HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 990
Bearbeiter: Holger Mann
Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 77/16, Beschluss v. 24.08.2017, HRRS 2017 Nr. 990
1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. November 2015 - 1 Ws 180/14 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss des Oberlandesgerichts wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
2. Im übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
3. Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer zwei Drittel seiner notwendigen Auslagen zu erstatten.
4. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 Euro (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob Art. 19 Abs. 4 GG das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde gemäß § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO auch in Bezug auf einen bereits vor Erhebung des Rechtsmittels aufgehobenen Haftbefehl gewährleistet.
Der Beschwerdeführer war Mitarbeiter in der Rechtsabteilung der D. in F. im Bereich „Litigation and Investigation“. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main führte am 28. April 2010 im Zuge eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen mehrere Mitarbeiter der D. zahlreiche Durchsuchungen durch. Dabei wurden auch die Zentrale und mehrere Niederlassungen der D. durchsucht. Der Beschwerdeführer begleitete mit weiteren Mitarbeitern die Durchsuchung in den Räumlichkeiten der D. Bei der Durchsuchung wurden zahlreiche Unterlagen und Datenträger sichergestellt. Parallel führten Bundeskriminalamt und Steuerfahndung eine IT-Beweissicherung durch. Nach einem am 29. April 2010 erstellten Durchsuchungsprotokoll sollten den Ermittlungsbehörden seitens der D. bestimmte, näher bezeichnete IT-Beweismittel übergeben werden. Zu den IT-Beweismitteln zählten „Kommunikationsdaten“ („E-Mail Konten und Instant Messaging“) sowie „Serverdaten“ („Persönliche Laufwerke und Gruppenlaufwerke“). Ausweislich des Protokolls befanden sich die Kommunikationsdaten beim Unternehmen I., die Serverdaten teilweise beim Unternehmen S.
Die D. benannte den Ermittlungsbehörden den Beschwerdeführer als Ansprechpartner. Für die Beschaffung und Zusammenstellung der Daten war der Bereich „d.“ verantwortlich, für die Koordination der Übergabe der Daten an die Ermittlungsbehörden Rechtsanwalt Dr. D. In einem an die Generalstaatsanwaltschaft übersandten Vermerk vom 27. Mai 2010 führte Rechtsanwalt Dr. D. unter anderem aus, dass Dateien, die mehr als 90 Tage vor dem 28. April 2010 gelöscht worden seien, nicht mehr verfügbar seien. Eine Beschaffung der Daten zu den im Durchsuchungsprotokoll genannten Stichtagen aus dem Jahre 2009 sei daher nicht möglich. Die Kommunikationsdaten lägen für 44 Personen - sieben Beschuldigte und 37 betroffene Zeugen vor. Die Sicherung der „Shares“ der Beschuldigten und der „Gruppenlaufwerke“ (Zugriff durch Beschuldigte und andere Mitarbeiter) werde in den nächsten zwei bis drei Wochen abgeschlossen sein. Hinsichtlich der im Durchsuchungsprotokoll genannten Serverdaten der „betroffenen Personen“ enthält der Vermerk keine Ausführungen. Die Daten wurden auf Festplatten gespeichert und am 30. Juni sowie am 7. und 8. Juli 2010 übergeben.
Mitte 2012 informierte der Mitbeschuldigte L., der die Rolle des Ansprechpartners vom Beschwerdeführer Ende 2010 übernommen hatte, diesen darüber, dass die Generalstaatsanwaltschaft die Unvollständigkeit der gelieferten Daten beanstandet habe. Im Einzelnen seien die Serverdaten nur für die Beschuldigten und nur mit Stand der Durchsuchung gesichert worden. Bei den Kommunikationsdaten fehlten E-Mails aus den letzten Tagen vor der Durchsuchung, und es seien Löschungen erfolgt. Für die D. nahm Rechtsanwalt Dr. D. gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft mit Schriftsätzen vom 1. Juni und 18. Juli 2012 Stellung. Er verwies dabei unter anderem auf seinen Vermerk vom 27. Mai 2010; ergänzend führte er aus, dass die übermittelten Serverdaten auch Sicherungen zum Stand 1. Februar sowie 15. April 2010 enthielten. In Bezug auf die E-Mails sei die Sicherung durch I. nicht auf den Tag genau erfolgt, sondern lediglich ab der letzten Wochensicherung. Die Löschungen seien nicht nachvollziehbar.
Am 19. November 2012 beantragte die Generalstaatsanwaltschaft beim Amtsgericht Frankfurt am Main den Erlass von Haftbefehlen und Durchsuchungsbeschlüssen unter anderem gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts der versuchten Strafvereitelung.
Die Haftbefehle und Durchsuchungsbeschlüsse wurden antragsgemäß am 23. November 2012 erlassen. Der hier angefochtene Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer gründete sich auf den dringenden Tatverdacht einer gemeinschaftlichen versuchten Strafvereitelung und den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr.
Die Durchsuchung wie auch die Vollstreckung des Haftbefehls wurden am 12. Dezember 2012 durchgeführt. Im Zuge dessen wurde der Beschwerdeführer unter Aushändigung einer Ausfertigung des Haftbefehls festgenommen, in Polizeigewahrsam verbracht und einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen.
Einen Tag später, am 13. Dezember 2012, beantragte die Verteidigung schriftsätzlich sowohl erstmalig Akteneinsicht als auch die Aufhebung, hilfsweise die Außervollzugsetzung des Haftbefehls.
Ebenfalls am 13. Dezember 2012 wurde der Beschwerdeführer der zuständigen Haftrichterin vorgeführt, die den Haftbefehl aufrechterhielt. Noch im Vorführungstermin legte der Beschwerdeführer hiergegen Beschwerde ein. Im Anschluss wurde der Beschwerdeführer in die Justizvollzugsanstalt W. verbracht.
Akteneinsicht wurde der Verteidigung am 14. Dezember 2012 gewährt.
Auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft vom 20. Dezember 2012 erfolgten die Aufhebung des Haftbefehls und die Entlassung des Beschwerdeführers aus der Untersuchungshaft.
Mit Schriftsatz vom 30. November 2013 beantragte der Beschwerdeführer, die Beschwerde, über die bisher noch nicht entschieden worden war, als Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde fortzuführen, mit dem Antrag, die Rechtswidrigkeit des Haftbefehls sowie von dessen Vollstreckung festzustellen. Zur Begründung führte er aus, ein dringender Tatverdacht und eine Verdunkelungsgefahr hätten nicht bestanden. Darüber hinaus sei die Anordnung von Untersuchungshaft unverhältnismäßig gewesen; den aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgenden Anforderungen würden die floskelhaften Ausführungen im Haftbefehl nicht gerecht. Überdies wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Vollstreckung des Haftbefehls. Die zunächst erfolgte Verbringung in den Polizeigewahrsam sei rechtswidrig gewesen. Die Vorführung sei verspätet erfolgt. Nach § 115 Abs. 1 StPO sei ein Beschuldigter unverzüglich dem Haftrichter vorzuführen. Warum die Vorführung nicht bereits am 12. Dezember 2012 erfolgt sei, sei nicht ersichtlich. Der zuständige Haftrichter sei erreichbar und nicht mit anderen Vorführungen ausgelastet gewesen. Überdies seien Durchsuchung und Festnahme vorab geplant gewesen. Durch die Vorführung erst am Folgetag sei dem Beschwerdeführer willkürlich der gesetzliche Richter entzogen worden. Die Gewährung von Akteneinsicht sei verspätet erfolgt. Der tatsächliche Verfahrensgang genüge weder den einfachgesetzlichen Anforderungen des § 147 Abs. 2 Satz 2 StPO noch den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 103 Abs. 1 GG. Der Haftbefehl und ihn bestätigende gerichtliche Entscheidungen dürften danach nur auf Tatsachen und Beweismittel gestützt werden, die dem Beschuldigten vorher bekannt gewesen seien. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Nachfragen im Vorführungstermin seien erfolglos geblieben, eine inhaltliche Erörterung der Beweismittel sei nicht erfolgt. Die Verteidigung habe am 13. Dezember sowie nochmals am 14. Dezember 2012 Akteneinsicht beantragt. Erst am 14. Dezember 2012 sei ihr eine digitale Akte überlassen worden. Diese sei jedoch unvollständig gewesen. Die Möglichkeit vollumfänglicher Akteneinsicht sei erst ab dem 14. Januar 2013 gewährt worden. Die Ermittlungsrichterin habe es versäumt, entlastende Umstände entsprechend § 115 Abs. 3, § 117 Abs. 3 StPO aufzuklären. Dass die Generalstaatsanwaltschaft den Haftgrund der Verdunklungsgefahr erst ab der Vernehmung des Mitbeschuldigten L. am 20. Dezember 2012 als ausgeräumt angesehen habe, sei verfehlt, da im Haftbefehl die Verdunklungsgefahr nicht im Hinblick auf den Mitbeschuldigten L. begründet oder erläutert worden sei. Das Amtsgericht Frankfurt am Main habe schließlich die Vorlagefrist des § 306 Abs. 2 StPO nicht beachtet.
Mit hier angefochtenem Beschluss vom 3. März 2014 verwarf das Landgericht Frankfurt am Main die als Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde fortgeführte Beschwerde als unbegründet.
Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2014 legte der Beschwerdeführer weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main ein. Zur Begründung stellte er im Wesentlichen auf dieselben Gesichtspunkte ab, die er bereits im Beschwerdeverfahren vorgetragen hatte. In einem weiteren Schriftsatz vom 23. Dezember 2014 befasst sich der Beschwerdeführer mit der - seiner Auffassung nach gegebenen - Zulässigkeit der weiteren Beschwerde. Es bleibe festzustellen, dass sich das Bundesverfassungsgericht zu der Gewährung fachgerichtlichen Rechtschutzes in der vorliegenden Fallkonstellation bereits im Jahr 2005 geäußert und die Fachgerichte darauf verwiesen habe, den vorgesehenen Instanzenzug nicht zu verkürzen. Die Oberlandesgerichte München und Braunschweig hätten daraufhin den in §§ 304 ff. und § 310 StPO definierten, zweistufigen Instanzenzug gewährt. Aus diesem Grund sei auch seine weitere Beschwerde zulässig.
Mit hier ebenfalls angefochtenem Beschluss vom 18. November 2015 verwarf das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die weitere Beschwerde als unzulässig. Zur Begründung führte es aus, die weitere Beschwerde nach § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO sei nicht statthaft, weil - nach Aufhebung des Haftbefehls - keine „Verhaftung“ im Sinne des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO betroffen sei, sondern es allein um die Feststellung der Rechtswidrigkeit gehe. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich nichts anderes. Danach solle lediglich verhindert werden, dass prozessual überholte schwerwiegende Maßnahmen einer gerichtlichen Überprüfung nicht mehr zugänglich seien. Nicht gefordert sei, dass eine entsprechende Feststellungsentscheidung gerade mit der weiteren Beschwerde erreicht werden könne. Das Bundesverfassungsgericht habe es ausdrücklich als zweifelhaft angesehen, ob die weitere Beschwerde bei einem aufgehobenen Haftbefehl statthaft sei. Es habe nur ausgeführt, der Beschwerdeführer müsse nach dem in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde von diesem Rechtsmittel zunächst Gebrauch machen und sein Rechtschutzziel mit den ihm durch das Gesetz zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen zu erreichen suchen und damit den Rechtsweg erschöpfen, bevor er Verfassungsbeschwerde erhebe. Weil der Beschuldigte im vorliegenden Fall nicht mehr unter dem Verdikt der Untersuchungshaft stehe, erachtete das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Entscheidung über die Feststellung der Rechtswidrigkeit als keine die Verhaftung betreffende Entscheidung im Sinne des § 310 Abs. 1 StPO.
Der Beschluss ist der Verteidigung des Beschwerdeführers am 2. Dezember 2015 zugegangen.
Mit seiner am 31. Dezember 2015 beim Bundesverfassungsgericht eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer in Bezug auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. November 2015 eine Verletzung seines Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit dem Grundrecht auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 GG. Ferner rügt er - in Bezug auf die weiteren, im Rubrum im Einzelnen bezeichneten Hoheitsakte - eine Verletzung seines Grundrechts auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG, seines Rechts auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 GG, seines Rechts auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG, sowie seines Rechts auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
1. Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main sei zulässig, insbesondere sei der Beschwerdeführer - trotz zwischenzeitlicher Aufhebung des Haftbefehls - nach wie vor beschwerdebefugt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei nunmehr die Rechtmäßigkeit der zwischenzeitlich erledigten Maßnahme zu prüfen. Dies sei zur Rehabilitierung des Beschwerdeführers erforderlich, insbesondere auch deswegen, weil das Ermittlungsverfahren noch nicht eingestellt worden sei.
Die Verfassungsbeschwerde sei auch begründet, da der angegriffene Beschluss den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG verletze. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts garantiere Art. 19 Abs. 4 GG einen effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt. Dieser Schutz werde in erster Linie von den Prozessordnungen bewirkt. Art. 19 Abs. 4 GG fordere zwar keinen Instanzenzug. Wenn das Prozessrecht aber eine weitere Instanz eröffne, bestehe auch insoweit ein Anspruch auf wirksame gerichtliche Kontrolle. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hänge die Gewährung von Rechtsschutz bei freiheitsentziehenden Maßnahmen wegen des Rehabilitierungsinteresses insbesondere nicht vom Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme ab. Eine Beschwerde dürfe nicht wegen prozessualer Überholung als unzulässig verworfen werden, vielmehr sei die Rechtmäßigkeit einer zwischenzeitlich erledigten Maßnahme zu prüfen und nötigenfalls deren Rechtswidrigkeit festzustellen.
Diesen Vorgaben werde die angegriffene Entscheidung nicht gerecht. Diese sei bereits mit dem Wortlaut von § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO im Lichte des Verfassungsrechts unvereinbar. Im Beschwerdeverfahren gehe es immer um die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Haftbefehls, unabhängig von der Frage, ob dieser noch bestehe. Die Aufhebung des Haftbefehls habe daher keinen Einfluss auf die Frage, ob eine Verhaftung im Sinne des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO vorliege. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei aus der Schwere des Grundrechtseingriffs abzuleiten, dass auch nach Aufhebung eines Haftbefehls ein auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit gerichtetes Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main gehe im angegriffenen Beschluss hingegen davon aus, dass ab Aufhebung des Haftbefehls eine besondere Schwere des Eingriffs nicht mehr gegeben sei. Mit dem von Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz, der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch den Instanzenzug erfasse, soweit das Prozessrecht ihn eröffne, sei es unvereinbar, dass das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die weitere Beschwerde für unzulässig halte und damit ein und derselbe Grundrechtseingriff in unterschiedlichen Instanzen zu gegensätzlichen Ergebnissen über die Zulässigkeit des Rechtsmittels führe. Insoweit laufe der statthafte Rechtsbehelf entgegen den verfassungsrechtlichen Vorgaben leer. Die im angegriffenen Beschluss vertretene Auffassung, aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lasse sich nur entnehmen, dass die weitere Beschwerde zur Rechtswegerschöpfung nach § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG gehöre, nicht aber, dass diese auch zwingend zulässig sei, sei verfehlt. Denn die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könne nicht dahingehend interpretiert werden, dass das Bundesverfassungsgericht einen Beschwerdeführer auf einen nicht zweifelsfrei zulässigen Rechtsbehelf verweise. Andere Oberlandesgerichte hielten die weitere Beschwerde in Fällen wie dem vorliegenden überdies - teilweise unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - für zulässig.
2. Die Verfassungsbeschwerde sei auch im Übrigen zulässig und begründet.
Beantragung und Erlass des Haftbefehls des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 23. November 2012 verletzten den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG. Die unterlassene unverzügliche Vorführung des Beschwerdeführers vor den zuständigen Haftrichter verletze den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG; überdies sei er seinem gesetzlichen Richter entzogen worden und in seinem Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt. Ferner verletze die Gewährung von Akteneinsicht erst am Tage nach der Vorführung den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG, in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und in seinem Grundrecht auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Die Verweigerung der Vorlage oder Mitteilung der Beweismittel und ihrer Erörterung im Vorführungstermin sei darüber hinaus mit den Grundrechten des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG, dem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG unvereinbar. Weiterhin verletze die Unterlassung einer Entscheidung über die Abhilfe der im Vorführungstermin eingelegten Haftbeschwerde den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG, in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 3. März 2014 verletze den Beschwerdeführer zudem in seinen Grundrechten aus Art. 19 Abs. 4, Art. 103 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 GG in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG.
1. Nach Auffassung des Generalbundesanwalts muss die zulässig erhobene Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg bleiben.
a) Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main wende, sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Die Entscheidung werde dem aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Maßstab gerecht.
Den Garantien des Art. 19 Abs. 4 GG sowie des Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und Art. 104 Abs. 1 GG lasse sich verfassungsrechtlich ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse des vormals von einer Freiheitsentziehung Betroffenen auf eine weitere Gerichtsinstanz nicht entnehmen. Zwar dürfe die Gewährung von Rechtsschutz nicht von Zufälligkeiten des Verfahrensablaufs abhängen. Ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf eine weitere gerichtliche Prüfungsinstanz lasse sich daraus aber nicht zwingend ableiten. Denn dem Rehabilitationsinteresse des Betroffenen werde bereits durch die gerichtliche Prüfung des erledigten Grundrechtseingriffs Rechnung getragen. Der nachfolgenden Prüfung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main komme lediglich ein wiederholender Charakter zu. Obwohl es sich bei einer Freiheitsentziehung um einen besonders schwer wiegenden Grundrechtseingriff handle, lasse sich daraus gleichwohl ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf einen Instanzenzug zumindest bei vorheriger Erledigung des Eingriffs nicht ableiten. Dem Rehabilitationsinteresse des Betroffenen nach Erledigung der Haft werde aber jedenfalls durch die gerichtliche Prüfung im Beschwerdeverfahren hinreichend Rechnung getragen. Dem stehe auch nicht der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde entgegen. Denn das Rechtsschutzbedürfnis eines Beschwerdeführers für die Feststellung einer etwaigen Verfassungswidrigkeit einer überholten freiheitsentziehenden Anordnung bestehe unabhängig von der Ausgestaltung des fachgerichtlichen Rechtsschutzes.
Die vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main vorgenommene Auslegung des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO sei vor diesem Hintergrund insgesamt vertretbar und halte verfassungsrechtlicher Prüfung stand. Bei § 310 StPO handle es sich um eine eng auszulegende Ausnahme. Der Wortlaut der „Verhaftung“ deute auf eine Tätigkeit und ein aktuelles Geschehen und damit auf das Erfordernis einer aktuell anhaltenden Haft hin. Dies lege die vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main vertretene Interpretation nahe, dass der Gesetzgeber die Gewährung einer weiteren Gerichtsinstanz an den von Dringlichkeit geprägten Vollzug eines gravierenden Eingriffs geknüpft habe. Ungeachtet des noch nach Erledigung der Freiheitsentziehung bestehenden (und eine gerichtliche Überprüfung bedingenden) Rehabilitationsinteresses liege der Vorschrift des § 310 Abs. 1 StPO die gesetzgeberische Wertung zugrunde, dass im Falle einer aktuell andauernden Freiheitsentziehung - wie auch bei den anderen im Einzelnen genannten schwer wiegenden Grundrechtseingriffen - ein darüber hinausgehendes besonderes Rechtsschutzbedürfnis bestehe, das die Befassung eines weiteren Instanzgerichts rechtfertige. Ebenso trage die Auslegung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main der erkennbaren Ausnahmestellung des Rechtsbehelfs Rechnung. Zu beachten sei weiter, dass im Zeitpunkt der Einlegung der weiteren Beschwerde nicht nur der Haftbefehl aufgehoben gewesen sei, sondern für den betreffenden Zeitraum auch eine gerichtliche Beschwerdeentscheidung vorgelegen habe. Gegenstand der Prüfung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main habe somit nur noch die Ordnungsmäßigkeit der bereits erfolgten gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle sein können. Für die Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main sprächen ferner systematische Erwägungen des Strafprozessrechts. Die weitere Beschwerde des § 310 StPO sei im Gegensatz zu sonstigen Rechtsbehelfen zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main nicht fristgebunden. Bei Vorliegen eines aktuell andauernden schweren Grundrechtseingriffs erscheine eine gesetzliche Fristsetzung schon deshalb entbehrlich, weil ohnehin anzunehmen sei, dass der Betroffene, sofern er eine nochmalige gerichtliche Prüfung wolle, alsbald den von der Strafprozessordnung angebotenen weiteren Rechtsschutz in Anspruch nehmen wolle. Bei einem bloßen Feststellungsinteresse sei dies nicht der Fall, vielmehr werde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit des taktischen Umgangs mit dem Rechtsmittel gegeben. Dem Rehabilitationsinteresse des Betroffenen könne im Übrigen auch bei Abschluss des Verfahrens Rechnung getragen werden. Einer Einstellung des Ermittlungsverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts (§ 170 Abs. 2 StPO) oder einem das Verfahren abschließenden Freispruch könne sogar eine stärkere rehabilitierende Wirkung innewohnen. Aber auch im Falle einer Verurteilung werde zumindest insoweit ein Ausgleich geschaffen, als die erlittene Freiheitsentziehung durch die Anrechnung auf die Strafe berücksichtigt werde.
b) Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main wende, sei sie ebenfalls nicht erfolgversprechend. Das Landgericht Frankfurt am Main habe sich mit den Beanstandungen des Beschwerdeführers sorgfältig und umfassend auseinandergesetzt. Die Entscheidung lasse einen Verstoß gegen Verfassungsrecht nicht erkennen.
c) Schließlich könne die Verfassungsbeschwerde auch keinen Erfolg haben, soweit sie einzelne Verfahrenshandlungen des Ermittlungsrichters des Amtsgerichts Frankfurt am Main beanstande. Insoweit dürfte die Verfassungsbeschwerde bereits unzulässig sein. Die beanstandeten Verfahrensweisen seien Gegenstand umfassender Prüfung durch das Landgericht Frankfurt am Main gewesen und deshalb prozessual überholt. Jedenfalls sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet; die Verfahrensweise des Amtsgerichts Frankfurt am Main halte verfassungsrechtlicher Nachprüfung stand.
2. Die Hessische Landesregierung hat von einer Stellungnahme zu dem Verfahren abgesehen.
3. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens in elektronischer Form vorgelegen.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Entscheidung an und gibt ihr nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG statt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. November 2015 - 1 Ws 180/14 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG.
1. Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231>). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Diese treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne gerichtliche Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 94, 166 <213>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231>). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 49, 329 <343>; 83, 24 <31>; 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231>). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 65, 76 <90>; 96, 27 <39>; 104, 220 <232>). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer „leerlaufen“ lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <232>; BVerfGK 6, 303 <308>). Hiervon muss sich das Rechtsmittelgericht bei der Antwort auf die Frage leiten lassen, ob im jeweiligen Einzelfall für ein nach der Prozessordnung statthaftes Rechtsmittel ein Rechtsschutzinteresse besteht (BVerfGK 6, 303 <308>).
a) Mit der durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG sowie durch Art. 20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG verbürgten Effektivität des Rechtsschutzes ist es grundsätzlich vereinbar, ein Rechtsschutzinteresse nur solange als gegeben anzusehen, wie eine gegenwärtige Beschwer ausgeräumt, einer Wiederholungsgefahr begegnet oder eine fortwirkende Beeinträchtigung beseitigt werden kann (BVerfGK 6, 303 <308>). Darüber hinaus kann aber ein Feststellungsinteresse vor allem bei schwerwiegenden, tatsächlich aber nicht mehr fortwirkenden Grundrechtseingriffen fortbestehen (BVerfGK 6, 303 <308>). Solche kommen vor allem bei Anordnungen in Betracht, die das Grundgesetz - wie in den Fällen des Art. 13 Abs. 2 GG und Art. 104 Abs. 2 und 3 GG - vorbeugend dem Richter vorbehalten hat, so dass ein Feststellungsinteresse wegen des Eingriffs in das Freiheitsgrundrecht auch bei der unter Beachtung der Unschuldsvermutung vollzogenen Untersuchungshaft zu bejahen ist (vgl. BVerfGE 9, 89 <93>; 53, 152 <157 f.>; BVerfGK 6, 303 <308 f.>). Auf diese Weise stehen Anordnungen einer Freiheitsentziehung (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, Art. 104 Abs. 2 und 3 GG) einer gerichtlichen und verfassungsgerichtlichen Überprüfung offen, auch wenn die angeordnete Maßnahme inzwischen durchgeführt und beendet ist (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>; 104, 220 <233>; BVerfGK 6, 303 <309>).
b) Während früher generell eine nachträgliche gerichtliche Klärung schwerwiegender Grundrechtseingriffe davon abhängig gemacht wurde, dass deren direkte Belastung sich typischerweise auf eine Zeitspanne beschränkt, in der der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in dem von der maßgeblichen Prozessordnung vorgesehenen Verfahren kaum erlangen kann (vgl. BVerfGE 96, 27 <39 f.>; 110, 77 <85 f.>), hängt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Gewährung von Rechtsschutz im Hinblick auf das bei Freiheitsentziehungen bestehende Rehabilitierungsinteresse weder vom konkreten Ablauf des Verfahrens und dem Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme noch davon ab, ob Rechtsschutz typischerweise noch vor Beendigung der Haft erlangt werden kann (vgl. BVerfGE 104, 220 <235>; BVerfGK 6, 303 <309>). Dies gilt sowohl für den Fall der strafrechtlichen Untersuchungshaft (vgl. BVerfGK 6, 303 <309>) als auch für die Konstellation eines Sitzungshaftbefehls (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Oktober 2006 - 2 BvR 473/06 -, juris, Rn. 17). Die Beschwerde darf in solchen Fällen nicht wegen prozessualer Überholung als unzulässig verworfen werden; vielmehr ist die Rechtmäßigkeit der zwischenzeitlich erledigten Maßnahme zu prüfen und gegebenenfalls deren Rechtswidrigkeit festzustellen (vgl. BVerfGE 96, 27 <41 f.>; 104, 220 <235 f.>; BVerfGK 6, 303 <309>; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2001 - 1 Ws 33/01 -, juris; OLG Celle, Beschluss vom 21. Februar 2003 - 2 Ws 39/03 -, juris; OLG München, Beschluss vom 31. Januar 2006 - 3 Ws 61/06 -, StV 2006, S. 317; OLG Braunschweig, Beschluss vom 20. Juni 2012 - Ws 162/12 -, juris; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 5. Januar 2015 - 1 Ws 166/14 -, juris). Besteht bei Freiheitsentziehungen durch Haft ein schutzwürdiges Interesse an der (nachträglichen) Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit auch dann, wenn sie erledigt sind, so müssen die Fachgerichte dies bei der Beantwortung der Frage nach einem Rechtsschutzinteresse gemäß Art. 19 Abs. 4 GG beachten (BVerfGE 104, 220 <235 f.>). Insoweit kann dem Beschwerdeführer ein „subsidiärer“ Charakter des Feststellungsbegehrens nicht entgegengehalten werden. Die Haftaufhebung ist das „wesensgleiche“ Plus zur Feststellung, dass die Inhaftierung rechtswidrig ist; mit ihr wird die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit praktisch umgesetzt. Um die allgemeine prozessrechtliche „Subsidiarität“ von Feststellungs- gegenüber Bewirkungsanträgen geht es hierbei nicht (BVerfGK 6, 303 <309 und 311>).
2. Diesen Maßstäben wird der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main nicht gerecht.
a) Die Vorschrift des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO eröffnet für den Fall der „Verhaftung“ eine weitere fachgerichtliche Überprüfungsinstanz. Gegen die Anordnung und Aufrechterhaltung einer Freiheitsentziehung statthafte Rechtsbehelfe dürfen nicht durch eine zu enge Anwendung der einschlägigen prozessualen Regeln „leerlaufen“; auch mit Rücksicht auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde haben die Fachgerichte die zuvörderst ihnen übertragene Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes sicherzustellen (vgl. BVerfGK 6, 303 <314 f.>). Eine Auslegung des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO, wonach die weitere Beschwerde nach Aufhebung des Haftbefehls nicht mehr zulässig ist, genügt diesen aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Anforderungen an die Ausgestaltung des Rechtsschutzes nicht.
b) Eine nachträgliche gerichtliche Klärung schwerwiegender Grundrechtseingriffe - insbesondere des Rechts auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG i.V.m. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG) - darf nicht davon abhängig sein, ob deren direkte Belastung sich typischerweise auf eine Zeitspanne beschränkt, in der der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in dem von der maßgeblichen Prozessordnung vorgesehenen Verfahren kaum erlangen kann. Die zwischenzeitliche Aufhebung des Haftbefehls und die Freilassung des Beschwerdeführers führen angesichts der Schwere der Grundrechtsbeeinträchtigung für sich allein nicht dazu, dass sein Interesse an gerichtlichem Rechtsschutz hinter dem bei einer weiteren Inhaftierung gebotenen zurückbleibt oder gänzlich entfällt. Das ursprüngliche Interesse auf gerichtlichen Schutz gegen den vollzogenen Haftbefehl wandelt sich vielmehr in ein Feststellungsinteresse hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Inhaftierung (vgl. BVerfGK 6, 303 <308 ff.>). Die Gewährung von Rechtsschutz und die Eröffnung des nach der Prozessordnung dafür vorgesehenen Instanzenzuges hängen insbesondere nicht vom Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme ab (vgl. BVerfGK 6, 303 <309>). Unerheblich ist ferner, dass dem Beschwerdeführer bereits Rechtsschutz vor dem Landgericht Frankfurt am Main gewährt worden ist. Vor der Aufhebung des Haftbefehls und der Freilassung wäre ein Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers auch für die weitere Beschwerde zu bejahen gewesen. Dieses Rechtsschutzinteresse ist - wie ausgeführt nicht entfallen, sondern besteht nunmehr als Feststellungsinteresse fort.
c) Der Begriff der „Verhaftung“ in § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO ist bei Beachtung der verfassungsrechtlichen Anforderungen mithin dahin zu verstehen, dass auch nach Aufhebung des Haftbefehls und Freilassung des Beschwerdeführers eine Rechtmäßigkeitsprüfung im fachgerichtlichen Instanzenzug möglich bleiben muss. Einem solchen Verständnis stehen weder der Wortlaut des § 310 Abs. 1 StPO noch der Umstand entgegen, dass die weitere Beschwerde auf die in § 310 Abs. 1 StPO enumerativ aufgezählten Fälle (vgl. BVerfGE 48, 367 <376>) - wie hier den der „Verhaftung“ beschränkt bleibt. Diese Interpretation des § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO entspricht zudem der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGK 6, 303 <314 f.> für den Fall der Untersuchungshaft; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Oktober 2006 - 2 BvR 473/06 -, juris, Rn. 9 und 17 für den Fall eines Sitzungshaftbefehls). Die genannten Entscheidungen betreffen im Übrigen nicht lediglich eine von den Fachgerichten zu beantwortende Frage der Auslegung von § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO im Hinblick auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, sondern statuieren aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgende Anforderungen an die Ausgestaltung des Rechtsschutzes für den Fall eines aufgehobenen Haftbefehls. Der Umstand, dass es sich bei der weiteren Beschwerde um ein nicht fristgebundenes Rechtsmittel handelt, das die Möglichkeit eines taktischen Einsatzes eröffnet, führt ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Ungeachtet dessen, dass eine solche Fallkonstellation vorliegend nicht gegeben ist, wäre ein (rein) taktischer Einsatz des Rechtsmittels ein bei der einzelfallbezogenen Prüfung des Feststellungsinteresses heranzuziehender Umstand. Aus diesem Gesichtspunkt können indes keine Rückschlüsse auf die von Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten generellen Anforderungen an die Ausgestaltung des Rechtsschutzes gezogen werden.
Es ist daher gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG festzustellen, dass der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. November 2015 - 1 Ws 180/14 - den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzt. Der angegriffene Beschluss ist unter Zurückverweisung der Sache aufzuheben (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG). Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main wird unter Beachtung der dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen erneut zu prüfen haben, ob die weitere Beschwerde vom 10. Oktober 2014 zulässig und begründet ist.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen; sie ist insoweit bereits unzulässig. Eine - über die behauptete Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG hinausgehende - verfassungsgerichtliche Sachprüfung widerspräche dem Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, weil eine abschließende fachgerichtliche Prüfung der im Übrigen gerügten Hoheitsakte bislang - entgegen den Vorgaben von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG - nicht erfolgt ist. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG.
Der nach § 37 Abs. 2 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist unter Berücksichtigung der in § 14 Abs. 1 RVG genannten Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen und beträgt mindestens 5.000 Euro. Er liegt höher, wenn der Verfassungsbeschwerde aufgrund einer Entscheidung der Kammer stattgegeben wird. Im Hinblick auf die objektive Bedeutung der Sache ist ein Gegenstandswert von 10.000 Euro angemessen.
HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 990
Bearbeiter: Holger Mann