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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 44

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 287/22, Beschluss v. 08.11.2022, HRRS 2023 Nr. 44


BGH 5 StR 287/22 - Beschluss vom 8. November 2022 (LG Leipzig)

Änderung des Schuldspruchs.

§ 354 Abs. 1 StPO

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 30. März 2022 im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte

im Fall II.1 der Urteilsgründe der versuchten Anstiftung zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern in kinderpornographischer Absicht und mit Besitzverschaffung von kinderpornographischen Schriften,

in den Fällen II.8, 9 und 10 jeweils der Drittbesitzverschaffung kinderpornographischer Schriften, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern (II.8) und

in den Fällen II.11 bis 16 der Besitzverschaffung von kinderpornographischen Schriften schuldig ist.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Anstiftung zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern in Tateinheit mit versuchter Anstiftung zum Herstellen kinderpornographischer Schriften und mit Erwerb kinderpornographischer Schriften (Fall II.1), wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und Herstellen kinderpornographischer Schriften, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und Herstellen kinderpornographischer Schriften, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Verbreiten kinderpornographischer Schriften (Fall II.8), wegen Herstellens kinderpornographischer Schriften, wegen Verbreitens kinderpornographischer Schriften in zwei Fällen (II.9 und 10) sowie wegen Erwerbs kinderpornographischer Schriften in sechs Fällen (II.11 bis 16) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Zur Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung hat das Landgericht vier Monate der Strafe als vollstreckt erklärt.

Die Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Allein die Schuldsprüche in den Fällen II.1 sowie 8, 9, 10 und 11 bis 16 bedürfen - wie auch vom Generalbundesanwalt beantragt - der Korrektur.

Im Einzelnen:

1. Im Fall II.1 entfällt die tateinheitliche Verurteilung wegen versuchter Anstiftung zum Herstellen kinderpornographischer Schriften. Nach § 30 StGB ist allein die versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen strafbewehrt. Die vom Haupttäter nach Vorstellung des Angeklagten zu begehende Tat nach § 184b StGB in der hier maßgeblichen Fassung vom 21. Januar 2015 stellte indes ein Vergehen dar.

Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO. Die Einzelstrafe im Fall II.1 von einem Jahr und neun Monaten wird dadurch nicht berührt, weil der Senat ausschließen kann, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Beurteilung zu einer niedrigeren Strafe gelangt wäre (§ 337 Abs. 1 StPO). Es hat zwar bei der Strafrahmenwahl und der konkreten Strafzumessung die tateinheitliche Verwirklichung mehrerer Tatbestände berücksichtigt; nach Wegfall eines Delikts verbleiben aber noch weitere tateinheitlich verwirklichte Tatbestände.

Zwar hat die Strafkammer nach Abwägung allgemeiner Strafzumessungsgesichtspunkte und Ablehnung eines minder schweren Falls den nach § 30 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 176a Abs. 2 StGB in der Fassung vom 21. Januar 2015 zugrunde gelegt, ohne erkennbar zuvor geprüft zu haben, ob ein minder schwerer Fall nach § 176a Abs. 4, 2. Alt. StGB a.F. unter ergänzender Berücksichtigung des gesetzlich vertypten Milderungsgrundes des § 30 StGB in Betracht kommt (vgl. zur Prüfungsreihenfolge bei minder schweren Fällen BGH, Beschlüsse vom 15. März 2022 - 4 StR 18/22; vom 10. August 2021 - 1 StR 250/21 jeweils mwN). Indes ist der Angeklagte hierdurch nicht beschwert, da sich die verhängte Einzelstrafe von einem Jahr und neun Monaten an der Untergrenze des vom Landgericht zugrunde gelegten Strafrahmens bewegt und diese milder ist als die Untergrenze des Strafrahmens des minder schweren Falls nach § 176a Abs. 4, 2. Alt. StGB a.F.

Aus Gründen der Klarstellung ergänzt der Senat den Schuldspruch um die zusätzlich verwirklichte Qualifikation nach § 176a Abs. 3 StGB a.F. (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2020 - 1 StR 234/20) und ändert - auch in den Fällen II.11 bis 16 - die Tenorierung wegen „Erwerbs“ der inkriminierten Schriften in „Besitzverschaffung“ (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - 3 StR 350/20 Rn. 15).

2. In den Fällen II.8, 9 und 10 ist die Urteilsformel dahin zu korrigieren, dass sich der Angeklagte jeweils der Drittbesitzverschaffung kinderpornographischer Schriften, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern (II.8) schuldig gemacht hat. Es ist nicht festgestellt, dass der Angeklagte mit einer Weitergabe der von ihm an einen Chatpartner übersandten Bilder an einen nicht mehr kontrollierbaren Personenkreis rechnete. Er hat sich daher nicht einer Verbreitung gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB in der Fassung vom 13. April 2017, sondern - wie das Gericht bei der Strafrahmenbestimmung in den Fällen II.9 und 10 zutreffend zu Grunde gelegt hat - einer Drittbesitzverschaffung gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB in der Fassung vom 13. April 2017 schuldig gemacht.

Der Korrektur steht § 265 StPO nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

3. Der nur geringfügige Erfolg des Rechtsmittels rechtfertigt keine Kostenermäßigung (§ 473 Abs. 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 44

Bearbeiter: Christian Becker