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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 956

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 392/22, Beschluss v. 10.05.2023, HRRS 2023 Nr. 956


BGH 2 StR 392/22 - Beschluss vom 10. Mai 2023 (LG Bonn)

Strafzumessung (Strafrahmenwahl); Einziehung des Wertes von Tatmitteln (Vereitelung: bestimmungsgemäße Verwendung).

§ 46 StGB; § 74c StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 27. Mai 2022

a) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen aufgehoben, soweit ein 250 € übersteigender Betrag eingezogen wurde; die weitergehende Einziehung entfällt;

b) im Strafausspruch aufgehoben; die zugrundeliegenden Feststellungen haben Bestand.

Im Umfang der unter 1b) ausgesprochenen Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat, und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 8.350 € angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler erbracht.

2. Indes kann der Strafausspruch keinen Bestand haben. Das Landgericht hat - wie der Generalbundesanwalt zutreffend angemerkt hat - bei der Bestimmung des Strafrahmens die Prüfungsreihenfolge für das Vorliegen eines minder schweren Falles nicht beachtet, sondern einen solchen allein unter Berücksichtigung allgemeiner Strafzumessungserwägungen abgelehnt, ohne sodann den Milderungsgrund des § 27 Abs. 2 StGB in den Blick zu nehmen (vgl. Senat, Beschluss vom 13. September 2022 - 2 StR 236/22). Der Senat kann letztlich nicht ausschließen, dass die Strafe - wenngleich für sich genommen sehr maßvoll - auf diesem Rechtsfehler beruht.

Insoweit bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Die auch ansonsten rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen sind vom Wertungsfehler nicht betroffen und haben Bestand.

3. Auch die Einziehungsentscheidung hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand. Hierzu hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt:

Die „Feststellungen tragen die angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 8.350,- Euro nicht. Wie die Staatsanwaltschaft und die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausführen, handelt es sich bei den dem Angeklagten von den Hintermännern zur Verfügung gestellten Geldern für Miete und Kaution [der zum Betrieb einer Cannabisplantage angemieteten Räumlichkeiten] über insgesamt 8.100,- Euro nicht um Taterträge, sondern um sogenannte Tatmittel, deren Einziehung sich nach den Vorschriften der §§ 74 ff. StGB bestimmt. Darüber hinaus hat das Landgericht übersehen, dass die Einziehung des Wertes von Tatmitteln nach § 74c Abs. 1 StGB nur möglich ist, wenn der Angeklagte die Einziehung der ihm zustehenden Tatmittel vereitelt hat. Die bestimmungsgemäße Verwendung der Tatmittel kann jedoch nicht zugleich als Vereitelungshandlung im Sinne des § 74c Abs. 1 StGB angesehen werden, da das eingesetzte Geld hier erst durch die funktionale Verwendung für Kaution und Miete zum Einziehungsgegenstand geworden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2022 - 2 StR 444/21 -, juris, m. w. Nachw.).“

Der Senat kann in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO den Einziehungsbetrag auf 250 € herabsetzen, den der Angeklagte nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen als Belohnung für seine Tatbeteiligung erhielt.

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 956

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede