HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Oktober 2013
14. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Der Verteidigungswille bei Notwehr und Notwehrexzess

Anmerkung zu BGH 4 StR 551/12 = BGH HRRS 2013 Nr. 618

Von Prof. Dr. Armin Engländer, Universität Passau

Aufgrund des politischen Kontextes hat die hier zu besprechende Entscheidung des 4. Strafsenats einige mediale Aufmerksamkeit erfahren: Zu entscheiden war über die gewaltsame Auseinandersetzung eines Rechtsextremisten mit mehreren Antifa-Aktivis­ten. Das Urteil ist jedoch auch aus rechtswissenschaftlicher Sicht interessant, befasst es sich doch mit wichtigen Aspekten der Notwehr und des Notwehrexzesses. Im Mittelpunkt steht dabei mit dem Verteidigungswillen ein inzwischen schon klassisches Problem der Notwehrdogmatik.

1. Die gefährliche Körperverletzung nach § 224 I Nr. 2 StGB beim gezielten Anfahren des Opfers mit einem Kfz

Auch wenn der Schwerpunkt der Urteilsanalyse im Folgenden auf die Probleme rund um die Notwehr gelegt werden soll, eingangs eine kurze Bemerkung zur Tatbestandsebene: Da der Angeklagte zur Begehung der vollendeten Körperverletzung an K und der versuchten Körperverletzung an P und S gezielt sein Auto eingesetzt hat, stellt sich die Frage, ob dadurch der Qualifikationstatbestand des § 224 I Nr. 2 StGB erfüllt ist. Der Senat perpetuiert hier die Rspr. des BGH zu den "Fahrzeug-Fällen". Danach soll § 224 I Nr. 2 StGB ausscheiden, wenn der Körperverletzungserfolg nicht unmittelbar als Folge eines gezielten Anfahrens mit dem Fahrzeug eintritt, sondern erst aus einem Sturz des Opfers zu Boden resultiert. In einer solchen Konstellation sei die Körperverletzung nicht "mittels" des gefährlichen Werkzeugs begangen.[1] Das erscheint indes zumindest in dieser Allgemeinheit zweifelhaft. Jedenfalls dann, wenn das Opfer nicht wegen einer Ausweichbewegung, sondern aufgrund des Zusammenpralls mit dem Fahrzeug zu Boden stürzt und sich verletzt, realisiert sich die spezifische Gefährlichkeit der Einwirkung des Fahrzeugs auf den Körper des Opfers, so dass die besseren Gründe für eine Bejahung des § 224 I Nr. 2 StGB sprechen.[2]

2. Die Erforderlichkeit der Trutzwehr trotz Fluchtmöglichkeit

Nun zur Notwehr: Für eine etwaige Rechtfertigung des Angeklagten nach § 32 StGB kommt es zunächst darauf an, ob das direkte Zufahren mit dem Auto auf die Angeklagten zur Abwehr des Angriffs erforderlich war. Zutreffend weist der Senat hier darauf hin, dass sich das Fehlen der Erforderlichkeit - anders als das LG meint - nicht mit der Möglichkeit des Angeklagten, in die entgegengesetzte Richtung davon zu fahren, begründen lässt. Den Angegriffenen trifft im Normalfall keine Pflicht auszuweichen oder zu fliehen. Umstände, die eine sog. sozialethische Notwehreinschränkung rechtfertigen könnten, bei der ausnahmsweise etwas anderes gilt,[3] sieht der Senat zu Recht nicht.[4] Nicht ganz zu überzeugen vermag allerdings die Begründung des Senats, weshalb Ausweichen und Flucht bei der Feststellung der Erforderlichkeit grds. außer Betracht bleiben. Der Senat stützt sich auf das dualistische Notwehrmodell[5], gegen das in jüngerer Zeit jedoch zu Recht grundsätzliche Einwände vorgebracht werden[6]. Freilich lässt sich das Nichtbestehen einer Ausweichpflicht auch ohne den Rückgriff auf den problematischen Topos des Rechtsbewährungsgedankens begründen. Zu beachten ist nämlich, dass in jedem Angriff stets auch eine rechtswidrige Beeinträchtigung der Freiheit des Angegriffenen liegt. Diese Freiheitsbeeinträchtigung würde aber durch eine Pflicht zum Ausweichen nicht beseitigt, sondern ganz im Gegenteil verstetigt.[7]

3. Der Verteidigungswille bei der Notwehr

Wie eingangs angedeutet, geht es in der zu besprechenden Entscheidung schwerpunktmäßig um die Frage, ob die Rechtfertigung nach § 32 StGB und die Entschuldigung nach § 33 StGB voraussetzen, dass der Täter mit einem Verteidigungswillen im Sinne einer Verteidigungsabsicht handelt. Betrachtet sei zunächst die Notwehr und damit die Rechtswidrigkeitsebene: Dass jeder Rechtfertigungsgrund auch ein subjektives Element besitzt, ist mittlerweile weitestgehend anerkannt. Denn vollständig aufgehoben wird das Unrecht deliktstatbestandlichen Handelns nur, wenn der Täter die objektiv bestehende Rechtfertigungslage auch subjektiv erfasst. Anderenfalls bleibt sein Verhalten nach seiner Vorstellung von der Tat auf die Verwirklichung von Unrecht gerichtet und damit strafwürdig.[8]

Umstritten ist allerdings der genaue Inhalt des subjektiven Rechtfertigungselements. Der Senat hält hier - ohne

inhaltliche Auseinandersetzung mit der Gegenansicht - am Standpunkt der Rspr. fest, dass die bloße Kenntnis der notwehrbegründenden Umstände nicht genügt. Die Abwehr des Angriffs müsse darüber hinaus in voluntativer Hinsicht zudem das maßgebliche Handlungsmotiv für den Verteidiger bilden.[9] Erforderlich ist danach also, dass dieser auch subjektiv den Zweck verfolgt, zu dem ihm das Gesetz eine Eingriffsbefugnis einräumt. Das bedeutet: Geht es dem Angegriffenen primär darum, durch sein Zurückschlagen den oder die Angreifer zu verletzen und sind somit zumindest ganz überwiegend andere Motive als der Schutz seiner Rechtsgüter für sein Verhalten ausschlaggebend, fehlt ihm nach der Auffassung des BGH der Verteidigungswille. Vor diesem Hintergrund ist die Zurückverweisung der Sache an das LG folgerichtig. Angesichts der Äußerungen des Angeklagten im Vorfeld der Tat durfte die Strafkammer hier nicht ohne nähere Aufklärung des Sachverhaltes vom Vorliegen des Verteidigungswillens ausgehen.

Die Forderung des Senats nach einer über die Kenntnis der notwehrbegründenden Umstände hinausgehenden Verteidigungsabsicht vermag allerdings nicht zu überzeugen. Denn solange der Täter sich mit seinem Verhalten im Rahmen des rechtlich Erlaubten hält und dies auch weiß, sind seine Handlungsgründe rechtlich irrelevant. Wer den Handelnden trotz objektiver Rechtfertigungslage und subjektiver Kenntnis der rechtfertigungsbegründenden Umstände bestrafen will, weil er nicht aus dem "richtigen Motiv" gehandelt hat, pönalisiert nicht mehr eine unrechte Tat, sondern allein eine missbilligte innere Einstellung, betreibt also Gesinnungsstrafrecht und verstößt damit gegen das Tatschuldprinzip.[10] Die besseren Gründe sprechen deshalb dafür, die Kenntnis der notwehrbegründenden Umstände für das subjektive Rechtfertigungselement bei der Notwehr ausreichen zu lassen.

Das hat Konsequenzen für den vorliegenden Fall: Eine Rechtfertigung des Angeklagten scheitert dann keinesfalls am Fehlen des Verteidigungswillens. Entscheidend ist allein, ob das Zufahren mit dem Auto zur Abwehr des Angriffs erforderlich war oder nicht - was das LG in neuer Verhandlung nun zu klären hat. Käme das LG bei der Erforderlichkeit zu einer positiven Einschätzung, müsste es den Angeklagten wegen Notwehr vom Vorwurf der vollendeten bzw. versuchten gefährlichen Körperverletzung freisprechen.

4. Die rechtlichen Folgen des Nichtvorliegens des subjektiven Rechtfertigungselements

Fordert man hingegen mit dem Senat trotz der eben dargelegten Einwände über die Kenntnis der notwehrbegründenden Umstände hinaus auch eine Verteidigungsabsicht, stellt sich die Frage nach den rechtlichen Folgen, falls sich in der neuen Hauptverhandlung ergeben sollte, dass dem Angeklagten ebenjene Absicht gefehlt hat. Der Senat erörtert diese Problematik allein im Hinblick auf die Entschuldigung nach § 33 StGB, d.h. auf der Schuldebene. Bedeutsam werden kann die Thematik aber bereits auf der Rechtswidrigkeitsebene im Rahmen der Notwehrprüfung.

Dabei kommt es zunächst wiederum darauf an, zu welchen Ergebnissen die neue Hauptverhandlung hinsichtlich der Erforderlichkeit der vom Angeklagten ergriffenen Verteidigungsmaßnahme gelangt. Gewinnt das LG die Überzeugung, dass das Zufahren mit dem PKW zur Verteidigung nicht erforderlich gewesen ist, sind bereits die objektiven Voraussetzungen des § 32 StGB nicht erfüllt. Eine Rechtfertigung scheidet dann schon aus diesem Grund aus. Relevant wird das Fehlen der Verteidigungsabsicht hier deshalb erst auf der Ebene der Schuld. Dazu sogleich.

Anders verhält es sich dagegen, wenn sich in der neuen Hauptverhandlung herausstellt, dass das Zufahren mit dem Auto zur Abwehr des Angriffs erforderlich war. Objektiv betrachtet liegt dann eine Rechtfertigungslage vor. Gemäß einer u.a. von der (allerdings nicht ausnahmslosen) Rspr. vertretenen Auffassung soll das freilich für die Rechtswidrigkeit keine Rolle spielen. Die unrechtsausschließende Wirkung eines Rechtfertigungsgrundes entfalle nämlich vollständig, sobald auch nur eine Voraussetzung des Rechtfertigungstatbestandes fehle.[11] Danach wäre der Angeklagte hier, sofern er auch schuldhaft gehandelt hat, wegen vollendeter gefährlicher Körperverletzung an K zu bestrafen. Das verdient indes keine Zustimmung. Zwar weist bei Fehlen des subjektiven Rechtfertigungselements das Verhalten des Täters einen subjektiven Handlungsunwert auf, da es nach seiner Vorstellung von der Tat auf die Verwirklichung von Unrecht gerichtet ist.[12] Deshalb bleibt eine Bestrafung aus versuchtem Delikt ungeachtet des Bestehens einer objektiven Rechtfertigungslage auch ohne weiteres möglich. Durch die objektive Rechtfertigungslage mangelt es aber an dem für eine Strafbarkeit aus vollendetem Delikt erforderlichen Erfolgsunwert der Tat. Daher kann der Täter

in einem solchen Fall nur wegen versuchten Delikts bestraft werden.[13] Leider nimmt der Senat zu dieser Problematik keine Stellung. Dabei hätte er dazu im vorliegenden Fall durchaus Anlass gehabt. Denn eine Bestrafung des Angeklagten wegen vollendeter gefährlicher Körperverletzung an K wäre nur auf der Grundlage der erstgenannten Auffassung möglich (die jedoch den dargelegten Einwänden ausgesetzt ist). Gerade vor dem Hintergrund der bislang nicht eindeutigen Judikatur zu den rechtlichen Folgen bei Fehlen des subjektiven Rechtfertigungselements hat der Senat hier eine Gelegenheit verpasst, die Position der Rspr. zu klären.

5. Der Verteidigungswille beim Notwehrexzess

Auch für die Entschuldigung nach § 33 StGB[14] verlangt der Senat eine Verteidigungsabsicht.[15] Angesichts seiner Auffassung zum Erfordernis einer solchen bei § 32 StGB erscheint das prima facie folgerichtig. Die Begründung, die der Senat gibt, ist indes keineswegs zwingend. Er argumentiert, § 33 StGB setze voraus, dass der Täter die Grenzen der Erforderlichkeit bei der Abwehr des Angriffs überschreite; eine Angriffsabwehr liege jedoch nicht vor, wenn der Täter nicht mit dem Willen zur Verteidigung handele. Dem ließe sich freilich entgegenhalten, dass objektiv betrachtet der Angriff sehr wohl auch bei fehlender Verteidigungsabsicht abgewendet wird.[16]

Die Lösung muss deshalb bei der Ratio des § 33 StGB ansetzen. Nach hM beruht die Entschuldigung beim Notwehrexzess auf dem Gedanken einer doppelten Schuldminderung. Erstens reduzierten die asthenischen Affekte der Verwirrung, der Furcht oder des Schreckens die Fähigkeit des Täters zu normgemäßem Verhalten. Und zweitens wehre er, auch wenn er die Grenzen der Notwehr überschreite, gleichwohl einen rechtswidrigen Angriff ab, so dass seine Tat einen positiven Handlungs- und Erfolgswert aufweise, der ihren Handlungs- und Erfolgsunwert zwar nicht kompensiere, ihn jedoch herabsetze. Mit dem geringeren Unrecht gehe aber zugleich eine geschmälerte Schuld einher. Im Ergebnis führe die zweifache Schuldminderung dann dazu, dass das Verhalten des Täters nicht mehr strafwürdig sei.[17] Stellt man die problematischen Aspekte[18] dieses Begründungsansatzes einmal zurück und akzeptiert ihn probehalber, ist allerdings zu beachten, dass sich die Schuld nur dann in ausreichendem Maße verringert, wenn nicht die Beweggründe des Täters entgegenstehen. Die Verteidigung des angegriffenen Rechtsguts muss deshalb zumindest ein nicht völlig untergeordnetes Motiv für seine Tat darstellen. Anders als bei § 32 genügt die bloße Kenntnis der Notwehrlage hier nicht.[19] Denn da der Täter sich im Unterschied zur Notwehr nicht mehr im Rahmen des Erlaubten bewegt, ist die strafrechtliche Bewertung seiner Tat auch von seinen Handlungsgründen abhängig zu machen (vgl. § 46 Abs. 2 StGB).

Nichts anderes ergibt sich, wenn man die Entschuldigung beim Notwehrexzess, einer vorzugswürdigen a.A. folgend, ausschließlich oder zumindest ergänzend mit Strafzweckaspekten begründet.[20] Danach bedarf es in den Fällen des § 33 StGB weder aus spezial-, noch aus generalpräventiven Gesichtspunkten einer Bestrafung, weil der Täter an sich "sozial integriert" bleibt und seine aus Gefühlen der Schwäche resultierende Tat niemanden zur Nachahmung verleitet. Jedoch gilt das wiederum nur unter der Bedingung, dass es dem Täter um die Verteidigung seiner Rechtsgüter und nicht vorrangig um die Schädigung des Angreifers geht.

Die Ratio des § 33 StGB spricht somit dafür, eine Verteidigungsabsicht zu fordern und bei ihrem Fehlen eine Entschuldigung nach dieser Vorschrift prinzipiell zu versagen. Aber selbst wer diesen teleologischen Überlegungen nicht folgen mag, gelangt bei fehlender Verteidigungsabsicht regelmäßig zum selben Ergebnis. Denn entschuldigt ist die Überschreitung der Notwehrgrenzen nur, wenn sie aufgrund von asthenischen Affekten erfolgt, die ihren Grund wiederum in der Wahrnehmung der angriffsbedingten Bedrohung finden müssen. Zwar braucht es sich, wie der Senat zutreffend betont, bei den Gemütserregungen der Verwirrung, Furcht oder Schrecken nicht um die alleinigen oder wenigstens dominanten Motive für den Notwehrexzess zu handeln. Ein auch sthenische Affekte wie Wut, Zorn oder Kampfeseifer beinhaltendes Motivbündel hindert die Anwendbarkeit von § 33 StGB daher keineswegs. Die asthenischen Affekte müssen die Notwehrüberschreitung jedoch zumindest mitverursacht haben.[21] Fehlt nun die Verteidigungsabsicht, bezweckt der Täter also primär die Schädigung des Angreifers, stellen etwaige asthenische Affekte (sofern sie überhaupt vorliegen) aber im Normalfall lediglich bloße Begleiterscheinungen einer anderweitig motivierten

Exzesstat dar, so dass eine Entschuldigung dann auch aus diesem Grund ausscheidet.[22]

6. Die Rechtfertigung der mit der Notwehrhandlung verbundenen Verletzung von Rechtsgütern der Allgemeinheit

Abschließend noch einmal zurück zur Rechtswidrigkeitsebene: Erweist sich in der neuen Hauptverhandlung, dass die vollendete Körperverletzung an K sowie die versuchten Körperverletzungen an P und S durch Notwehr gerechtfertigt sind, stellt sich noch die Frage nach der Rechtfertigung des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. Denn mit dem direkten Zufahren auf K, P und S hat der Angeklagte im Wege eines sog. verkehrsfeindlichen Inneneingriffs[23] auch den Tatbestand des § 315b Abs. 1 Nr. 3 erfüllt. Der Senat geht hier davon aus, dass die Verletzung von Rechtsgütern der Allgemeinheit ebenfalls von § 32 StGB gerechtfertigt wird, sofern sie untrennbar mit der erforderlichen Verteidigung verbunden ist.[24] Das verdient indes keine Zustimmung. § 32 StGB vermag nur die Verletzung von Rechtsgütern des Angreifers zu rechtfertigen. Allein ihm gegenüber lässt sich die weitreichende Eingriffsbefugnis der Notwehrvorschrift legitimieren. Die Beeinträchtigung von Rechtsgütern der Allgemeinheit oder Rechtsgüter Dritter zur Angriffsabwehr kann deshalb lediglich nach Notstandsregeln gerechtfertigt werden.[25] Rechtfertigungsgrund ist daher im vorliegenden Fall der rechtfertigende Notstand gem. § 34 StGB und nicht die Notwehr nach § 32 StGB.


[1] So bereits BGH NStZ 2007, 405 = HRRS 2007 Nr. 212; NStZ 2012, 697 = HRRS 2013 Nr. 618.

[2] Zumindest in der Tendenz auch OLG Jena NStZ-RR 2008, 74. Näher zur Kritik der BGH-Rspr. Eckstein NStZ 2008, 125, 127 ff.; Jäger JA 2013, 472, 473 f. Ebenfalls kritisch Küper BT, 8. Aufl. (2012), S. 452; Rengier BT II, 14. Aufl. (2013), § 14 Rn. 42. Dagegen folgen dem BGH Eisele BT I, 2. Aufl. (2012), Rn. 336; Fischer StGB, 60. Aufl. (2013), § 224 Rn. 7a; Krüger NZV 2007, 482 f.

[3] Vgl. dazu Matt/Renzikowski-Engländer StGB (2013), § 32 Rn. 42 ff.

[4] Zu einer anderen Einschätzung könnte man womöglich gelangen, wenn man auf die vorliegende Konstellation Überlegungen aus dem jüngeren Schrifttum - Burchard HRRS 2012, 421, 451 ff.; Jäger JA 2012, 227, 230; G. Merkel FAZ v. 19.04.2012, S. 6 - aus Anlass der "Hells-Angels-Entscheidung" des 2. Strafsenats - BGH NStZ 2012, 272 = HRRS 2012 Nr. 153 - überträgt, bei Auseinandersetzungen im Rockermilieu grds. eine sozialethische Notwehreinschränkung anzunehmen. Die Begründungen für eine solche Notwehreinschränkung vermögen indes nicht zu überzeugen. Zur Kritik vgl. Engländer, FS Wolter, 2013, S. 319, S. 323 ff.; van Rienen ZIS 2012, 377, 382 ff.

[5] Vgl. BGHSt 24, 356, 359; 48, 207, 212; AnwK-Hauck StGB (2010), § 32 Rn. 1; Kühl AT, 7. Aufl. (2012), § 7 Rn. 6 ff.; Murmann, GK Strafrecht, 2. Aufl. (2013), § 25 Rn. 71; Roxin AT I, 4. Aufl. (2006), § 15 Rn. 1 ff.; Schönke/Schröder-Perron StGB, 28. Aufl. (2010), § 32 Rn. 1 f.; ausf. Kaspar RW 2013, 40 ff.; van Rienen, Die "sozialethischen" Einschränkungen des Notwehrrechts (2009), S. 138 ff.

[6] Näher dazu Engländer, Grund und Grenzen der Nothilfe (2008), S. 7 ff. Eine Auseinandersetzung mit der Kritik aus (modifiziert-)dualistischer Sicht findet sich bei Kaspar RW 2013, 40, 46 ff. Zur vorzugswürdigen individualistischen Notwehrkonzeption s. MüKo-Erb StGB, 2. Aufl. (2011), § 32 Rn. 18; Frister GA 1988, 291, 299 ff.; Lesch, FS Dahs, 2005, S. 81, S. 88 f.; Pawlik Das Unrecht des Bürgers (2012), S. 237 ff.; Renzikowski, Notstand und Notwehr (1994), S. 221 ff., S. 275; ausf. - auch zu den unterschiedlichen Begründungsansätzen im Einzelnen - Engländer a.a.O., S. 38 ff.

[7] So schon Berner Archiv d. CriminalR 1848, 547, 578. Ebenso u.a. Koch ZStW 104 (1992), 785, 796; Wagner, Individualistische oder überindividualistische Notwehrbegründung (1984), S. 32.

[8] Lackner/Kühl StGB, 27. Aufl. (2011), Vor § 32 Rn. 6; LK-Rönnau StGB, 12. Aufl. (2007), Vor § 32 Rn. 82; Wessels/Beulke AT, 43. Aufl. (2013), Rn. 275; aA noch Spendel, FS Bockelmann, 1979, S. 245 ff.

[9] So bereits BGH NStZ 1996, 29, 30; NStZ 2005, 332, 334 = HRRS 2005 Nr. 41; NStZ 2007, 325, 326 = HRRS 2007 Nr. 202; NStZ-RR 2012, 84 = HRRS 2012 Nr. 14. Dem BGH zustimmend Baumann/Weber/Mitsch AT, 11. Aufl. (2003), § 17 Rn. 32; Rengier AT, 5. Aufl. (2013), § 18 Rn. 108.

[10] Ebenso i.E. Kühl (Fn. 5 ), § 7 Rn. 128; LK-Rönnau/Hohn (Fn. 8 ), § 32 Rn. 266 f.; Murmann (Fn. 5 ), § 25 Rn. 105; MüKo-Erb (Fn. 6 ), § 32 Rn. 241; NK-Kindhäuser StGB, 4. Aufl. (2013), § 32 Rn. 147; Puppe AT, 2. Aufl. (2011), § 13 Rn. 5; Schönke/Schröder-Perron (Fn. 5 ) § 32 Rn. 63.

[11] BGHSt 2, 111, 114 f.; BGH NStZ 2005, 332, 334 = HRRS 2005 Nr. 41; Krey/Esser AT, 5. Aufl. (2012), Rn. 454 ff.; NK-Paeffgen (Fn. 10 ), Vor §§ 32 ff Rn. 128.

[12] Strenggenommen gilt das freilich nur in den Fällen, in denen der Täter in Unkenntnis der Rechtfertigungslage handelt, nicht aber dann, wenn ihm wie hier lediglich das "richtige" Motiv fehlt. Das führt indes wieder zurück zu der bereits erörterten Problematik, welchen Inhalt das subjektive Rechtfertigungselement besitzt. Deshalb soll an dieser Stelle, an der probehalber der Standpunkt des Senats zum Erfordernis eines besonderen Verteidigungswillens eingenommen wird, von diesem Umstand abgesehen werden.

[13] BGHSt 38, 144, 155 f. für den Fall des § 218a; AnwK-Hauck (Fn. 5 ) Vor §§ 32 ff. Rn. 9; LK-Rönnau (Fn. 8 ) Vor §§ 32 Rn. 90; Murmann (Fn. 5 ), § 25 Rn. 10; NK-Kindhäuser (Fn. 10 ), § 32 Rn. 148; Roxin (Fn. 5 ), § 14 Rn. 104 f.; SSW-Rosenau StGB (2009), Vor §§ 32 ff. Rn. 16; Schönke/Schröder-Lenckner/Sternberg-Lieben (Fn. 5 ), Vorbem. §§ 32 ff. Rn. 15; Wessels/Beulke (Fn. 8 ), Rn. 279; krit. zur Versuchsstrafbarkeit Rath, Das subjektive Rechtfertigungselement (2002), S. 253 ff.

[14] Zum Charakter des § 33 StGB als Entschuldigungsgrund s. Matt/Renzikowski-Engländer (Fn. 3 ), § 33 Rn. 1 ff. m.w.N.

[15] Ebenso LK-Zieschang (Fn. 8 ), § 33 Rn. 48.

[16] Ähnlich Hardtung ZStW 108 (1996), 26, 50, der anmerkt, dass in der gesetzlichen Formulierung des § 33 StGB der Notwehrwille nicht als Merkmal genannt werde.

[17] AnwK-Hauck (Fn. 5 ), § 33 Rn. 1; Diederich, Ratio und Grenzen des straflosen Notwehrexzesses (2001), S. 55 ff.; LK-Zieschang (Fn. 8 ), § 33 Rn. 35 ff.; Murmann (Fn. 5 ), § 26 Rn. 303; Rengier (Fn. 9 ), § 27 Rn. 1; Schönke/Schröder-Perron (Fn. 5 ), § 33 Rn. 2.

[18] S. dazu Matt/Renzikowski-Engländer (Fn. 3 ), § 33 Rn. 2.

[19] A.A. Dölling/Duttge/Rössner-Duttge HK Ges. StrafR, 3. Aufl. (2013), § 33 Rn. 14; Kühl (Fn. 5 ), § 13 Rn. 149a.

[20] Jakobs AT, 2. Aufl. 1991, 20/28; Motsch, Der straflose Notwehrexzess (2003), S. 60 ff.; Roxin (Fn. 5 ), § 22 Rn. 69; Seeberg, Aufgedrängte Nothilfe, Notwehr und Notwehrexzess (2005), S. 204 ff.; als Ergänzung zum Gedanken der doppelten Schuldminderung MüKo-Erb (Fn. 6 ), § 33 Rn. 3.

[21] BGHSt 3, 194, 198; BGH NJW 2001, 3200, 3202; BGH NStZ 1987, 20 f.; Lackner/Kühl (Fn. 8 ), § 33 Rn. 3; LK-Zieschang (Fn. 8 ), § 33 Rn. 63 f.; weitergehend fordern eine Dominanz der asthenischen Affekte MüKo-Erb (Fn. 6 ), § 33 Rn. 22; Schönke/Schröder-Perron (Fn. 5 ), § 33 Rn. 5.

[22] In diese Richtung Heinrich AT, 3. Aufl. (2012), Rn. 590.

[23] S. dazu Wessels/Hettinger BT I, 37. Aufl. (2013), Rn. 979 f. m.w.N.

[24] So auch schon im Hinblick auf eine waffenrechtlich unzulässig geführte Pistole BGHSt 39, 305, 308; BGH NStZ 2011, 82, 83 = HRRS 2010 Nr. 954; anders allerdings BGH NJW 1986, 2716, 2717.

[25] Kühl (Fn. 5 ), § 7 Rn. 84; Matt/Renzikowski-Engländer (Fn. 3 ), § 32 Rn. 23; MüKo-Erb (Fn. 6 ), § 32 Rn. 122 f.; NK-Kindhäuser (Fn. 10 ), § 32 Rn. 80; Rengier (Fn. 9 ), § 18 Rn. 31.