HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 1180
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 278/16, Beschluss v. 22.09.2016, HRRS 2016 Nr. 1180
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 14. März 2016 im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Die 1. Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts hat den Angeklagten wegen eines am 6. März 2015 begangenen Diebstahls unter Auflösung der durch Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 23. November 2015 gebildeten Gesamtstrafe und unter Einbeziehung der „Entscheidungen“ des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 10. April 2014 und des Amtsgerichts Fulda vom 12. August 2015 zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Mit der Sachrüge hat das Rechtsmittel des Angeklagten den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Rechtsfolgenausspruch hat nur zum Teil Bestand. Das angefochtene Urteil erweist sich insoweit als rechtsfehlerhaft, weil es sich nicht dazu verhält, ob die gegen den Angeklagten verhängten Geldstrafen aus den Entscheidungen des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 10. April 2014 und des Amtsgerichts Fulda vom 12. August 2015 bereits erledigt sind.
Das Revisionsgericht kann daher nicht beurteilen, ob das Landgericht die Einzelgeldstrafen zu Recht gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB in die Bildung der nachträglichen Gesamtstrafe einbezogen hat oder - für den Fall ihrer Erledigung - ein Härteausgleich vorzunehmen gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2010 - 4 StR 441/10, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1, Härteausgleich 20).
2. Von dieser Frage abgesehen kann das Revisionsgericht auch nicht beurteilen, ob die Geldstrafe aus der Verurteilung des Amtsgerichts Fulda vom „24. März 2013“ hätte einbezogen werden müssen oder aber fehlerhaft bei Bemessung der Gesamtstrafe berücksichtigt wurde. Denn das Landgericht hat die Einzelgeldstrafe aus der vorgenannten Entscheidung ausweislich des Tenors zwar nicht einbezogen, demgegenüber aber in den Urteilsgründen ausgeführt, dass eine Einbeziehung erfolgt sei.
Ungeachtet dessen und abgesehen davon, dass auch im Hinblick auf diese Verurteilung der Vollstreckungsstand nicht mitgeteilt wurde, steht das Entscheidungsdatum dieser Verurteilung und mithin die Gesamtstrafenfähigkeit nicht fest. Denklogisch kann mit der Entscheidung vom 24. März 2013 keine - wie in den Feststellungen ausgeführt - am 17. September 2013 begangene Tat abgeurteilt worden sein. Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt sich das Entscheidungsdatum nicht erschließen, denn die Geldstrafe aus dieser Verurteilung soll ausweislich der Feststellungen des Landgerichts sowohl durch die Entscheidung des Amtsgerichts Hannover vom 17. September 2014 als auch durch den Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 23. November 2015 einbezogen worden sein.
3. Die neu zu treffende Entscheidung über den Strafausspruch kann nicht gemäß § 354 Abs. 1b StPO dem Beschlussverfahren gemäß § 460, § 462 StPO überlassen werden, weil die möglicherweise erforderliche Entscheidung über einen Härteausgleich nicht in den Regelungsbereich dieser Vorschriften fällt; sie ist dem Urteil des Tatgerichts nach Durchführung einer Hauptverhandlung vorbehalten (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2014 - 3 StR 337/13; Beschluss vom 17. September 2014 - 2 StR 325/14; Beschluss vom 25. Februar 2016 - 2 StR 31/16).
Die Zurückverweisung erfolgt an die hier zuständige allgemeine Strafkammer. Die Zuständigkeit der Jugendkammer war schon zum Zeitpunkt der Eröffnung des Hauptverfahrens nicht begründet.
HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 1180
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner