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HRR-Strafrecht
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
September 2001
2. Jahrgang
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1. Zur Anwendung von § 46a StGB bei Zusammentreffen von Täter-Opfer-Ausgleich und Schadenswiedergutmachung. (BGH)
2. Der § 46a StGB stellt einen vertypten Milderungsgrund für zwei gleichwertig nebeneinanderstehende Fallgruppen dar. (Bearbeiter)
3. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezieht sich § 46 a Nr. 1 StGB vor allem auf den Ausgleich der immateriellen Folgen einer Straftat, die auch bei Vermögensdelikten denkbar sind, während § 46 a Nr. 2 StGB den materiellen Schadensersatz betrifft (BGH StV 1995, 464 f.; 2000, 129; BGHR StGB § 46 a Nr. 1 Ausgleich 1). Ob diese strenge Unterscheidung und die damit verbundene Einengung der Vorschrift, die aus dem Wortlaut und der gesetzgeberischen Intention abgeleitet wird (vgl. u.a. BGHR StGB § 46 a Nr. 1 Ausgleich 1), in dieser Schärfe aufrechterhalten werden sollte, erscheint dem Senat zweifelhaft. Ausreichend für eine Anwendung von § 46 a StGB ist es auf jeden Fall, wenn hinsichtlich jedes Geschädigten eine der Alternativen des § 46 a StGB erfüllt ist. (Bearbeiter)
4. Im Rahmen des § 46 a Nr. 1 StGB kommt immateriellen Leistungen im Verhältnis Täter und Opfer besonderes Gewicht zu. Ein "Wiedergutmachungserfolg" wird nicht verlangt. Erforderlich ist, daß der Täter im Bemühen, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat "ganz oder zum überwiegenden Teil" wiedergutgemacht hat, ausreichend ist aber auch, daß der Täter dieses Ziel ernsthaft erstrebt (st. Rspr. BGHR StGB § 46 a Wiedergutmachung 1). Ein solches Bemühen hat der Angeklagte durch das Anbieten eines angemessenen Schmerzensgelds an den Tag gelegt. Unerheblich ist dabei entgegen der Auffassung des Landgerichts, daß nicht er persönlich diese Bemühungen unternommen hat, sondern seinen Verteidiger tätig werden ließ (BGHR StGB § 46 a Nr. 1 Ausgleich 2). (Bearbeiter)
5. Der Anwendung des § 46 a Nr. 1 StGB steht es nicht entgegen, daß die Tatopfer eine Schmerzensgeldzahlung nicht für erforderlich halten. Es liegt ohnehin nicht allein in der Hand der Tatopfer, ob diese Regelung zur Anwendung gelangen kann. Ausreichend ist das ernsthafte Bemühen. Bei Delikten der vorliegenden Art darf jedenfalls nicht allein auf Grund des Verzichts des Tatopfers auf ein Schmerzensgeld der Anwendungsbereich der auch im Interesse des Täters geschaffenen Regelung des § 46 a StGB eingeengt werden. (Bearbeiter)
6. Einer Anwendung des § 46a Nr. 2 StGB steht nicht entgegen, daß nur ein Teil des entstandenen Schadens, wiedergutgemacht worden ist. Die vollständige Erfüllung der Ersatzansprüche ist nicht erforderlich. Es bleibt offen, ob die Wiedergutmachung von mehr als der Hälfte des Schadens erforderlich ist. (Bearbeiter)
Bei der Prüfung, ob bei einem Täter ein Hang zu erheblichen Straftaten vorliegt und er (deshalb) für die Allgemeinheit gefährlich ist, sind seine Täterpersönlichkeit und die von ihm begangenen Taten umfassend zu würdigen. Dabei dürfen Äußerungen des Angeklagten während der Urteilsverkündung nicht berücksichtigt werden, da sie nicht im Verfahren nach § 261 StPO gewonnen worden sind. Zulässiges Verteidigungsverhalten darf nicht zu Lasten des nicht voll geständigen Angeklagten verwertet werden.
1. Für die Frage des Vorliegens einer oder mehrerer Handlungen im Sinne der §§ 52, 53 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung aber der jeweilige Tatbeitrag des mittelbaren Täters entscheidend (BGH StV 2000, 196).
2. Täuschung ist jedes Verhalten, das objektiv irreführt oder einen Irrtum unterhält und damit auf die Vorstellung eines anderen einwirkt. Dabei ist in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt, daß außer der ausdrücklichen Begehung, namentlich durch bewußt unwahre Behauptungen, die Täuschung auch konkludent erfolgen kann, nämlich durch irreführendes Verhalten. Dies schließt eine Täuschungshandlung nicht deshalb aus, weil sich der Täter hierzu - isoliert betrachtet - wahrer Tatsachenbehauptungen bedient. Ein Verhalten wird in diesen Fällen (vgl. BGH NJW 2001, 2187 f.) zur tatbestandlichen Täuschung dann, wenn der Täter die Eignung der - inhaltlich richtigen - Erklärung, einen Irrtum hervorzurufen, planmäßig einsetzt und damit unter dem Anschein "äußerlich verkehrsgerechten Verhaltens" gezielt die Schädigung des Adressaten verfolgt, wenn also die Irrtumserregung nicht die bloße Folge, sondern der Zweck der Handlung ist.
3. Die Verhängung der Maßregel nach § 70 StGB setzt voraus, daß der Täter den Beruf oder das Gewerbe, bei dem ihm Mißbrauch oder grobe Pflichtverletzung vorgeworfen wird, bei Begehung der Straftat tatsächlich ausübt (BGHSt 22, 144, 145 f.). Nach der Rechtsprechung reicht es demgemäß nicht aus, daß die vom Angeklagten begangenen Betrugstaten nur im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder vorgetäuschten Berufs- oder Gewerbetätigkeit standen (BGHR StGB § 70 Abs. 1 Pflichtverletzung 4).
1. Zwar hindert die in § 57 b StGB vorgeschriebene zusammenfassende Würdigung der einzelnen Straftaten bei der Feststellung der besonderen Schuldschwere im Falle einer Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe den Tatrichter nicht, die besondere Schwere der Schuld schon für eine mit lebenslanger Freiheitsstrafe als Einzelstrafe geahndete Tat festzustellen. In dem Fall hat er allerdings eine zweifache Würdigung im Hinblick auf die besondere Schuldschwere vorzunehmen.
2. Die Begehung mehrerer Tötungsdelikte kann zwar ein Umstand von Gewicht im Sinne von § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 sein (vgl. BGHSt 39, 208), er kann jedoch nicht ohne weiteres zur Bejahung der besonderen Schuldschwere führen, sondern nur im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung.
Die Bezugnahme in § 55 StGB auf die §§ 53, 54 StGB zeigt, daß die nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach den selben Regeln wie die Gesamtstrafenbildung bei gemeinsamer Aburteilung mehrerer Straftaten erfolgen und der Täter mithin bei der nachträglichen Gesamtstrafenbildung im Ergebnis weder besser noch schlechter gestellt werden soll. Auf eine Appell- oder Warnfunktion der noch nicht erledigten Strafe kommt es deshalb nicht an (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Anwendungspflicht 1 m.N.).
Zu erwartende steuerliche Nachforderungen auf Grund der zugeflossenen und dem Verfall unterliegenden Entgelte sind regelmäßig nicht geeignet, das Vorliegen einer unbilligen Härte zu rechtfertigen.
1. Ein besonders schwerer Fall des Totschlags, der die Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe rechtfertigt, setzt voraus, daß das in der Tat zum Ausdruck kommende Verschulden des Täters so außergewöhnlich groß ist, daß es ebenso schwer wiegt wie das eines Mörders. So reicht die bloße Nähe der die Tat oder den Täter kennzeichnenden Umstände zu einem gesetzlichen Mordmerkmal allein als die Schuld besonders erhöhender Umstand nicht aus (BGH NStZ 1993, 342); es müssen noch schulderhöhende Momente hinzutreten, die besonderes Gewicht haben (BGHR StGB § 212 Abs. 2 Umstände, schulderhöhende 1). Allein das äußere Erscheinungsbild der Tat läßt zudem nicht ohne weiteres den Schluß auf die grausame und unbarmherzige Gesinnung des Täters zu, die Tat kann ihres grausamen Charakters auch dadurch entkleidet werden, daß der Täter zu den entsprechenden Handlungsteilen infolge heftiger Gemütsbewegung oder durch hochgradige Erregung hingerissen worden ist (BGHR StGB § 211 Abs. 2 Grausam 1 m.w.N.).
2. Eine Vielzahl von Verletzungshandlungen ist häufig eher ein Anzeichen für eine seelische Beeinträchtigung als Ausdruck besonderer verbrecherischer Energie (vgl. BGHR StGB § 21 Strafzumessung 7). Handlungsmodalitäten, die Anzeichen für eine erhebliche seelischen Beeinträchtigung sind, dürfen nicht als besondere Strafschärfungsgründe bewertet werden (vgl. BGH NStZ 1993, 342, 343). Dies bedeutet freilich nicht, daß sie bei der Bewertung der Tat im Rahmen der Strafzumessung unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. BGHR StGB § 21 Strafzumessung 10).
Die Begehung einer weiteren Straftat nach der abgeurteilten Tat kann grundsätzlich auch für die zuvor begangene Tat strafschärfend berücksichtigt werden. Dies setzt allerdings voraus, daß die weitere Straftat nach ihrer Art und nach der Persönlichkeit des Täters hinsichtlich der abgeurteilten Tat auf Rechtsfeindschaft, Gefährlichkeit und die Gefahr künftiger Rechtsbrüche schließen läßt (vgl. StGB § 46 Abs. 2 Nachtatverhalten 25).
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, daß die Persönlichkeit eines Täters zutreffend nur in einer Ganzheitsbetrachtung zu erfassen ist. Seine Entwicklung und sein Charakterbild sowie die Tat in ihren konkreten Zusammenhängen sind dabei untrennbar miteinander verbunden (BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 4, 16). Ein Urteil muß diesen Aspekten Rechnung tragen und insbesondere auf Besonderheiten des Tatbildes eingehen.