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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 157

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 185/20, Beschluss v. 10.11.2021, HRRS 2022 Nr. 157


BGH 2 StR 185/20 - Beschluss vom 10. November 2021 (LG Köln)

Geldwäsche (taugliches Tatobjekt: Surrogat, Kette von Verwertungshandlungen, wirtschaftliche Betrachtungsweise, Vermischung, nicht völlig unerheblich, Zeitpunkt der Tatbegehung); Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern (Einziehungsobjekt: Bemakelungsquote, Übertragung der Grundsätze der Geldwäsche; Charakter einer Nebenstrafe; Strafzumessungsentscheidung); Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Einziehung (unangemessene Härte: Wertveränderung zwischen Tat- und Entscheidungszeitpunkt); Strafzumessung (Geldwäsche; Strafrahmen: Gesetzesänderung).

§ 261 StGB; § 74 StGB; § 74b StGB aF; § 74f StGB nF; § 46 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Taugliches Tatobjekt der Geldwäsche ist jeder Vermögensgegenstand, der seinem Inhalt nach bewegliche oder unbewegliche Sachen oder Rechte umfasst. Dazu gehören auch solche Gegenstände, die erst durch eine Verwertung des vom Vortäter ursprünglich Erlangten als Surrogat erworben werden und daher nur mittelbar aus der Vortat stammen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll durch die Wahl des weiten Begriffs des „Herrührens“ eine für Geldwäsche typische Kette von Verwertungshandlungen erfasst werden, bei denen der ursprünglich bemakelte Gegenstand gegebenenfalls mehrfach durch einen anderen oder auch durch mehrere Surrogate ersetzt wird.

2. Maßgeblich ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, wonach Gegenstände als bemakelt anzusehen sind, wenn sie sich im Sinne eines Kausalzusammenhangs auf die Vortat zurückführen lassen und nicht wesentlich auf der Leistung Dritter beruhen.

3. In Fällen der Vermischung legal erworbener und inkriminierter Geldmittel kommt es entscheidend darauf an, dass der aus Vortaten herrührende Anteil bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht völlig unerheblich ist. Maßgeblich für die Prüfung, ob der Anteil inkriminierter Gelder an der investierten Gesamtsumme bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht völlig unerheblich ist, ist der Zeitpunkt der Tatbegehung.

4. Gleiches gilt für die Bestimmung der Bemakelungsquote bei der Prüfung, ob es sich bei dem mit inkriminierten Geldern erworbenen Gegenstand überhaupt um ein der Einziehung zugängliches Objekt handelt.

5. Die Einziehung nach § 74 Abs. 1 und 3 StGB hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung. Gleiches gilt für die Einziehung von Tatobjekten nach § 74 Abs. 2 StGB, die teils mit inkriminierten Geldern, teils aber auch mit legalem Vermögen erworben wurden. Sie soll den Tatbeteiligten neben der Hauptstrafe als Übel am Vermögen treffen und dem Täter die Folgen der Tat aus Gründen der Spezial- wie Generalprävention fühlbar machen.

6. Unangemessene Härten, die durch Wertveränderungen zwischen Tat- und Entscheidungszeitpunkt entstehen, können gegebenenfalls im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 74b Abs. 1 StGB aF bzw. § 74f Abs. 1 StGB nF entsprechend berücksichtigt und auch im Rahmen der Strafzumessung ausgeglichen werden.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten A. wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 22. November 2019, soweit es ihn betrifft, im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Auf die Revision des Angeklagten R. G. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Einziehung des im Tenor näher bezeichneten 811,2522/10.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück straße in L. mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsmittel - an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

4. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten A. und R. G. jeweils wegen Geldwäsche in der Tatbestandsvariante des Verschleierns gemäß § 261 Abs. 1 Satz 1 Var. 2, Satz 2 Nr. 4a StGB aF schuldig gesprochen, den Angeklagten A. in zwei Fällen und den Angeklagten R. G. in vier Fällen. Den Angeklagten A. hat es zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat verurteilt, den zur Tatzeit heranwachsenden Angeklagten R. G. hat es verwarnt und ihm auferlegt, binnen sechs Monaten nach Rechtskraft des Urteils 100 Stunden gemeinnützige Arbeit nach näherer Weisung der Jugendgerichtshilfe zu leisten; zudem hat das Landgericht dessen 811,2522/10.000 Miteigentumsanteil an dem näher bezeichneten Grundstück in der straße in L. eingezogen.

Hiergegen richten sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen (A.) bzw. materiellen Rechts (G.) gestützten Revisionen der Angeklagten. Die Rechtsmittel haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

1. Der nichtrevidierende M. G., Vater des Mitangeklagten R. G., ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und bestritt seinen Lebensunterhalt seit spätestens dem Jahr 2000 durch (gewerbsmäßige) Betrugstaten. Im hiesigen Verfahren wurde er wegen falscher Versicherung an Eides statt und Betruges in 21 Fällen unter Einbeziehung einer früheren Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren rechtskräftig verurteilt; daneben wurde ein Geldbetrag in Höhe von 912.724,00 EUR gemäß § 73c StGB eingezogen.

2. Der Angeklagte A. erwarb am 29. Januar 2015 ein dreigeschossiges Mehrfamilienhaus in der Straße in L., in dem M. G. auf eigene Kosten umfangreiche Umbaumaßnahmen durchführte, um im Erdgeschoss und im 1. OG für sich und seine Familie luxuriösen Wohnraum zu schaffen. Insgesamt investierte M. G. Bargeld „im mindestens unteren sechsstelligen EUR-Bereich“ (Fall II. 1 der Anklage).

Als der Angeklagte A. im April 2015 einen Mercedes SLS AMG erwarb, leistete M. G. eine Anzahlung von 1.000 EUR in bar aus eigenem Vermögen (Fall II. 6 der Anklage).

Die jeweils von M. G. investierten Barmittel stammten aus seinen gewerbsmäßig begangenen Betrugstaten, was A. - ohne Kenntnis konkreter Hintergründe - ebenso billigend in Kauf nahm, wie den Umstand, dass mit Einspeisung der Gelder in den Wirtschaftskreislauf ihre wahre, illegale Herkunft verschleiert wurde; eine legale Herkunft der investierten Gelder schloss er aus.

Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen Geldwäsche in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat verurteilt. Von einer Einziehung der Immobilie und des Fahrzeugs hat es abgesehen; wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil des Senats in dieser Sache vom heutigen Tage verwiesen.

Soweit die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten A. auch im Zusammenhang mit vier weiteren Immobilienkäufen Geldwäschehandlungen vorgeworfen hatte (Fälle II. 2-5 der Anklage), ist das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden.

3. Ab dem Jahr 2016 setzte M. G. seinen heranwachsenden Sohn, den Angeklagten R. G., für den Erwerb von drei Immobilien sowie eines Porsche-Sportwagens ein. Während R. G. als Erwerber auftrat und Eigentümer wurde, organisierte M. G. die Finanzierung und veranlasste über seinen Sohn die Einspeisung von Bargeld, das aus seinen gewerbsmäßigen Betrugstaten stammte, in den Wirtschaftskreislauf. R. G. nahm dies ebenso billigend in Kauf, wie dass dadurch die wahre, illegale Herkunft des Geldes verschleiert wurde; eine legale Herkunft der ihm zur Verfügung gestellten Gelder schloss er - ohne Kenntnis konkreter Hintergründe - aus.

Soweit hinsichtlich einer der Immobilien die Einziehung seines Miteigentumsanteils angeordnet wurde, lag dem folgendes zugrunde:

Bei der Zwangsversteigerung einer 3-Zimmer-Eigentumswohnung in der straße in L. (Fall IV. 1 der Anklage) stellte M. G. seinem Sohn die zur Teilnahme am Bieterverfahren erforderliche Sicherheitsleistung in Höhe von 13.400 EUR in bar zur Verfügung. Zu der Versteigerung am 14. März 2016 erschien R. G. in Begleitung eines älteren Familienangehörigen, der ihn zur Abgabe von Geboten anhielt, bis ihm für 136.000 EUR der Zuschlag erteilt wurde.

Nachdem das Anliegen, den Kaufpreis in bar entrichten zu dürfen, von der die Versteigerung leitenden Rechtspflegerin abgelehnt worden war, veranlasste M. G. den Zeugen P., dem Angeklagten R. G. ein Darlehen in Höhe des Kaufpreises zu gewähren. Die Verhandlungen führte M. G., R. G. erschien nur zur Leistung der Unterschrift. M. G. sagte dem Zeugen P. die Eintragung einer Grundschuld als Sicherung sowie die Tilgung der Darlehensverbindlichkeiten aus eigenen Mitteln zu; beides erfolgte nicht.

Der Zeuge P. überwies am 10. Juni 2016 123.801,01 EUR auf das Konto des Verkäufers. Der Angeklagte R. G. überwies von seinem Konto bei der Santander Bank am 1. April 2016 Gebühren in Höhe von 633,00 EUR an die Justizkasse Nordrhein-Westfalen sowie am 28. Juni 2016 Grunderwerbssteuern in Höhe von 9.016,00 EUR an das Finanzamt Düsseldorf. Um für die nötige Deckung zu sorgen, zahlte er jeweils unmittelbar vor den Überweisungen ihm von seinem Vater überlassenes Bargeld auf dieses Konto ein. Am 17. August 2016 wurde R. G. als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

Das Landgericht hat den Angeklagten R. G. der Geldwäsche in vier Fällen schuldig gesprochen und die Einziehung seines Miteigentumsanteils an dem näher bezeichneten Grundstück in der straße in L. angeordnet. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil des Senats in dieser Sache vom heutigen Tage verwiesen.

II.

Revision des Angeklagten A.

1. Die Verfahrensrügen des Angeklagten haben aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg.

2. Auch hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge zum Schuldspruch aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Sie führt indes zur Aufhebung des Strafausspruchs.

a) Zwar hat das Landgericht die Einzelfreiheitsstrafen auf Grundlage der im Urteilszeitpunkt geltenden Rechtslage rechtsfehlerfrei dem Strafrahmen des § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB aF entnommen (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren). Gleichwohl waren sie aufzuheben, weil aufgrund der nach Urteilserlass zum 18. März 2021 erfolgten Änderung von § 261 StGB (BGBl. I S. 327) der Strafrahmen des § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB nF nunmehr von Geldstrafe bis Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren reicht. Diese nach dem erstinstanzlichen Urteil erfolgte, für den Angeklagten günstige Änderung des materiellen Rechts kommt ihm gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO auch noch im Revisionsverfahren zugute (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juni 2020 - 4 StR 184/20, juris Rn. 5). Der Senat vermag nicht sicher auszuschließen, dass der Angeklagte in einem zweiten Rechtsgang unter Zugrundelegung des abgesenkten Strafrahmens zu noch niedrigeren Einzelstrafen verurteilt wird.

b) Der Wegfall der Einzelstrafen führt zur Aufhebung des Urteils auch im Gesamtstrafenausspruch.

III.

Revision des Angeklagten R. G.

1. Die rechtsfehlerfreien Feststellungen tragen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen den Schuldspruch wegen Geldwäsche in vier Fällen nach § 261 Abs.1 Satz 1 Var. 2, Satz 2 Nr. 4a StGB aF sowie die angeordneten jugendrichterlichen Maßnahmen.

2. Dagegen hält die Einziehungsentscheidung des Landgerichts rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht bei der Ermittlung der für eine mögliche Einziehung maßgeblichen Bemakelungsquote der Immobilie in L. auf den Anteil der investierten inkriminierten Geldmittel gemessen am Verkehrswert der Immobilie zum Zeitpunkt des Urteils abgestellt. In die Berechnung einzustellen ist jedoch der entsprechende Wert der Immobilie zum Tatzeitpunkt.

aa) Ausgehend von den vom Landgericht getroffenen Feststellungen stellt die Immobilie des Angeklagten grundsätzlich einen geldwäschetauglichen Gegenstand dar.

Taugliches Tatobjekt der Geldwäsche ist jeder Vermögensgegenstand, der seinem Inhalt nach bewegliche oder unbewegliche Sachen oder Rechte umfasst. Dazu gehören auch solche Gegenstände, die erst durch eine Verwertung des vom Vortäter ursprünglich Erlangten als Surrogat erworben werden und daher nur mittelbar aus der Vortat stammen (Senat, Urteil vom 27. Juli 2016 - 2 StR 451/15, NStZ 2017, 28, 29; BGH, Urteil vom 15. August 2018 - 5 StR 100/18, NZWiSt 2019, 148, 150). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll durch die Wahl des weiten Begriffs des „Herrührens“ eine für Geldwäsche typische Kette von Verwertungshandlungen erfasst werden, bei denen der ursprünglich bemakelte Gegenstand gegebenenfalls mehrfach durch einen anderen oder auch durch mehrere Surrogate ersetzt wird (vgl. BT-Drucks. 12/989, S. 27; 12/3533, S. 12).

Maßgeblich ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, wonach Gegenstände als bemakelt anzusehen sind, wenn sie sich im Sinne eines Kausalzusammenhangs auf die Vortat zurückführen lassen und nicht wesentlich auf der Leistung Dritter beruhen (BGH, Urteil vom 15. August 2018 - 5 StR 100/18, NZWiSt 2019, 148, 150).

In Fällen der Vermischung legal erworbener und inkriminierter Geldmittel kommt es entscheidend darauf an, dass der aus Vortaten herrührende Anteil bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht völlig unerheblich ist (ausf. dazu BGH, Urteil vom 15. August 2018 - 5 StR 100/18, NZWiSt 2019, 148, 150; Beschlüsse vom 20. Mai 2015 - 1 StR 33/15, NJW 2015, 3254, 3255; Urteil vom 12. Juli 2016 - 1 StR 595/15, NStZ 2017, 167, 169; vom 27. November 2018 - 5 StR 234/18, NJW 2019, 533, 535, und vom 10. Januar 2019 - 1 StR 311/17, NStZ-RR 2019, 145, 146). Maßgeblich für die Prüfung, ob der Anteil inkriminierter Gelder an der investierten Gesamtsumme bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht völlig unerheblich ist, ist der Zeitpunkt der Tatbegehung (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2015 - 1 StR 33/15, NJW 2015, 3254 f.).

bb) Gleiches gilt für die Bestimmung der Bemakelungsquote bei der Prüfung, ob es sich bei dem mit inkriminierten Geldern erworbenen Gegenstand überhaupt um ein der Einziehung zugängliches Objekt handelt. Dafür sprechen der systematische Zusammenhang und der mit der Einziehung verfolgte Zweck.

(1) Die der fakultativen Einziehung nach § 261 Abs. 7 StGB aF unterliegenden „Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht“ sind nach der Legaldefinition des § 74 Abs. 2 StGB idF vom 13. April 2017 „Tatobjekte“. Nach alter Rechtslage war dafür der Terminus „Beziehungsgegenstände“ gebräuchlich, die aufgrund von Sondervorschriften wie § 261 Abs. 7 StGB aF nach Maßgabe des § 74 Abs. 2 und 3 StGB aF eingezogen werden konnten (vgl. BGH, Beschluss vom 25. März 2010 - 5 StR 518/09, NStZ-RR 2011, 338; MüKo-StGB/Joecks, 3. Aufl., § 74 Rn. 19 f.; Schönke/Schröder/Eser, StGB, 29. Aufl., § 74 Rn. 12a mit Hinweis auf die „Tatobjekt-Funktion“ der Beziehungsgegenstände; ebenso BT-Drucks. 18/9525, S. 69 und SSW-StGB/Heine, 5. Aufl., § 74 Rn. 1 für die Neufassung). Eine inhaltliche Änderung war mit der Neufassung des § 74 StGB durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung nicht verbunden (vgl. BT-Drucks. 18/9525, S. 69).

(2) Die Einziehung nach § 74 Abs. 1 und 3 StGB hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 2018 - 3 StR 8/18, NStZ 2018, 526). Gleiches gilt für die Einziehung von Tatobjekten nach § 74 Abs. 2 StGB, die teils mit inkriminierten Geldern, teils aber auch mit legalem Vermögen erworben wurden (vgl. Senat, Urteil vom 10. November 2021 - 2 StR 185/20). Sie soll den Tatbeteiligten neben der Hauptstrafe als Ãœbel am Vermögen treffen und dem Täter die Folgen der Tat aus Gründen der Spezial- wie Generalprävention fühlbar machen (vgl. MüKo-StGB/Joecks/Meißner, 3. Aufl., § 74 Rn. 2; SSW-StGB/Heine, 5. Aufl., § 74 Rn. 3).

(a) Die Einziehung von Tatobjekten nach § 261 Abs. 7 Satz 1 StGB aF, § 74 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 StGB aF bzw. § 261 Abs. 7 Satz 1 StGB aF, § 74 Abs. 2, Abs. 3 StGB nF führt im Falle der Vermischung inkriminierten Vermögens mit legalem Vermögen - wie vom Gesetzgeber gewollt - dazu, dass dem Tatbeteiligten mehr als der inkriminierte Anteil entzogen wird. Dies findet seine Berechtigung darin, dass nur die konsequente Abschöpfung und Entziehung der aus illegalen Handlungen generierten Gewinne, die insbesondere Triebfeder für die organisierte Kriminalität sind, in der Lage ist, diese im Kern zu treffen und sie wirksam zu bekämpfen (vgl. BT-Drucks. 12/989, S. 26).

(b) Würde man - wie das Landgericht - für die Berechnung der Bemakelungsquote auf den Zeitpunkt der Einziehungsentscheidung abstellen, kämen einem „Geldwäscher“ zwischenzeitliche Wertsteigerungen des Tatobjekts dergestalt zugute, dass eine Einziehung unter Umständen wegen Sinkens der Bemakelungsquote nicht mehr möglich wäre. Umgekehrt könnte ein zwischenzeitlicher Wertverlust des Einziehungsgegenstandes zu einer Erhöhung der Bemakelungsquote und damit zu einer Schlechterstellung eines Angeklagten führen. Um derlei Zufälligkeiten bei lange Zeit unentdeckt gebliebenen Geldwäschetaten oder bei Verzögerungen im Verfahrensablauf auszuschließen, bedarf es für die Berechnung der Bemakelungsquote des (einheitlichen) Abstellens auf den Anteil inkriminierter Gelder gemessen am Verkehrswert des Tatobjektes zum Tatzeitpunkt. Nur so wird auch der gesetzgeberischen Intention Rechnung getragen, dass Täter der Geldwäsche nicht von in den Wirtschaftskreislauf eingeschleusten Geldern profitieren und unter Umständen noch an Wertsteigerungen faktisch teilhaben sollen.

(c) Unangemessene Härten, die durch Wertveränderungen zwischen Tat- und Entscheidungszeitpunkt entstehen, können gegebenenfalls im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 74b Abs. 1 StGB aF bzw. § 74f Abs. 1 StGB nF entsprechend berücksichtigt und auch im Rahmen der Strafzumessung ausgeglichen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 1983 - 1 StR 28/83, NJW 1983, 2710, 2711).

b) Die Strafkammer hat im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 74b Abs. 1 StGB aF maßgeblich auch auf die von ihr rechtsfehlerhaft ermittelte Bemakelungsquote abgestellt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender, auf den Tatzeitpunkt abstellender Berechnung der Bemakelungsquote zu einer dem Angeklagten günstigeren Entscheidung gelangt wäre.

IV.

Der Senat verweist die Sache gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurück (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2021 - 3 StR 38/21, juris Rn. 42). Zwischen erstinstanzlichem Urteil und der Revisionsentscheidung hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9. März 2021, gültig ab 18. März 2021 (BGBl. I, S. 327), die Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer auf Straftaten der Geldwäsche erweitert, soweit zur Beurteilung des Falles - wie hier - besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens erforderlich sind, § 74c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6a) GVG. Der Vorrang der Wirtschaftsstrafkammer gegenüber der Jugendstrafkammer ergibt sich aus § 103 Abs. 2 Satz 2, § 112 JGG, wenn es sich - wie vorliegend - um ein verbundenes Verfahren gegen einen Heranwachsenden und einen Erwachsenen handelt.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 157

Externe Fundstellen: NJW 2022, 1028; NStZ-RR 2022, 116; NStZ-RR 2022, 180; StV 2022, 730

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß