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HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 891

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 87/18, Beschluss v. 30.08.2018, HRRS 2018 Nr. 891


BGH 4 StR 87/18 - Beschluss vom 30. August 2018 (LG Dessau-Roßlau)

Milderung des allgemeinen Strafrechts für Heranwachsende; Sicherungsverwahrung (Prüfung der Erkennung auf eine lebenslange Freiheitsstrafe).

§ 211 Abs. 1 StGB; § 106 Abs. 1 JGG

Leitsatz des Bearbeiters

Die Prüfung, ob abweichend von der nach § 211 Abs. 1 StGB vorgesehenen lebenslangen Freiheitsstrafe gemäß § 106 Abs. 1 JGG auf eine zeitige Freiheitsstrafe von zehn bis fünfzehn Jahren zu erkennen ist, liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Frage in den Vordergrund zu stellen, ob eine spätere Wiedereingliederung des Täters erwartet werden kann. Demgegenüber darf der Sühnezweck der Strafe bei der gebotenen Abwägung nicht überbewertet werden.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 4. August 2017 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels, die insoweit durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die den Neben- und Adhäsionsklägern erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Bei der Prüfung, ob gegen den Angeklagten abweichend von der nach § 211 Abs. 1 StGB vorgesehenen lebenslangen Freiheitsstrafe gemäß § 106 Abs. 1 JGG auf eine zeitige Freiheitsstrafe von zehn bis fünfzehn Jahren zu erkennen war, hat das Landgericht den zutreffenden rechtlichen Maßstab angelegt. Bei dieser im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters liegenden Entscheidung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Frage in den Vordergrund zu stellen, ob eine spätere Wiedereingliederung des Täters erwartet werden kann. Demgegenüber darf der Sühnezweck der Strafe bei der gebotenen Abwägung nicht überbewertet werden (BGH, Urteil vom 8. Juni 1955 - 3 StR 163/55, BGHSt 7, 353, 355; Beschluss vom 22. Dezember 1982 - 3 StR 437/82, BGHSt 31, 189, 191; Beschluss vom 5. Juli 1988 - 1 StR 219/88, BGHR JGG § 106 Abs. 1 Strafmilderung 1; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 13. Mai 2009 - 2 BvR 247/09, ZJJ 2009, 260, 261 mwN).

Die insoweit sachverständig beratene Strafkammer hat mit tragfähigen Erwägungen angenommen, dass bei dem weder prägbaren noch erzieherisch ansprechbaren Angeklagten, der zudem eine verinnerlichte Bereitschaft zu delinquentem Verhalten zeige, angesichts seiner seit langem weit überdurchschnittlich ausgeprägten Empathielosigkeit auch eine positive Einflussnahme durch den Strafvollzug ausgeschlossen ist. Es ist in diesem Zusammenhang auch nicht zu besorgen, dass die Strafkammer mit dem Hinweis, bei dem - die Taten bestreitenden - Angeklagten seien keine Schuldgefühle vorhanden, aus seinem Verteidigungsverhalten unzulässige Schlüsse gezogen hat. Denn dieser Gesichtspunkt, der als Bewertung des Sachverständigen Eingang in das Urteil gefunden hat, wird im Rahmen der Schuldfähigkeitsbeurteilung erneut erörtert und dort ausdrücklich mit früherem Fehlverhalten im Leben des Angeklagten in Verbindung gebracht.

HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 891

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2018, 327

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner