hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 220

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 86/16, Beschluss v. 03.11.2021, HRRS 2022 Nr. 220


BGH 3 StR 86/16 - Beschluss vom 3. November 2021

Pauschgebühr für den Pflichtverteidiger im Revisionsverfahren.

§ 42 RVG

Entscheidungstenor

Dem Pflichtverteidiger Rechtsanwalt Ha. steht für das Revisionsverfahren anstelle der gesetzlichen Gebühr (VV 4130 aF) eine Pauschvergütung in Höhe von 1.650 € zu.

Gründe

Der Antragsteller hat wegen des besonderen Umfangs und der besonderen Schwierigkeit seiner Tätigkeit im Revisionsverfahren beantragt, eine Pauschgebühr von 1.650 € „festzusetzen“. Die Vertreterin der Bundeskasse hält die gesetzlich vorgesehene Gebühr von höchstens 492 € (VV 4130 aF) im vorliegenden Fall für nicht zumutbar und die Pauschgebühr in der beantragten Höhe für angemessen.

Dem schließt sich der Senat im Ergebnis an.

1. Es handelt sich allerdings nicht um einen Antrag auf Festsetzung einer Pauschgebühr (§ 51 RVG), auch wenn der Antragsteller die Pauschgebühr als Pflichtverteidiger geltend macht und deren „Festsetzung“ erstrebt. Bei sachgerechtem Verständnis (vgl. Thüringer OLG, Beschluss vom 10. März 2008 - 1 AR (S) 14/07, juris Rn. 6) wird vielmehr die Feststellung einer Pauschgebühr (§ 42 RVG) begehrt. Der Antrag nennt nämlich als Anspruchsgrundlage ausdrücklich § 42 RVG; auch nach dieser Vorschrift kann einem Pflichtverteidiger eine Pauschgebühr bewilligt werden (§ 42 Abs. 2 Satz 2 RVG, § 52 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 RVG, vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Oktober 2012 - III-3 RVGs 48/11, NStZ-RR 2013, 63).

Über diesen Antrag entscheidet der Senat in einer Spruchgruppe mit fünf Bundesrichtern (vgl. dazu Senatsbeschluss vom heutigen Tag in derselben Sache hinsichtlich des Antrags des Wahlverteidigers H.).

2. Der zulässige Antrag ist begründet. Der Anspruch folgt aus § 42 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 RVG, § 52 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 RVG.

Das Verfahren war sowohl besonders umfangreich als auch besonders schwierig (s. zu den Voraussetzungen BGH, Beschluss vom 15. Januar 2020 - 1 StR 492/15, BGHR RVG § 51 Abs. 1 Bewilligungsvoraussetzungen 1; OLG Hamm, Beschluss vom 7. September 2005 - 2 (s) Sbd VIII 150/05, juris; BeckOK RVG/Knaudt, 53. Ed., § 42 Rn. 9 ff.). Die für einen Pflichtverteidiger geltenden einschränkenden Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 Satz 2 RVG sind ebenfalls gegeben: Der Antragsteller konnte gegenüber dem ehemals Beschuldigten nach § 52 Abs. 1 Satz 1 RVG eine Wahlverteidigergebühr geltend machen, weil diesem ein Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse zustand (§ 467 StPO), nachdem das Landgericht das Verfahren nach der die Sache aufhebenden und zurückverweisenden Revisionsentscheidung gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt und der Staatskasse die Kosten auferlegt hat. Die festgestellte Pauschgebühr übersteigt auch nicht das Doppelte der für die Gebühren des Wahlanwalts geltenden Höchstbeträge (§ 42 Abs. 1 Satz 4 RVG).

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 220

Bearbeiter: Christian Becker