hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 615

Bearbeiter: Holger Mann

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 1287/17, Beschluss v. 27.06.2018, HRRS 2018 Nr. 615


BVerfG 2 BvR 1287/17, 2 BvR 1583/17 (3. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 27. Juni 2018 (LG München I / AG München)

Unzulässige Verfassungsbeschwerde einer international tätigen US-amerikanischen Rechtsanwaltskanzlei gegen die Durchsuchung eines Kanzleistandorts im Inland („VW-Dieselskandal“; Beschwerdebefugnis; inländische juristische Personen als Träger materieller Grundrechte; ausländische juristische Personen; Berufung lediglich auf Verfahrensgewährleistungen; Ausnahme bei Sitz in der Europäischen Union und hinreichendem Inlandsbezug; „Sitztheorie“; Ort der tatsächlichen Hauptverwaltung bei mehreren Standorten; fehlende organisatorisch selbständige Stellung des inländischen Kanzleistandorts; keine Grundrechtsberechtigung aufgrund zwischenstaatlichen Handelsvertrages).

Art. 13 Abs. 1 GG; Art. 19 Abs. 3 GG; Art. 93 Abs. 4a GG; § 90 Abs. 1 BVerfGG; § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO; § 103 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Träger von Grundrechten und damit beschwerdebefugt im Hinblick auf eine Verfassungsbeschwerde sind neben natürlichen auch inländische juristische Personen, soweit das jeweilige Grundrecht seinem Wesen nach auf sie anwendbar ist. Dies gilt auch für nicht rechtsfähige Personenzusammenschlüsse, wenn sie eine festgefügte Struktur haben, auf gewisse Dauer angelegt und nach dem einfachen Recht zumindest partiell taugliches Zuordnungssubjekt von Rechten sind.

2. Ausländische juristische Personen können sich hingegen nicht auf materielle Grundrechte, sondern lediglich auf die Verfahrensgewährleistungen des gesetzlichen Richters und des rechtlichen Gehörs berufen. Eine Ausnahme bilden ausländische juristische Personen, die ihren Sitz in der Europäischen Union haben, wenn ein hinreichender Inlandsbezug besteht, der die Geltung der Grundrechte in gleicher Weise wie für inländische juristische Personen geboten erscheinen lässt.

3. Die Einordnung einer juristischen Person als inländisch oder ausländisch richtet sich nach ihrem Sitz im Sinne des tatsächlichen Mittelpunkts ihrer Tätigkeit. Bei mehreren Standorten ist der Ort der tatsächlichen Hauptverwaltung maßgeblich, an dem die Mehrheit der Entscheidungen über die Geschäftsführung getroffen wird.

4. Bei einer als Beschwerdeführerin auftretenden Rechtsanwaltskanzlei in der Rechtsform einer Partnership nach dem Recht des US-Bundesstaats Ohio, die an über 40 Standorten weltweit tätig ist, ist - zumal ohne näheren Vortrag - auch dann nicht von einem Hauptsitz in Deutschland oder einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union auszugehen, wenn die Kanzlei dort Standorte unterhält, an denen ein geschäftsführender Partner (sogenannter Partner-In-Charge) tätig ist.

5. Die Verfassungsbeschwerde der Kanzlei ist auch dann nicht wie die einer inländischen juristischen Person zu behandeln, wenn ein inländischer Kanzleistandort von strafprozessualen Durchsuchungsmaßnahmen betroffen ist - hier: im Zusammenhang mit dem Vorwurf von Abgasmanipulationen an Dieselfahrzeugen, zu denen die Kanzlei im Auftrag des betroffenen Automobilkonzerns intern ermittelt hatte -, wenn dem Standort jedoch weder eine organisatorisch selbständige Stellung noch die Rolle eines Tätigkeitsmittelpunkts zukommt (Hauptsacheentscheidung zur einstweiligen Anordnung vom 25. Juli 2017 [= HRRS 2017 Nr. 834]).

6. Eine Grundrechtsberechtigung der Kanzlei folgt auch nicht aus den Regelungen des zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika geschlossenen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags vom 29. Oktober 1954.

Entscheidungstenor

Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin, eine international tätige Rechtsanwaltskanzlei, wendet sich mit ihren Verfassungsbeschwerden gegen die auf § 103 StPO gestützte Durchsuchung der Räumlichkeiten ihres Münchener Kanzleistandorts im Zuge des sogenannten „VW-Dieselskandals“ sowie gegen die Sicherstellung der dabei aufgefundenen Unterlagen und elektronischen Daten.

1. Die Beschwerdeführerin ist eine partnerschaftlich organisierte und weltweit an über 40 Standorten mit insgesamt mehr als 2.500 Rechtsanwälten tätige Rechtsanwaltskanzlei. Sie hat die Rechtsform einer Partnership nach dem Recht des US-amerikanischen Bundesstaats Ohio, wo ihre Firma registriert ist. In Deutschland unterhält sie drei Standorte in Düsseldorf, Frankfurt am Main und München, für die jeweils ein sogenannter „Partner-In-Charge“ als leitender beziehungsweise geschäftsführender Partner zuständig ist. Nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin werden die drei deutschen Standorte außerdem von einem sogenannten „Partner-In-Charge Germany“ vertreten. Am Münchener Standort sind insgesamt über 30 in Deutschland zugelassene Rechtsanwälte und Patentanwälte tätig.

2. Anlässlich eines in den USA geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen Abgasmanipulationen an Dieselfahrzeugen wurde die Beschwerdeführerin im September 2015 von der Volkswagen AG mit der „Beratung zu bestimmten Fragen im Zusammenhang mit den bei Dieselmotoren bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten“, der Aufklärung des den Unregelmäßigkeiten zugrunde liegenden Sachverhalts sowie der Vertretung gegenüber den US-amerikanischen Justizbehörden beauftragt (vgl. § 1 Nr. 1.1 der Mandatsvereinbarung vom 27. September 2015). Mit der Wahrnehmung des Mandats waren auch Rechtsanwälte aus ihrem Münchener Büro befasst. Zum Zwecke der Sachaufklärung sichteten die Rechtsanwälte der Beschwerdeführerin im Rahmen von konzernweiten internen Ermittlungen eine Vielzahl von Dokumenten und führten über 700 Befragungen von Mitarbeitern des Volkswagen-Konzerns durch.

Im Januar 2017 einigten sich die Volkswagen AG und das U.S. Department of Justice im Rahmen eines sogenannten Plea Agreement auf die Zahlung eines Strafgeldes in Höhe von 2,8 Milliarden USD. Die Volkswagen AG bekannte sich in einem der Verständigung beigefügten Statement of Facts schuldig, selbst beziehungsweise durch eine Tochterfirma in den USA Dieselfahrzeuge mit unzulässigen Abgaskontrollvorrichtungen vertrieben zu haben. Betroffen waren Fahrzeuge mit 2,0 Liter-Dieselmotoren der Volkswagen AG und mit 3,0 Liter-Dieselmotoren, die die Audi AG entwickelt und hergestellt hatte.

3. Wegen der Vorgänge im Zusammenhang mit den 3,0 Liter-Dieselmotoren der Audi AG leitete die Staatsanwaltschaft München II angesichts der Veröffentlichung des Plea Agreement und der im Statement of Facts dargestellten Sachverhalte am 1. März 2017 Ermittlungen gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Betruges ein, nachdem sie zuvor bereits Vorermittlungen geführt hatte. Ab dem 29. Juni 2017 richteten sich die Ermittlungen gegen zunächst vier konkrete Beschuldigte. Außerdem leitete die Staatsanwaltschaft München II nun ein Verfahren gemäß § 130 OWiG gegen noch unbekannte Vorstände der Audi AG und auf dieser Grundlage zugleich ein Bußgeldverfahren gemäß § 30 OWiG gegen die Audi AG ein.

4. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft München II ordnete das Amtsgericht München mit Beschluss vom 6. März 2017 auf der Grundlage von § 103 StPO die Durchsuchung der Münchener Geschäftsräume der Beschwerdeführerin an. Die Durchsuchung sollte der Auffindung von Dokumenten dienen, die von der Beschwerdeführerin im Zuge ihrer internen Ermittlungen über die Vorgänge um den 3,0 Liter-Dieselmotor der Audi AG zusammengetragen oder erstellt worden waren.

Die Durchsuchungsanordnung wurde am 15. März 2017 vollzogen. Insgesamt wurden 185 Aktenordner und Hefter mit Unterlagen aus den Büros der sachbearbeitenden Rechtsanwälte und einem eigens für das Mandat eingerichteten Aktenraum sichergestellt. Die Ermittler sicherten außerdem einen umfangreichen Bestand an elektronischen Daten, von denen sie einen Teil von einem in Belgien befindlichen Server herunterluden.

5. Gegen die Durchsuchungsanordnung legte die Beschwerdeführerin am 17. März 2017 Beschwerde ein, der das Amtsgericht München mit Entscheidung vom 21. März 2017 nicht abhalf. Das Landgericht München I verwarf die Beschwerde mit Beschluss vom 8. Mai 2017 als unbegründet. Die dagegen gerichtete Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin vom 2. Juni 2017 verwarf das Landgericht München I mit Beschluss vom 6. Juni 2017 als unzulässig.

6. Im Hinblick auf die Sicherstellung beantragte die Beschwerdeführerin am 17. März 2017 die sofortige Herausgabe der Unterlagen und Daten, woraufhin das Amtsgericht München die Sicherstellung mit Beschluss vom 21. März 2017 gemäß § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO gerichtlich bestätigte. Hiergegen legte die Beschwerdeführerin am 13. April 2017 Beschwerde ein, der das Amtsgericht München mit Entscheidung vom 26. April 2017 nicht abhalf. Auf die Beschwerde ordnete das Landgericht München I mit Beschluss vom 7. Juni 2017 an, dass die von dem in Belgien befindlichen Server heruntergeladenen Dateien an die Beschwerdeführerin herauszugeben und etwaige davon gefertigte Kopien zu vernichten seien. Im Übrigen verwarf es die Beschwerde als unbegründet.

II.

Die Beschwerdeführerin hat zwei Verfassungsbeschwerden erhoben. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde vom 8. Juni 2017 (2 BvR 1287/17) wendet sie sich gegen die Durchsuchungsanordnung vom 6. März 2017 sowie die in der Folge ergangenen Beschlüsse des Amtsgerichts München vom 21. März 2017 und des Landgerichts München I vom 8. Mai und 6. Juni 2017. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde vom 13. Juli 2017 (2 BvR 1583/17) greift sie die Bestätigung der Sicherstellung vom 21. März 2017 und die in der Folge ergangenen Beschlüsse des Amtsgerichts München vom 26. April 2017 sowie des Landgerichts München I vom 7. Juni 2017 an. Durch die Anordnung der Durchsuchung sieht sie sich in ihren Grundrechten aus Art. 13 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 sowie Art. 20 Abs. 3 GG verletzt, durch die Bestätigung der Sicherstellung in ihren Grundrechten aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

1. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, sie sei Trägerin der geltend gemachten Grundrechte und damit beschwerdeberechtigt. Zur Begründung stützt sie sich insbesondere auf den Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. März 2009 - 2 BvR 1036/08 - (= BVerfGK 15, 225). In dieser Entscheidung habe das Bundesverfassungsgericht die Grundrechtsfähigkeit einer international tätigen Rechtsanwaltskanzlei bejaht, weil ihre deutschen Standorte als Adressaten von Durchsuchungsanordnungen unmittelbar betroffen gewesen seien. Es habe dabei auf die organisatorisch eigenständige Stellung der einzelnen Standorte und auf die inländischen Tätigkeitsmittelpunkte der damaligen Beschwerdeführerin an diesen Standorten abgestellt. Dies trage dem Umstand Rechnung, dass die verschiedenen nationalen Standorte einer Rechtsanwaltssozietät am Rechtsverkehr und am Geschäftsleben als organisatorische Einheiten eigenständig teilnähmen. Sei es staatlichen Einrichtungen möglich, in die Rechtssphäre einer solchen Organisationseinheit einzugreifen, müsse dem Eingriff spiegelbildlich auch ein entsprechendes Schutzrecht gegenüberstehen. Effektiver Grundrechtsschutz könne nur dadurch gewährleistet werden, dass neben den einzelnen Rechtsanwälten auch der Zusammenschluss als solcher grundrechtsfähig sei. Jedenfalls bei Zusammenschlüssen von Freiberuflern dürfe die Grundrechtsfähigkeit nicht entscheidend davon abhängen, an welchem Ort die Gesellschaft ihren Sitz habe oder wo sie gegründet worden sei. Schon weil eine selbstständige Berufsausübung kennzeichnend für diese Berufe sei, müsse der Frage, wo der Schwerpunkt der Tätigkeit der von der staatlichen Maßnahme betroffenen Organisationseinheit liege, größere Bedeutung zukommen.

Die in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. März 2009 aufgestellten Kriterien seien im vorliegenden Fall erfüllt, so dass die Beschwerdeführerin jedenfalls wie eine inländische Person im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG zu behandeln sei. Ihren deutschen Standorten komme jeweils eine organisatorisch eigenständige Stellung zu. Unter der Aufsicht des „Managing Partner“ und in Abstimmung mit den „Partner-In-Charge“ der Regionen seien die örtlichen „Partner-In-Charge“ verantwortlich für die Geschäftsführung an den einzelnen Standorten. Davon umfasst sei auch die Verantwortung für die Entwicklung des Standorts einschließlich der Leitung der täglichen Betriebsabläufe und der Personalverantwortung für die Mitarbeiter und Angestellten. Zum Zeitpunkt der Durchsuchung hätten alle damals am Kanzleistandort München tätigen Rechtsanwälte über eine deutsche Rechtsanwaltszulassung und die deutsche Staatsbürgerschaft verfügt, zu Fragen des deutschen Rechts beraten, Rechtsstreitigkeiten vor deutschen Gerichten geführt und mit deutschen Behörden verkehrt. Unzweifelhaft liege der Tätigkeitsmittelpunkt der Beschwerdeführerin am betroffenen Münchener Standort in Deutschland. Auch weise die infolge des von der Volkswagen AG erteilten Mandats ausgeübte Tätigkeit der Beschwerdeführerin eindeutige Bezüge zur Bundesrepublik Deutschland auf.

Der Begriff der inländischen juristischen Person im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG könne ohne Verletzung der Wortlautgrenze dahin ausgelegt werden, dass darunter auch internationale Zusammenschlüsse mit organisatorisch eigenständigen Standorten in Deutschland fielen. Eine solche Auslegung sei mit Blick auf die Regelungen des deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags vom 29. Oktober 1954 und im Lichte der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes geboten. Der Vertrag vom 29. Oktober 1954 gewähre Inländergleichbehandlung im Hinblick auf Eingriffe in Räumlichkeiten und Eigentum (Art. V Abs. 5), bei der Ausübung jeder Art von geschäftlicher, industrieller, finanzieller oder sonstiger gegen Entgelt vorgenommenen Tätigkeit (Art. VII) sowie hinsichtlich des Zugangs zu den Gerichten (Art. VI Abs. 1). Die unbedingte Verpflichtung zur Inländergleichbehandlung komme in ihrem sachlichen Gehalt dem in den Verträgen über die Europäische Union und insbesondere in Art. 18 AEUV enthaltenen Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gleich, so dass eine Anwendungserweiterung von Art. 19 Abs. 3 GG erforderlich sei, falls nicht bereits die Auslegung von Art. 19 Abs. 3 GG zur Grundrechtsfähigkeit der Beschwerdeführerin führe.

Die Auslegung des Merkmals „inländisch“ dürfe sich nicht allein am Gesellschaftssitz orientieren. Die bloße Frage nach dem Sitz der juristischen Person ergebe bei einer Gesellschaftsstruktur wie derjenigen der Beschwerdeführerin keinen Sinn. Die Beschwerdeführerin verfüge trotz der Registrierung ihrer Firma in Ohio dort nicht über eine Hauptverwaltung. Verwaltungstätigkeiten würden vielmehr von verschiedenen Standorten der Kanzlei aus ausgeübt. Es handle sich um einen weltweiten Zusammenschluss von Partnern und angestellten Rechtsanwälten, dessen Struktur dadurch gekennzeichnet sei, dass Berufsträger weltweit gleichberechtigt auftreten würden, ohne dass im Rechtsverkehr dabei dem Sitz der Gesellschaft entscheidende Bedeutung zukomme. Bei einer so geprägten Partnerschaft lasse sich nicht anhand eines Sitzes allgemein eine „Staatszugehörigkeit“ bestimmen, die sämtliche Berufsträger weltweit erfasse.

2. In der Sache bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass die Auslegung und Anwendung von § 160a StPO und § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO durch das Amtsgericht München und das Landgericht München I dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Rechtsanwalt und Mandant nicht hinreichend Rechnung trage. Auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung sei dieser Schutz nicht mit dem Gewicht in die Abwägung eingestellt worden, das ihm nach der Verfassung zukomme.

III.

Mit Beschluss vom 25. Juli 2017 hat die Kammer die Verfahren 2 BvR 1287/17 und 2 BvR 1583/17 zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und zugleich auf Antrag der Beschwerdeführerin eine einstweilige Anordnung gemäß § 32 BVerfGG erlassen. Sie hat die Staatsanwaltschaft München II angewiesen, die im Rahmen der Durchsuchung der Geschäftsräume der Beschwerdeführerin am 15. März 2017 sichergestellten Unterlagen und Daten bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden, längstens für die Dauer von sechs Monaten, bei dem Amtsgericht München versiegelt zu hinterlegen. Weiter hat sie angeordnet, dass eine Auswertung oder sonstige Verwendung der sichergestellten Unterlagen und der Datensicherung in diesem Zeitraum zu unterbleiben habe.

Mit Beschluss vom 9. Januar 2018 hat die Kammer die einstweilige Anordnung vom 25. Juli 2017 für die Dauer von sechs Monaten wiederholt.

IV.

1. Zu den Verfassungsbeschwerden haben der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof und das Bayerische Staatsministerium der Justiz Stellung genommen.

a) Der Generalbundesanwalt hält die Verfassungsbeschwerden mangels Beschwerdeberechtigung für unzulässig. Die Beschwerdeführerin sei keine inländische juristische Person im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG und damit nicht Trägerin von Grundrechten. Ausweislich ihres Internetauftritts seien 500 der etwa 2.500 Rechtsanwälte in Europa tätig und verteilten sich dort auf zehn Standorte, während sich die meisten Standorte der Beschwerdeführerin in den USA befänden. Dass der tatsächliche Tätigkeitsschwerpunkt der gesamten Sozietät oder ihr Verwaltungszentrum in Deutschland lägen, könne vor diesem Hintergrund sicher ausgeschlossen werden und werde von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet. Auf die deutschen Standorte, die keine rechtlich eigenständigen Tochterunternehmen seien, dürfe für die Frage der Grundrechtsberechtigung nicht abgestellt werden, da die maßgebliche Sitztheorie dann durch eine „Niederlassungstheorie“ ersetzt würde. Eine inländische Betroffenheit genüge erst recht nicht, da Art. 19 Abs. 3 GG andernfalls umgangen würde. Bei wertender Betrachtung könne auch kein inländischer Tätigkeitsschwerpunkt erkannt werden, da Gegenstand des Mandats die Vertretung der Volkswagen AG gegenüber den Justizbehörden in den USA gewesen sei.

Die durch Art. 19 Abs. 3 GG bewirkte Ungleichbehandlung inländischer und ausländischer juristischer Personen sei von Verfassungs wegen gewollt und finde ihre Grenze lediglich innerhalb der gleichfalls mit Verfassungsrang (Art. 23 GG) ausgestatteten europäischen Integration. Völkerrechtliche Verträge könnten einen Grundrechtsschutz nicht begründen, da sie in der innerstaatlichen Normenhierarchie unterhalb der Verfassung stünden. Zudem räume Art. VI des zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten geschlossenen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags vom 29. Oktober 1954 nur einen Zugang zu Gericht für alle Instanzen ein, was die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde schon begrifflich nicht einschließe, da das Bundesverfassungsgericht nicht Teil des Instanzenzugs sei.

b) Das Bayerische Staatsministerium der Justiz äußert erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden und hält sie jedenfalls für unbegründet. Da sich der Gründungsort und die Hauptverwaltung der Beschwerdeführerin in den USA befänden und sie auch nicht vortrage, dass die für sämtliche Kanzleistandorte relevanten Entscheidungen in Deutschland getroffen würden, handle es sich bei ihr nicht um eine inländische juristische Person im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG. Eine etwaige organisatorische Eigenständigkeit des Münchener Kanzleistandorts vermöge daran nichts zu ändern, solange der Standort nicht in Form einer eigenständigen juristischen Person organisiert sei. Der Hinweis auf die Regelungen des deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags vom 29. Oktober 1954 gehe ins Leere, da Zustimmungsgesetze zu völkerrechtlichen Verträgen in der Normenhierarchie unterhalb der Verfassung stünden und keine Verfassungsänderung bewirken könnten. Die Anwendungserweiterung des Art. 19 Abs. 3 GG auf juristische Personen mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union stelle eine Reaktion auf die spezifische europäische Vertrags- und Rechtsentwicklung dar, so dass sich eine Übertragung auf juristische Personen mit Sitz außerhalb der Europäischen Union verbiete.

2. Die Beschwerdeführerin hat auf die Stellungnahmen erwidert und dabei ihr bisheriges Vorbringen vertieft.

3. Die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft München II haben der Kammer vorgelegen.

V.

Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen. Ihnen kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Sie sind mangels Beschwerdeberechtigung der Beschwerdeführerin unzulässig.

Eine Verfassungsbeschwerde kann gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG von jedermann mit der Behauptung erhoben werden, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte verletzt zu sein. Beschwerdeberechtigt ist demnach nur, wer Träger des Rechts ist, dessen Verletzung er rügt (vgl. Lenz/Hansel, BVerfGG, 2. Aufl. 2015, § 90 Rn. 75). Die Beschwerdeführerin ist grundsätzlich nicht Trägerin von Grundrechten, da sie keine inländische juristische Person im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG ist (1.). Die Betroffenheit eines ihrer deutschen Kanzleistandorte von hoheitlichen Eingriffsmaßnahmen führt im vorliegenden Fall nicht dazu, dass ihre Verfassungsbeschwerden wie die einer inländischen juristischen Person zu behandeln sind (2.). Eine Grundrechtsberechtigung folgt schließlich nicht aus den Regelungen des zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika geschlossenen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags vom 29. Oktober 1954 (3.).

1. a) Träger von Grundrechten sind in erster Linie natürliche Personen. Darüber hinaus gelten die Grundrechte gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Art. 19 Abs. 3 GG beschränkt den Begriff der juristischen Person nicht auf vollrechtsfähige Vereinigungen (vgl. BVerfGE 3, 383 <391 f.>; 83, 341 <351>). Erfasst werden auch nicht rechtsfähige Personenzusammenschlüsse, wenn sie eine festgefügte Struktur haben, auf gewisse Dauer angelegt und nach der einfachgesetzlichen Rechtslage zumindest auf manchen Gebieten taugliches Zuordnungssubjekt von Rechten sind (vgl. Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2018, Art. 19 Abs. 3, Rn. 238 f.; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 3, Rn. 37 ff. [Mai 2009]; Dreier, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 19 Abs. 3, Rn. 55).

Ausländische juristische Personen können sich dagegen nicht auf materielle Grundrechte berufen. Ihnen hat das Bundesverfassungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich die grundrechtsähnlichen Rechte der Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG zuerkannt, weil diese objektive Verfahrensgrundsätze enthalten, die jedem zugutekommen müssen, der nach den Verfahrensnormen parteifähig ist oder von dem Verfahren unmittelbar betroffen ist (vgl. BVerfGE 12, 6 <8>; 21, 362 <373>; 61, 82 <104>). Wortlaut und Sinn von Art. 19 Abs. 3 GG verbieten eine ausdehnende Auslegung auf ausländische juristische Personen im Hinblick auf materielle Grundrechte (vgl. BVerfGE 21, 207 <209>; 100, 313 <364>). Eine Ausnahme bilden nur ausländische juristische Personen, die ihren Sitz in der Europäischen Union haben. Auf sie ist die Grundrechtsberechtigung zu erstrecken, wenn ein hinreichender Inlandsbezug besteht, der die Geltung der Grundrechte in gleicher Weise wie für inländische juristische Personen geboten erscheinen lässt (vgl. BVerfGE 129, 78 <97 ff.>).

b) Für die Beantwortung der Frage, ob es sich um eine inländische oder eine ausländische juristische Person handelt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und nach in der Literatur ganz überwiegend vertretener Ansicht entscheidend, wo die juristische Person ihren Sitz hat (sog. Sitztheorie); auf die Staatsangehörigkeit der hinter ihr stehenden natürlichen Personen kommt es hingegen nicht an (vgl. BVerfGE 21, 207 <208 f.>; 23, 229 <236>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. Januar 2002 - 1 BvR 2284/95 -, juris, Rn. 14; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. Dezember 2007 - 1 BvR 853/06 -, juris, Rn. 10; Huber, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2018, Art. 19 Abs. 3, Rn. 296; Dreier, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 19 Abs. 3, Rn. 79 f.; Sachs, in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 19 Rn. 54 und 56; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 3, Rn. 78 f. [Mai 2009] m.w.N. auch zur Gegenansicht).

Der Sitz einer juristischen Person bestimmt sich nach dem tatsächlichen Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Wird sie an mehreren Standorten tätig und erstreckt sich ihr Aktionsbereich gegebenenfalls sogar auf mehrere Länder, bestimmt sich ihr Sitz nach dem Ort der tatsächlichen Hauptverwaltung (vgl. Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 3, Rn. 78 [Mai 2009]; Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR IX, 3. Aufl. 2011, § 199 Rn. 66). Hauptverwaltungssitz eines Wirtschaftsunternehmens ist der Ort, an dem das oberste Verwaltungsorgan die Mehrheit seiner Entscheidungen über die Geschäftsführung trifft (vgl. Quaritsch, in: Isensee/Kirchhof, HStR V, 2. Aufl. 2000, § 120 Rn. 48) beziehungsweise an dem die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 1986 - V ZR 10/85 -, NJW 1986, S. 2194 <2195> m.w.N.). Eine international verflochtene juristische Person hat mithin nur dann ihren Hauptverwaltungssitz im Inland, wenn auch die Mehrheit der Entscheidungen über die Geschäftsführung im Inland fällt (vgl. Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 1, 7. Aufl. 2018, Art. 19 Abs. 3, Rn. 296).

c) Nach diesen Maßgaben ist die Beschwerdeführerin keine inländische juristische Person im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG.

Beschwerdeführerin ist die Partnership Jones Day und nicht ihr rechtlich unselbstständiger Münchener Kanzleistandort als solcher oder gar ein Zusammenschluss ihrer drei deutschen Standorte. Zwar weisen die Rubren der Verfassungsbeschwerden und die vorgelegten Vollmachten gemäß § 22 Abs. 2 BVerfGG die „Rechtsanwaltskanzlei Jones Day... München“ als Beschwerdeführerin aus und sind die Vollmachten von dem „Partner-In-Charge Germany“ unterzeichnet. Wenn die Beschwerdeführerin in den Verfassungsbeschwerden als partnerschaftlich organisierte und an über 40 Standorten weltweit tätige Rechtsanwaltskanzlei mit über 2.500 Berufsträgern in der Rechtsform einer Partnership nach dem Recht des US-Bundesstaats Ohio beschrieben wird, wird jedoch deutlich, dass die Partnership Jones Day in ihrer Gesamtheit als Beschwerdeführerin auftreten soll.

An welchem Ort sich der Hauptverwaltungssitz der Beschwerdeführerin befindet, geht weder aus den Verfassungsbeschwerdeschriften vom 8. Juni und 13. Juli 2017 noch aus der Replik der Beschwerdeführerin vom 8. Februar 2018 hervor. Sie trägt nicht vor, wo und von welchen Entscheidungsträgern die wesentlichen Entscheidungen über die Geschäftsführung der Partnership getroffen werden, sondern teilt lediglich negativ mit, dass sich eine Hauptverwaltung nicht am Ort ihrer Firmenregistrierung in Ohio befinde. Soweit sie behauptet, Verwaltungstätigkeiten würden von verschiedenen Standorten der Kanzlei aus ausgeübt, benennt sie diese Standorte wiederum nicht.

Auf der Grundlage des Vorbringens der Beschwerdeführerin kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass sich ihr Hauptverwaltungssitz in Deutschland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union befindet. Dass die Mehrheit der Entscheidungen über die Geschäftsführung an den deutschen Kanzleistandorten oder an einem Standort in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union getroffen wird, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Dies erscheint auch fernliegend, da nach der Stellungnahme des Generalbundesanwalts, der die Beschwerdeführerin insoweit nicht entgegengetreten ist, nur etwa 500 der über 2.500 Rechtsanwälte an den insgesamt zehn europäischen Standorten tätig sind. Nur drei der über 40 Standorte befinden sich in Deutschland, die meisten hingegen in den USA. Eine herausgehobene Stellung innerhalb der Partnership kommt damit offenkundig weder den deutschen noch den anderen europäischen Standorten zu.

d) Selbst nach allen anderen zur Bestimmung inländischer juristischer Personen gemäß Art. 19 Abs. 3 GG vertretenen Ansätzen (vgl. Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 3, Rn. 79 [Mai 2009] m.w.N.) wäre die Beschwerdeführerin nicht als eine solche anzusehen. Ihre Gründung erfolgte nach ausländischem Recht, nämlich dem des US-Bundestaats Ohio. Dass die Beschwerdeführerin von deutschen Staatsangehörigen beherrscht wird, wird nicht vorgetragen und ist nicht ersichtlich.

2. Die Beschwerdeführerin kann sich auch nicht deshalb auf materielle Grundrechte berufen, weil sie aufgrund der Betroffenheit ihres Münchener Standorts von staatlichen Ermittlungsmaßnahmen wie eine inländische juristische Person zu behandeln ist. Dabei kann dahinstehen, ob einer ausländischen juristischen Person, deren rechtlich unselbstständige inländische Standorte von hoheitlichen Eingriffen betroffen sind, unter den Voraussetzungen, die die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts in ihrer Entscheidung vom 18. März 2009 - 2 BvR 1036/08 - aufgestellt hat, eine Berufung auf materielle Grundrechte ausnahmsweise zugebilligt werden kann oder ob dies nur gilt, wenn die ausländische juristische Person ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat. Denn aus dem Vortrag der Beschwerdeführerin ergibt sich nicht, dass die in der Kammerentscheidung vom 18. März 2009 aufgestellten Kriterien erfüllt sind.

a) Mit dem genannten Beschluss vom 18. März 2009 hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts unter anderem über die Verfassungsbeschwerde einer internationalen Rechtsanwaltssozietät entschieden, die sich gegen die Anordnung der Durchsuchung ihrer Standorte in Düsseldorf und Frankfurt am Main richtete. Die Sozietät war in der Rechtsform einer General Partnership nach englischem Recht organisiert. Sie verfügte über sechs Standorte in Deutschland, an denen ungefähr 570 Rechtsanwälte beschäftigt waren, während über 1.900 weitere Rechtsanwälte in ausländischen Büros arbeiteten (insoweit in der veröffentlichten anonymisierten Fassung des Beschlusses nicht abgedruckt). Die 1. Kammer des Zweiten Senats kam zu dem Ergebnis, dass die Verfassungsbeschwerde der General Partnership angesichts der Betroffenheit sowie der organisatorisch eigenständigen Stellung und des inländischen Tätigkeitsmittelpunktes der Beschwerdeführerin an beiden von der Durchsuchung betroffenen Standorten wie die von einer inländischen juristischen Person im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG erhobene Verfassungsbeschwerde zu behandeln sei.

b) Dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind, hat die Beschwerdeführerin nicht dargelegt. Auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens kann nicht von einer organisatorisch eigenständigen Stellung des Münchener Standorts der Beschwerdeführerin ausgegangen werden.

In ihren Verfassungsbeschwerdeschriften vom 8. Juni und 13. Juli 2017 hat sie sich mit keinem Wort dazu geäußert, welche maßgeblichen Entscheidungen am Münchener Standort in eigener unternehmerischer Verantwortung getroffen werden können. Es bleibt beispielsweise offen, ob hier in eigener Verantwortung über Personalangelegenheiten entschieden werden darf, ob die geschäftliche Ausrichtung des Standorts selbst bestimmt werden kann oder über ein eigenes Budget verfügt wird.

In ihrer Replik vom 8. Februar 2018 äußert sich die Beschwerdeführerin zwar eingehender zu den am Münchener Standort getroffenen Entscheidungen. Dem Vortrag kann aber nicht entnommen werden, dass dem Münchener Standort der Beschwerdeführerin ein ausreichendes Maß an organisatorischer Eigenständigkeit zukommt. Soweit es dort heißt, dass die örtlichen „Partner-In-Charge“ jeweils unter der Aufsicht des „Managing Partner“ und in Abstimmung mit den „Partner-In-Charge“ der Regionen für die Geschäftsführung der einzelnen Standorte verantwortlich seien, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass eine eigene Verantwortung der örtlichen „Partner-In-Charge“ gerade nicht besteht. Auch die mit den Verfassungsbeschwerden vorgelegten Vollmachten legen keinen hohen Grad an organisatorischer Eigenständigkeit des Münchener Standorts nahe. Denn sie sind nicht von der für diesen Standort zuständigen „Partner-In-Charge München“, sondern vom „Partner-In-Charge Germany“ unterzeichnet.

3. Schließlich vermögen die Regelungen des zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika geschlossenen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags vom 29. Oktober 1954 eine Grundrechtsberechtigung der Beschwerdeführerin nicht zu begründen.

a) Das Zustimmungsgesetz zu diesem Vertrag vom 7. Mai 1956 (BGBl II S. 487) steht im Rang eines einfachen Gesetzes unterhalb der Verfassung. Eine Änderung des Grundgesetzes kann durch ein solches Gesetz nicht herbeigeführt werden. Art. VI Abs. 1 des Vertrags ist demnach dahin auszulegen, dass die US-amerikanischen Gesellschaften beim Zugang zu den Fachgerichten gleich zu behandeln sind.

b) Die im Vertrag vom 29. Oktober 1954 getroffenen Vereinbarungen erfordern keine Anwendungserweiterung von Art. 19 Abs. 3 GG auf US-amerikanische juristische Personen, wie sie der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 19. Juli 2011 (BVerfGE 129, 78) für juristische Personen mit Sitz in Mitgliedstaaten der Europäischen Union vorgenommen hat. Diese Entscheidung reagiert auf die europäische Vertrags- und Rechtsentwicklung und die Ausgestaltung der Europäischen Union als hochintegrierter Staatenverbund (vgl. BVerfGE 129, 78 <96 f. und 99>). Eine vergleichbare Rechtsentwicklung hat zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA nicht stattgefunden.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 615

Bearbeiter: Holger Mann