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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Aug./Sept. 2014
15. Jahrgang
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Von Lara Blume und Kilian Wegner, Bucerius Law School, Hamburg
Die Europäisierung und Internationalisierung des Strafrechts hat längst auch das Sexualstrafrecht erfasst. Sowohl auf der Ebene des Unionsrechts als auch im internationalen Recht finden sich heute zahlreiche Regelungen, die für den deutschen Gesetzgeber Vorgaben zur Verfolgung von Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung enthalten.[1] Der jüngste Impuls geht dabei von der sog. Istanbul-Konvention des Europarats (I-K)[2] aus. Um dieses Übereinkommen rankt sich seit einigen Monaten eine reformpolitische Debatte, deren Ausgang möglicherweise zu umfangreichen Änderungen im deutschen Sexualstrafrecht führen wird.
Auslöser der Diskussion ist ein Referentenentwurf zur "Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht", den das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) im April dieses Jahres veröffentlicht hat. Der Entwurf soll – neben der Umsetzung der sog. "Lanzarote"-Konvention[3] des Europarates sowie der EU-Richtlinie 2011/93/EU[4] – der Anpassung des deutschen Rechts an die I-K dienen, die von der Bundesrepublik Deutschland bisher noch nicht ratifiziert wurde.
In seinem Entwurf geht das BMJV davon aus, dass das materielle deutsche Sexualstrafrecht den Anforderungen der I-K bereits genügt und dass insbesondere Art. 36 I-K, der den Konventionsstaaten Vorgaben zur Bestrafung von Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung macht, vollständig von § 177 StGB umgesetzt wird.[5] Gegen diese Einschätzung hat sich Widerstand geregt: De lege lata seien in Deutschland nicht alle von Art. 36 I-K erfassten Fallkonstellationen strafbar. Vielmehr müsse eine Ausweitung der §§ 174 ff. StGB erfolgen, um den internationalen Vorgaben zu genügen.[6]
Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte untersucht der folgende Beitrag, ob sich aus Art. 36 I-K tatsächlich ein Änderungsbedarf für das materielle deutsche Sexualstrafrecht ergibt. Im ersten Schritt wird ermittelt, welche Fallkonstellationen nach Maßgabe von Art. 36 I-K unter Strafe stehen sollen. Sodann wird überprüft, ob das deutsche Strafrecht diesen Anforderungen gerecht wird.
Nach Art. 36 Abs. 1 I-K sind die Vertragsstaaten verpflichtet, die in lit. a bis c beschriebenen Verhaltensweisen unter Strafe zu stellen, wenn der Täter dabei vorsätzlich handelt.
Im Mittelpunkt aller drei Tatbestandsvarianten des Art. 36 Abs. 1 I-K steht der Begriff der "nicht einverständlichen sexuellen Handlung"[7], wobei lit. a den Spezialfall der Penetration enthält und lit. b alle sonstigen sexuellen Handlungen erfasst, die mit einer Person ohne deren Einverständnis vorgenommen werden. Lit. c regelt
Mehr-Personen-Konstellationen, in denen eine Person von dritter Seite veranlasst wird, gegen ihren Willen sexuelle Handlungen mit einer anderen Person durchzuführen.
Laut Art. 36 Abs. 2 I-K muss das Einverständnis in eine sexuelle Handlung "freiwillig" erteilt werden, wobei die Norm Freiwilligkeit "als Ergebnis des freien Willens der Person" definiert, "der im Zusammenhang der jeweiligen Begleitumstände beurteilt wird".[8]
Art. 36 Abs. 1 und Abs. 2 I-K ergeben damit zusammengenommen ein zweistufiges Regelungskonzept: Notwendige Bedingung für die Straflosigkeit einer sexuellen Handlung ist erstens ein Einverständnis aller Beteiligten. Hinreichende Bedingung ist zweitens, dass das Einverständnis freiwillig i.S.v. Art. 36 Abs. 2 I-K erteilt worden ist. Alle sexuellen Handlungen, die diese zwei Bedingungen nicht erfüllen, müssen gem. Art. 36 I-K strafbar sein.
Ergebnis der Wortlautauslegung ist damit, dass Art. 36 I-K dem Gesetzgeber vorschreibt, alle Fälle unter Strafe zu stellen, in denen eine sexuelle Handlung mit einer Person ohne deren freiwillig erteiltes Einverständnis vorgenommen wird.[9]
Bei der Auslegung ist ferner der erläuternde Bericht zur I-K zu berücksichtigen. Bei den begleitenden Berichten zu den Übereinkommen des Europarats handelt es sich zwar nicht um Vertragsbestandteile, sie können jedoch zur Konkretisierung des Vertragstextes herangezogen werden.[10]
Rn. 193 S. 2 des erläuternden Berichts räumt den Vertragsstaaten einen Ausgestaltungsspielraum bei der Umsetzung von Art. 36 I-K ein. Dort heißt es wörtlich:
"It is, however, left to the Parties to decide on the specific wording of the legislation and the factors that they consider to preclude freely given consent.”
Entscheidend ist dabei das Verständnis des zweiten Satzteils nach dem "and". Es ergeben sich insofern zwei Deutungsmöglichkeiten: Erstens könnte man das Wort "consent" betonen. Das würde die Interpretation nahelegen, dass die Vertragsstaaten per Gesetz festlegen könnten, in welchen Situationen eine Einverständniserklärung vorliegt. Gegen ein solches Verständnis spricht aber, dass die Frage, ob überhaupt ein Einverständnis erklärt wurde, nur begrenzt normativierbar ist. Wird beispielsweise eine sexuelle Handlung unter Ausnutzung eines Überraschungsmoments vorgenommen ("Grapscher"), lässt sich nicht ohne weiteres normativ behaupten, das Opfer habe in dieser Situation sein Einverständnis erklärt. Hinsichtlich der Frage, ob überhaupt eine Einverständniserklärung vorliegt, lässt sich höchstens eine Beweisregel aufstellen, die besagt, dass beim Vorliegen bestimmter Umstände typischerweise von der Erklärung eines Einverständnisses ausgegangen werden kann. In Rn. 193 S. 2 geht es aber eindeutig um materielles Recht ("wording of the legislation") und nicht um Fragen der Beweiswürdigung.[11]
Richtigerweise muss in Rn. 193 S. 2 Hs. 2 des erläuternden Berichts deshalb das Wort "freely" betont werden. Die Vertragsstaaten haben also einen Spielraum zu entscheiden, welche Umstände es ausschließen sollen, dass ein vorhandenes Einverständnis freiwillig i.S.d. Art. 36 I-K erteilt wurde. Beispielsweise könnte ein Vertragsstaat ein Einverständnis für unfreiwillig und damit rechtlich unwirksam erklären, wenn es eine Person nur deshalb abgegeben hat, weil der Empfänger des Einverständnisses ihr die Zufügung wirtschaftlicher Nachteile in Aussicht gestellt hatte.
Nicht vom Ausgestaltungsspielraum der Vertragsstaaten erfasst ist dagegen die Behandlung von Situationen, in denen von vornherein kein Einverständnis erteilt wurde – diese Fälle müssen strafrechtlich erfasst werden.
Art. 36 I-K schreibt dem nationalen Gesetzgeber vor, alle Fälle unter Strafe zu stellen, in denen eine sexuelle Handlung mit einer Person ohne deren freiwillig erteiltes Einverständnis vorgenommen wird oder diese eine solche Handlung vornehmen muss. Bei der Frage, welche Umstände es ausschließen, dass ein erteiltes Einverständnis als unfreiwillig angesehen werden kann, haben die Vertragsstaaten einen Ausgestaltungsspielraum.
Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob das deutsche Strafrecht alle Fallkonstellationen erfasst, die nach der I-K unter Strafe zu stellen sind.
Alle insofern erdenklichen Sachverhalte können hier aber schon aus Platzgründen nicht behandelt werden. Zudem würde sich ein Änderungsbedarf für das deutsche Recht bereits dann ergeben, wenn nur ein einziger Fall, der unter Art. 36 I-K fällt, nach dem StGB nicht strafbar ist. Zur Vereinfachung beschränkt sich die Betrachtung im Folgenden deshalb auf zwei exemplarische Fallgruppen, die in der aktuellen reformpolitischen Debatte immer
wieder angeführt werden.[12] Es handelt sich jeweils um Sachverhalte, in denen sexuellen Handlungen mit einer Person ohne deren Einverständnis oder sogar gegen deren ausdrücklich erklärten Willen vorgenommen werden und die damit Art. 36 I-K unterfallen.
In der ersten Fallgruppe sollen Konstellationen zusammengefasst werden, in denen das Opfer sich keiner sexuellen Handlung versieht und der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt, um die gewünschte sexuelle Handlung am Opfer durchzuführen. Beispielsweise sei das plötzliche Berühren des Geschlechtsteils einer anderen Person oder das plötzliche Reiben des eigenen Geschlechtsteils an einer anderen Person genannt.[13] In einem anderen viel diskutierten Fall war der Täter überraschend und ohne entsprechendes Einverständnis mit dem Penis vaginal in das Opfer eingedrungen.[14] Genannt sei abschließend ferner die Konstellation, dass Opfer und Täter ursprünglich einvernehmlichen Geschlechtsverkehr haben, der Täter dann aber unvermittelt die im Vorfeld abgesprochenen Grenzen des Einverständnisses überschreitet.[15]
Die zweite Fallgruppe enthält Konstellationen, in denen die Person, mit der sexuelle Handlungen gegen ihren ausdrücklich erklärten Willen vorgenommen werden, sich – aus einer objektiven Sicht ex-ante betrachtet – dem körperlich überlegenen Täter hätte erfolgreich entziehen können, indem sie z.B. laut um Hilfe ruft. Die Gründe dafür, dass das Opfer den objektiv möglichen Ausweg aus der Situation nicht wählt, können dabei ganz unterschiedlich und auch in gewissem Maße irrational sein. Beispielsweise wäre es denkbar, dass ein (aus objektiver Sicht ex-ante vermeidbarer) Irrtum über die Anwesenheit schutzbereiter Dritter besteht oder dass das Opfer Dritte aus Scham nicht zur Hilfe ruft oder Dritten die Konfrontation mit der Situation ersparen möchte. Denkbar wäre letzteres insbesondere bei Kindern als schutzbereiten Dritten.
Zunächst soll untersucht werden, ob die beschriebenen Sachverhalte gemäß § 177 StGB strafbar sind.
Nach dem in § 177 Abs. 1 StGB geregelten Grundtatbestand der sexuellen Nötigung macht sich strafbar, wer eine andere Person mit Gewalt (Nr. 1), durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (Nr. 2) oder unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist (Nr. 3), nötigt, sexuelle Handlungen an sich zu dulden oder an anderen vorzunehmen.
Die Tatbestandsvarianten nach § 177 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB werden von der herrschenden Meinung als zwei-aktige Nötigungsdelikte verstanden, bei denen der Täter die (qualifizierten) Nötigungsmittel Gewalt bzw. Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben einsetzt ("1. Akt"), um damit – final verknüpft – die Duldung einer sexuellen Handlung zu erzwingen ("2. Akt").[16] Aus diesem Verständnis folgt für die Auslegung von § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB, dass eine sexuelle Handlung – mag sie auch gewaltvoll sein – nicht gleichzeitig als Gewalt zur Erzwingung ihrer eigenen Duldung angesehen werden kann.[17] Demnach sind insbesondere die in der ersten Fallgruppe zusammengefassten Konstellationen nicht erfasst, in denen der Täter die sexuelle Handlung unter Ausnutzung eines Überraschungsmoments vornimmt und ansonsten kein zusätzliches Nötigungsverhalten an den Tag legt.[18]
Auch die zweite Fallgruppe wird weder von § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB noch von § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfasst. Denn hier unterwirft sich das Opfer dem Willen des Täters, ohne bzw. bevor es des Einsatzes eines qualifizierten Nötigungsmittels bedarf.
In Betracht kommt damit hinsichtlich beider Fallgruppen nur eine Strafbarkeit nach § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB, dessen Auslegung im Einzelnen hoch umstritten ist. Für die Zwecke dieser Untersuchung sei dabei nur auf die folgenden Aspekte eingegangen:
Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH liegt ein Fall des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB nur dann vor, wenn das Opfer sich (1) bei objektiver Betrachtung aus einer ex ante-Perspektive in einer Situation befindet, in der es sich weder durch eigene Gegenwehr noch durch Flucht noch durch Zuhilfenahme Dritter effektiv gegen eine gewaltsame Überwältigung schützen kann (= schutzlose Lage), und (2) sexuelle Handlungen in dieser Lage gerade des-
halb duldet, weil es körperliche Gewalt-Einwirkungen des Täters fürchtet.[19]
Nach dieser Lesart scheiden die Konstellationen der ersten Fallgruppe aus dem Tatbestand des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB aus. Der überraschend angreifende Täter nötigt das Opfer nicht durch Ausnutzung einer schutzlosen Lage zur Duldung einer sexuellen Handlung, sondern missbraucht dafür eine "günstige Gelegenheit".[20]
Eine Subsumtion der Sachverhalte der zweiten Fallgruppe scheitert in manchen Fällen schon am objektiven Maßstab, den die Rechtsprechung bei der Bestimmung der schutzlosen Lage anlegt: Nimmt das Opfer seine Schutzlosigkeit – aus einer objektiven ex-ante-Perspektive betrachtet – irrig an, kommt eine Strafbarkeit nach § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht in Betracht.[21] Ferner liegt keine sexuelle Nötigung vor, wenn das Opfer sich dem Willen des Täters ohne Gegenwehr unterwirft, obwohl es weiß, dass es drohenden körperlichen Gewalteinwirkungen des Täters z.B. durch Hilferufe oder durch Flucht entgehen könnte, diese Mittel aus Scham oder anderen Motiven aber nicht einsetzt.[22]
Die Täter machen sich in den ausgewählten Fallgruppen nicht nach § 177 StGB strafbar.
Bezüglich der zweiten Fallgruppe sei noch angemerkt, dass die herrschende Auslegung von § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB – jedenfalls in der durch BGH HRRS 2012 Nr. 48 zugespitzten Weise – zumindest Gefahr läuft, die von Art. 36 I-K aufgestellte Mindestvoraussetzung zu unterschreiten, wonach ein mangelnder körperlicher Widerstand des Opfers bei Sexualdelikten kein strafbarkeitseinschränkendes Kriterium sein darf.[23] Bei § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB wird ein Widerstand des Opfers zwar nicht unmittelbar vorausgesetzt. Jedoch liegt eine Strafbarkeit im Falle der sofortigen Unterwerfung des abwehrfähigen Opfers nur dann vor, wenn Widerstand, Flucht oder Hilfegesuche von vornherein objektiv nicht erfolgversprechend waren. Es bleibt im Grundsatz also dabei, dass das Opfer seine sexuelle Selbstbestimmung aktiv verteidigen und dabei auch die entstehenden sozialen "Folgekosten" (z.B. Bloßstellung) tragen muss.
In alledem läge aber jedenfalls dann kein Verstoß gegen Art. 36 I-K, wenn die exemplarischen Fallgruppen ohnehin anderen Straftatbeständen unterfallen würden.
In Betracht kommt insofern § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB, der in manchen Fällen als Auffangtatbestand zu § 177 StGB herangezogen wird.[24]
Der § 240 Abs. 1 ist nach herrschender Auffassung – ebenso wie § 177 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 – ein zwei-aktiges Delikt, bei dem Nötigungsmittel ("1. Akt") und Nötigungserfolg ("2. Akt") im Sinne einer Mittel-Zweck-Relation verknüpft sind. Der Nötigungserfolg darf sich also nicht in der bloßen Duldung der Nötigungshandlung erschöpfen.[25]
Daraus folgt, dass Sachverhalte aus der Fallgruppe 1 von § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB nicht erfasst werden, weil als Nötigungserfolg in diesen Fällen nur der Umstand in Betracht kommt, dass das überraschte Opfer die sexuelle Handlung zunächst duldet, bis es die Situation gedanklich erfasst hat. Die sexuelle Handlung ist aber gleichzeitig auch als Nötigungshandlung anzusehen, d.h. es fehlt an einem zwei-aktigen Geschehen.
Dasselbe gilt für die Fallgruppe 2, der ebenfalls typischerweise ein ein-aktiger Geschehensablauf zugrunde liegt: Das Handeln des Täters erschöpft sich auch hier in der Vornahme einer sexuellen Handlung gegen den Willen des Opfers. Die bloße Vornahme einer Handlung gegen den Willen einer anderen Person ist keine Nötigung zur Duldung dieser Handlung.[26]
Selbst wenn man annehmen würde, alle Fälle, die gem. Art. 36 I-K unter Strafe gestellt werden müssen, seien von § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB erfasst, kann sich ein Konventionsverstoß aus anderen Gründen ergeben.
Gem. Art. 44 I-K muss der nationale Gesetzgeber sicherstellen, dass Taten i.S.v. Art. 36 I-K in bestimmten Fällen auch dann verfolgt werden können, wenn der Tatort sich im Ausland befindet. Weil die insofern einschlägigen Regeln im deutschen Strafanwendungsrecht den § 177 StGB de lege lata nicht erfassen, sieht der eingangs er-
wähnte Referentenentwurf zur "Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht" bereits eine entsprechende Anpassung der §§ 3 ff. StGB vor.[27] Eine Änderung bezüglich § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB ist aber nicht geplant. Selbst wenn man also annehmen würde, alle Fälle des Art. 36 I-K seien – wenn nicht schon von § 177 StGB – jedenfalls von § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB erfasst, stünde die deutsche Rechtslage nicht im Einklang mit Art. 44 I-K.
Der Art. 45 Abs. 1 I-K verlangt von den Vertragsstaaten, für Delikte i.S.v. Art. 36 I-K "wirksame, angemessene und abschreckende" Sanktionen vorzusehen. Zwar ist der Strafrahmen von § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB (mindestens sechs Monate, maximal fünf Jahre Freiheitsstrafe) niedriger als bei § 177 StGB (Mindeststrafe ein Jahr nach Abs. 1, zwei Jahre nach Abs. 2, drei Jahre nach Abs. 3 und fünf Jahre nach Abs. 4). Für sich genommen steht das Strafmaß jedoch nicht völlig außer Verhältnis zur Schwere der von Art. 36 I-K erfassten Taten, so dass ein Verstoß gegen Art. 45 Abs. 1 I-K in dieser Hinsicht fernliegt.
Gem. Art. 46 I-K muss der nationale Gesetzgeber Erschwernisgründe für gewisse Arten der Ausführung von Taten i.S.v. Art. 36 I-K vorsehen (z.B. unter Einsatz einer Waffe). Weder der § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB noch der § 177 StGB sehen sämtliche der dort aufgezählten Tatmodalitäten als strafschärfende Qualifikationen oder Regelbeispiele vor. Allerdings können entsprechende Fallkonstellationen – wie auch bei anderen Tatbeständen üblich – im Rahmen der Strafzumessung nach § 46 StGB berücksichtigt werden. Angesichts des Gestaltungsspielraums, der den Vertragsstaaten insofern zusteht,[28] kann also auch in dieser Hinsicht nicht von einem Konventionsverstoß ausgegangen werden.
Art. 56 I-K fordert vom nationalen Gesetzgeber, eine ganze Reihe von Vorkehrungen zu treffen, die dem Opfer von Taten i.S.v. Art. 36 I-K eine hinreichende Teilhabemöglichkeit an einem Strafverfolgungsverfahren gegen den Täter zusichert, eine re-viktimisierende Konfrontation des Opfers mit dem Täter nach Möglichkeit vermeidet und die Privatsphäre des Opfers schützt.
Die einzelnen Vorgaben des Art. 56 I-K sollen hier nicht im Detail nachvollzogen werden. Entscheidend ist, dass das deutsche Recht im Falle von Taten gem. § 177 StGB alle prozessualen Möglichkeiten vorsieht, die Art. 56 Abs. 1 I-K erfordert.[29] Für Taten nach § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB gibt es jedoch zumeist keine entsprechenden Vorschriften. Dazu ein Beispiel: Art. 56 Abs. 1 lit. d I-K enthält unter anderem die Vorgabe, dass dem Opfer das Recht eingeräumt werden muss, im Strafverfahren Stellungnahmen abzugeben und Beweisanträge stellen zu können. Im deutschen Recht wird das durch die Regeln über die Nebenklage nach §§ 395 ff. StPO ermöglicht, die dem Nebenkläger wichtige prozessuale Teilhaberechte wie z.B. das Beweisantragsrecht oder das Fragerecht zugestehen (§ 397 Abs. 1 StPO). Gem. § 395 Abs. 1 Nr. 1 StPO steht die Nebenklage dem Opfer bei Taten nach § 177 StGB offen, nicht aber bei Taten gem. § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB.[30]
Selbst wenn man § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB als Auffangtatbestand zur Umsetzung von Art. 36 I-K heranziehen würde, bliebe ein Verstoß gegen Art. 56 Abs. 1 I-K bestehen.
Gem. Art. 58 I-K sind die Vertragsstaaten verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Verjährungsfrist bei Taten nach Art. 36 I-K erst eine angemessene Zeit nach dem Zeitpunkt endet, in dem das Opfer volljährig geworden ist. Im deutschen Recht findet sich eine entsprechende Regelung in § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB. Diese Vorschrift erfasst jedoch nur § 177 StGB, nicht aber § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB. Wenn man § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB als Auffangtatbestand zur Umsetzung von Art. 36 I-K heranziehen würde, müsste das deutsche Recht folglich an Art. 58 I-K angepasst werden.
Auch § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB stellt die beiden exemplarischen Fallgruppen nicht unter Strafe.
Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB alle Fälle des Art. 36 I-K erfasst, die § 177 StGB nicht strafbar sind, müsste das deutsche Recht hinsichtlich dieser Vorschrift an die Anforderungen der Art. 44, 56 und 58 I-K angepasst werden.
Früher hat die Rechtsprechung eine große Anzahl von Fällen nicht-einverständlicher sexueller Handlungen als sog. Sexualbeleidigung unter § 185 StGB subsummiert, ist von dieser Position aber mittlerweile zu Recht wieder abgerückt.[31] Nach heute ganz herrschender Meinung können sexuelle Handlungen nur dann eine Beleidigung darstellen, wenn der Täter dabei über den allgemeinen Angriff auf die persönliche Selbstbestimmung des Opfers
hinaus zusätzlich die Einschätzung der Minderwertigkeit des Opfers kommuniziert.[32]
Selbst wenn man § 185 StGB entgegen der herrschenden Meinung als eine Art Auffangdelikt für nicht-einverständliche sexuelle Handlungen interpretiert,[33] ergäbe sich wie bei § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB weiterer Anpassungsbedarf in Bezug auf die Art. 44, 56 und 58 I-K.[34] Zudem steht das Strafantragserfordernis des § 194 StGB in Konflikt mit Art. 55 Abs. 1 I-K, der verlangt, dass Taten nach Art. 36 I-K ex officio verfolgt werden müssen.
Die Untersuchung der beiden exemplarischen Fallgruppen hat gezeigt, dass das deutsche Strafrecht nicht alle Fälle erfasst, die gem. Art. 36 I-K unter Strafe stehen müssen.
Hält man dieses Ergebnis für falsch und vertritt – entgegen der herrschenden Interpretation dieser Tatbestände – den Standpunkt, dass jedenfalls § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB bzw. § 185 StGB alle Fälle des Art. 36 I-K erfasst, ergibt sich ein Änderungsbedarf für das deutsche Recht jedenfalls hinsichtlich Art. 44, 56, 58 und ggf. 55 Abs. 1 I-K.
Wie eingangs erwähnt wurde, hat die Bundesrepublik Deutschland die I-K noch nicht ratifiziert, so dass sich aus den vorstehenden Ausführungen kein zwingender Änderungsbedarf für den deutschen Gesetzgeber ergibt, wenn er sich gegen eine Ratifikation der I-K entscheidet. Dieser Weg wäre aber versperrt, wenn sich die gleichen Vorgaben, die Art. 36 I-K enthält, auch aus anderen internationalen Rechtsakten ergeben, die für Deutschland bereits verbindlich geworden sind.
In der aktuellen reformpolitischen Debatte wird insofern häufig auf das "M.C. v. Bulgarien"-Urteil des EGMR verwiesen.[35] In dieser Entscheidung setzt sich das Gericht mit der Schutzpflichtdimension ("positive obligation") von Art. 3 und Art. 8 EMRK auseinander und nimmt als Ausgangspunkt an, dass die Konventionsstaaten auf Grundlage dieser Vorschriften verpflichtet sind, Vergewaltigungen ("rape") effektiv zu verfolgen.[36] Im weiteren Verlauf der Urteilsbegründung zieht das Gericht das materielle Sexualstrafrecht[37] mehrerer Konventionsstaaten vergleichend heran und stellt dabei fest, dass der fehlende Widerstand des Opfers von den Staaten heutzutage nicht mehr als strafbarkeitsausschließendes Kriterium bei den nationalen Vergewaltigungstatbeständen herangezogen werde.[38] Vielmehr sei nun meistens das Merkmal des fehlenden Einverständnisses ("lack of consent") Kernelement der jeweiligen Strafnormen.[39]
Auf dieser Grundlage präzisiert das Gericht die eingangs aufgeworfenen Grundsätze: Der aus Art. 3 und Art. 8 EMRK erwachsenden Schutzpflicht der Konventionsstaaten sei nur genügt, wenn alle nicht-einverständlichen sexuellen Handlungen unter Strafe gestellt und effektiv verfolgt werden.[40] Aus dieser Formulierung wird z.T. geschlossen, der durch Art. 36 I-K hervorgerufene Anpassungsbedarf für das deutsche Recht ergebe sich auch schon aus Art. 3 und Art. 8 EMRK.[41] Dagegen ließe sich anführen, dass die genannte Passage der Urteilsbegründung sich nur im Abschnitt "General Approach" befindet, der – ähnlich wie ein obiter dictum – nicht unmittelbar die Entscheidung trägt. In der konkreten rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Fall muss das Gericht dann auf die zitierte Passage nicht weiter eingehen, weil sich ein Konventionsverstoß Bulgariens bereits aus anderen Gründen ergibt.[42]
Ob aus Art. 3 und Art. 8 EMRK in seiner Auslegung durch das "M.C. v. Bulgarien"-Urteil ein zwingender Reformbedarf für das deutsche Sexualstrafrecht abgeleitet werden kann, lässt sich vor diesem Hintergrund nicht mit letzter Sicherheit sagen.
Auch der UN-Frauenrechteausschuss hat sich auf der Grundlage der UN-Frauenrechtskonvention CEDAW[43] mit der Frage beschäftigt, welche Mindestanforderungen die Konventionsstaaten bei der Verfolgung von Delikten
gegen die sexuelle Selbstbestimmung erfüllen müssen.[44] Dabei handelt es sich allerdings um eine rechtlich unverbindliche Entscheidung,[45] sodass eine vertiefte Auseinandersetzung für die Zwecke dieser Untersuchung nicht angezeigt ist.
Aus Art. 36 I-K ergibt sich für den deutschen Gesetzgeber die Verpflichtung, alle sexuellen Handlungen, die mit einer Person ohne deren freiwillig erteiltes Einverständnis vorgenommen werden, unter Strafe zu stellen. Möglicherweise lässt sich das gleiche Erfordernis auch schon aus Art. 3 und Art. 8 EMRK ableiten.
Die Untersuchung hat ergeben, dass mindestens zwei Fallgruppen nicht-einverständlicher sexueller Handlungen de lege lata straflos sind. Um den internationalen Vorgaben gerecht zu werden, muss das deutsche Strafrecht entsprechend angepasst werden.
Durch eine bloße völkerrechtsfreundliche Auslegung des bestehenden Rechts ist diese Anpassung wohl nicht zu leisten, weil erstens nicht alle Fälle des Art. 36 I-K eine Strafwürdigkeit aufweisen, die zu der hohen Strafandrohung des § 177 Abs. 1 StGB in einem angemessenen Verhältnis steht,[46] und zweitens einer erweiterten Interpretation des Gewaltbegriffes in § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB und in § 240 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB durch Art. 103 Abs. 2 GG verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt sind.[47]
Die Anpassung an die I-K muss deshalb per Gesetz erfolgen. Dabei ergibt sich allerdings keine Pflicht des deutschen Gesetzgebers, § 177 StGB zu erweitern. Die Umsetzung der I-K könnte vielmehr auch durch einen anderen Straftatbestand erfolgen, der sinnvoll in die bestehenden Regelungen des Sexualstrafrechts eingebettet wird. Wie eine solche Reformgesetzgebung konkret ausgestaltet werden muss, sollte in der kommenden Zeit zum Gegenstand weiterer Diskussionen werden.[48]
[1] Zu den internationalen und europäischen Bezügen des Sexualstrafrechts siehe Renzikowski, in: MüKo-StGB, Bd. III, 2. Aufl. (2012), Rn. 104 ff. m.w.N.
[2] Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt vom 11. Mai 2011 (ETS Nr. 210) – i m Folgenden abgekürzt als "I-K".
[3] Übereinkommen des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch vom 25. Oktober 2007 (ETS Nr. 201).
[4] Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (ABl.-EU L 335/1).
[5] Vgl. Referentenentwurf "Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht", S. 23, 26.
[6] Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 18/1969; Stellungnahmen des Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 12. Mai (http://l.hh.de/1r9GR) und vom 25. Juli 2014 (http://l.hh.de/-cat5); Stellungnahme des Frauenhauskoordinierung e.V. vom 25. Juli 2014 (http://l.hh.de/GcbCL); Stellungnahme des Neue Richtervereinigung e.V. vom 25. Juli 2014 (http://l.hh.de/dh-q9); Rabe/von Normann, in: Deutsches Institut für Menschenrechte (Hrsg.), Policy Paper, Nr. 24; Terre des Femmes, Positionspapier zur Reformierung des § 177 StGB (http://l.hh.de/Bcf0E).
[7] In der (neben der französischen Fassung) maßgeblichen englischen Fassung des Übereinkommens ist von "non-consensual acts of a sexual nature" die Rede.
[8] Originalfassung: "Consent must be given voluntarily as the result of the person’s free will assessed in the context of the surrounding circumstances.”
[9] Für die Mehr-Personen-Konstellation in Art. 36 Abs. 1 lit. c I-K gilt das mutatis mutandis. Allerdings wurde in der eingangs erwähnten Debatte auf diese Tatbestandsvariante – soweit ersichtlich – noch kein Bezug genommen, weshalb sie auch im Folgenden zur Vereinfachung außer Betracht bleiben soll.
[10] Linhart , Internationales Einheitsrecht und einheitliche Auslegung (2005), S. 104; Rabe/von Normann a.a.O. (Fn. 6 ), S. 14 m.w.N.
[11] Anders Rn. 192 des erläuternden Berichts, in der explizit Fragen der Beweiswürdigung angesprochen werden ("assessment of evidence").
[12] Vgl. Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 18/1969, S. 2; Stellungnahme Deutscher Juristinnenbund e.V. vom 9. Mai 2014, S. 3 f.; Rabe/von Normann a.a.O. (Fn. 6 ), S. 11 f.
[13] Vgl. dazu z.B. den Sachverhalt in BGH HRRS 2013 Nr. 575.
[14] BGH NStZ 2012, 268 = HRRS 2012 Nr. 80.
[15] OLG Köln NStZ-RR 2004, 168.
[16] Statt vieler Fischer, StGB, 61. Aufl. (2014), § 177 Rn. 8, 13 m.w.N.; pars pro toto zur a.A. Hörnle, in: LK-StGB, Bd. 6, 12. Aufl. (2010), § 177 Rn. 59 ff. m.w.N.
[17] BGH HRRS 2013 Nr. 575, Rn. 9; Fischer a.a.O. (Fn. 16 ), § 177 Rn. 8, 14 m.w.N.
[18] Ständige BGH-Rechtsprechung, siehe die Nachweise bei Fischer a.a.O. (Fn. 16 ), § 177 Rn. 14 und jüngst BGH HRRS 2013 Nr. 575, Rn. 9 f.; zustimmend Eisele, in: Schönke/Schröder, 29. Aufl. (2014), § 177 Rn. 5; Eschelbach, in: Matt/Renzikowski, StGB (2013), § 177 Rn. 13; Lackner, in: L/K, 28. Aufl. (2014), § 177 Rn. 4; Ziegler, in: BeckOK-StGB, Edition 23 (22.7.2013), § 177 Rn. 13; a.A. Frommel, in: NK-StGB, 4. Aufl. (2013), § 177 Rn. 29; Hörnle, in: LK-StGB (Fn. 16 ), § 177 Rn. 21, 61; Sick, Sexuelles Selbstbestimmungsrecht (1993), S. 213 ff.; vgl. auch Renzikowski, in: MüKo-StGB (Fn. 1 ), § 177 Rn. 31.
[19] Siehe nur BGHSt 50, 359, 364 ff. = HRRS 2006 Nr. 147 und aus jüngerer Zeit BGH NStZ 2012, 209, 210 = HRRS 2011 Nr. 1208; 2012, 268, 269 = HRRS 2012 Nr. 104; 2012, 570 = HRRS 2012 Nr. 247; NStZ-RR 2013, 207, 208 = HRRS 2013 Nr. 485; NStZ 2013, 466 ff. = HRRS 2012 Nr. 48 (mit besonders starker Betonung des objektiven Maßstabs bei der Feststellung der "schutzlosen Lage"; vgl. die kritische Anmerkung von Renzikowski/Sick NStZ 2013, 468 ff.). Weitere Nachweise bei Fischer a.a.O. (Fn. 16 ), § 177 Rn. 41. f.
[20] BGH NStZ 2012, 268 = HRRS 2012 Nr. 104; vgl. auch Fischer a.a.O. (Fn. 16 ), § 177 Rn. 39 und Hörnle, in: LK-StGB (Fn. 16 ), § 177 Rn. 110.
[21] Eisele, in: Schönke/Schröder (Fn. 18 ), § 177 Rn. 9; Hörnle, in: LK-StGB (Fn. 16 ), Rn. 104; Fischer a.a.O. (Fn. 16 ), § 177 Rn. 42 – jew. m.w.N.
[22] Eisele, in: Schönke/Schröder (Fn. 18 ), § 177 Rn. 9; Eschelbach, in: M/R (Fn. 18 ), § 177 Rn. 23; Renzikowski, in: MüKo-StGB (Fn. 1 ), § 177 Rn. 43 – jew. m.w.N.
[23] Rn. 191 S. 2 des erläuternden Berichts zur I-K.
[24] Siehe nur Toepel, in: NK-StGB (Fn. 18 ), § 240 Rn. 198 m.w.N. zu anerkannten Anwendungsfällen des § 240 Abs. 4 S. 2 Nr. 1.
[25] BVerfGE 92, 1 , 17 ; Eidam, in: M/R (Fn. 18 ), § 240 Rn. 9, 12, 26, 50; Eser/Eisele, in Schönke/Schröder (Fn. 18 ), § 240 Rn. 12; Fischer a.a.O. (Fn. 16 ), § 240 Rn. 6; Valerius, in: BeckOK-StGB (Fn. 18 ), § 240 Rn. 4.
[26] Vgl. nochmals Fischer a.a.O. (Fn. 16 ), § 177 Rn. 8 zur parallelen Problematik bei § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB.
[27] Siehe für Details den Referentenentwurf " Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht", S. 23 f.
[28] Siehe Rn. 235 im erläuternden Bericht zur I-K.
[29] Mit einer Übersicht zu den insofern einschlägigen Opferschutzvorschriften im deutschen Recht Renzikowski, in: MüKo-StGB (Fn. 1 ), § 177 Rn. 121 ff.
[30] Dazu kritisch Lehmann NStZ 2002, 353 ff.
[31] Nachweise dazu bei Lenckner/Eisele, in: Schönke/Schröder (Fn. 18 ), § 185 Rn. 4 und Valerius, in: BeckOK-StGB (Fn. 18 ), § 185 Rn. 29 ff.
[32] Siehe nur BGHSt 36, 145, 150 und Hilgendorf, in: LK-StGB (Fn. 16 ), § 185 Rn. 28 m.w.N.
[33] In diese Richtung gehen die Ausführungen von Hörnle , in: LK-StGB (Fn. 16 ), Vor § 174 Rn. 104, 106 sowie z.B. die Entscheidungen OLG Hamm NStZ-RR 20 08, 108 (implizit) und – in deutlich stärkerem Maße – OLG Bamberg NStZ 20 07, 96.
[34] Vgl. o. III 3 b).
[35] EGMR M.C. v. Bulgarien, Urteil vom 4. Dezember 2003, Beschwerdenummer 39272/98.
[36] EGMR M.C. v. Bulgarien (Fn. 35 ), Rn. 148 ff.
[37] Beachtenswert ist insofern, dass das jeweils zugehörige nationale Prozessrecht außer Betracht bleibt. Hierdurch ergeben sich womöglich verzerrte Ergebnisse, weil z.B. eine besonders weitgefasste materielle Strafnorm im jeweiligen Konventionsstaat durch restriktive Beweisregeln flankiert wird.
[38] EGMR M.C. v. Bulgarien (Fn. 35 ), Rn. 157.
[39] EGMR M.C. v. Bulgarien (Fn. 35 ), Rn. 159.
[40] EGMR M.C. v. Bulgarien (Fn. 35 ), Rn. 166: "[…]the member States‘ positive obligations under Articles 3 and 8 of the Convention must be seen as requiring the penalisation and effective prosecution of any non-consensual act[…]".
[41] Rabe/von Normann a.a.O. (Fn. 6 ), S. 20 ff. mit dem Hinweis, dass es den Konventionsstaaten grundsätzlich freistehe, die Anforderungen der EMRK per Gesetzesakt oder durch eine entsprechende gerichtliche Praxis umzusetzen. Dieser Spielraum habe sich jedoch mittlerweile auf ein legislatives Vorgehen verengt, weil die Gerichte sich auch zehn Jahre nach der "Bulgarien"-Entscheidung nicht mit den völkerrechtlichen Implikationen des Sexualstrafrechts auseinandergesetzt hätten. Ebenso Stellungnahme des Neue Richtervereinigung e.V. (Fn. 6 ), S. 6.
[42] EGMR M.C. v. Bulgarien (Fn. 35 ), Rn. 169 ff.
[43] Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18. Dezember 1979 (BGBl. 1985 II, S. 647).
[44] Auffassung vom 16. Juli 2010, Mitteilung Nr. 18/2008, CEDAW/C/46/D/18/2007 ("Vertido vs. Philippinen").
[45] Rabe/von Normann a.a.O. (Fn. 6 ), S. 18 m.w.N.
[46] Vgl. zutreffend Fischer a.a.O. (Fn. 16 ), § 177 Rn. 29a, 39: Nicht jede "Grapscherei" hat den Unrechtsgehalt eines Verbrechens.
[47] Näher Rabe/von Normann a.a.O. (Fn. 6 ), S. 20 f.
[48] Als Diskussionsgrundlage mag dafür z.B. der ausgearbeitete Entwurf des Deutscher Juristinnenbund e.V. dienen, siehe Stellungnahme vom 25. Juli 2014 (Fn. 6 ), S. 3 ff.