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HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 506

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 353/13, Beschluss v. 20.03.2014, HRRS 2014 Nr. 506


BGH 3 StR 353/13 - Beschluss vom 20. März 2014 (LG Stralsund)

Rechtsfehlerhafte Beweiswürdigung (unzulässige nachteilige Schlüssen aus der anfänglichen Zeugnisverweigerung der Eltern des Angeklagten); Tatobjekt der Brandstiftung (Begriff des "Wasserfahrzeugs"; Verlust der Eigenschaft als Betriebsstätte); Abgrenzung der beiden Tatvarianten bei der Sachbeschädigung; Mittäterschaft bei paralleler Verwirklichung gleichartiger Taten; Revisionsentscheidung bei fehlendem Strafantrag; Friedensstörung durch Androhung von Straftaten.

§ 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO; § 261 StPO; § 306 StGB; § 303 StGB; § 25 Abs. 2 StGB; § 354 StPO; § 206a Abs. 1 StPO; § 126 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Die Eltern eines Angeklagten sind zur Aussage nicht verpflichtet, § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO. Der unbefangene Gebrauch dieses Schweigerechts wäre nicht gewährleistet, wenn der verweigerungsberechtigte Zeuge die Prüfung und Bewertung der Gründe für sein Aussageverhalten befürchten müsste. Deshalb dürfen weder aus der durchgehenden noch aus der nur anfänglichen Zeugnisverweigerung dem Angeklagten nachteilige Schlüsse gezogen werden. Einer Würdigung zugänglich ist allein das nur teilweise Schweigen des Zeugen zur Sache.

2. Bei einem Fischkutter, der ausschließlich als ortsfester Verkaufsstand dient, handelt es sich nicht um ein Wasserfahrzeug im Sinne des § 306 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Dieses Tatbestandsmerkmal ist zwar gesetzlich nicht definiert. Jedoch erschließt sich aus der Regelung des § 1 Abs. 2 StVG zum Kraftfahrzeug, dass das Wesen eines (jeden) Fahrzeugs in seiner generellen Bestimmung und Eignung zur Fortbewegung liegt.

3. Der Begriff der Betriebsstätte im Sinne des § 306 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfordert nicht, dass es sich um einen technischen Betrieb handelt. Eine entsprechende Differenzierung ist weder vom Wortlaut noch der Systematik her zwingend und erwiese sich nach Sinn und Zweck der Vorschrift als willkürlich. Allerdings verliert ein Objekt die Eigenschaft als Betriebsstätte in diesem Sinne, wenn es für einen erheblichen Zeitraum seiner eigentlichen Verwendung entzogen (hier: über zwei Jahre aufgrund von Reparaturarbeiten).

4. Die Täuschung über das Bevorstehen einer Katalogtat i.S.d. § 126 Abs. 2 StGB kann sich auf eine eigene Tat desjenigen beziehen, der über das Bevorstehen täuscht. Voraussetzung ist in diesem Fall lediglich, dass der Täter zugleich vorspiegelt, dass die Tatvollendung nicht mehr von ihm beeinflussbar sei.

Entscheidungstenor

Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 4. Juni 2013 wird

das Verfahren eingestellt, soweit die Angeklagten im Fall II. 4. der Urteilsgründe wegen Brandstiftung verurteilt worden sind; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last;

das vorbezeichnete Urteil mit den Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten L. wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung, Brandstiftung in zwei Fällen, Sachbeschädigung in drei Fällen sowie Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten B. wegen gefährlicher Körperverletzung, Brandstiftung in zwei Fällen sowie Sachbeschädigung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und den Angeklagten A. wegen Brandstiftung in zwei Fällen sowie Sachbeschädigung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Schließlich hat es zu Lasten der Angeklagten L. und B. eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil richten sich die jeweils auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg, weswegen es eines Eingehens auf die Verfahrensbeanstandungen nicht bedarf.

I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

Am 4. Juli 2012 warf der gesondert verfolgte Z. den Anweisungen des Angeklagten L. entsprechend ein mit Buttersäure gefülltes Glas in den Eingangsbereich eines Hotels. Die übelriechende Säure verteilte sich auf dem Fliesenboden und wurde von Gästen und Mitarbeitern über die Schuhe auf angrenzenden Teppichboden verteilt, der "infolgedessen ausgetauscht werden" musste. Der auf Anraten der Feuerwehr unternommene Versuch, die Fliesen mit Wasser zu reinigen, gelang nur unzureichend. Die verdünnte Säure drang in die Fliesen und die Fugenmasse ein und bewirkte, dass noch heute bei deren Wischen ein "leichter buttersäuretypischer Geruch wahrnehmbar" ist (Fall II. 1. der Urteilsgründe).

Der Angeklagte B. begab sich am 6. Juli 2012 auf Auftrag des Angeklagten L. zum Anwesen des Geschädigten H., Leiter des Bauamts der Stadt S., trat - als dieser das Haus verließ - maskiert aus seinem Versteck von hinten an diesen heran und versetzte ihm mit einem mitgeführten Schlagstock mehrere Schläge auf Kopf und Beine (Fall II. 2. der Urteilsgründe).

Entsprechend eines "von L. erläuterten und von ihnen [den Angeklagten B. und A. ] gebilligten und mitgetragenen Tatplans" überschüttete der Angeklagte B. am 7. Juli 2012, gegen 1 Uhr, einen PKW mit Brandbeschleuniger und entzündete diesen (Fall II. 3. der Urteilsgründe). Entsprechend verfuhr zeitgleich der Angeklagte A. mit einem Fischkutter, der im Jahr 2010 kurzzeitig als Imbiss-Verkaufseinrichtung im S. Hafen genutzt worden war, bevor er im Hafenbecken sank. Seit der Hebung arbeitete die Eigentümerin in Eigenleistung an der Instandsetzung des Kutters, der auch zukünftig als schwimmender Verkaufsstand, nicht jedoch als seetüchtiges Boot genutzt werden sollte (Fall II. 4. der Urteilsgründe). In derselben Nacht schütteten die Angeklagten B. und A. rote und blaue Farbe gegen die Fassade eines Hotels (Fall II. 5. der Urteilsgründe) und einer von beiden in Anwesenheit des anderen rote Farbe an eine Gaststätte (Fall II. 6. der Urteilsgründe).

Schließlich bepackte der Angeklagte L. am 15. August 2012 einen Karton u.a. mit TNT und verschloss ihn mit Klebeband. Er veranlasste seine Großmutter, auf die Oberseite des Kartons zu schreiben: "H., Du korruptes Schwein, verpiß Dich, aus unserem Amt, sonst wird das, was sich im Paket befindet: Ernst!!!". Den Karton deponierte der Angeklagte L. in der Folgenacht vor dem Eingang des Bauamts der Stadt S. Das Paket sollte den Eindruck einer Bombe erwecken, die alsbald hochgehen werde; eine Gefährdung war jedoch weder beabsichtigt noch wurde sie billigend in Kauf genommen. Dem Angeklagten war aber bewusst, dass das Auffinden des Paketes nicht nur bei Mitarbeitern des Amtes für Aufregung und Angst vor möglichen Anschlägen sorgen würde, sondern auch einer größeren Öffentlichkeit bekannt werden und bei dieser Verunsicherung auslösen würde. Nach Auffinden des Kartons wurden das Amt und die umliegenden Gebäude durch die Polizei evakuiert. Der Munitionsbergungsdienst "entschärfte" die Bombe (Fall II. 7. der Urteilsgründe).

II. Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben, weil sich die Beweiswürdigung im Fall II. 2. der Urteilsgründe als rechtsfehlerhaft erweist; dies entzieht dem Schuldspruch in allen abgeurteilten Fällen die Grundlage.

1. Das Landgericht hat seine Überzeugung von den getroffenen Feststellungen in erster Linie aufgrund der Angaben des Zeugen W. gewonnen. Dieser machte zu allen abgeurteilten Fällen Angaben, die die schweigenden Angeklagten belasteten. Zu Fall II. 2. der Urteilgründe gab er unter anderem an, einem Auftrag des Angeklagten L. entsprechend den Angeklagten B. am Tag der gefährlichen Körperverletzung, dem 6. Juli 2012, von D. nach S. in die Nähe des Tatorts gefahren zu haben. Die den entgegenstehenden Angaben der Eltern des Angeklagten B., dieser habe sich zur Tatzeit auf dem elterlichen Grundstück aufgehalten, hat die Kammer als vorsätzliche Falschaussage gewertet. Diesen Schluss hat sie "vor allem" aus dem langen, von beiden Zeugen nicht plausibel erklärten Schweigen zum Alibi ihres Sohnes gezogen. Es widerspräche jeglicher Lebenserfahrung, dass Eltern einen entlastenden Umstand gegenüber den Strafverfolgungsbehörden verschweigen und ihren Sohn über sechs Monate in Untersuchungshaft verbringen lassen. Auf Frage, warum sie diese Angaben nicht früher gemacht habe, habe die Mutter des Angeklagten B. mit der Gegenfrage geantwortet, warum man sie nicht früher gefragt habe.

2. Diese Würdigung ist rechtsfehlerhaft. Die Eltern eines Angeklagten sind zur Aussage nicht verpflichtet, § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO. Der unbefangene Gebrauch dieses Schweigerechts wäre nicht gewährleistet, wenn der verweigerungsberechtigte Zeuge die Prüfung und Bewertung der Gründe für sein Aussageverhalten befürchten müsste (BGH, Beschluss vom 2. April 1968 - 5 StR 153/68, BGHSt 22, 113, 114). Deshalb dürfen weder aus der durchgehenden noch aus der nur anfänglichen Zeugnisverweigerung dem Angeklagten nachteilige Schlüsse gezogen werden (BGH, Urteil vom 18. September 1984 - 4 StR 535/84, NStZ 1985, 87). Letzterem steht es gleich, wenn es ein zur Zeugnisverweigerung Berechtigter zunächst unterlässt, von sich aus Angaben zu machen (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 1986 - 4 StR 569/86, NStZ 1987, 182, 183). Einer Würdigung zugänglich ist allein das nur teilweise Schweigen des Zeugen zur Sache (BGH, Urteil vom 2. April 1987 - 4 StR 46/87, BGHSt 34, 324, 327 ff.).

Ein solches teilweises Schweigen liegt nicht vor. Da sich dies aus den Urteilsgründen selbst ergibt, ist der Fehler auf die Sachrüge hin zu beachten (vgl. zum Schweigen des Angeklagten BGH, Beschluss vom 17. Juli 1996 - 3 StR 248/96, NStZ 1997, 147; KK/Gericke, StPO, 7. Aufl., § 337 Rn. 30). Die im Urteil mitgeteilte Erklärung der Mutter des Angeklagten B. anlässlich eines Haftprüfungstermins, in dem Betrieb der Eltern sei eine Beschäftigung des Sohnes sichergestellt, sollte ersichtlich der Entkräftigung eines Haftgrundes dienen. Eine Äußerung zu den gegen den Sohn erhobenen Tatvorwürfen lag darin nicht.

3. Auf dieser Rechtsverletzung beruht das Urteil insgesamt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne die zu beanstandende Erwägung dem durch die Eltern gegebenen Alibi Glauben geschenkt und dementsprechend eine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten B. im Fall II. 2. der Urteilsgründe nicht gewonnen hätte. Hierdurch wäre jedoch zugleich die Glaubhaftigkeit des Belastungszeugen W. erschüttert gewesen, was sich auf die Überzeugungsbildung zu den anderen Taten ausgewirkt haben könnte.

4. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht mehr darauf an, dass die Feststellung, die in den Fällen II. 5. und 6. der Urteilsgründe verwendete Farbe sei vom Zeugen W. auf Geheiß des Angeklagten L. am Tag nach dem Überfall auf den Leiter des Bauamts gekauft worden, mit den übrigen Erkenntnissen nicht in Einklang zu bringen ist. Denn nach diesen ereigneten sich die Farbanschläge bereits in der auf den Überfall folgenden Nacht. Mag dieser Widerspruch mit Schwierigkeiten des Zeugen bei der zeitlichen Einordnung einzelner Ereignisse zu erklären sein, auf die das Landgericht an anderer Stelle hingewiesen hat, so stellt sich allerdings darüber hinaus die im Urteil nicht erörterte Frage, ob die verschiedenen, vom Zeugen W. geschilderten eigenen Tätigkeiten - Fahrt des Angeklagten B. zum und vom Ort des Überfalls einerseits, Fahrt mit dem Angeklagten L. zum Baumarkt und Erwerb der Farbe andererseits - zeitlich und räumlich miteinander in Einklang zu bringen sind.

Ebenfalls kann offenbleiben, ob die Überzeugung des Landgerichts von der Täterschaft der Angeklagten B. und A. in den Fällen II. 5. und 6. der Urteilsgründe hinreichend belegt ist. Mag der Schluss von der zeitlichen Koinzidenz mit den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe auf die Täteridentität möglich sein, gilt dies für das weitere, von der Kammer herangezogene Argument der Identität der Geschädigten nur für den mit diesen in einer persönlichen Beziehung stehenden Angeklagten L. Darüber hinaus lassen sich dem Urteil keine Erwägungen entnehmen, die die Schlussfolgerung tragen, dass bei Fall II. 6. der Urteilsgründe nicht nur eine Person vor Ort war. Dies gilt umso mehr, als die Kammer nicht genau festzustellen vermocht hat, um welche Uhrzeit diese Tat begangen wurde. Augenzeugen, die zwei Täter beschrieben haben, benennt sie nur für Fall II. 5. der Urteilsgründe.

III. Im Fall II. 4. der Urteilsgründe ist das Verfahren einzustellen (§ 354 Abs. 1, § 206a Abs. 1 StPO). Die zum Tatobjekt (rechtsfehlerfrei) getroffenen Feststellungen tragen einen Schuldspruch wegen (gemeinschaftlicher) Brandstiftung nicht. Soweit sie eine Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 1 StGB belegen, fehlt es an der Strafverfolgungsvoraussetzung nach § 303c StGB.

Bei dem Fischkutter handelt es sich entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht um ein Wasserfahrzeug im Sinne des § 306 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Dieses Tatbestandsmerkmal ist gesetzlich nicht definiert; aus der Regelung des § 1 Abs. 2 StVG zum Kraftfahrzeug erschließt sich jedoch, dass das Wesen eines (jeden) Fahrzeugs in seiner generellen Bestimmung und Eignung zur Fortbewegung liegt (ebenso SK-StGB/Wolters, 127. Lfg., § 306 Rn. 6; MüKo-StGB/Radtke, 2. Aufl., § 306 Rn. 37). Bereits daran fehlt es, weil der Kutter allein als ortsfester Verkaufsstand dienen sollte.

Der Fischkutter stellte auch keine Betriebsstätte im Sinne des § 306 Abs. 1 Nr. 2 StGB (mehr) dar. Dem steht allerdings nicht entgegen, dass es sich bei einem Verkaufsstand um keinen technischen Betrieb handelt (so allerdings Liesching, Die Brandstiftungsdelikte der §§ 306 bis 306c StGB nach dem Sechsten Gesetz zur Reform des Strafrechts, 2002, S. 92, der dies aus dem Nebeneinander mit dem weiteren Tatobjekt der technischen Einrichtung schließt). Eine entsprechende Differenzierung ist weder vom Wortlaut noch der Systematik her zwingend und erwiese sich nach Sinn und Zweck der Vorschrift als willkürlich (ebenfalls ablehnend: MüKo-StGB/Radtke aaO, Rn. 28; LK/Wolff, StGB, 12. Aufl., § 306 Rn. 27; S/S-Heine/Bosch, StGB, 29. Aufl., § 306 Rn. 5). Dadurch, dass der Kutter durch die bereits zwei Jahre dauernde Reparatur für einen erheblichen Zeitraum seiner eigentlichen Verwendung entzogen worden war, hatte er jedoch seine ursprüngliche Eigenschaft als Betriebsstätte eingebüßt.

Hinsichtlich der verwirklichten Sachbeschädigung findet sich in den Akten kein Strafantrag der Verletzten; auch hat die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bisher nicht bejaht. Da dies indes noch nachgeholt werden kann, war anstelle von Freispruch der Angeklagten auf Einstellung des Verfahrens zu erkennen (§ 206a Abs. 1 StPO), da dieses nach derzeitigem Sachstand insoweit nicht weiterbetrieben werden darf (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 1951 - 1 StR 102/51, BGHSt 1, 231, 235; Beschluss vom 8. Juni 1983 - 3 StR 476/82, NJW 1983, 2270, 2271 f.; siehe auch Palder, JR 1986, 94, 95 f.; aA Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 354 Rn. 6).

IV. Ausgehend von den bislang getroffenen Feststellungen weist der Senat für die neue Hauptverhandlung vorsorglich auf Folgendes hin:

1. Die Begründung der Verurteilung wegen Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 1 StGB in Fall II. 1. der Urteilsgründe, das Eindringen der Buttersäure in die poröse Fugenmasse zwischen den Fliesen habe die Substanz verändert, wodurch die Brauchbarkeit des Fußbodens mehr als nur unerheblich beeinträchtigt worden sei, vermengt die beiden Arten des Beschädigens (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 13. November 1979 - 5 StR 166/79, BGHSt 29, 129, 132). Den bisherigen Urteilsfeststellungen lässt sich weder bezüglich des Fliesenbodens noch des Teppichs hinreichend deutlich entnehmen, ob eine Substanzverletzung eingetreten ist. Dabei werden vom Tatbestand allerdings auch mittelbare Verletzungen der Substanz erfasst, die zwangsläufige Folge der Beseitigung einer Verschmutzung sind (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 27. Mai 2004 - 1 Ss 48/04, NJW 2004, 2843).

2. Der Senat entnimmt der Liste der angewandten Strafvorschriften bezüglich des Angeklagten L., dass die Kammer in Fall II. 2. der Urteilsgründe davon ausgegangen ist, dieser habe den Angeklagten B. auch zur Hinterlistigkeit des Überfalls bestimmt. Ein dementsprechender Vorsatz ist indes bislang nicht festgestellt.

3. Die Annahme von Mittäterschaft beim Angeklagten A. im Fall II. 3. der Urteilsgründe erweist sich angesichts der bisherigen Feststellungen als fehlerhaft. Er wirkte bei der Tatausführung durch den Angeklagten B. nicht mit, sondern entzündete seinerseits zeitgleich an einem anderen Ort ein anderes Objekt (Fall II. 4. der Urteilsgründe, vgl. oben I.). Der bloße Umstand, dass mehrere aufgrund gemeinsamer Überlegungen eine Situation für getrennte und selbständig durchgeführte Straftaten nutzen, genügt für die Annahme von Mittäterschaft jedoch nicht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 1972 - 2 StR 670/71, BGHSt 24, 286, 288 f.). Die beschriebene Billigung des vom Angeklagten L. vorgegebenen Gesamtplanes und die Bereitschaft zur zeitgleichen Begehung der eigenen Tat könnte allenfalls eine Stärkung des Entschlusses des Angeklagten B. zur Inbrandsetzung des PKW bewirkt haben, was als psychische Beihilfe zu werten wäre. Gleiches gilt spiegelbildlich für die vom Landgericht angenommene Mittäterschaft des Angeklagten B. im Fall II. 4. der Urteilsgründe (Inbrandsetzung des Kutters durch den Angeklagten A.).

4. Die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses richtet sich nach dem Tatbeitrag des jeweiligen Beteiligten (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2001 - 3 StR 52/01, StV 2002, 73). Danach liegt bezüglich der in der Nacht auf den 7. Juli 2012 begangenen Sachbeschädigungs- und Brandstiftungsdelikte nur eine Tat des Angeklagten L. vor. Denn dessen maßgeblicher Beitrag lag in dem Transport der Mitangeklagten. Dem zeitlich vorgelagerten Erwerb der Farbe kam, da auch er keine unmittelbare Tathandlung darstellte, keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. BGH aaO).

5. Für die Subsumtion unter die Tatbestände des § 126 StGB ist zu unterscheiden: Während die Androhung einer Katalogstraftat (Absatz 1) begriffsnotwendig auf ein zukünftiges Ereignis bezogen ist, kann die Täuschung über deren Bevorstehen (Absatz 2) auch darin liegen, dass diese bereits eingeleitet sei (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. April 2002 - 2 Ss 71/02, NStZ-RR 2002, 209). Dass es dabei um eine eigene Tat des Täters geht, steht der Anwendbarkeit des § 126 Abs. 2 StGB nicht entgegen (MüKo-StGB/Schäfer aaO, § 126 Rn. 18; SK-StGB/Stein/Rudolphi, 140. Lfg., § 126 Rn. 4, 5c; Schramm, NJW 2002, 419, 420; wohl auch BGH, Urteil vom 27. August 1998 - 4 StR 332/98, NStZ-RR 1999, 266, 267; aA Fischer, StGB, 61. Aufl., § 126 Rn. 8). Zu verlangen ist in diesem Fall lediglich, dass der Täter zugleich vorspiegelt, dass die Tatvollendung nicht mehr von ihm beeinflussbar sei (OLG Frankfurt aaO).

Auf einen Fall des § 126 Abs. 2 StGB hat das Landgericht der Sache nach abgestellt, soweit es angenommen hat, der Vorsatz des Angeklagten L. sei darauf ausgerichtet gewesen, dass die Öffentlichkeit von der Bombenattrappe, die den Eindruck erwecken sollte, sie werde alsbald hochgehen, durch die Entschärfungsmaßnahmen Kenntnis erlange. Darüber hinaus könnte in der Attrappe in Verbindung mit dem Schreiben aber zugleich (§ 52 StGB) die Androhung einer zukünftigen Straftat gemäß § 126 Abs. 1 StGB liegen. Dass deren Begehung unter eine Bedingung gestellt wäre, stünde dem nicht entgegen, da es ausreicht, dass der Täter vorgibt, Einfluss auf die Entscheidung zur Tatausführung zu haben (BGH, Urteil vom 2. April 1987 - 4 StR 55/87, BGHSt 34, 329, 331). Damit, ob die in dem Schreiben liegende Androhung öffentlich wurde und - wenn ja - ob dies vom Vorsatz des Angeklagten L. umfasst war, hat sich das Landgericht jedoch ebenso wenig auseinandergesetzt wie mit dem Umstand, ob die allein gegen den Leiter des Bauamts gerichtete Drohung der Eignung zur öffentlichen Friedensstörung entgegenstand (vgl. hierzu MüKoStGB/Schäfer aaO, Rn. 28).

HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 506

Externe Fundstellen: NStZ 2014, 415 ; StV 2014, 722

Bearbeiter: Christian Becker