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HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 502

Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 72/07, Beschluss v. 03.04.2007, HRRS 2007 Nr. 502


BGH 3 StR 72/07 - Beschluss vom 3. April 2007 (LG Mönchengladbach)

BGHSt 51, 275; Zwischenfeststellungsbeschluss (Zulässigkeit der Revision); Absprache; Deal; unwirksamer Rechtsmittelverzicht (Verzicht auf qualifizierte Belehrung).

Art. 6 EMRK; Vor § 1 StPO; § 35a Satz 1 StPO; § 302 StPO

Leitsätze

1. Nach einer Urteilsabsprache kann weder auf die gesetzlich geregelte noch auf die zusätzlich gebotene qualifizierte Belehrung verzichtet werden. (BGHSt)

2. Die Begründungserfordernisse des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO gelten nicht für die Frage der Zulässigkeit der Revision nach Erklärung eines Rechtsmittelverzichts. Ob dieser wirksam ist oder nicht, hat das Revisionsgericht vielmehr von Amts wegen zu prüfen. (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 9. August 2006 zulässig ist.

Gründe

Die Revision des Angeklagten erweist sich - entgegen dem Antrag des Generalbundesanwalts - als zulässig.

Allerdings hat der Angeklagte ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls nach der Verkündung des Urteils - ebenso wie sein anwesender Verteidiger - auf die Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Indessen ist der erklärte Verzicht unwirksam, weil dem Urteil nach dem Inhalt des Protokolls eine Urteilsabsprache zugrunde lag und der Angeklagte weder nach § 35a Satz 1 StPO noch darüber belehrt worden ist, dass er ungeachtet der Absprache in seiner Entscheidung frei ist, Rechtsmittel einzulegen (qualifizierte Belehrung; vgl. BGHSt 50, 40). Dem steht nicht entgegen, dass der damalige Verteidiger des Angeklagten auf eine qualifizierte Rechtsmittelbelehrung verzichtet hat. Denn während ansonsten der Betroffene selbst und - bei Vorliegen einer ausdrücklichen Ermächtigung, Rechtsmittel zurückzunehmen und auf sie zu verzichten - auch sein Verteidiger auf die nach § 35a StPO vorgeschriebene Rechtsmittelbelehrung verzichten können (vgl. Maul in KK 5. Aufl. § 35a Rdn. 13 f. m. w. N.; BGH NStZ 1984, 181, 329), kann nach einer Urteilsabsprache weder auf die gesetzlich geregelte noch - was sich schon aus deren Sinn und Zweck zwingend ergibt - auf die zusätzlich gebotene qualifizierte Belehrung verzichtet werden (vgl. BGHSt 50, 40, 61; Graalmann/Scherer in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 35a Rdn. 35).

Der Auffassung des Generalbundesanwalts, die Revision genüge, soweit sie eine Urteilsabsprache behaupte, nicht den Begründungserfordernissen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, kann nicht gefolgt werden. Diese Vorschrift legt den notwendigen Inhalt einer Revisionsrüge fest, mit der eine Verletzung des Verfahrensrechts geltend gemacht wird. Sie gilt hingegen nicht für die Frage der Zulässigkeit der Revision nach Erklärung eines Rechtsmittelverzichts. Ob dieser wirksam ist oder nicht, hat das Revisionsgericht vielmehr von Amts wegen zu prüfen.

Die im Übrigen statthafte sowie frist- und formgerecht eingelegte und begründete Revision des Angeklagten (§§ 333, 341 Abs. 1, §§ 344, 345 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 StPO) ist daher zulässig.

HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 502

Externe Fundstellen: BGHSt 51, 275; NJW 2007, 1829; NStZ 2007, 475; StV 2007, 282

Bearbeiter: Ulf Buermeyer