HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1195
Bearbeiter: Christoph Henckel
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 156/21, Beschluss v. 22.09.2021, HRRS 2021 Nr. 1195
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 2. November 2020, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Betruges in neun Fällen, davon in einem Fall in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, und des versuchten Betruges schuldig ist,
b) sowie im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in elf Fällen und wegen versuchten Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Soweit der Angeklagte in den Fällen C. II. 1. b) bis 1. d) der Urteilsgründe wegen Betruges in drei - tatmehrheitlichen - Fällen verurteilt worden ist, hält der Schuldspruch sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Die Geschädigten A., B. und T. nahmen im September 2017 gemeinsam an einem von dem Angeklagten organisierten Treffen teil, bei dem er ihnen bewusst wahrheitswidrig vorspiegelte, gegen Zahlung einer Reservierungsgebühr eine Option auf eine der Parzellen des „Projekts W.“ erwerben zu können. Damit fielen die tatbestandsrelevanten Täuschungshandlungen bei allen drei Geschädigten zusammen. Daran ändert nichts, dass der Angeklagte bei zwei der drei Geschädigten in weiteren Gesprächen die Täuschungshandlung vertiefte. Da sich die Geschädigten anschließend zum Abschluss einer entsprechenden Reservierungsvereinbarung entschieden und jeweils eine Reservierungsgebühr in Höhe von 10.000 € leisteten, hat sich der Angeklagte insoweit wegen eines Betruges in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen schuldig gemacht. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend.
Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der hiervon betroffenen Einzelstrafen (Taten C. II. 1. b) bis 1. d) der Urteilsgründe) sowie der Gesamtstrafe.
2. Der Strafausspruch weist hinsichtlich der Einzelstrafen in den Fällen C. II. 1. h) und 2. der Urteilsgründe ebenfalls durchgreifende Rechtsfehler auf.
a) Soweit das Landgericht zulasten des Angeklagten gewertet hat, dass der gesondert Verfolgte P. - dem Angeklagten über § 25 Abs. 2 StGB zurechenbar - das aus der langjährigen Behandlung gewachsene Vertrauen der behandelnden Ärzte S. (Fälle C. II. 1. h) und 2. der Urteilsgründe) und A. (Fall C. II. 1. b) der Urteilsgründe) missbraucht hat (UA S. 49), lassen die Ausführungen besorgen, dass das Landgericht die Bedeutung des Arzt-Patienten-Verhältnisses verkannt hat. Maßgebend für diesen besonderen Schutz ist nämlich die erhebliche Tragweite ärztlichen Handelns für die Gesundheit der Patienten. Besonders schützenswert ist deshalb lediglich das von dem Patienten seinem Arzt entgegengebrachte Vertrauen, nicht hingegen das Vertrauen des Arztes in seinen Patienten. Im Rahmen der Strafzumessung kann daher nur der Missbrauch des dem gesondert Verfolgten P. von den Geschädigten aufgrund langjähriger Bekanntschaft entgegengebrachten Vertrauens Berücksichtigung finden.
b) Soweit das Landgericht in dem Fall C. II. 2. der Urteilsgründe das Nachtatverhalten strafschärfend gewertet hat, dass der Angeklagte S. noch einen weiteren rückdatierten Beteiligungsvertrag über 500.000 € unterzeichnen ließ und er ihr so „eine weitere Verpflichtung von nochmals 500.000,00 € auferlegt hatte und die Geschädigte S. sich so etwaigen [...] Forderungen in Höhe von insgesamt 1 Million € [...] ausgesetzt sehen könnte“ (UA S. 51), begegnet dies durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn durch die Feststellungen wird nicht getragen (UA S. 27), dass mit der nochmaligen Unterzeichnung eines Beteiligungsvertrages eine neue gegenüber der Geschädigten durchsetzbare Verbindlichkeit begründet werden sollte; es ist vielmehr nicht auszuschließen, dass der Angeklagte durch den von ihm vorgenommenen Austausch des Vertragspartners lediglich eine etwaige Vollstreckung einer Rückzahlungspflicht beim zu erwartenden Nicht-Zustandekommen des Grundstückskaufvertrages vereiteln wollte (UA S. 27).
3. Um dem nunmehr zur Entscheidung berufenen Tatgericht eine in sich stimmige Strafzumessung zu ermöglichen, hebt der Senat auch die übrigen Einzelstrafen auf.
4. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von den Rechtsfehlern, die zu der Teilaufhebung des Strafausspruchs geführt haben, nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann weitere Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht im Widerspruch stehen.
HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1195
Bearbeiter: Christoph Henckel