HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Mai 2015
16. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Möglichkeiten und Grenzen der späten Ahndung von Teilnahmehandlungen in Auschwitz

Vorüberlegungen zum Prozess gegen einen SS-Sanitäter in Auschwitz

Von Prof. Dr. Christian Fahl , Greifswald[*]

I. Einleitung

Cornelius Prittwitz hat Recht: Laufende Verfahren sind eigentlich kein genuiner Gegenstand wissenschaftlicher Veröffentlichungen.[1] Bei der Anklage ehemaliger SS-Schergen gibt es jedoch Gründe, von dieser guten wissenschaftlichen Praxis abzuweichen. Dies ergibt sich schon daraus, dass sich die Angeklagten heute durchweg in ihren 90er Jahren befinden und daher ihre Haftstrafe, sollten sie denn verurteilt werden, jedenfalls aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr antreten und schon gar nicht absitzen werden.

In Dortmund, so liest man,[2] ist ein 93-jähriger ehemaliger SS-Mann aus Lage (Kreis Lippe) wegen Beihilfe zum Mord angeklagt, in Hannover muss sich ein ebenfalls 93-jähriger Freiwilliger der Waffen-SS wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen verantworten, der im Vernichtungslager Auschwitz zurückgelassenes Gepäck angekommener Häftlinge weggeschafft haben soll,[3] und in Mecklenburg-Vorpommern hat die Staatsanwaltschaft Schwerin vor dem Landgericht Neubrandenburg (Schwurgericht) Anklage wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 3681 Fällen gegen einen 94-Jährigen erhoben, der vom 15. August bis zum 14. September 1944 in Auschwitz-Birkenau als SS-Unterscharführer in der Sanitätsstaffel Dienst tat.

Die Hinweise auf die Täter bekamen die Staatsanwaltschaften in allen drei Fällen von der Zentralstelle für die Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg, die auch am 2011 zu Ende gegangenen Demjanjuk-Verfahren ihren Anteil gehabt hat. Das auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren lautende Urteil des LG München II,[4] das in mancher Hinsicht maßgeblich ist für das gegenwärtige Verfahren, ist nicht rechtskräftig geworden, weil Demjanjuk im Alter von 91 Jahren in einem Pflegeheim in Bad Feilnbach verstorben ist.

Auf der Basis der in diesem Urteil geäußerten (wirklich oder vermeintlich neuen) Rechtsansicht hat die Ludwigsburger Zentralstelle neue Vorermittlungen aufgenommen, die zu den jetzigen Anklagen geführt haben. Die Kritik muss daher am Demjanjuk-Urteil ansetzen, obwohl sowohl die Staatsanwaltschaft wie auch die Verteidigung dagegen Revision eingelegt hatten, über die jedoch nicht mehr entschieden werden konnte. Ob es je

ein Urteil einer Revisionsinstanz geben wird, ist aufgrund der üblichen Zeitdauer des Revisionsverfahrens mehr als fraglich. Diese Verfahren werfen jedoch nicht nur in der Rechtswissenschaft, sondern auch in der politisch interessierten Öffentlichkeit Fragen auf, die es verdienen, fachlich diskutiert zu werden.

II. Prozessuale Fragen

1. Begrenzte Lebenserwartung als Prozesshindernis

Fraglich ist, ob ein hohes Lebensalter oder vice versa eine geringe verbleibende Lebenserwartung ein Prozesshindernis darstellen. So hat bekanntlich der BerlVerfGH im Fall Honecker die Fortführung einer Hauptverhandlung untersagt, weil der Angeklagte den Abschluss des Verfahrens mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr erleben würde .[5] In der Tat lässt sich die Ansicht vertreten, dass der Verfahrenszweck dann nicht mehr erreichbar sei .[6] Damit würde jedoch das Feststellungsinteresse der Gemeinschaft (u.U. auch das des Angeklagten) als zu gering eingestuft. Zur Wahrheitsfindung gehört zunächst die Aufklärung des Geschehens.[7] Dieses Interesse besteht unabhängig von der mutmaßlichen Lebensdauer des Angeklagten jedenfalls bis zu seinem Tode. Das bloße Lebensalter – zumal in einer immer älter werdenden Gesellschaft (demographischer Wandel) – als solches[8] ist daher kein Einstellungsgrund.[9]

2. Verhandlungsfähigkeit

Darunter versteht man die Fähigkeit des Beschuldigten, in oder außerhalb der Verhandlung seine Interessen vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständlicher und verständiger Weise zu führen und Prozesserklärungen abzugeben und entgegenzunehmen.[10] Die Verhandlungsfähigkeit ist Prozessvoraussetzung, d.h. sie muss bereits zu Beginn des Verfahrens vorliegen. Andernfalls ist das Verfahren einzustellen. Stellt sich ihr Fehlen erst im Laufe des Verfahrens heraus, so besteht ein Prozesshindernis. Fehlt sie nur vorübergehend, so ist das Verfahren vorläufig einzustellen, § 205 StPO.[11] Fehlt sie endgültig, so ist das Verfahren nach § 206a StPO durch Beschluss bzw. nach § 260 Abs. 3 StPO durch Urteil einzustellen.[12] Ziel der Verteidiger von Honecker bis Mubarak ist daher, die Verhandlungsunfähigkeit des Mandanten feststellen zu lassen. Der zunächst vorgesehene Termin für die Eröffnung des Hauptverfahrens im Prozess gegen den SS-Sanitäter ist, wie die Presse kurz nach Anklageerhebung gemeldet hat, bereits verschoben worden. Auch im Demjanjuk-Verfahren ist viel Zeit mit der Beurteilung der Verhandlungsfähigkeit verbracht worden. Freilich kann der Angeklagte auch eingeschränkt – nur jeweils für einige Stunden am Tag in Anwesenheit eines Arztes mit Erholungspausen – verhandlungsfähig sein. Dann darf das Verfahren nicht eingestellt, sondern muss lediglich das Verhandlungstempo an den Gesundheitszustand des Angeklagten angepasst werden.[13] Ein Kontumazialverfahren (in Abwesenheit des Angeklagten) ist – außer in den Fällen des § 231 Abs. 2 StPO und § 231a StPO – nicht möglich.

Ein solcher Fall kommt bei NS-Tätern aber relativ oft vor, die auf die Strafverfolgung häufig wie auf ein kränkendes Unrecht reagieren und sich auf diese Weise in einen die Verhandlungfähigkeit ausschließenden Zustand "hineinsteigern".[14] In diesen Fällen kann das Verfahren (wenn der Angeklagte über die Anklage schon vernommen war und das Gericht seine fernere Anwesenheit nicht für erforderlich hält) gem. § 231 Abs. 2 StPO analog (Sich-verhandlungsunfähig-Machen als "Entfernen") oder nach § 231a StPO fort- bzw. durchgeführt werden.[15] Und dasselbe gilt nach der h.M. auch im Falle der sog. relativen Verhandlungunfähigkeit, wenn also der Angeklagte jeweils für kürzere Zeitspannen seine Rechte in der Hauptverhandlung voll wahrzunehmen in der Lage ist, diese Zeitspannen aber nicht ausreichen, um das Verfahren in vernünftiger Frist zu Ende zu führen.[16]

Andererseits soll auch das Abwesenheitsverfahren nach § 231a StPO dann keine Alternative bieten, wenn der Angeklagte sich auch bei Durchführung des Verfahrens in seiner Abwesenheit in einen, nicht nur seine Verhandlungsfähigkeit ausschließenden, sondern auch seine Gesundheit oder möglicherweise gar sein Leben gefährdenden Erregungszustand hineinsteigert. So drang ein 74-

jähriger ehemaliger SS-Unterscharführer im Konzentrationslager Auschwitz, dem die Ermordung von sechs jüdischen Häftlingen im Lager "Kanada" vorgeworfen wurde,[17] mit dem Vortrag durch, "dass für ihn auch bei der Fortführung des Verfahrens in seiner Abwesenheit eine naheliegende und konkrete Lebens- oder schwerwiegende Gesundheitsgefahr bestehe"; die Ungewissheit, was in seiner Abwesenheit geschehe, belaste ihn sogar noch mehr als die Teilnahme an der Hauptverhandlung und die damit verbundene Gewissheit.[18] Auch das Verfahren gegen einen zum Zeitpunkt der Verhandlung 71-jährigen ehemaligen SS-Obersturmbannführer im Konzentrationslager Mittelbau/Dora, dessen Gutachter zu dem Ergebnis kam, "der Beschwerdeführer reagiere auf eine womöglich hohe Strafdrohung wie auf ein kränkendes Unrecht und gerate dadurch in einen Erregungszustand, der ihn unter Umständen in Lebensgefahr bringe" (und dass der die Verhandlungsfähigkeit ausschließende affektlabile Zustand "vorzugsweise durch bestimmte Themen aus der Biographie" und "durch bestimmte Reizworte" ausgelöst werde), ist eingestellt worden.[19]

Das geht zu weit: Zumindest solche Gefahren, die mit der Erwähnung von "bestimmten Themen aus seiner Biographie" verbunden sind – zumal wenn diese nichts anderes sind, als das Verbrechen, das zur Last gelegt wird – sind m.E. dem Bereich des allgemeinen Lebensrisikos zuzuschlagen. Den Befindlichkeiten sensibler Angeklagter ist mit der Verhandlung in Abwesenheit Genüge getan. Mehr muss nicht getan werden, um ihm die "Thematisierung", wenn man die Durchführung eines Strafverfahrens zur Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs so bezeichnen will, vor der er im Übrigen auch etwa bei der Begegnung mit seinen Opfern in der Öffentlichkeit oder in Rundfunk und Fernsehen nicht gefeit ist, zu "ersparen".[20]

III. Materiell-rechtliche Fragen

1. Konkurrenzen

Das LG München II hat Demjanjuk wegen Beihilfe zum Mord in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt, weil es die Beihilfe zur Ermordung der Insassen jeweils eines ankommenden Transportes zu einer einheitlichen Tat i.S. des § 52 StGB zusammengefasst hat.[21] Daran hat es sich trotz der Höchstpersönlichkeit des Rechtsgutes Leben, welche der Verbindung der Tötung mehrerer Personen zur Tateinheit sonst entgegensteht,[22] nicht gehindert gesehen, weil eine einheitliche Unterstützungshandlung – eine solche sieht es in der Wachtätigkeit bezogen auf den einzelnen Transport – zu mehreren Taten Tateinheit begründe.[23] Die jeweiligen Beihilfen zu den verschiedenen Transporten sieht es dagegen im Verhältnis der Tatmehrheit nach § 53 StGB stehend. Das kann man gewiss auch anders sehen – die Nebenklage hatte darauf plädiert, Beihilfe zu einer Tat (der Massenvernichtung) anzunehmen.[24] All das ändert am Ausmaß der Schuld, die gem. § 46 Abs. 1 StGB Grundlage der Strafzumessung ist, wenig.[25]

2. Zuständigkeit

Wie schon im Frankfurter Auschwitzverfahren hat sich auch das LG München II im Demjanjuk-Prozess zur Aburteilung der Taten – zu Recht – für sachlich und örtlich zuständig gehalten, weil erstens das Generalgouvernement damals nicht Ausland war, zweitens sich die Taten (auch) gegen Deutsche i.S. des § 7 Abs. 1 StGB gerichtet haben, da die insoweit erfolgten Ausbürgerungen rechtswidrig waren, und schließlich weil die von Hitler, Himmler, Göring usw. begangene "Haupttat" im Inland (Berlin) begangen wurde.[26]

3. Doppelbestrafungsverbot (Art. 103 Abs. 3 GG)

Soweit der Presse zu entnehmen war, ist der ehemalige Sanitäter Hubert Z. 1948 bereits von einem polnischen Gericht wegen seiner Mitgliedschaft in der SS zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt worden, die er auch verbüßt hat, bevor er nach Gnevkow in Mecklenburg-Vorpommern – angeblich aus Kriegsgefangenschaft – zurückkehrte. Abgesehen von der Auslegung und der Frage der Geltung des Art. 54 SDÜ und des Art. 50 EU-V dürfte es sich dabei jedoch nicht um denselben Tatvorwurf wie den jetzt in Frage stehenden handeln, so dass kein Strafklageverbrauch eingetreten ist.[27]

4. Verjährung

Die Verjährungsfrage darf gleichfalls als geklärt gelten: Mord (§ 211 StGB) verjährt – im Unterschied zum Totschlag (§ 212 StGB) – nicht, § 78 Abs. 2 StGB. Das gilt, entgegen einer vom LG Hamburg[28] vertretenen Auffassung, auch für die Beihilfe zum Mord gem. §§ 211, 27

StGB.[29] Auch die Tatsache, dass der Mordtatbestand zum Zeitpunkt der Taten noch der Verjährung unterlag und die Verjährungsfrist jeweils kurz vor ihrem Ablauf[30] mehrfach verlängert wurde bis sie schließlich ganz aufgehoben wurde, steht der An­wendbarkeit des § 78 Abs. 2 StGB, wie das LG München II im Demjanjuk-Verfahren m.E. zu Recht annimmt, nicht entgegen.[31] Das Rückwirkungsverbot (§ 1 StGB, Art. 103 Abs. 2 GG) gilt nämlich grds. nicht für Prozessvoraussetzungen. Eine Ausnahme ist lediglich für solche Taten zu machen, die vor der Fristverlängerung bzw. -aufhebung bereits verjährt waren.[32] Das ist aber trotz einiger Irritationen durch die im Jahre 1968 in Art. 1 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum OWiG erfolgte Änderung des § 50 Abs. 2 StGB (heute: § 28 Abs. 1 StGB)[33] bei den hier in Rede stehenden Taten nicht der Fall.

5. Mordmerkmale

Ebenfalls relativ eindeutig und wohl zu keinem Zeitpunkt in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte umstritten ist, dass Hitler, Himmler, Göring "aus niedrigen Beweggründen" (§ 211 Abs. 2 Gruppe 1 StGB), nämlich aus Rassenhass,[34] gehandelt haben. Die Rspr. steht aber von jeher auf dem Standpunkt, dass gleiches für die einfachen Deutschen nicht gelte, selbst wenn sie der SS angehörten. Das erscheint unverständlich,[35] hat es der Rspr. aber ermöglicht, die sonst im Falle der Täterschaft fällige lebenslange Freiheitsstrafe – bzw. im Falle der Beihilfe den gem. § 27 Abs. 2 S. 2 StGB herabgesetzten Strafrahmen des § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB – zu vermeiden.

Ein Verjährungsproblem entsteht für die Rspr. daraus (vorbehaltlich der oben behandelten Rückwirkungsproblematik) nicht, sieht sie Mord und Totschlag doch, unabhängig von dem Vorliegen etwaiger Mordmerkmale beim Täter oder Teilnehmer, als selbstständige Delikte eigener Art an, so auch das LG München II im Demjanjuk-Urteil: "Mord ist ein eigener Tatbestand und nicht qualifizierter Totschlag;[36] die Mordmerkmale sind daher strafbarkeitsbegründend und führen beim Teilnehmer unabhängig von der Frage, inwieweit Mordmerkmale persönliche Merkmale i.S. des § 28 StGB darstellen, zur Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Mord."[37]

Ein Problem wird daraus nur dann, wenn man der h.M. in der Lit. folgt und in Mord und Totschlag (zutreffenderweise) Grundtatbestand und Qualifikation sieht. Dann nämlich kann es zu einer sog. Tatbestandsverschiebung kommen und sich das, was sich für den Haupttäter (Hitler, Himmler, Göring, evtl. auch den Befehlshaber vor Ort) als Mord darstellt, für den Teilnehmer (den einfachen SS-Mann als Befehlsempfänger) lediglich als Totschlag darstellen und somit (doch) verjährt sein. Auf dem 2. Karlsruher Strafrechtsdialog 2009, wo die Frage diskutiert wurde, ob Mord nun ein Delikt eigener Art ("delictum sui generis") oder bloß eine Qualifikation des Totschlags sei, hat der ehemalige Vizepräsident des Bundesgerichtshofes Jähnke deshalb vor einer Rechtsprechungsänderung zum jetzigen Zeitpunkt gewarnt, die dazu führen könnte, dass einer Verurteilung von nationalsozialistischen Tätern wegen Beihilfe zukünftig das Prozesshindernis der Verjährung entgegenstehen könnte.[38] Vollkommen zu Recht hat freilich Frommel damals schon darauf hingewiesen, dass diese missliche Konsequenz nicht unvermeidlich sei.[39]

Abgesehen davon, dass ein gehöriger Prozentsatz derjenigen SS-Männer, die in Auschwitz Dienst taten, selbst aus Rassenhass gehandelt haben dürfte,[40] womit sich das Problem erledigen würde – so wie übrigens auch dann, wenn in ihrer Person ein anderes Mordmerkmal der 1. oder 3. Gruppe zu bejahen wäre (sog. gekreuzte Mordmerkmale)[41] – kommt es nämlich nur bei besonderen persönlichen Merkmalen i.S. des § 14 Abs. 1 StGB zur genannten Tatbestandsverschiebung gem. § 28 StGB. Liegt dagegen ein Mordmerkmal der 2. Gruppe vor, so ist auch nach der Literaturmeinung die Kenntnis (§ 16 I StGB) vom Vorliegen des Mordmerkmals für die Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord erforderlich und ausreichend.[42]

Als solches kommen offensichtlich "Heimtücke" und "Grausamkeit" in Betracht,[43] die aufgrund ihrer Stellung (2. Gruppe) von der h.M. nicht als (täterbezogene) besondere persönliche Merkmale i.S. der §§ 14 Abs. 1, 28 StGB eingeordnet werden, sondern als "tatbezogen".[44] Unter Heimtücke versteht man das Ausnutzen der auf Arglosigkeit beruhenden Wehrlosigkeit.[45] Dazu gelangt man zwingend, weil die ankommenden Opfer bis zu ihrer Vergasung in den Gaskammern systematisch in dem Glauben gehalten wurden, es handele sich um Duschen. Auch an der Grausamkeit, also der Zufügung von Schmerzen oder Qualen, die über das für die Tötung erforderliche Maß hinausgehen,[46] können ernsthaft keine Zweifel bestehen, wenn man bedenkt, dass der Erstickungstod langsam und qualvoll ist, wobei das in Auschwitz verwendete Zyklon B langsam vom Boden aufsteigt, so dass die Menschen in ihrem Todeskampf übereinanderklettern in dem Bestreben, dort oben den letzten Atemzug frische Luft zu erheischen.[47] Und schließlich dürfte es sich, auch wenn es in dem Auschwitzurteil des LG Frankfurt a.M. keine Rolle gespielt hat, bei dem eigentlich als Rattengift gedachten Zyklon B auch um ein "gemeingefährliches Mittel" – Gefahr für eine unbestimmte Vielzahl von Menschen[48] – gehandelt haben.[49]

6. Verwerflichkeit

Die zur verfassungskonformen Einschränkung der absoluten Strafandrohung aufgestellten zusätzlichen Anforderungen an die Verurteilung wegen Mordes oder Beihilfe zum Mord, namentlich die nach Meinung mancher eigens festzustellende besondere Verwerflichkeit (Lehre von der sog. positiven Typenkorrektur)[50] spielt bei den hier in Rede stehenden Fällen keine Rolle[51] – wo sonst wäre sie zu bejahen, wenn nicht bei den industriemäßigen Massenmorden in den Todescamps der Nazis?

7. Handeln auf Befehl

Dass sich die Angeklagten nicht auf Befehle berufen können ist mehrfach geklärt. Zunächst ist schon fraglich, ob darin überhaupt ein Rechtfertigungsgrund gesehen werden kann. Nach der wohl h.M. handelt es sich dabei um einen eigenständigen – zumindest eigenen Regeln folgenden – Rechtfertigungsgrund, bei dem aber zwischen rechtmäßigen, rechtswidrigen verbindlichen und rechtswidrigen unverbindlichen Befehlen zu unterscheiden ist.[52] Fraglich ist schon, ob die spätestens auf der sog. Wannsee-Konferenz beschlossene Vernichtung der europäischen Juden mit dem damals geltenden Recht in Einklang zu bringen war.[53] Jedenfalls steht seiner Berücksichtigung heute die sog. Radbruchsche Formel entgegen.[54] Danach gilt das positive Gesetz grds. auch dann, wenn es ungerecht und falsch ist, es sei denn, dass der Widerspruch des positiven Rechts zur Gerechtigkeit so unerträglich ist, dass das Gesetz als "unrichtiges Recht" zurückzutreten hat. So liegt es hier.

Bliebe die Möglichkeit, den Befehl als rechtswidrig, aber verbindlich anzusehen. Dagegen, in irgendwelchen Befehlen im Zusammenhang mit der Verfolgung und Ermordung von Juden und anderen Bevölkerungsgruppen durch die Nazis einen Rechtfertigungsgrund für das Handeln der Täter zu sehen, spricht jedoch bereits, dass die Verfolgten sich dann ihrerseits nicht mit dem Rechtfertigungsgrund der Notwehr dagegen wehren dürften (sog. Notwehrprobe). Das kann nicht richtig sein.[55] Andere halten einen solchen (rechtswidrigen, aber verbindlichen) Befehl daher lediglich für einen Entschuldigungs- oder Schuldausschließungsgrund.[56] Doch wird man im Ergebnis einen Befehl zur Beihilfe zum industriellen Massenmord nicht einmal für (in diesem Sinne) "verbindlich" halten dürfen, weil dadurch eklatant die Menschenwürde (nunmehr: Art. 1 GG) verletzt wird.[57]

8. Unrechtseinsicht

Eng damit zusammen hängt die Frage des Verbotsirrtums, § 17 Abs. 1 S. 1 StGB. Prima facie erscheint es möglich, dass der einfache SS-Mann, dessen Bildungsstandard häufig nicht sehr hoch war, das von der SS errichtete Lagersystem für rechtens hielt.[58] Indem er die an

ihn gerichteten Befehle für verbindlich hielt, könnte er sich in einem sog. Erlaubnisirrtum – Irrtum über die rechtlichen Grenzen (Menschenwürde) eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes (Handeln auf Befehl) bzw. Glauben an einen von der Rechtsordnung nicht anerkannten Rechtfertigungsgrund (etwa die rechtfertigende Kraft eines vermeintlichen oder wirklich vorhandenen Führerbefehls) – befunden haben, auf den § 17 StGB analog anzuwenden wäre, weil § 17 StGB ausweislich seiner Überschrift den "Verbotsirrtum", also das Nichtwissen um ein Verbot, und nicht den Erlaubnisirrtum, also den irrigen Glauben an einen Erlaubnissatz, sog. umgekehrter Verbotsirrtum, betrifft.[59] Welcher der beiden genannten Fälle vorliegt, ist schwer zu unterscheiden, aber letztlich auch unerheblich. Entscheidend ist vielmehr, ob der Irrtum unvermeidbar war. Dies ist angesichts der – gelegentlich freilich zu hohen[60] – Anforderungen, die indes die Rspr. ansonsten an die Unvermeidbarkeit stellt (Stichwort: gehörige Gewissensanstrengung) zu verneinen.[61]

Schon im Auschwitz-Verfahren hat das LG Frankfurt a.M. seinerzeit festgestellt, "dass die Tötungsbefehle den Stempel des Unrechts so klar auf der Stirn trugen, dass sie keinem, auch nicht dem primitivsten Menschen, dem die allen Angehörigen der Kulturnationen gemeinsamen Grundsätze über das Recht eines jeden Menschen auf sein Leben geläufig sind, als verbindlich erscheinen konnten."[62] Den Vorwurf, den man dem Urteil einzig machen kann, ist der, vielleicht nicht sauber genug unterschieden zu haben zwischen der Frage, ob dem Beschuldigten deshalb schon nicht die Einsicht gefehlt hat, Un­recht zu tun (§ 17 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 StGB), oder ob ihm zwar die Einsicht gefehlt hat, dieser Irrtum aber vermeidbar war (§ 17 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 StGB).

Auch das LG München II argumentiert so: Da das Tötungsverbot zum Kernbereich der Ethik gehöre, könne die Annahme, der Befehl sei gleichwohl verbindlich, nicht zur Entschuldigung führen.[63] An anderer Stelle heißt es – wie schon im Auschwitzurteil – die Täter könnten sich nicht darauf berufen, die ihnen erteilten Befehle für verbindlich gehalten zu haben.[64] Das erscheint mir nicht kritikwürdig. Kritikwürdig ist aus meiner Sicht lediglich, dass das Landgericht die Bedrohung, der ein Trawniki als Kriegsgefangener der Nazis selbst ausgesetzt war, so gering veranschlagt hat, dass es einen entschuldigenden Notstand gem. § 35 StGB verneint. Es geht hier nämlich nicht darum, ob dem Angeklagten zugemutet werden konnte, sich durch Flucht einer Gefahr zu entziehen,[65] sondern ob ihm zugemutet werden konnte, die Gefahr "hinzunehmen" (§ 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 1) und den Dienst als "SS-Freiwilliger" abzulehnen.[66] Das war ja gerade das Perfide an dem Nazisystem, dass es sogar die Grenzen zwischen Tätern und Opfern verwischte. Doch das steht auf einem anderen Blatt. Die Problematik der jetzigen Anklage gegen den ehemaligen Sanitäter liegt ganz woanders, nämlich in einem noch immer ungeklärten Problem des Allgemeinen Teils des StGB.

9. Neutrale Beihilfe

Ungeachtet der berechtigten Kritik an der Rspr., mit Hilfe der extrem subjektiven Theorie im Staschynski- und im Badewannenfall in der Vergangenheit gerade in Nazi-Fällen aus Tätern allzu oft Teilnehmer gemacht zu haben, so dass außer Hitler, Himmler, Göring im Grunde nur Teilnehmer übrig blieben, handelt es sich in allen gegenwärtig diskutierten Fällen nämlich relativ eindeutig nur um untergeordnete Tätigkeiten, die allenfalls den Vorwurf der Beihilfe rechtfertigen.[67]

Das Problem, um das es geht, ist unter dem Stichwort "neutrale" Beihilfe bekannt. Der Meinungsstand dazu ist fast schon unüberschaubar.[68] Im Wesentlichen werden dazu drei Positionen vertreten: Nach einer vor allem in der Lit. verbreiteten Meinung[69] scheidet ein "normales" oder "berufstypisches" Verhalten schon aus dem Tatbestand aus (Lehre von der "Sozialadäquanz"). Nach einer anderen Ansicht handelt es sich um eine Frage des Vorsatzes, und einer dritten – wohl überwiegend vertretenen – Meinung zufolge bleibt auch ein solches Verhalten strafbar, wenn nicht im Einzelfall Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe eingreifen.

Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe greifen hier nicht Platz (s.o. 7. und 8.). Der Vorsatz, und das heißt vor allem das Wissen um die in den Todeslagern verübten Verbrechen (kognitive Komponente) und das voluntative Element i.S. zumindest eines Sich-damit-Abfindens, liegt bei den angeklagten SS-Leuten zwangsläufig vor. Niemand in den Vernichtungslagern konnte sich der Erkenntnis entziehen, was dort vor sich ging.

Angeklagt ist mit Hubert Z. aber ein Sanitäter, der möglicherweise nichts anderes getan hat, als den SS-Wachmannschaften ein Pflaster zu kleben, wenn sie stürzten, und die "Sozial-Adäquanz" dieser Tätigkeit im Unterschied zur Wachtätigkeit könnte der Zurechnung des größten Verbrechens der Menschheitsgeschichte an den Beschuldigten durchaus entgegenstehen.[70]

Zunächst einmal hat die Problematik nichts zu tun mit der zwischen der Rspr. und der Lit. ebenfalls umstrittenen Frage, ob die Beihilfe für den Erfolg "kausal" geworden sein muss.[71] Während die überwiegende Meinung in der Lit. dies bejaht, damit aus dem Erfolgsdelikt der Beihilfe nicht ein bloßes Gefährdungsdelikt wird, versteht die Rspr. unter Hilfeleisten bekanntlich jedes Ermöglichen, Erleichtern oder Fördern der Haupttat und verzichtet für die Beihilfe auf den Nachweis, dass diese für den Erfolg der Haupttat kausal geworden sein muss, sondern lässt statt dessen die Feststellung genügen, dass sie den Erfolg gefördert hat (sog. Förderkausalität). So auch das LG München II im Fall Demjanjuk: "Auf einen kausalen Ursachenzusammenhang zwischen Förderbeitrag und der Vollendung der Haupttat kommt es gerade nicht an."[72]

Es handelt sich dabei deshalb um ein Scheinproblem, weil mit der Anerkennung der sog. psychischen Beihilfe der Nachweis der Kausalität der physischen Beihilfe für den Haupttaterfolg ohnedies obsolet ist (sog. Bestärkerkausalität).[73] Nirgends ist das plastischer als in Auschwitz: "Was immer (einer) physisch zur Verwaltung des Lagers und damit zur "Endlösung" beigetragen hat…; schon die Anwesenheit ist psychische Beihilfe, die – soziologisch betrachtet – gerade bei Massenphänomenen nicht vernachlässigt werden darf. Jeder stützt den Nächsten, er macht ihm das kriminelle Tun leichter."[74]

Dennoch hat der BGH im sog. Auschwitz-Verfahren entschieden, dass nicht jeder, der in das Vernichtungsprogramm des Konzentrationslagers eingegliedert war und dort irgendwie anlässlich dieses Programms tätig wurde, für alles, was auf Grund dieses Programms geschah, verantwortlich zu machen ist. Bauer vertrat die Ansicht, dass jeder, der in das Vernichtungsprogramm des Konzentrationslagers Auschwitz eingegliedert war und dort irgendwie anlässlich dieses Programms tätig wurde, sich objektiv an den Morden beteiligt habe und für alles Geschehene verantwortlich sei.[75] Der BGH erwiderte darauf: "Diese Ansicht ist unrichtig. Sie würde bedeuten, dass auch ein Handeln, das die Haupttat in keiner Weise konkret fördert, bestraft werden müsste. Folgerichtig wäre auch der Arzt, der zur Betreuung der Wachmannschaft bestellt war und sich streng auf diese Aufgabe beschränkt hat, der Beihilfe zum Mord schuldig. Dasselbe gälte sogar für den Arzt, der im Lager Häftlingskranke behandelt und sie gerettet hat. Nicht einmal wer an seiner Stelle dem Mordprogramm kleine Hindernisse, wenn auch in untergeordneter Weise und ohne Erfolg, bereitet hätte, wäre straffrei. Das ist nicht angängig."[76]

In concreto ging es um den im Frankfurter Auschwitz-Prozess angeklagten Lagerzahnarzt Dr. Schatz, der nach heute geltenden Maßstäben nach Meinung mancher[77] damals zu Unrecht freigesprochenen worden ist. Im Revisionsurteil dazu heißt es: "Von dem konkreten Anklagevorwurf, als SS-Zahnarzt Selektionen auf der Rampe durchgeführt und das Einwerfen des Giftgases überwacht zu haben, hat ihn das Schwurgericht ohne Rechtsfehler mangels Beweises freigesprochen. In der Ausübung seiner eigentlichen Tätigkeit im Lager, der zahnärztlichen Behandlung des SS-Personals, kann objektiv und subjektiv keine Beihilfe zu den Tötungshandlungen gesehen werden."[78] Und: "Die bloße Zugehörigkeit des freigesprochenen Angeklagten Dr. Sch. zum Lagerpersonal und seine Kenntnis von dem Vernichtungszweck des Lagers reichen nach alledem nicht aus, ihm die während seines Lageraufenthalts begangenen Tötungen zuzurechnen."[79]

Auf der Grundlage dieser Entscheidung sind in den folgenden Jahrzehnten bis zum Demjanjuk-Prozess sämtliche Verfahren gegen die SS-Wachmannschaften eingestellt worden, bei denen zwar die Zugehörigkeit zum SS-Wachbatallion, aber keine konkrete Einzeltat nachzuweisen war.[80] Bestraft wurden damit im Grunde nur noch "Exzesstaten",[81] wie z.B. die Misshandlung oder Erschießung einer bestimmten Person an einem bestimmten Tag. Diese Auslegung war falsch. Nicht nur stand die Verurteilung wegen der Mitwirkung an der Erschießung einer Handvoll Geflohener im merkwürdigen Widerspruch zu der ungesühnten Mitwirkung an der Vergasung Zehntausender, die Ansicht war auch kaum in Einklang zu bringen mit den allgemeinen Grundsätzen der Beteiligungsdogmatik. Es bedarf keines konkreten Einzeltatnachweises, um eine Beihilfe zur Ermordung der in den Konzentrationslagern eingepferchten Menschen durch das Geleit zu den Gaskammern, Bewachung, Beaufsichtigung von Arbeitseinsätzen etc.[82] anzunehmen.

Insofern hat das LG München II im Demjanjuk-Prozess überfälligerweise klargestellt: "Alle in die Befehlskette eingegliederten Akteure, die nicht schon Täter waren – beginnend bei den Angehörigen des mit der Durchführung der Judenvernichtung beauftragten RSHA über die Reichsbahnangehörigen, die Personen in der Verwaltung des Generalgouvernements, die Lagerleiter, die einzelnen SS- und Polizeioffiziere in den Lagern und die von ihnen direkt befehligten Oberwachleute und Wachleute – hatten ihre ihnen jeweils zugeteilte Aufgabe bei der in Berlin geplanten und organsierten Zusammentreibung jüdischer Bürger aus Deutschland und aus den von der Wehrmacht besetzten und kontrollierten Ländern, bei deren Transport in die Vernichtungslager und – soweit nicht in geringem Umfang zu Arbeitszwecken ausgesondert – deren

sofortiger, fließbandartig organisierter Ermordung in Gaskammern. Dass die Beihifehandlung des Angeklagten unmittelbar das Tun von Personen förderte, die ihrerseits Beihelfer der in der Hierarchie übergeordneten Funktionäre waren, ist rechtlich ohne Bedeutung."[83]

Darauf stützt sich auch die Anklage der StA Schwerin im Verfahren gegen Hubert Z. vor dem LG Neubrandenburg. Der zuständige Oberstaatsanwalt wird in der Presse damit zitiert, für die Anklage wegen Beihilfe zum Mord sei allein entscheidend, dass der Mann um den Charakter von Auschwitz-Birkenau als Tötungslager wusste und er das Funktionieren des Lagers mit seiner Tätigkeit unterstützte.

Damit wird insinuiert, dass diese veränderte Rechtsauffassung nur auf die sog. Vernichtungslager (Auschwitz II,[84] Chelmno, Belzec, Sobibor, Treblinka), nicht aber auf bloße "Konzentrationslager" zutreffe. In Wahrheit ist aber kein Grund erkennbar, warum nicht auch die Aufseher- oder Bewachertätigkeit in solchen Lagern, die ja alle Teil des Vernichtungssystems der Nazis waren, zum Schuldspruch wegen Beihilfe zur Tötung so vieler Menschen, wie während der Zeit der Tätigkeit dort umgekommen sind, soll führen können (Stichwort: Vernichtung durch Arbeit). Auch in diesen Lagern (Bergen-Belsen, Dachau, Ravensbrück, Theresienstadt uvm.) ist gelitten und gestorben worden. Die Verurteilung all jener, die als kleines Rad der Vernichtungsmaschinerie zum Gelingen der "Endlösung" beigetragen haben, wegen Beihilfe erscheint uneingeschränkt richtig. Das gilt für diejenigen, die innerhalb des Lagers, z.B. als Rapportführer, Schutzhaftlagerführer oder dergleichen Dienst taten, ebenso wie für die, die nur außerhalb des Lagers zur Bewachung eingesetzt waren.

Aber das heißt doch noch nicht, dass die Tätigkeit eines Sanitäters, eines Zahnarztes, eines Kochs, einer Putzfrau im Hause des Lagerkommandanten oder in der Kommandantur eine ebenso strafbare Beihilfe zum Mord darstellt wie die Bewachung der Lagerzäune oder das Geleit zu den Gaskammern. Die Trennlinie zwischen der normalen Tätigkeit der deutschen Bevölkerung, die ja überwiegend Mitwisser waren, und der zu Recht strafbaren Beihilfe ist gewiss unscharf und mit fließenden Übergängen versehen. Ich darf gar nicht an die zivilen Hersteller des Rattengifts Zyklon B und die Mitarbeiter der mittelständischen Firma (Topf & Söhne) denken, die die Verbrennungsöfen in den Krematorien entworfen und gewartet haben. Das Demjanjuk-Urteil erwähnt die Reichsbahnangehörigen, die die Deportationszüge eingesetzt oder als Lokführer nach Auschwitz gelenkt haben. Die Grenze wird dort zu ziehen sein, wo das fragliche Tun des Gehilfen als "Solidarisierung"[85] mit der Tat und den Tätern zu sehen ist. Dann verliert es seinen "Alltagscharakter" und dann handelt es sich auch im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr um ein "neutrales" Verhalten.

Nach diesen Grundsätzen kann tatförderndes Verhalten, das unabhängig von den kriminellen Absichten des Haupttäters einen eigenständigen erlaubten Sinn behält (z.B. Zahnpflege, Wohnraumpflege), keine strafbare Beihilfe darstellen.[86] Wer einem anderen einen Zahn zieht oder ihn verarztet, der solidarisiert sich dadurch nach allgemeiner Auffassung noch nicht mit ihm oder seinen Taten. Das schließt es nicht aus, dass auch ein Lagerzahnarzt oder -sanitäter sich im Einzelfall doch der Beihilfe zu Mordtaten strafbar gemacht hat, z.B. durch Einsatz bei sog. Selektionen an der "Rampe" oder in den Baracken.[87] Aber dafür bedarf es dann eben doch eines sog. Einzeltatnachweises.

IV. Schluss

Das Demjanjuk-Urteil hat den Weg geebnet zur längst überfälligen Anklage der noch lebenden SS-Leute, die als kleines Rad der Vernichtungsmaschinerie in den Konzentrationslagern des III. Reiches ihren Teil zur "Endlösung" beigetragen haben, deren Anklage aber bisher daran scheiterte, dass ihnen keine konkrete Einzeltat nachzuweisen war. Insofern ist das Urteil zu begrüßen. Dennoch meine ich, dass man auch dann, wenn die Zeit jetzt drängt, noch differenzieren muss. Die Anklage gegen Hubert Z., so wie sie bisher bekannt geworden ist, halte ich daher für lückenhaft. Die übrigen Anklagen werden davon, soweit erkennbar, nicht berührt. Im übrigen ist es an der Zeit, dass auch die Wachmannschaften reiner Konzentrationslager endlich ihrem Richter gegenübertreten.


[*] Der Autor ist Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Greifswald.

[1] Prittwitz StV 2010, 648 (zum Fall Demjanjuk).

[2] Ostseezeitung v. 24.2.2015; s. auch Frankfurter Rundschau v. 23.2.2015; Spiegel-online v. 23.2.2015.

[3] Die Beihilfe zu dem darin liegenden Diebstahl gem. § 242 StGB dürfte heute freilich verjährt sein.

[4] LG München II, Urt. v. 12.5.2011 – 1 KS 115 JS 12496/08.

[5] Vgl. BerlVerfGH NJW 1993, 515, 517 .

[6] Ausf. Limbach, Der drohende Tod als Strafverfahrenshindernis (1998) .

[7] So auch Beulke, Strafprozessrecht, 12. Aufl. (2012), Rn. 12 – unter ausdrücklichem Verweis auf NS-Verfahren und die Notwendigkeit der Aufklärung schwerer Straftaten als zentraler Aufgabe eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens – BVerfGE 77, 65, 77.

[8] Im Falle einer konkreten Todesgefahr aufgrund des Verfahrens bejaht Beulke a.a.O. (Fn. 7), Rn. 289, ein Verfahrenshindernis aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG. Daran ist sicher richtig, dass das Verfahren nicht dazu benutzt werden darf, ein Ergebnis herbeizuführen, welches nicht einmal das Urteil haben kann. Die Wiedereinführung der Todesstrafe über den Umweg des Verfahrens ist abzulehnen, s. bereits Fahl, Rechtsmissbrauch im Strafprozess (2004), S. 312.

[9] So auch Prittwitz StV 2010, 648, 653 f.

[10] BGHSt 41, 16, 18; Beulke a.a.O. (Fn. 7), Rn. 277; s. auch Fahl JuS 1997, 841 m.w.N.

[11] Die Vorschrift gilt zwar unmittelbar nur im Zwischenverfahren, ist aber auf die anderen Ver­fahrensstadien analog anwendbar, Schneider, in: Hannich (Hrsg.), Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Aufl. (2013), § 205 Rn. 2.

[12] Welche Vorschrift die richtige ist, auch darüber ist im Honecker-Verfahren gestritten worden, es geht um die möglichen unterschiedlichen Mehrheitsverhältnisse und das Mitspracherecht der Schöffen.

[13] Siehe OLG Frankfurt NJW 1969, 570 (betr. ein Verfahren gegen einen 65jährigen Angeklagten wegen der Teilnahme an "Euthanasiemaßnahmen", dessen Einstellung nicht gerechtfertigt war, weil die Möglichkeit bestand, in Anwesenheit eines Arztes stundenweise zu verhandeln).

[14] Vgl. BGHSt 2, 300, 305: Die angeklagte Ehefrau eines im April 1945 hingerichteten Konzentrationslagerkommandanten hatte ihre "zeitweilige Verhandlungsunfähigkeit selbst herbeigeführt, indem sie sich, um das Verfahren zu hindern, in krankhafte seelische Erregung versetzte", aus der sie sich dann "allerdings nicht mehr ohne weiteres befreien konnte".

[15] Siehe Fahl a.a.O. (Fn. 9), S. 303 f.; a.A. Eisenberg, Beweisrecht, 9. Aufl. (2015), Rn. 773: "erhebliche dogmatische Bedenken" (bzgl. § 231 Abs. 2 StPO).

[16] BGHSt 26, 228; bestätigt von BVerfGE 41, 246, 250.

[17] Man hielt damals noch den Nachweis der Beteiligung an einer konkreten Tat für nötig, eine Verurteilung wegen Beihilfe zum tausendfachen Mord für unmöglich, das hat sich erst durch das Demjanjuk-Verfahren geändert.

[18] BVerfGE 89, 120 = NStZ 1993, 598 m. Anm. Meurer – das LG hatte gemeint, das Vorbringen sei "aus Rechtsgründen unbeachtlich".

[19] BVerfGE 51, 324; s. dazu Kröpil AnwBl 2001, 198, 202 f.

[20] So bereits Fahl ZJS 2011, 229, 234; ausführlich Fahl a.a.O. (Fn. 9), S. 313.

[21] LG München II a.a.O. (Fn. 4), Rn. 1233. – Aufgrund ähnlicher Erwägungen ist der Angeklagte Broad im Auschwitz-Verfahren beispielsweise der "gemeinschaftlichen Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord in mindestens zweiundzwanzig Fällen, davon zwei Fällen begangen an mindestens je tausend Menschen" für schuldig erkannt worden.

[22] BGHSt 2, 246 ff.; 16, 397; NStZ 1984, 311; NJW 1985, 1564 m. abl. Anm. Maiwald; NJW 1998, 619.

[23] LG München II a.a.O. (Fn. 4), Rn. 1234.

[24] In diesem Sinne auch Kurz ZIS 2013, 122, 127 f.

[25] Kritisch zur Zahlenarithmetik bereits Prittwitz StV 2010, 648, 653.

[26] Vgl. LG München II a.a.O. (Fn. 4), Rn. 1239 ff. – krit. dazu Burchard HRRS 2010, 132 ff.

[27] Vgl. auch LG München II a.a.O. (Fn. 4), Rn. 1285 (zum Verfahren gegen Demjanjuk in Israel) und Rn. 1286 ff. (zum Verfahren in Polen und zu Art. 54 SDÜ sowie zu Art. 50 EU-V).

[28] Vgl. LG Hamburg NStZ 1981, 141 f. m. krit. Anm. Schünemann; ebenso Triffterer NJW 1980, 2049 ff.

[29] Rosenau, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier (Hrsg.), StGB, Kommentar, 2. Aufl. (2014), § 78 Rn. 11.

[30] Dabei ist zu bedenken, dass die Verjährung bis zum Kriegsende und darüber hinaus bis zur Wiederaufnahme einer funktionsfähigen Rechtsprechung ruhte, § 79a Nr. 1 StGB.

[31] LG München II a.a.O. (Fn. 4), Rn. 1278 ff.

[32] Siehe etwa Kindhäuser, StGB, Lehr- und Praxiskommentar, 6. Aufl. (2014), Vor § 78 Rn. 3.

[33] Diese "gesetzgeberische Panne" soll zur Folge gehabt haben, dass plötzlich alle Beihilfetaten ohne Vorliegen eigener persönlicher Mordmerkmale als verjährt anzusehen waren, dazu Rottleuthner, in: Lerch (Hrsg.), Die Sprache des Rechts (2004), S. 307 ff.

[34] Fischer, StGB, Kommentar, 62. Aufl. (2015), § 211 Rn. 27; Kindhäuser a.a.O. (Fn. 32), § 211 Rn. 14.

[35] Vgl. dazu, dass auch Ukrainer aus "Rassenhass" gehandelt haben, bereits Fahl ZJS 2011, 229, 231 – die Besonderheit im dortigen Verfahren bestand aber darin, dass Demjanjuk zugleich gehandelt hat, um seinen Kopf selbst aus der Schlinge zu ziehen, und man dieses Motiv nicht ohne eine gewisse moralische Hybris als sittlich "auf tiefster Stufe" stehend bezeichnen kann.

[36] Unter Verweis auf BGHSt 1, 368 ff.

[37] LG München II a.a.O. (Fn. 4), Rn. 1208.

[38] Siehe Pintaske/Sitzer, in: Jahn/Nack (Hrsg.), Rechtsprechung, Gesetzgebung, Lehre: Wer regelt das Strafrecht? Referate und Diskussionen auf dem 2. Karlsruher Strafrechtsdialog am 19. Juni 2009 (2010), S. 63 (m. Bespr. Fahl GA 2010, 484 ff.).

[39] Frommel, in: Jahn/Nack a.a.O. (Fn. 38), S. 64; zust. Fahl GA 2010, 484.

[40] Siehe dazu bereits oben im Text. – Der Völkermordtatbestand (§ 6 VStGB, § 220a StGB a.F.) existierte damals noch nicht, weshalb eine Verurteilung daraus nach h.M. gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen würde.

[41] Vgl. dazu Fahl/Winkler, Meinungsstreite BT/2, 3. Aufl. (2015), § 211 Rn. 3. – Als solches kommt, vielleicht nicht bei einem Sanitäter, wohl aber bei Demjanjuk, Verdeckungsabsicht (§ 211 Abs. 2 Gruppe 3 Alt. 2 StGB) in Betracht. Aus diesem Grunde – Verdeckung – wurde Sobibor gegen Kriegsende völlig dem Erdboden gleich gemacht, s. bereits Fahl ZJS 2011, 229, 231.

[42] Für die nach h.M. (Fahl/Winkler, Meinungsstreite AT und BT/1, 3. Aufl.[2015], § 15 Rn. 3) ebenfalls erforderliche Willenskomponente (voluntatives Element) gilt, was der BGH bereits im "Lederriemenfall" (Urt. v. 22.4.1955 – 5 StR 35/55 = BGHSt 7, 363, 368), ausführte: "Billigen" im Rechtssinne kann der Täter auch einen Erfolg, der ihm äußerst "unerwünscht" ist, mit dem er sich aber eines anderen Zieles wegen (z.B. nicht an die Front versetzt zu werden) "abfindet".

[43] So auch LG Frankfurt a.M., Urt. v. 19./20.8.1965 – 4 Ks 2/63 (Auschwitz); s. auch LG München II a.a.O. (Fn. 4), Rn. 1187 (Demjanjuk).

[44] Fischer a.a.O. (Fn. 34), § 211 Rn. 91.

[45] Statt vieler Fahl/Winkler, Definitionen und Schemata Strafrecht, 6. Aufl. (2015), § 211 Rn. 5.

[46] Fahl/Winkler, Definitionen (Fn. 45), § 211 Rn. 9.

[47] In Sobibor ist, wie man den Feststellungen im Demjanjuk-Urteil entnehmen kann, lediglich Kohlenmonoxid aus Dieselmotoren eingesetzt worden, wie in der vorangegangenen ersten sog. Aktion T4, und nicht Zyklon B, was jedoch an dem Vorliegen einer grausamen Tötung nichts ändert. – Solche historischen Details zu klären, ist ein wichtiger Nebeneffekt solcher Prozesse – siehe oben I –, der freilich den eigentlichen Prozesszweck (Schuldnachweis) auch nicht in den Hintergrund treten lassen darf.

[48] Fahl/Winkler, Definitionen (Fn. 45), § 211 Rn. 10.

[49] Hier zu argumentieren, das Mittel sei in seiner Wirkungsweise (durch die baulichen Voraussetzungen) von den Nazis gerade beherrschbar gemacht worden und daher keine Gefahr für eine unbestimmte Vielzahl, sondern jeweils nur für eine (genauestens) bestimmte Anzahl gewesen, wäre zynisch, siehe bereits Fahl ZJS 2011, 229, 231.

[50] Siehe dazu Fahl/Winkler, Meinungsstreite BT/2 (Fn. 41), § 211 Rn. 4.

[51] Auf einem anderen Blatt steht, ob die Strafe nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen so bemessen sein muss, dass dem Verurteilten zumindest die theoretische Möglichkeit eröffnet bleibt, das Gefängnis lebend zu verlassen, s. dazu Beck HRRS 2010, 157, 161. Diese Erwägungen haben das LG München II a.a.O. (Fn. 4), Rn. 1306, bewogen, die angesichts des Ausmaßes des Verbrechens moderate Freiheitsstrafe von lediglich 5 Jahren zu verhängen.

[52] Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht AT, 44. Aufl. (2014), Rn. 450.

[53] Dagegen spricht, worauf das LG München II a.a.O. (Fn. 4), Rn. 1197, zu Recht hinweist, dass die Täter ihre Verbrechen schon während der Begehung durch Geheimhaltungsvorschriften, Verwendung einer "Tarnsprache" ("Sonderbehandlung" etc.) und schließlich die systematische Vernichtung von Beweisen zu verheimlichen suchten .

[54] Siehe dazu Fahl JA 2004, 449, 450.

[55] Siehe bereits Fahl ZJS 2011, 229, 232.

[56] Fischer a.a.O. (Fn. 34), Vor § 32 Rn. 16.

[57] Vgl. dazu Roxin, Strafrecht AT I, 4. Aufl. (2006), § 17 Rn. 19.

[58] Das gerade auch angesichts der Erkenntnis, wie schwer es Nachkriegsdeutschland gefallen ist, zentrale Reichsbehörden wie das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) und Wirtschaftsverwaltungshauptamt (WVHA) in Berlin als "kriminelle Vereinigungen" zu begreifen, s. Rüter/Bästlein ZRP 2010, 92, 93.

[59] Fahl/Winkler, Definitionen (Fn. 45), Vor § 1 Rn. 2 – Zur Abgrenzung vom davon zu unterscheidenden Erlaubnistatbestandsirrtum Fahl/Winkler, Definitionen (Fn. 45), § 32 Rn. 12; zu dessen Behandlung Fahl/Winkler, AT und BT/1 (Fn. 42), § 16 Rn. 9.

[60] Vgl. Fahl JA 1999, 8; s. auch Fahl/Winkler, AT und BT/1 (Fn. 42), § 17 Rn. 1.

[61] Im Fall Demjanjuk kam freilich noch hinzu, dass dieser Ukrainer war und das deutsche Rechtssystem zuerst aus der Perspektive des Kriegsgefangenen kennen gelernt hat, s. Fahl ZJS 2011, 229, 232.

[62] LG Frankfurt a.M., Urt. v. 19./20.8.1965 – 4 Ks 2/63.

[63] LG München II a.a.O. (Fn. 4), Rn. 1218.

[64] LG München II a.a.O. (Fn. 4), Rn. 1198 – Die Frage der Vermeidbarkeit des Irrtums lässt es als nur die Strafzumessung betreffend offen.

[65] LG München II a.a.O. (Fn. 4), Rn. 1226, argumentiert, dass die (allerdings auch weniger Erfolg versprechende) Flucht ohne Waffe im Gegensatz zur Flucht mit Waffe, die im Falle der Ergreifung zur Erschießung führte, für die Trawniki kaum ein Risiko barg.

[66] Fahl ZJS 2011, 229, 232 f. – Im Übrigen hat das LG München II a.a.O. (Fn. 4), Rn. 1226, Recht damit, dass sich die SS-Wachleute und Wehrmachtsangehörigen nicht auf den entschuldigenden Notstand berufen können, weil die Gefahren, die ihnen bei Weigerung drohten, regelmäßig nicht größer waren als die, die in Kriegszeiten allgemein für einen Soldaten bestanden, s. Fahl ZJS 2011, 229, 232 f.

[67] Zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme statt vieler Fahl/Winkler, AT und BT/1 (Fn. 42), § 25 Rn. 4.

[68] Vgl. nur die zahlreichen Theorien bei Hillenkamp, 32 Probleme aus dem Strafrecht AT, 14. Aufl. (2012), S. 202 ff. (28. Probl.); Kurzfassung bei Fahl/Winkler, AT und BT/1 (Fn. 42), § 27 Rn. 5.

[69] Zur "Sozialadäquanz" von Beschneidungen jüngst Fahl, in: Festschrift für Beulke (2015), S. 81 ff.

[70] Vgl. Rogat, Die Zurechnung bei der Beihilfe (1997), S. 68; Wessels/Beulke/Satzger a.a.O. (Fn. 52), Rn. 582a.

[71] Siehe dazu Fahl/Winkler, AT und BT/1 (Fn. 42), § 27 Rn. 3.

[72] LG München II a.a.O. (Fn. 4), Rn. 1207.

[73] Siehe dazu Fahl/Winkler, AT und BT/1 (Fn. 42), § 27 Rn. 4.

[74] So bereits Bauer JZ 1967, 625, 627.

[75] Bauer JZ 1967, 625, 628.

[76] BGH NJW 1969, 2056, 2056 f.

[77] Siehe Kurz ZIS 2013, 122, 129.

[78] BGH NJW 1969, 2056, 2057.

[79] BGH NJW 1969, 2056, 2057.

[80] Siehe Kurz ZIS 2013, 122, 125, mit einigen schlimmen Beispielen aus der staatsanwaltschaftlichen Einstellungspraxis.

[81] In diesem Zusammenhang oft verwendeter Ausdruck, vgl. Kurz ZIS 2013, 122, 125.

[82] Vgl. auch schon Fahl ZJS 2011, 229, 230.

[83] LG München II a.a.O. (Fn. 4), Rn. 1202 – unter Verweis auf Joecks, in: Joecks/Miebach (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2. Aufl. (2011-), § 27 Rn. 50.

[84] Auschwitz II = Auschwitz-Birkenau – Tatsächlich war Hubert Z. zuvor von Oktober 1943 bis Januar 1944 offenbar im Stammlager (Auschwitz I) eingesetzt.

[85] Zum Aspekt der "Solidarisierung" auch BGH NStZ 2000, 34; s. auch BGHSt 46, 107, 112.

[86] Murmann, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier a.a.O. (Fn. 29), § 27 Rn. 6.

[87] Beispiel: Josef Mengele, der übrigens wie Hubert Z. in der SS-Division "Wiking" diente. – Wenn der Freispruch von Dr. Schatz im Auschwitz-Prozess einen bitteren Nachgeschmack hat, dann deshalb, weil er mit der Behauptung durchdringen konnte, er habe "sich nur auf der Rampe herumgedrückt", aber nie selbst "selektiert", während der erhebliche Verdacht bestand, dass der Angeklagte, wenn er auf Grund der Diensteinteilung Rampendienst zu verrichten hatte, sich ebenso wie die anderen SS-Ärzte (Dr. Frank und wie der Apotheker Dr. Capesius) an den Selektionen beteiligt, d.h. über Leben und Tod entschieden hat.