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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Oktober 2011
12. Jahrgang
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Von RA und FA f. StR Dirk Meinicke, Hamburg
Die (rechts-)politische Diskussion rund um das Thema Vorratsdatenspeicherung[1] hat Fragen nach den rechtspraktischen Auswirkungen der vom BVerfG ausgesprochenen (Teil-)Nichtigkeit der erst am 1.1. 2008 in Kraft getretenen Regelungen in den §§ 113a, 113b TKG bzw. 100g StPO[2] weitgehend von der Tagesordnung verdrängt. Dabei ergeben sich aus dieser Entscheidung strafprozessrechtliche Fragen von gleichermaßen praktischer Relevanz wie theoretischem Interesse. Dies gilt insbesondere für die Frage der Verwertbarkeit von Vorratsdaten im Strafverfahren, sofern diese vor der Nichtigkeitserklärung durch das BVerfG erhoben wurden. Zu diesem Themenkomplex haben sich bereits mehrere Strafsenate des Bundesgerichtshofs geäußert. [3] Der vorliegende Beitrag will diese gegenwärtigen praktischen Auswirkungen näher konkretisieren sowie einen kurzen Ausblick auf mögliche Entwicklungsszenarien wagen. Zu diesem Zweck erfolgt zunächst eine kurze Darstellung der gesetzlichen Ausgangslage vor dem Urteil des BVerfG (II) sowie ein Überblick über die für den hier behandelten Bereich relevanten Kernaussagen des Urteils (dazu unter III). Anschließend werden die Auswirkungen auf laufende Strafverfahren erörtert, wobei neben der angesprochenen Frage der Verwertbarkeit auch die aktuell bestehenden Möglichkeiten eines Zugriffs auf TK-Daten behandelt werden (dazu unter IV). Zuletzt werden in einem abschließenden Fazit (V) mögliche Zukunftsperspektiven angedeutet.
Für das Verständnis der Problematik ist es förderlich, vorab einige telekommunikationsrechtliche Grundbegriffe zu erläutern. Von Bedeutung ist zunächst die Unterscheidung von Bestandsdaten und Verkehrsdaten.[4] Bestandsdaten sind in § 3 Nr. 3 TKG definiert. Es handelt sich um Daten, die für die Anmeldung und Durchführung des Vertragsverhältnisses erhoben werden müssen, insbesondere Name und Anschrift des Kunden;[5] diese Daten werden für die Dauer der Vertragsbeziehung gespeichert. Im Ermittlungsverfahren erfolgt eine Abfrage
von Bestandsdaten nach h.M. über die §§ 161, 163 StPO, 113 TKG.[6] Von den Bestandsdaten sind Verkehrsdaten im Sinne des § 3 Nr. 30 TKG zu unterscheiden, die auf die Bereitstellung und Erbringung von TK-Diensten selbst, also auf den technischen Vorgang der Erbringung der TK-Dienstleistungen gerichtet sind. Beispielhaft zu nennen sind hier Rufnummer bzw. Kennung der beteiligten Anschlüsse oder Beginn und Ende des jeweiligen Gesprächs. [7] Neben der vom BVerfG inzwischen für nichtig erklärten Regelung über die Vorratsdatenspeicherung existieren lediglich eingeschränkte Regelungen über die Zulässigkeit der Speicherung von Verkehrsdaten. [8] § 97 Abs. 1 TKG sieht eine Speicherung zu Abrechnungszwecken vor, die jedoch aufgrund der zunehmenden Nutzung von Flatrate-Tarifen praktisch nur noch eingeschränkt von Bedeutung ist (näher unten unter IV. 1).[9] Ferner dürfen gemäß § 100 I TKG Verkehrsdaten gespeichert werden, die zur Erkennung oder Beseitigung von Fehlern und Störungen erforderlich sind.
Einen erheblich weitreichenderen Rahmen für die Speicherung von Verkehrsdaten schafften die inzwischen vom BVerfG für nichtig erklärten §§ 113a, 113b TKG. [10]
Nach § 113a Abs. 1 Satz 1 TKG ist bzw. war derjenige, der öffentlich zugänglich TK-Dienste erbringt, verpflichtet, die in § 113a Abs. 2-5 TKG definierten Verkehrsdaten für die Dauer von 6 Monaten zu speichern. Die Pflicht wurde gemäß § 113a Abs. 6, 7 TKG auf weitere Bereiche der Telekommunikation erstreckt. § 113b TKG in Verbindung mit § 100g StPO ermöglichten es den Strafverfolgungsbehörden, diese Vorratsdaten bei bestimmten Katalogstraftraten oder solchen Straftaten, die mittels Telekommunikation begangen wurden, abzurufen. Durch die letztgenannte Variante war ein Abruf von Verkehrsdaten insbesondere auch bei strafbaren Verstößen gegen das Urhebergesetz zulässig, was für die praktisch relevanten "filesharing"-Konstellationen[11] erhebliche Bedeutung hatte.
Zur Ermittlung der gem. § 113 Abs. 1 TKG auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörden herauszugebenden Bestandsdaten gemäß §§ 95, 111 TKG durften bis zur Entscheidung des BVerfG gemäß § 113b Satz 1 zweiter Halbsatz TKG auch die gemäß § 113a Abs. 1 TKG gespeicherten Vorratsdaten verwendet werden. § 113a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 erlaubte darüber hinaus auch die mittelbare Nutzung der Vorratsdaten für Auskünfte nach § 113 Abs. 1 TKG (Auskunftsanspruch gegenüber den Dienstanbietern zur Identifizierung von IP Adressen, dazu noch näher unten). Dementsprechend konnten die Strafverfolgungsbehörden bei Kenntnis von einer konkreten IP Adresse eine Auskunft darüber verlangen, welcher Anschlussinhaber unter dieser IP Adresse steht, und zwar zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sowie zur Gefahrenabwehr.
Im Ergebnis waren Telekommunikationsanbieter nach den §§ 113a, 113b TKG verpflichtet, sämtliche Verkehrsdaten von Telefondiensten, Festnetz, Mobilfunk, Fax, SMS, MMS, eMail- und Internetdiensten vorsorglich ohne (konkreten) Anlass zu speichern; vom Umfang her erstreckte sich die Speicherungspflicht auf alle Angaben, mittels derer rekonstruiert werden kann, wer, wann, wie lange, mit wem, von wo aus kommuniziert hat oder zu kommunizieren versuchte. Diese nahezu allumfassenden Vorschriften hielten der verfassungsrechtlichen Kontrolle durch den Ersten Senat des BVerfG letztlich – nach einer im Zusammenhang ergangenen einstweiligen Anordnung[12] – nicht stand.
Der Erste Senat spricht von der Vorratsdatenspeicherung als einem besonders schweren Eingriff mit einer erheblichen Streubreite, wie sie " die Rechtsordnung bisher nicht kannte". [13] Trotz dieser Einschätzung und obwohl sich die Speicherdauer von 6 Monaten – nach der zugrunde liegenden EU-Richtlinie die Mindestdauer – im oberen Bereich überhaupt noch zu rechtfertigender Eingriffe bewege, sei eine mit Blick auf Art. 10 GG verfassungskonforme Regelung der Vorratsdatenspeicherung nicht von vornherein auszuschließen.[14] Auf diesem Wege umgeht das BVerfG eine direkte Prüfung der Richtlinie am Maßstab des Grundgesetzes, da diese verfassungsgemäß umsetzbar sei – allein durch die bis dahin geltenden Regelungen nicht verfassungskonform umgesetzt wurde. [15]
Die Vorratsdatenspeicherung verfolge den legitimen Zweck einer Effektivierung der Strafverfolgung, der Gefahrenabwehr und der Erfüllung der Aufgaben der Nachrichtendienste.[16] Sie sei insbesondere auch erforderlich, also das mildeste von mehreren gleichwirksamen Mitteln. Das Gericht vergleicht die Vorratsdatenspeicherung dabei ausschließlich mit dem sog. "Quick-Freeze-Verfahren",[17] bei dem die Speicherdauer nicht klar definiert sei, von Provider zu Provider variiere und faktisch in der Regel letztlich zu kurz sei, um Straftaten zuverläs-
sig aufzuklären.[18] Tatsächlich lassen empirisch gestützte Erkenntnisse hinsichtlich der Eignung der Vorratsdatenspeicherung zur effektiven Kriminalitätsbekämpfung Zweifel daran aufkommen, ob ein angemessenes Verhältnis von Eingriffsintensität und Wirksamkeit bei der Vorratsdatenspeicherung gewahrt wird. [19]
Keineswegs dürfe die Vorratsdatenspeicherung – so der Senat – auf die Erfassung der Kommunikation und freiheitlichen Aktivitäten der Bürger insgesamt angelegt sein und auch nicht im Zusammenspiel mit anderen Daten zur Rekonstruierbarkeit praktisch aller Aktivitäten führen.[20] Dabei sei von struktureller Bedeutung, dass die Speicherung nicht direkt durch den Staat, sondern durch private TK-Unternehmen erfolge und der Staat insoweit keinen direkten Zugriff habe (sog. Trennung von Speicherung und Abruf). [21] Zugleich folgen erhöhte Anforderungen an die Datensicherheit daraus, dass die Daten bei privaten Dienstanbietern gespeichert werden, die unter den Bedingungen von Wirtschaftlichkeit und Kostendruck handeln.
Die Ausführungen des Senats sind deshalb bedenklich, weil sie entgegen der bisherigen Rechtsprechung[22] und trotz der zu Recht betonten massiven Eingriffsintensität von einem strikten Verbot der anlasslosen Speicherung personenbezogener Daten auf Vorrat Abstand nehmen.[23] Das hier zum Ausdruck kommende Verständnis für die Auffassung des Gesetzgebers und der Exekutivbehörden, die Vorratsdatenspeicherung sei das einzige probate Mittel, um der (Internet-) Kriminalität Herr zu werden,[24] erscheint angesichts der fehlenden empirischen Belege für diese Auffassung verfehlt. Wenn der Senat im Weiteren normenklare Regelungen, die Beschränkung der Datenverwendung auf Fälle der Ahndung von schweren Straftaten sowie einen Richtervorbehalt fordert,[25] so handelt es sich hierbei nicht nur um verfassungsrechtliche Selbstverständlichkeiten, sondern letztlich um rechtsstaatliche "placebos" [26] ; eine hinreichend wirksame Beschränkung der vom BVerfG im selben Atemzug für verfassungskonform (bzw. für verfassungskonform regelbar) erklärten anlasslosen Speicherung immenser Datenmengen wird hierdurch nicht bewirkt.
Der Senat betont die Notwendigkeit eines effektiven Sanktions- und Kontrollsystems bei der Vorratsdatenspeicherung, da andernfalls der Schutz des Persönlichkeitsrechts zu "verkümmern" drohe. [27] Letztlich bereitet das Gericht durch sein Urteil selbst den Nährboden für eine solche Verkümmerung, indem schwerwiegendste Grundrechtseingriffe im Grundsatz legitimiert
werden, obwohl deren Eignung für den verfolgten Zweck höchst zweifelhaft ist.[28] Bevor ein rechtspolitischer Ausblick erfolgt, werden im Folgenden die praktischen Auswirkungen der Entscheidung auf laufende Strafverfahren untersucht.
Neben der bereits mehrfach höchstrichterlich thematisierten und in fragwürdiger Weise beantworteten Frage der Verwertbarkeit bereits abgerufener Vorratsdaten wird in nächster Zukunft für die Verteidigungspraxis vor allem interessant sein, unter welchen Voraussetzungen bis zu einer etwaigen gesetzlichen Neuregelung ein Zugriff der Ermittlungsorgane auf TK-Daten sowie deren Einführung als Beweismittel in die Hauptverhandlung zulässig ist. Dieser Aspekt soll hier zunächst behandelt werden, bevor eine kritische Würdigung der jüngsten Rechtsprechung zur Verwertungsproblematik erfolgt.
Grundsätzlich weiterhin möglich ist zunächst ein Zugriff auf Bestandsdaten gemäß §§ 161, 163 StPO, 113 Abs. 1 S. 2 TKG. Soweit demgegenüber die de lege lata bestehenden Zugriffsmöglichkeiten auf Verkehrsdaten in Rede stehen ist von Bedeutung, dass nach der Entscheidung des BVerfG § 100g Abs. 1 S. 1 StPO nur insoweit nichtig ist, als er sich auf Verkehrsdaten nach § 113a TKG bezieht.[29] Es bleibt daher möglich, gemäß § 100g StPO auf anderweitig rechtmäßig gespeicherte Daten zurückzugreifen, insbesondere also auf Verkehrsdaten im Sinne der §§ 97 Abs. 1 S. 1 bzw. 100 Abs. 1 TKG. Mit dieser aktuell geltenden Rechtslage sind für die Verteidigungspraxis erhebliche Herausforderungen verbunden. Diese hängen damit zusammen, dass es nicht immer leicht sein wird zu beurteilen, ob als Beweis in die Hauptverhandlung eingeführte Verkehrsdaten solche sind, die nach den genannten Vorschriften rechtmäßig gespeichert werden durften. So wird zunächst der Tarif des jeweiligen Anschlussinhabers eine große Rolle spielen, da bei flatrate-Tarifen eine Speicherung zu Abrechnungszwecken regelmäßig ausscheidet, § 97 Abs. 1 TKG also keine Grundlage für eine Speicherung sein kann. Schwierigkeiten können sich dann ergeben, wenn – wie bei gängigen Tarifen nicht selten – eine flatrate nur für bestimmte Netze vereinbart ist, während Gespräche in andere Netze abgerechnet werden. Hier muss dann im Einzelfall geklärt werden, ob konkret verfahrensrelevante Daten tatsächlich gespeichert werden durften, weil sie für Abrechnungszwecke notwendig waren. Hier wird nicht selten die Hinzuziehung von Sachverständigen erforderlich sein.
Dasselbe gilt für Daten, die gemäß § 100 Abs. 1 TKG zur Störungsbeseitigung gespeichert werden. Der Bundesgerichtshof in Zivilsachen hat jüngst entschieden, dass eine anlasslose Speicherung von Verkehrsdaten gemäß § 100 Abs. 1 TKG zulässig sein kann, wenn die Speicherfrist auf 7 Tage begrenzt wird.[30] Anhaltspunkte für eine Störung oder einen Fehler brauchen nach Ansicht des BGH nicht vorzuliegen.[31] Auch hier ist jedoch die – technisch schwierige – Feststellung erforderlich, dass die gespeicherten Daten für die Zwecke des § 100 Abs. 1 TKG überhaupt erforderlich sind.
Wie der BGH in Zivilsachen ebenfalls entschieden hat, kann die Speicherung von dynamischen IP-Adressen – es handelt sich hierbei um Verkehrsdaten – sowohl im Rahmen von § 97 Abs. 1 TKG als auch im Rahmen von § 100 TKG zulässig sein. Entscheidend ist jeweils, dass diese für die vorgesehenen Zwecke (Entgeltabrechnung oder Störungsbekämpfung) erforderlich sind.[32] Praktisch bedeutsam für das Strafverfahren ist nun die Frage, wie die Ermittlung des Anschlussinhabers einer solchen dynamischen IP-Adresse zu qualifizieren ist, sofern die Adresse den Ermittlungsbehörden bekannt ist. Das BVerfG vertritt die Ansicht, eine solche Abfrage sei ohne richterlichen Beschluss möglich.[33] Sie wird daher letztlich wie eine Bestandsdatenabfrage behandelt, obwohl es sich dabei um die mittelbare Abfrage von Verkehrsdaten handelt. Bereits vor der Entscheidung des BVerfG ist die Frage der Rechtsgrundlage für den Abruf des Inhabers einer bekannten IP-Adresse kontrovers diskutiert und die nun vom Senat befürwortete Ansicht mit guten Gründen – insbesondere wegen des mittelbaren Zugriffs auf Verkehrsdaten und der Betroffenheit von Art. 10 GG – kritisiert worden.[34]
Zwar hat das BVerfG im Hinblick auf die somit bestehende Möglichkeit einer Durchführung mittelbarer Abfragen von Verkehrsdaten gemäß § 113a TKG auch zur Verfolgung bloßer Ordnungswidrigkeiten sowie insbesondere im Hinblick auf fehlende gesetzliche Benachrichtigungspflichten § 113b S. 1 2. Halbsatz TKG in Verbindung mit § 113 Abs. 1 TKG für verfassungswidrig erklärt, allerdings ohne die Vorschrift des § 113 Abs. 1 TKG insgesamt für verfassungswidrig und damit für nichtig zu erklären[35]. Damit ist de lege lata die Abfrage des Inhabers einer bekannten IP-Adresse ohne richterlichen Beschluss möglich, sofern die hierbei mittelbar abgefragten Verkehrsdaten zulässigerweise (noch) gespeichert werden durften, also regelmäßig – nach der besagten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen[36] – innerhalb einer 7-Tages-Frist.
Ob hier bei den Ermittlungsbehörden angesichts der auf 7 Tage beschränkten Speicherfrist Anreize gesetzt werden, Daten vor ihrer Löschung "sicherheitshalber" abzurufen, bleibt abzuwarten. Ebenso zeigen erste praktische Erfahrungen des Verf., dass die 7-Tage-Frist von den Anbietern nicht immer beachtet wird. Insofern könnte sich in der Zukunft die – richtigerweise zu verneinende – Frage stellen, ob Verkehrsdaten im Strafverfahren verwertet werden dürfen, die der Anbieter zum Zeitpunkt des Abrufs durch die Ermittlungsbehörden "an sich" nicht bzw. nicht mehr haben durfte. Damit kann zu einer weiteren zentralen Folgefrage des Vorratsdatenurteils übergeleitet werden: der Verwertung von vor dem Urteil abgerufenen Vorratsdaten.
Zunächst ist eine – durchaus praxisrelevante – Frage recht schnell zu beantworten: Keinesfalls dürfen solche Daten verwertet werden, deren Erhebung nicht den Anforderungen der einstweiligen Anordnung des BVerfG genügte. [37] Damit scheidet insbesondere jede Verwertung von Daten aus, die im Zusammenhang mit der Ermittlung wegen Urheberrechtsverstößen abgefragt wurden, auch dann, wenn diese nach Inkrafttreten der §§ 113a, 113b TKG und vor Erlass der einstweiligen Anordnung erhoben wurden. Es ist dem Gesetzgeber angesichts der Vorgaben des BVerfG sogar verwehrt, zukünftig eine Regelung zu erlassen, die den Zugriff auf Vorratsdaten im Zusammenhang mit Urheberrechtsverstößen gestattet, und zwar wegen der mangelnden Deliktsschwere.
Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob Daten verwertet werden dürfen, die nach Erlass der einstweiligen Anordnung und vor dem Vorratsdatenurteil erhoben wurden und bei deren Erhebung die Vorgaben des BVerfG eingehalten wurden. Inzwischen haben sich mehrere Strafsenate des BGH sowie einige Oberlandesgerichte in dieser Frage dahingehend positioniert, dass sie eine Verwertung für zulässig halten. [38] Dabei stützen sich die Gerichte auf eine mehrstufige Argumentationslinie. Zum einen wird die Rechtmäßigkeit der Beweiserhebung behauptet, die daraus folgen soll, dass die einstweilige Anordnung für den Zeitraum ihrer Geltung eine endgültige Regelung treffe, die darauf gestützte Eingriffe auch dann legitimiert, wenn in der Hauptsache eine abweichende Entscheidung getroffen wird. Das BVerfG agiere
hier gleichsam als "Interimsnormgeber" (vgl. § 32 BVerfGG).[39] Der somit zulässigen Beweiserhebung sei die spätere Verwertung – so der 1. Strafsenat – immanent.[40] Ergänzend lasse sich der durch die Verwertung der Beweise begründete selbständige Eingriff in Art. 10 GG auf § 244 Abs. 2 StPO – bzw. die Verwertung zur Urteilsfindung auf § 261 StPO – stützen. [41] Zum anderen argumentiert der BGH hilfsweise dahingehend, dass selbst im Falle der Rechtswidrigkeit der Beweiserhebung ein Verwertungsverbot nicht in Betracht käme. Er beruft sich insofern auf die in der Rechtsprechung seit langem herrschende Abwägungslehre – die im Schrifttum ebenso lange mit guten Gründen kritisiert wird –[42], wonach im Falle einer rechtswidrigen Beweiserhebung nicht per se von einem Verwertungsverbot auszugehen sei, sondern stets die Interessen des Beschuldigten mit den Interessen einer effektiven Strafverfolgung abzuwägen seien. Bei dieser Abwägung müsse die Annahme eines Verwertungsverbots eine Ausnahme bleiben,[43] die der BGH vorliegend nicht für gegeben hält.
Diese Argumentation überzeugt nicht und vermag das vom BGH angenommene Ergebnis der Verwertbarkeit nicht zu tragen. [44] Dabei ist es durchaus plausibel, wenn der BGH annimmt, die einstweilige Anordnung schaffe für den Zeitraum ihrer Geltung eine Regelung mit Gesetzeskraft, die für eben diesen Zeitraum abschließend gültig bleibt und auch von der etwaigen rückwirkenden Nichtigkeit der verfahrensgegenständlichen Normen unberührt bleibt.[45] Zwar lässt sich argumentieren, die Verwertung täterbelastender Beweise im Strafverfahren müsse immer aufgrund eines Gesetzes i.e.S. erfolgen. Aber man würde die einstweilige Anordnung letztlich jeglicher Funktion berauben, würde man die im Zeitraum ihrer Geltung darauf gestützten Rechtsakte nachträglich für ungültig erklären. Insofern ist anzuerkennen, dass das BVerfG sich bewusst dagegen entschieden hat, für die Dauer des Hauptsacheverfahrens jegliche Datenerhebung zu untersagen. Eine den in der einstweiligen Anordnung aufgestellten Anforderungen gerecht werdende Datenspeicherung bzw. ein entsprechender Abruf durch die Strafverfolgungsbehörden ist somit nicht rückwirkend nichtig bzw. rechtswidrig.[46]
Hieraus lassen sich jedoch keinerlei Schlüsse bzgl. der Verwertbarkeit entsprechender Daten ziehen, da die Verwertung – wie auch der BGH zutreffend erkennt[47] – einen eigenständigen Grundrechtseingriff darstellt. Dieser kann im vorliegenden (Sonder-)Fall nun gerade nicht auf die Rechtmäßigkeit der Beweiserhebung gestützt werden.[48] Denn dieser lag eine nach hier vertretener Ansicht zwar mit Gesetzeskraft ausgestattete, jedoch lediglich vorübergehende, im Zeitpunkt der Verwertung nicht mehr gültige Ermächtigung zugrunde. Die Argumentation des BGH führt somit letztlich dazu, dass die Rechtmäßigkeit der Verwertung der Daten bejaht wird, obwohl der Beweis nach zum Zeitpunkt der beabsichtigten Verwertung geltendem Recht nicht erhoben – und somit eben auch nicht verwertet – werden dürfte.[49] Richtigerweise liegt in der Verwertung der Beweise ein Verstoß gegen das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK), das auch dann zu einem Verwertungsverbot führen kann, wenn zwar keine seiner spezifischen Ausprägungen verletzt ist, die Unverwertbarkeit sich aber aus einer Gesamtschau des Verfahrens ergibt. [50] Dies ist hier der Fall. Von einem fairen Verfahren bliebe nichts übrig, wenn der Staat sich zur Vornahme eines Grundrechtseingriffs (Beweisverwertung) auf eine Rechtslage berufen dürfte, die zum Zeitpunkt der Vornahme des Eingriffs nicht mehr gültig ist. Der Angeklagte hat vielmehr einen Anspruch darauf, dass im Verfahren für einen gegenwärtigen und selbständigen Grundrechtseingriff nicht zu seinen Lasten auf einen überkommenen Rechtszustand "zurückgegriffen" wird.
In der vorliegenden besonderen Fallkonstellation folgt aus der Verfassung also das Verbot der Verwertung eines Beweises, dessen Erhebung rechtmäßig war. Dieses Ergebnis ist keineswegs absurd, sondern eine zwingende Konsequenz der fortschreitenden Rechtserkenntnis zwischen einstweiliger Anordnung und Hauptsacheentscheidung. Die Verwertung kann zumindest in der vorliegenden Konstellation auch nicht auf § 244 Abs. 2 StPO gestützt werden, der allenfalls für solche Beweise als Grundlage einer Verwertung herangezogen werden kann, deren Erhebung auf eine im Verwertungszeitpunkt noch existierende Grundlage gestützt werden könnte.
Damit schließt sich zwangsläufig die Frage an, ob und inwieweit auch diejenigen Beweismittel, die aufgrund der Verkehrsdaten erlangt wurden ihrerseits dem Verwertungsverbot unterliegen. Eine Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten ist nach der Rechtsprechung regelmäßig nicht anzuerkennen.[51] Die Reichweite des Ver-
wertungsverbotes ergibt sich demnach im konkreten Einzelfäll aus der Sachlage und der Art des Verbots[52]; in seiner grundlegenden Entscheidung aus dem Jahr 1980 [53] stützte der 2. BGH-Strafsenat die Annahme einer Fernwirkung vor allem auf die überragende Bedeutung der Telekommunikationsfreiheit in einem freiheitlichen Staatswesen. Vor diesem Hintergrund muss eine Fernwirkung jedenfalls – wenn man denn das Eingreifen einer Einzelfallbetrachtung mit der Rechtsprechung überhaupt akzeptiert – dann angenommen werden, wenn Vorratsdaten zur Verfolgung von Nicht-Katalogtaten i.S.d. § 100a Abs. 2 StPO abgerufen wurden. Hier gibt es keinerlei "Gegengewicht", das im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung den Eingriff in Art. 10 GG – in Anbetracht der erheblichen Eingriffsintensität – rechtfertigen könnte. Sofern also im Zuge von Ermittlungen wegen strafbarer Urheberrechtsverstöße nach dem Abruf von Vorratsdaten weitere Beweismittel erlangt wurden, etwa beschlagnahmte Hardware, sind diese nicht verwertbar. Die erhebliche Intensität des Eingriffs in Artikel 10 GG, welche das BVerfG der Vorratsdatenspeicherung beimisst, rechtfertigt es nicht nur, sondern zwingt vielmehr zu einer Übertragung der im Rahmen der Telefonüberwachung zur Frage der Fernwirkung entwickelten Grundsätze und damit im Ergebnis zu der Annahme einer sog. Fernwirkung des Beweisverwertungsverbotes.
Fraglich ist, ob dies auch in Fällen gilt, in denen im Rahmen von Ermittlungen wegen schwerer Straftaten unter Berücksichtigung der Vorgaben des BVerfG aus der einstweiligen Anordnung Daten erhoben wurden. Richtigerweise wird die massive Eingriffsintensität bei der Vorratsdatenspeicherung i.d.R. auch bei Katalogstraftaten zur Annahme einer Fernwirkung zwingen. Praktisch wird diese Frage indes kaum von Bedeutung sein, da der BGH wie gezeigt schon die unmittelbare Verwertung für zulässig hält.
Abzuwarten bleibt, welche zukünftigen Regelungen im Zusammenhang mit der Vorratsdatenspeicherung in Gesetzesform gegossen werden. Die Tatsache, dass die Diskussion mittlerweile recht hoch auf der politischen Agenda angesiedelt ist, lässt mit Blick auf eine bedächtige und sorgsam gewählte Regelung wenig Gutes erhoffen. So ist anzumerken, dass das viel diskutierte "Quick Freeze-Verfahren" mit seiner auf 14 Tage begrenzten Speicherdauer nicht als richtlinienkonforme Umsetzung anzusehen wäre, da die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung eine Mindestspeicherdauer von 6 Monaten vorsieht.[54] Es ist aber derzeit auch noch keineswegs gewiss, dass die Richtlinie in ihrer aktuell geltenden Fassung überhaupt einer Prüfung durch die europäische Gerichtsbarkeit standhalten wird. Eine erste Vorlage des irischen High Courts ist lediglich aus formalen Gründen zurückgewiesen,[55] eine weitere bereits auf den Weg gebracht worden [56]. Diese Ausgangslage lässt einen politischen "Schnellschuss" als wenig sinnvoll erscheinen. Über alledem steht die zweifelhafte empirische Tauglichkeit der Vorratsdatenspeicherung zur Kriminalitätsbekämpfung. Vor diesem Hintergrund wäre es mehr als wünschenswert, würde man bereits auf der gemeinschaftsrechtlichen Ebene darauf verzichten, eine Vorratsdatenspeicherung vorzuschreiben.
Womöglich wird sich diese Thematik demnächst aber auch auf einem anderen Wege geradezu "von selbst erledigen". Dies hängt mit bevorstehenden Änderungen in der Struktur der Vergabe von IP-Adressen zusammen. Internetadressen werden durch die weltweite Adressverwaltungsorganisation Internet Assigned Numbers authority (IANA) vergeben. Dieses erfolgt gegenwärtig technisch auf der Basis des so genannten Internet-Protokoll V 4. Die internationale Vergabeanstalt teilt im Februar mit, dass das letzte Paket von mehr als 4 Milliarden Adressen nunmehr vergeben wurde. Dies hat zur Folge, dass voraussichtlich noch im Jahre 2011 die verfügbaren IP-Adressen aufgebraucht sein werden.[57] Auf Grund der Adressknappheit soll und wird nunmehr sowohl international als auch national eine Umstellung auf das neue Internet-Protokoll ipv6 erfolgen. [58] Das neue Format ermöglicht die Vergabe von rund 340 Sextillion (Sextillion = 1 mit 36 Nullen) neuen IP-Adressen. Das bedeutet, dass die IP-Adressen mit dem neuen ipv6-System faktisch weltweit nicht mehr ausgehen werden. Jedem Nutzer könnte – lebenslang – eine statische IP-Adresse im Sinne einer "lebenslangen Steuernummer" zugeteilt werden, dynamische IP-Adressen werden im Gegenzug obsolet.[59] Die beiden Systeme sind indes nicht miteinander kompatibel, so dass es für einen Zeitraum von einigen Jahren mit einer parallelen Verwendung zu rechnen ist. [60] Diese
Veränderungen werfen insbesondere unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten eine Fülle von Fragen und Problemen auf, die nicht Gegenstand dieses Beitrags sein können.[61] Vor dem Hintergrund der hier untersuchten Fragen ist jedoch zu bedenken, dass nach einer entsprechenden Umstellung – bei gleichbleibendem telekommunikationsrechtlichen Begriffsverständnis – die "lebenslange" IP-Adresse ein Bestandsdatum wäre, das von den Ermittlungsbehörden ohne richterlichen Beschluss abgefragt werden könnte. Aus vorstehenden Erwägungen heraus wird zu recht zunehmend eine fortgesetzte Vergabe und Nutzung von dynamischen IP-Adressen – insbesondere für private Nutzer – gefordert.[62] Hier bleibt Vieles abzuwarten.
Somit kann jenseits der vielstimmigen rechtspolitischen Diskussion und der Vielzahl an möglichen zukünftigen Entwicklungen zum Abschluss dieses Beitrags nur eines festgehalten werden: Die Annahme der Zulässigkeit einer Verwertung von Vorratsdaten, die auf der Grundlage des ehemals geltenden (Übergangs-)Rechts gespeichert wurden, ist rechtlich verfehlt. Angesichts der anders ausgerichteten BGH-Rechtsprechung bieten sich hier für die Verteidigung – jedenfalls sofern es um Katalogstraftaten i.S.d. § 100a Abs. 2 StPO geht – wenig Chancen. Umso wichtiger dürfte es aus Verteidigersicht bis zu einer möglichen Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung sein, penibel zu kontrollieren, welche Art von Daten durch die Ermittlungsbehörden ausgewertet und in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Jenseits von Bestandsdaten ist ein (ggf. mittelbarer) Zugriff auf Verkehrsdaten nur innerhalb der eng begrenzten, von der zivilgerichtlichen Rechtsprechung präzisierten Speicherfristen des TKG möglich. [63] Sofern ältere Verkehrsdaten oder solche, die nicht für die Zwecke der §§ 97, 100 TKG benötigt werden, im Verfahren "auftauchen", ist deren Verwertung zu widersprechen. Dabei wird die Identifikation der Daten bzw. die Feststellung ihrer Erforderlichkeit für die Zwecke der §§ 97, 100 TKG nicht immer einfach und häufig nicht ohne Sachverständigen zu bewerkstelligen sein. Es ist nach alledem keineswegs ausgeschlossen, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung in Zukunft mit weiteren Fragen der Verwertbarkeit von TK-Daten befasst werden wird. Ob hier auf eine überzeugendere Entscheidung gehofft werden darf, erscheint angesichts der generellen Rechtsprechung zu Beweisverwertungsverboten allerdings fraglich.
* BVerfGE 125, 260 = HRRS 2010 Nr. 134 = NJW 2010, 833.
[1] Siehe zuletzt etwa die eine zügige Regelung befürwortende Stellungnahme des DRB, MMR-Aktuell 2011, 320110; dagegen Stellungnahme des DAV, MMR Aktuell 2011, 320112; ferner MMR-Aktuell 2011, 319439 zum Gesetzesentwurf des BMJ bzgl. des sog. "Quick Freeze-Verfahrens".
[2] Vgl. Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. 12. 2007 (BGBl I, 3198).
[3] BGH NJW 2011, 467 (4. Strafsenat) = HRRS 2011 Nr. 266; BGHSt 56, 127 (3. Strafsenat) = HRRS 2011 Nr. 481; BGH NJW 2011, 1377 (1. Strafsenat) = HRRS 2011 Nr. 428; ferner OLG München MMR 2010, 793; OLG Hamm NStZ-RR 2010, 246; LG Verden StV 2011, 13 ff..
[4] Ferner gibt es die sog. Inhaltsdaten, die den Inhalt einer Telekommunikation als solchen betreffen, die Nutzungsdaten gem. § 15 TMG sowie die Zugangsdaten (PIN, PUK usw.), siehe Graf, in: Beck-OK-StPO (Stand: 15.4.2011), § 100a Rn. 22 ff.
[5] Holznagel /Ricke, in: Spindler /Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. A. (2011), § 3 Rn. 5.
[6] Statt Vieler Graf, a.a.O. (Fn. 4), § 100a Rn. 13.
[7] Holznagel/Ricke, a.a.O. (Fn. 5 ), Rn. 41.
[8] Es handelt sich um Ausnahmen von der grundsätzlich bestehenden Pflicht zu ihrer sofortigen Löschung, vgl. BGH JZ 2011, 691, 692 m.w.N.
[9] Vgl. auch Bär, Handbuch zur EDV-Beweissicherung im Strafverfahren (2007), Rn. 2005 ff.; Blankenburg MMR 2010, 587, 589.
[10] Ein Überblick über die Vorschriften findet sich etwa bei Brinkel/Lammers ZUM 2008, 11, 13 ff.
[11] Siehe hierzu im Überblick Cornelius, in: Leupold/Glossner, Münchener Anwaltshandbuch IT-Recht, 2. Aufl. (2011), Teil 10 Rn. 219 f. m.w.N.
[12] BVerfGE 121, 1 = HRRS 2008 Nr. 261 = NStZ 2008, 290; erweitert durch BVerfGE 122, 120 = HRRS 2008 Nr. 1005 = MMR 2009, 29; zuletzt wiederholt mit Beschluss vom 15. 10. 2009 (BGBl I, 3704).
[13] NJW 2010, 833, 838.
[14] NJW 2010, 833, 838.
[15] Näher zu den durchaus zweifelhaften Folgerungen aus dem Urteil für das Verhältnis zwischen BVerfG und EU Bäcker EuR 2011, 103 ff.
[16] NJW 2010, 833, 838.
[17] Vgl. dazu MMR- aktuell 2010, 304504; Blochinger MMR- aktuell 2010, 305091.
[18] NJW 2010, 833, 838.
[19] Vgl. die Ausarbeitungen des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, abrufbar unter www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/420/79/lange.de; siehe auch MMR-Aktuell 2011, 316, 317; zur Nichtberücksichtigung entsprechender Erkenntnisse durch das BVerfG ferner Hornung/Schnabel DVBl 2010, 824, 827.
[20] NJW 2010, 833, 839.
[21] NJW 2010, 833, 839.
[22] Vgl. die Nachweise in NJW 2010, 833, 837 a.E. (Rn. 205).
[23] Vgl. Westphal EuZW 2010, 494, 499.
[24] NJW 2010, 833, 839 f.
[25] NJW 2010, 833, 840 f.
[26] Die Gefahr einer bloßen "Rechtfertigungsrhetorik" sieht auch Roßnagel NJW 2010, 1238, 1240; vgl. auch Hornung/Schnabel DVBl. 2010, 824, 828.
[27] NJW 2010, 833, 844.
[28] Zurückhaltender in der Bewertung etwa Roßnagel NJW 2010, 1238, 1242; ebenso Ohler JZ 2010, 626, der zwar die Relativierung gegenüber dem Volkszählungsurteil betont, zugleich aber die Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit i.e.S. "in einer Linie" mit der bisherigen Rechtsprechung sieht; zur zutr. Kritik an der Vorratsdatenspeicherung als solcher statt Vieler Graulich NVwZ 2008, 485, 489 f.; vgl. auch noch Leutheusser -Schnarrenberger ZRP 2007, 9 ff.
[29] NJW 2010, 833, 848.
[30] BGH JZ 2011, 691 m. Anm. Hoeren.
[31] BGH JZ 2011, 691, 693 m.w.N.
[32] Die Entscheidung BGH JZ 2011, 691 ff. verdeutlicht, welche Schwierigkeiten auf die Praxis zukommen, wenn die Verwertbarkeit von Verkehrsdaten entscheidend davon abhängt, ob diese nach den §§ 97, 100 TKG gespeichert werden durften. Trotz des Einsatzes von Sachverständigen konnte dort nicht abschließend geklärt werden, ob die IP-Adressen wirklich zur Entgeltabrechnung benötigt wurden.
[33] BVerfG NJW 2010, 833, 849; zu diesem Aspekt der Entscheidung näher etwa Hornung/Schnabel DVBl 2010, 824, 831 f.
[34] Für die Anwendung von 100g StPO Bär MMR 2005, 626 f.; vgl. auch Eckhardt, in: Spindler/Schuster, a.a.O. (Fn. 5), § 113 Rn. 10 ff. m.w.N. zu beiden Ansichten aus der Rspr.; a. A. etwa Beck/Kreisich NStZ 2007, 304, 307; Sankol K&R 2007, 541 f.; ders. MMR 2006, 361 ff.
[35] NJW 2010, 833, 849.
[36] BGH JZ 2011, 691 m. Anm. Hoeren.
[37] So zutr. auch Volkmer NStZ 2010, 318 f.; Blankenburg MMR 2010, 586, 590.
[38] Siehe die Nachweise oben (Fn. 3); zust. Marlie/Bock ZIS 2010, 524 ff.; Volkmer NStZ 2010, 318 ff.; i. Erg. mit Recht dagegen B. Gercke StV 2010, 281, 283 und LG Verden StV 2011, 13 ff.
[39] BGH NJW 2011, 1377, 1379 m.w.N. auch aus dem verfassungsprozessrechtlichen Schrifttum; dagegen insb. LG Verden StV 2011, 13, 14 f.
[40] BGH NJW 2011, 1377, 1379.
[41] BGH NJW 2011, 1377, 1379; BGH NJW 2011, 1827, 1829.
[42] Einen Überblick über den Diskussionsstand liefert Eisenberg, Beweisrecht der StPO, 7. Aufl. (2011), Rn. 364 ff. m.w.N.
[43] BGH NJW 2011, 1827, 1829.
[44] Im Ergebnis wie hier, jedoch mit anderer Begründung LG Verden StV 2011, 13, 14 ff.
[45] Vgl. Graßhof , in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, 34. Ergänzungslieferung (2011), § 32 Rn. 173, der zutr. darauf hinweist, dass einer einstweiligen Anordnung letztlich für den Zeitraum ihrer Geltung Gesetzeskraft zukommen muss, sofern dadurch Gesetze vorübergehend außer Kraft gesetzt oder modifiziert werden.
[46] Nur insofern trifft die jüngste Rechtsprechung zur Verwertungsproblematik (Fn. 3) also im Ergebnis zu.
[47] BGH NJW 2011, 1827, 1829 m.w.N.
[48] Die Besonderheit der hier behandelten Fallgestaltung verkennen Marlie/Bock ZIS 2010, 524, 527, wenn sie kurzerhand behaupten, aufgrund der Rechtmäßigkeit der Beweiserhebung komme es auf die Frage eines Verwertungsverbotes nicht mehr an.
[49] Sogar der BGH erkennt im Rahmen seiner Abwägungslehre an, dass ein ohne geltende Rechtsgrundlage erhobener Beweis "regelmäßig" nicht verwertbar ist, BGHSt 54, 69, 90 f. Wieso aber etwas anderes gelten soll, wenn ein Beweis zwar in der Vergangenheit rechtmäßig erhoben werden durfte, dies aber zum Zeitpunkt der beabsichtigten Verwertung nicht mehr der Fall ist, ist nicht zu begründen.
[50] Dazu mit Nachw. aus der Rechtsprechung des EGMR Gaede JR 2009, 493, 494 f.
[51] Nachweise bei Nack in: KK-StPO, 6. Aufl. (2008), vor § 94 Rdnr 14; grundlegend BGHSt 29, 244 = NJW 1980, 1700, 1701, wo im Ergebnis ein Verwertungsverbot bejaht wurde; Nachw. a.A. aus dem Schrifttum bei Eisenberg, a.a.O. (Fn. 42), Rn. 404 ff.; Meyer-Goßner, 54. Aufl. (2011), Einl. Rn. 57.
[52] BGH NJW 1980, 1700, 1701.
[53] BGH NJW 1980, 1700 f.
[54] Siehe zur Vorratsdaten-Richtlinie statt Vieler Gitter/Schnabel MMR 2007, 411 ff.
[55] AZ: C-301/06, MMR 2009, 244 ff.
[56] Dazu MMR-Aktuell 2010, 303496; zur Evaluation der bisherigen Umsetzung der Richtlinie in den Mitgliedsstaaten vgl. MMR Aktuell 2011, 317328.
[57] Vgl. Bitcom: IP-Adressen werden knapp, MMR-Aktuell 2011, 314504; "unbegrenzte neue Adressstandard ipv 6, unbegrenzte Möglichkeiten oder Datendisaster?" "Artikel in BR-Online, abrufbar unter www.br-online.de/ratgeber/familie/internet-ipv6-umstellung-id1304669412264.xml; "Vorratsdaten: Das Internet-Protokoll 6 verändert die Spieregeln", Artikel vom 28.11. in www.zeitpunkt.de, abrufbar unter www.zeitpunkt.de/digital/datenschutz/2011-01/ipv6-vorratsdaten
[58] Vgl. dazu auch Sieber, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, 27. Ergänzungslieferung (2011), Teil 1 Rn. 57. In der Bundesrepublik werden voraussichtlich ab Ende 2011 die ersten Provider mit einer flächendeckenden Umstellung auf ivb6 beginnen. Bereits jetzt liefern erste Provider, wie beispielsweise 1&1 an Neukunden ipv6-fähige Modems aus.
[59] Christoph Meinel, Gründer des deutschen ipv6-Rats hat deshalb zwischenzeitlich vorgeschlagen die (statische) IP-Adresse in den Personalausweis einzutragen und zwar mit der Begründung, die digitale Existenz werde immer wichtiger und die Postadresse stünde auch im Personalausweis, vgl. "neue Adress-Standard ipv6, unbegrenzte Möglichkeiten oder Datendisaster?", Artikel vom 10.05.2011 in BR-Online, abrufbar unter: www.br-online.de/ratgeber/familie/internet-ipv6-umstellung-ID1304669412264.xml
[60] Vgl. BMI: Übergang zu neuen Standards für Internetadressen, MMR-Aktuell 2011, 314814; zu den technischen Einzelheiten vgl. auch ipv6-Internet-Protokoll Version 6 in www.elektron-compenium.de/seits/net/0812201.hmt
[61] Siehe nur Hoeren ZRP 2010, 251, 153.
[62] In diesem Sinne wohl auch Alwa Freude, Sachverständiger der enquete-Kommission, vgl. Artikel "Internet und digitale Gesellschaft im deutschen Bundestag, vgl. Artikel neue Adress-Standard ipv6, unbegrenzte Möglichkeiten oder Datendisaster?" in www.br-online.de, abrufbar: a. a. O.
[63] Im Urheberrecht äußerst umstritten ist aktuell die Frage der Zulässigkeit einer Datenspeicherung "auf Zuruf", bei der ein Provider Verkehrsdaten nach Mitteilung einer Verletzungshandlung speichert. Richtigerweise ist eine solche unzulässig, vgl. dazu Spindler, in: Spindler/Schuster, a.a.O. (Fn. 5) m.w.N. aus der uneinheitlichen Rechtsprechung der OLGe; ferner Moos/Gosche CR 2010, 499 ff. Sofern eine solche Speicherung stattfindet, ist es denkbar, dass auch Strafverfolgungsbehörden auf solche "auf Zuruf" eines Privaten gespeicherte Daten zurückgreifen. Auch hier muss eine Verwertung indes richtigerweise unzulässig sein.