Tschetschenienkrieg geweigert, sich Kadyrow anzuschließen. Nachdem in den Jahren von 2001 bis 2004 zahlreiche seiner männlichen Verwandten getötet worden seien, sei er geflohen.
Durch die Stellungnahme des Ministeriums werde zudem deutlich, dass in drei von 13 Fällen, die mit dem vorliegenden vergleichbar seien, das von der Bundesrepublik Deutschland gewollte Ergebnis eines Strafverfahrens außerhalb von Tschetschenien nicht erreicht worden sei. Dies zeige, dass es keine funktionierende Verwaltungspraxis gebe, die das erforderliche Ergebnis belastbar sicherstelle. Das werde dem Schutz von betroffenen Personen wie dem Beschwerdeführer vor rechtsstaatswidrigen Verfahren, der Gefahr politischer Verfolgung sowie Misshandlung und Folter nicht gerecht.
Unter Bezugnahme auf die Stellungnahme vom 5. September 2019 erweiterte der Beschwerdeführer seine Verfassungsbeschwerde um den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 29. Juli 2019. Zur Begründung führte er unter anderem aus, dass, wenn der einzige Schutz gegen eine von dem Oberlandesgericht selbst unterstellte Gefahr der politischen Verfolgung durch den Zielstaat abgegebene Zusicherungen seien, diese besonders verlässlich sein müssten. Die Verlässlichkeit sei aber nicht gegeben, wie die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz beigebrachten Fallzahlen belegten.
5. Das Land Brandenburg hat mit Schreiben vom 29. Juli 2019 und vom 10. Oktober 2019 von einer Stellungnahme abgesehen.
6. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an. Dies ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG angezeigt (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Demnach ist die zulässige Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
1. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet, soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass die angegriffenen Entscheidungen gegen seine Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG verstoßen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegen die deutschen Gerichte bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Auslieferung der verfassungsrechtlichen Pflicht, zu prüfen, ob die erbetene Auslieferung die gemäß Art. 79 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 1 und Art. 20 GG unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätze beziehungsweise das unabdingbare Maß an Grundrechtsschutz verletzt (vgl. BVerfGE 59, 280 <282 f.>; 63, 332 <337>; 108, 129 <136>; 140, 317 <355>). Sie sind zudem - insbesondere im Auslieferungsverkehr mit Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind - verpflichtet, zu prüfen, ob die Auslieferung und die ihr zugrundeliegenden Akte den nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard wahren (vgl. BVerfGE 59, 280 <282 f.>; 63, 332 <337 f.>; 75, 1 <19>; 108, 129 <136>; 113, 154 <162>). Gemäß Art. 25 GG sind bei der Auslegung und Anwendung von Vorschriften des innerstaatlichen Rechts durch Verwaltungsbehörden und Gerichte die allgemeinen Regeln des Völkerrechts zu beachten. Hieraus folgt insbesondere, dass die Behörden und Gerichte grundsätzlich daran gehindert sind, innerstaatliches Recht in einer Weise auszulegen und anzuwenden, welche die allgemeinen Regeln des Völkerrechts verletzt. Sie sind auch verpflichtet, alles zu unterlassen, was einer unter Verstoß gegen allgemeine Regeln des Völkerrechts vorgenommenen Handlung nichtdeutscher Hoheitsträger im Geltungsbereich des Grundgesetzes Wirksamkeit verschafft, und gehindert, an einer gegen die allgemeinen Regeln des Völkerrechts verstoßenden Handlung nichtdeutscher Hoheitsträger bestimmend mitzuwirken (vgl. BVerfGE 75, 1 <18 f.>).
Im Rahmen des gerichtlichen Zulässigkeitsverfahrens im Vorgriff auf eine Auslieferung sind die zuständigen Gerichte verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären und etwaige Auslieferungshindernisse in hinreichender Weise, also in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig, zu prüfen. Dies gilt auch für die Frage, ob der Auszuliefernde Gefahr läuft, im Zielstaat Opfer politischer Verfolgung zu werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 -, Rn. 26; vgl. zum Begriff der politischen Verfolgung BVerfGE 80, 315 <333>; 94, 49 <103>). Soweit Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung im Zielstaat bestehen, sind die zuständigen Stellen in Auslieferungssachen verpflichtet, im Rahmen von § 6 Abs. 2 IRG oder einer entsprechenden auslieferungsvertraglichen Regelung (z.B. Art. 3 Nr. 2 EuAlÜbK) eigenständig zu prüfen, ob dem Betroffenen im Fall seiner Auslieferung politische Verfolgung droht (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Mai 1996 - 2 BvR 66/96 -, Rn. 17, vom 9. April 2015 - 2 BvR 221/15 -, Rn. 12, vom 9. März 2016 - 2 BvR 348/16 -, Rn. 12; und Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 -, Rn. 27). Es genügt den den Oberlandesgerichten obliegenden Aufklärungs- und Prüfungspflichten wegen der eingeschränkten Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Bewilligungsentscheidung nicht, im gerichtlichen Auslieferungsverfahren auf die Möglichkeit der Bundesregierung zu verweisen, im (späteren) Bewilligungsverfahren Zusicherungen des ersuchenden Staates einzuholen (vgl. BVerfGK 3, 159 <164 f.>; 13, 557 <560>).
Zweck der gerichtlichen Zulässigkeitsprüfung im förmlichen Auslieferungsverfahren ist der präventive Rechtsschutz der betroffenen Person (vgl. BVerfGE 113, 273 <312>). Das gerichtliche Zulässigkeitsverfahren im Allgemeinen und die Prüfung der Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat im Besonderen dienen der Abwehr staatlicher Eingriffe in grundrechtlich geschützte Interessen des Auszuliefernden. Wird eine Auslieferung vollzogen, obwohl die Gefahr besteht, dass der Betroffene im Zielstaat politisch verfolgt wird, so verstößt sie jedenfalls gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG. Auslegung und Anwendung des § 6 Abs. 2 IRG oder entsprechender auslieferungsvertraglicher Regelungen (z.B. Art. 3 Nr. 2 EuAlÜbK) durch die Oberlandesgerichte haben dem Rechnung zu tragen und eine wirksame gerichtliche Kontrolle sicherzustellen. Auch wenn im konkreten Fall aus Art. 16a Abs. 1 GG kein Asylanspruch folgt, muss der Grundgedanke dieser Norm, Schutz vor politischer Verfolgung im Zielstaat zu bieten, Berücksichtigung finden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 -, Rn. 28).
Soweit ernstliche Gründe für die Annahme einer politischen Verfolgung im Zielstaat sprechen, hat das Gericht die beantragte Auslieferung demnach grundsätzlich für unzulässig zu erklären. Ob die Voraussetzungen dieses Auslieferungshindernisses vorliegen, muss es eigenständig und unabhängig von etwaigen Entscheidungen im Asylverfahren prüfen. Dies folgt verfassungsrechtlich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, den in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG geschützten materiellen Rechtspositionen, die insoweit dem Grundgedanken des Art. 16a Abs. 1 GG entsprechen, sowie einfachrechtlich aus § 6 Abs. 2 IRG beziehungsweise den entsprechenden auslieferungsvertraglichen Vorschriften (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 -, Rn. 29).
b) aa) Nicht nur bei Überstellungen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sondern auch im allgemeinen völkerrechtlichen Auslieferungsverkehr gilt der Grundsatz, dass dem ersuchenden Staat im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der Rechtshilfe in Strafsachen sowie des Völkerrechts Vertrauen entgegenzubringen ist (vgl. BVerfGE 109, 13 <35 f.>; 109, 38 <61>; 140, 317 <349 Rn. 68>). Auch im allgemeinen Auslieferungsverkehr hat der ersuchende Staat ein erhebliches Interesse an der Aufrechterhaltung und Funktionsfähigkeit der gegenseitigen Rechtshilfe. Von der Begehung von Rechtsverletzungen, die die zukünftige Funktionsfähigkeit des Auslieferungsverkehrs zwangsläufig beeinträchtigen würden, wird ein ersuchender Staat schon deshalb regelmäßig Abstand nehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Mai 2017 - 2 BvR 893/17 -, Rn. 28).
Dieser Grundsatz kann so lange Geltung beanspruchen, wie er nicht durch entgegenstehende Tatsachen, etwa das Vorliegen ernstlicher Gründe für die Annahme einer politischen Verfolgung im Zielstaat, erschüttert wird (vgl. BVerfGE 109, 13 <35 f.>; 109, 38 <61>). Dies ist der Fall, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass im Fall einer Auslieferung die unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätze beziehungsweise das unabdingbare Maß an Grundrechtsschutz oder der verbindliche völkerrechtliche Mindeststandard gemäß Art. 25 GG nicht eingehalten werden. Dafür müssen stichhaltige Gründe gegeben sein, nach denen gerade im konkreten Fall eine beachtliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass in dem ersuchenden Staat die völkerrechtlichen Mindeststandards nicht beachtet werden (vgl. BVerfGE 140, 317 <350>; vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Mai 2017 - 2 BvR 893/17 -, Rn. 29).
bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind vom ersuchenden Staat im Auslieferungsverkehr gegebene völkerrechtlich verbindliche Zusicherungen geeignet, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Auslieferung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten ist, dass die Zusicherung nicht eingehalten wird (vgl. BVerfGE 63, 215 <224>; 109, 38 <62>; BVerfGK 2, 165 <172 f.>; 3, 159 <165>; 6, 13 <19>; 6, 334 <343>; 13, 128 <136>; 13, 557 <561>; 14, 372 <377 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Mai 2017 - 2 BvR 893/17 -, Rn. 30). Eine Zusicherung entbindet das über die Zulässigkeit einer Auslieferung befindende Gericht allerdings nicht von der Pflicht, eine eigene Gefahrenprognose anzustellen, etwa bezogen auf Anhaltspunkte für die Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat. Dabei muss das Gericht den Vortrag des Beschwerdeführers nachvollziehbar und willkürfrei würdigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. März 2016 - 2 BvR 348/16 -, Rn. 13; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 -, Rn. 35).
c) Nach diesen Maßstäben kann die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung keinen Bestand haben.
aa) Das Oberlandesgericht selbst geht davon aus, dass der Beschwerdeführer Gefahr läuft, im nordkaukasischen Föderalbezirk der politischen Verfolgung ausgesetzt zu sein. Im Beschluss vom 29. Juli 2019 führte es aus, der Senat halte die Gefahr politischer Verfolgung im Falle des Beschwerdeführers in Tschetschenien für möglich und habe diese im Verfahren unterstellt. Insoweit berücksichtigt es den Umstand, dass dem Beschwerdeführer in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, hier Polen, subsidiärer Schutz gewährt worden ist und wohl auch gegenwärtig noch gewährt wird. Das Oberlandesgericht geht zutreffender Weise davon aus, dass dieser Umstand ein gewichtiges Indiz dafür darstellt, dass dem Beschwerdeführer im Zielstaat eine Behandlung drohen könnte, die seine Auslieferung unzulässig macht (vgl. BVerfGE 52, 391 <405 f.>, BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Februar 2016 - 2 BvR 2486/15 -, Rn. 21; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 21. März 2018 - 2 BvR 108/18 -, Rn. 18). Die demnach in der angegriffenen Zulässigkeitsentscheidung zugrunde gelegte Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat stellt einfachrechtlich beziehungsweise nach den entsprechenden auslieferungsvertraglichen Vorschriften ein Auslieferungshindernis dar. Einer Auslieferung stehen zudem die in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG geschützten materiellen Rechtspositionen und der Rechtsgedanke des Art. 16a Abs. 1 GG entgegen, Schutz vor politischer Verfolgung im Zielstaat zu bieten.
bb) Der durch das Oberlandesgericht unterstellten Gefahr politischer Verfolgung wird auch nicht dadurch hinreichend begegnet, dass in der Bewilligungsnote eine einseitige Annahme formuliert wird, nach der die Auslieferung in dem Verständnis erfolge, dass das Strafverfahren außerhalb des nordkaukasischen Föderalbezirks durchgeführt werde.
Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob das Oberlandesgericht für die Widerlegung eines von ihm angenommenen Auslieferungshindernisses überhaupt auf weitergehende, im Bewilligungsverfahren einzuholende Sicherungsmechanismen verweisen durfte, obwohl der Beschwerdeführer in diesem Verfahren nur noch eingeschränkte Rechtsschutzmöglichkeiten hat. Es kann zudem offenbleiben, ob ein einseitiger Vorbehalt in der Verbalnote, mit der dem Zielstaat die Bewilligung der Auslieferung mitgeteilt und der durch Entgegennahme der betroffenen Person durch seine Behörden konkludent angenommen wird, rechtlich gleich einer Zusicherung zu behandeln ist (vgl. BVerfGK 13, 557 <560 f.>). Denn eine solche Gleichbehandlung setzt jedenfalls voraus, dass ein einseitiger Vorbehalt ohne Zweifel in den jeweils geschlossenen völkerrechtlichen Auslieferungsvertrag einbezogen wird und demnach rechtlich in gleicher Weise Verbindlichkeit erlangt wie eine von dem ersuchenden Staat abgegebene rechtsverbindliche Zusicherung (vgl. BVerfGK 13, 557 <561>).
Dies war im bereits durchgeführten Bewilligungsverfahren zweifelhaft. Zum einen wurde die Auslieferung mit der Verbalnote vom 12. Oktober 2018, die nur auf die im Verfahren abgegebenen Zusicherungen Russlands verwies und darüber hinaus unbedingt formuliert war, bewilligt. Erst nach der Bewilligung und damit nach dem Umstand, der üblicherweise als Moment des völkerrechtlichen Vertragsschlusses beschrieben wird (vgl. BVerfGE 50, 244 <248 f.>; BVerfGK 13, 557 <561>), teilte das Auswärtige Amt mit Verbalnote vom 17. Oktober 2018 „klarstellend“ mit, dass man „im Übrigen“ davon ausgehe, dass das Gerichtsverfahren außerhalb der Verwaltungseinheit „Nordkaukasischer Föderalbezirk“ durchgeführt werde und deutsche Konsularbeamte den Betroffenen jederzeit besuchen dürften. Zum anderen ist zweifelhaft, ob die gewählte Formulierung hinreichend verdeutlicht, dass die Bundesrepublik Deutschland hiermit die Auslieferung unter eine Bedingung stellte, deren Erfüllung sie als rechtlich verbindliche Verpflichtung des Zielstaates ansah.
Auch in einem nach der Zulässigkeitsentscheidung vom 10. April 2019 erneut durchzuführenden Bewilligungsverfahren wird durch eine derartige einseitige Formulierung in der Bewilligungsnote, wie sie das Oberlandesgericht im Zulässigkeitsverfahren angeordnet hat, jedenfalls nicht hinreichend sichergestellt, dass der Beschwerdeführer nicht einem Strafverfahren im nordkaukasischen Föderalbezirk unterzogen wird. Mit einer solchen Annahme formuliert die Bundesrepublik Deutschland ihr Vertrauen in ein konkretes Verhalten des Zielstaats, obwohl die Russische Föderation bereits förmlich und mit Bezug zum vorliegenden Einzelfall bekundet hatte, sie könne das von der deutschen Seite gewünschte Ergebnis einer Verlagerung des örtlichen Gerichtsstandes aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht sicherstellen und deshalb auch keine rechtlich verbindliche Zusicherung abgeben. Denn die Entscheidung hierüber könne nur vom örtlich zuständigen Gericht im Wege einer Entscheidung über einen „in Bezug auf die ganze Zusammensetzung des Gerichts“ gestellten Ablehnungsantrag des Betroffenen beziehungsweise über einen Verlegungsantrag der Anklagebehörde getroffen werden. Vor diesem von der russischen Seite detailliert geschilderten Hintergrund ist nicht ersichtlich, weshalb das Oberlandesgericht davon ausgeht, dass im Falle des Beschwerdeführers die in der deutschen Verbalnote einseitig aufgestellte Erwartung mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ von der russischen Seite erfüllt werden wird.
Zudem wird diese Erwartung durch die Handhabung derartiger Fälle durch die Behörden der Russischen Föderation in der Vergangenheit in Zweifel gezogen. Denn allem Anschein nach - wie im weiteren fachgerichtlichen Verfahren durch das Bundesamt für Justiz und im Verfassungsbeschwerdeverfahren durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz offengelegt wurde - hat sich die russische Seite zumindest in drei von 13 Fällen nicht an die einseitige Bedingung gebunden gesehen, sondern nach der Auslieferung das Strafverfahren gegen die Betroffenen entgegen der von deutscher Seite formulierten Erwartung, wenn auch in einem Fall auf den Wunsch eines Betroffenen, vor Gerichten im nordkaukasischen Föderalbezirk durchgeführt. Dieser Umstand ist - abhängig von den bisher unklaren Hintergründen der drei Fälle - zumindest geeignet, das Vertrauen in die Einhaltung einseitig formulierter Vorbehalte zu erschüttern.
cc) Auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) spricht dagegen, die vom Oberlandesgericht im vorliegenden Fall für erforderlich erachtete einseitig formulierte Erwartung einer rechtlich verbindlichen Zusicherung gleichzustellen. Der EGMR geht davon aus, dass der ersuchte Staat anhand der Umstände des Einzelfalles überprüfen muss, ob eine abgegebene Zusicherung auch tatsächlich belastbar ist und wieviel Gewicht ihr bei der Gesamtbetrachtung zukommt (vgl. EGMR, Othman v. United Kingdom, Urteil vom 17. Januar 2012, Nr. 8139/09, § 187 f.). Der Gerichtshof beurteilt die Belastbarkeit einer Zusicherung unter anderem danach, ob diese konkret oder allgemein und vage formuliert ist, ob eine staatliche Stelle die Zusicherung abgegeben hat, die den Zielstaat rechtlich binden kann, ob erwartet werden kann, dass Regionalregierungen sich an Zusicherungen, die durch Organe der Zentralregierung abgegeben werden, gebunden sehen, ob Zusicherungen in der Vergangenheit beachtet wurden und ob das zugesicherte Verhalten nach dem nationalen Recht des Zielstaats legal oder illegal ist (vgl. EGMR, Othman v. United Kingdom, Urteil vom 17. Januar 2012, Nr. 8139/09, § 189). Diese Grundsätze sind auch bei der verfassungsrechtlichen Bewertung von Zusicherungen heranzuziehen (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Juli 2017 - 2 BvR 1487/17 -, Rn. 48 f.; und vom 18. Dezember 2017 - 2 BvR 2259/17 -, Rn. 19; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Juli 2019 - 2 BvR 1258/19 -, Rn. 8).
Im vorliegenden Fall hat sich keine russische Behörde ausdrücklich dazu bekannt, das von der deutschen Seite gewünschte Ergebnis eines Strafverfahrens außerhalb des nordkaukasischen Föderalbezirks verbindlich zu gewährleisten. Vielmehr hat die russische Seite bekundet, dieses Ergebnis angesichts der alleinigen Entscheidungskompetenz des - unabhängigen - örtlich zuständigen Tatgerichts nicht sicherstellen zu können. In der Vergangenheit sind derartige Erwartungen nach den Angaben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz in einigen Fällen, die relativ gesehen einen nicht zu vernachlässigenden Anteil ausmachen, nicht erfüllt worden. Eine Verlagerung des örtlichen Gerichtsstandes ohne Entscheidung des Tatgerichts oder eine exekutive Einflussnahme auf eine solche Entscheidung verstieße zudem gegen Gewährleistungen der Verfassung der Russischen Föderation. Nach den angeführten Kriterien bestehen demnach gewichtige Bedenken gegen die Belastbarkeit einer einseitig formulierten Annahme in der Bewilligungsnote in Fällen einer Gefahr politischer Verfolgung, selbst wenn die für Zusicherungen geschaffenen Kriterien auf einseitige Bedingungen übertragbar wären.
2. Da die Verfassungsbeschwerde bereits wegen der gerügten Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG Erfolg hat, bedarf es keiner Entscheidung, ob die angegriffene Entscheidung auch andere Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers verletzt.
Die angegriffene Entscheidung ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben; die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Brandenburgische Oberlandesgerichts zurückzuverweisen. Das Oberlandesgericht wird dabei auch zu prüfen haben, ob - angesichts der Tatsache, dass im vorliegenden Fall bislang nicht hinreichend sichergestellt ist, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Auslieferung keinem Strafverfahren in Tschetschenien unterzogen werden wird - im Falle eines solchen Verfahrens im nordkaukasischen Föderalbezirk die unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätze beziehungsweise das unabdingbare Maß an Grundrechtsschutz und der völkerrechtliche Mindeststandard eingehalten werden. Schließlich wird sich dem Gericht die Frage stellen, ob die bislang unterstellte Gefahr der politischen Verfolgung im Zielstaat der Auslieferung des Beschwerdeführers entgegensteht. Denn das Oberlandesgericht ist des Erfordernisses, die Voraussetzungen des Auslieferungshindernisses der politischen Verfolgung unter Aufklärung des Sachverhalts eigenständig und unter Einbeziehung der gewichtigen Indizwirkung eines etwaigen in Polen gewährten subsidiären Schutzstatus zu prüfen, nicht dadurch enthoben, dass die Russische Föderation zugesichert hat, der Beschwerdeführer werde nicht politisch verfolgt.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergibt sich aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seiner Bevollmächtigten für das Verfassungsbeschwerdeverfahren erledigt sich dadurch, dass das Land Brandenburg zur Kostenerstattung verpflichtet wird (vgl. BVerfGE 105, 239 <252>).
HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 3
Bearbeiter: Holger Mann